Englisches coachman`s knife mit Nussknacker

Störtebeker

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Hallo Messerenthusiasten

Hier mal ein kleines Messer,
welches auf den ersten Blick wie ein kleines Solinger Jagdmesser aussieht.
Länge geschlossen gut 8 cm, mit Horngriffschalen und mehrere Funktionen und..................englische Beschriftung auf Klinge etc

Nach einiger Recherche,
konnte ich dann folgedes darüber heraus finden:

Hersteller: Millikin & Lawley , England
Typ: Coachman Knife
Funktionen:
2 versch. Messerklingen, Säge mit seitlicher Feile, Korkenzieher, Bohrer, Stechahle/Dorn, Pinzette, Eisendorn-Zahnstocher (fehlt leider zZt.) Hufkratzer im endes des Bügels und.....ein Nussknacker für Haselnüsse :steirer:

Coachman Knife bedeutet hier eher Kutschermesser oder Taschenmesser für Kutscher.


Hier mal die Bilder zum Messer und weiter unten gibt es wieder was zu lesen.





















Das Messer habe ich auf einen Antik- und Trödelmarkt erworben,
und dachte erst an ein kleines Solinger Jagdmesser.

Erst bei nähere Betrachtung und Reinigung wurden die Klingenaufschriften leserlich und es konnte der Hersteller dank Internet, google und DeepL-Übersetzer identifiziert werden.

Zum Hersteller hab ich in englischen Internetseiten folgende Infos gefunden:

Die nenaue zeitliche Datierung des Messers ist schwierig.

Die Firma Millikin & Lawley in 161 Strand", London, war ein bekannter Hersteller von chirurgischen Instrumenten und schien von irgendwann von 1860 bis mindestens 1950 tätig gewesen zu sein.

"Millikin & Lawley wurde um 1859 in 161A Strand gegründet.
Zuvor waren die Räumlichkeiten von John Millikin, einem Lieferanten von chirurgischen Geräten, besetzt.
Nach 1859 zog John Millikin nach Borough um, die Firma Millikin & Lawley lieferte weiterhin chirurgische Geräte sowie andere Waren.

Hauptsächlich wurden wohl chirurgische Instrumente hergestellt,
aber auch Instrumente wie Kompasse ,Ferngläser etc.

Taschenmesser dieser Firma sind sehr sehr selten und es ist ggf nicht auszuschliessen,
das die Messer im Auftrag in Sheffield hergestellt wurden.

Die gefunden Taschenmesser sind allesamt sogenannte coachman`s Knife, also Messer für die Fahrer der Kutschen,
welche damals reichlich vorhanden waren.

Das besondere am Messer ist der klappbarre Bügel, welcher mit der halbrunden Aussparung im Griff und der punzierten Fläche im Bügel einen Nussknacker für Haselnüsse und Pinienkerne bildet.
Das spitze, gebogene Ende dient zudem als Hufkratzer für Pferde.

Der kleine Bohrer ist ein Kork-Bohrer.....hab aber keine Ahnung was man da in Kork bohren soll oder will. Für Holz ist er ungeeignet.

Diese Messer werden in Amerika, England und Australien sehr gesucht und sind dort sehr hochpreisig.

Leider fehl noch der eiserne Zahnstocher, doch er soll laut Verkäufer noch vorhanden sein. Wenn er ihn wiederfindet, bekomme ich noch.

Das Messer ist sehr hochwertig gemacht.
Nix wackelt oder klemmt, selbst im hohen Alter ist noch voll einsatzfähig.
Die Sägezähne sind zwar relativ flach im gegensatz zu z.B. Sägen aus Solingen oder der Säge an meinem franz. Messer welches ich hier bereits vorstellte, aber trotzdem ist die Säge scharf und gut einsetzbar.
Die seitliche eingefräste Feile ist relativ flach und eher was für Fingernägel als für andere Arbeiten.

Soweit erstmal für heute.
Meine Recherchen gehn weiter,
sind aber leider nicht einfach.

Gruß
Michael
 
Hallo Störtebeker,

GROßARTIG, GROßARTIG :super::super:
Sind die coachman knives schon ein Leckerbissen, hast du da noch ein Sahnehäubchen drauf mit dem „Nussknacker“. Hast du die Funktion irgendwo gelesen? Ich frage, weil man bei diesen Oldies nach meiner Erfahrung oft um die Ecke denken muss, u.z. 100 Jahre. Ein langer „Zahnstocher“ wird zum Pfeifenreiniger, denn jeder Coachman dürfte sein Pfeifchen geschmaucht haben. Medizinfläschchen hatten Korken, waren versiegelt - und überall kleine Werkzeuge als Helfer. Die Säge arbeitet anscheinend auf Schub, Bewandnis?

Bin jedenfalls gespannt, was du noch herausfindest. Die Freude an dem schönen Stück teile ich!

Gruß
Abu
 
Hallo Abu

Ja,das mit dem Nussknacker war auf eine englischen Seite beschrieben.
Habe es danach mit mehreren Haselnüssen ausprobiert und es funktioniert einwandfrei.

OK,der Bohrer für Medizinfläschchen und deren kleinen Korken macht Sinn.
Wobei der Korkenzieher auch sehr filigran ist und solch kleine Fläschchen dafür geeignet wären.

Die Nadel als Zahnstocher oder Pfeifenreiniger macht auch Sinn.
Alles in allem ist es ein interessantes, ausgefallendes Taschenmesser,
welches nicht allzu oft auftaucht.

Gruss
Michael
 
Danke dir, das mit dem Nussknacker ist wirklich kurios und witzig. Man findet doch immer noch neue Funktionen. Diese Bohrer sieht man dagegen häufig. Müsste also etwas mit der Funktion des Jobs oder den damaligen persönlichen Gewohnheiten zu tun haben. Passt der in das Mundstück einer Pfeife, um den Sotter rauszuholen? (Ich spinne einfach mal Gedanken und hoffe, jemand weiß es konkret.) Der Dorn / lange Zahnstocher wäre auch ein nützliches Instrument für ein anderes „Laster“ jener Tage: Kautabakröllchen aufspießen. Aus „moderneren“ Zeiten kenne ich das von meinem Großvater noch, waren da aus Holz oder Plastik.

Gruß
Abu
 
Ein schönes Stück und auch die Geschichte und das Ermitteln der Funktionen ist interessant zu lesen.

Danke für's Zeigen.

Gruß Th.
 
Vielen Dank für den Bericht!


Sehe ich das richtig, dass eine Nuss dann praktisch zwischen dem Griffstück/Platine und dem ausklappbaren Teil geknackt wird?

Bei längerer Benutzung wird doch sicher das Innenleben mit Schalen- und Nussresten verklebt bzw. verschmutzt.

Gruß T.P.
 
Bei längerer Benutzung wird doch sicher das Innenleben mit Schalen- und Nussresten verklebt bzw. verschmutzt.

Gruß T.P.

Schöner Hinweis zum Sinn und Zweck. Danke. Stelle ich mir auch öfter, wenn ich die Funktionen hinterfrage. Hier kann ich noch was ergänzen: erst kratzt man mit dem Hufkratzer den Straßendreck weg - dann knackt man Nüsse.... wohl bekomm‘s.:confused:

Abu
 
Vielen Dank für den Bericht!


Sehe ich das richtig, dass eine Nuss dann praktisch zwischen dem Griffstück/Platine und dem ausklappbaren Teil geknackt wird?

Bei längerer Benutzung wird doch sicher das Innenleben mit Schalen- und Nussresten verklebt bzw. verschmutzt.

Gruß T.P.

Hallo,
ja das ist korrekt.
Der Bügel ist innen geriffelt,damit die Nuß nicht so leicht wegspringt und im Griff sind die Federn hochstehend und "schneiden" quasi die Schale auf beim zudrücken.
Reste waren in der Mechanik des Bügels noch vorhanden.

Schöner Hinweis zum Sinn und Zweck. Danke. Stelle ich mir auch öfter, wenn ich die Funktionen hinterfrage. Hier kann ich noch was ergänzen: erst kratzt man mit dem Hufkratzer den Straßendreck weg - dann knackt man Nüsse.... wohl bekomm‘s.:confused:

Abu

Ja,
wie sagte Oma immer: Dreck reinigt den Magen :D
Damals war man nicht so zimperlich wie heute.
Da gabs teilweise nur die Gosse aber nicht mal eine Kanalisation, wo der Strassendreck beseitigt wurde.

Aber schön,
das Euch das Messer auch interessiert und gefällt.
Ist halt mal ein etwas anderes Taschenmesser.

Gruß
Michael
 
Moin

Sehr schönes Messer mit einer ihm würdigen Vorstellung.

Passt der in das Mundstück einer Pfeife, um den Sotter rauszuholen? (Ich spinne einfach mal Gedanken und hoffe, jemand weiß es konkret.)

Das Messer ist aus einer Zeit, wo man hier in Europa hauptsächlich Tonpfeifen und in den USA Maiskolbenpfeifen geraucht hat.
Die waren auch für Leute mit kleinem Geldbeutel bezahlbar.


Die Tonpfeifen bestanden meist nur aus dem Tonkopf, in den man sich ein Mundstück aus Weichholz selber einpasste.... da muss dann irgendwie ein Rauchkanal rein.... und das geht mit so einem Bohrer (er scheint ein kleines Stück abgebrochen... täuscht das?) ziemlich einfach.

Hier mal ein Link zu einer Anleitung, wie man sich eine traditionelle Maiskolbenpfeife selber macht: https://www.artofmanliness.com/2010/08/09/how-to-make-a-corn-cob-pipe/

Ich habe selber eine zeitlang gerne alte Tonpfeifen geraucht und mir da die Mundstücke aus Holunder oder Schilfrohr selber zugeschnitzt.... da hatte ich einen simplen HSS-Bohrer im Tabaketui.
Cork bedeutet ja auch Zapfen bzw. Pfropfen...... mal so als Idee


Gruß
chamenos
 
Moin,

ein sehr schöner Fund.

Der Bohrer könnte auch zum Herstellen einer Angel-Pose geeignet sein.

Es war damals üblich ein Loch durch einen alten Flaschenkorken zu bohren, die Angelschnur durch zu stecken und dann, zum Einstellen der "Angeltiefe" die Schnur durch das einstecken eines kleinen Zweiges/Zahnstocher o.ä. zu fixieren.

Das war, laut meinem Großvater, damals üblich, habe ich früher als Kind auch so gemacht. Angelgeschäfte gabs damals noch nicht an jeder Ecke....Alte Flaschenkorken schon.

Viel Spass mit dem Teil
Gruß
Olli
 
Moin,

genial!! Vorstellung, Messer ans sich (Nussknacker, ich lache immer noch, was es nicht alles gab), Ergänzungen durch die fachkundigen Mitstreiter. Ein Thread höchster Freude, danke dafür!

Gruß,

Nick
 
.........
Die Tonpfeifen bestanden meist nur aus dem Tonkopf, in den man sich ein Mundstück aus Weichholz selber einpasste.... da muss dann irgendwie ein Rauchkanal rein.... und das geht mit so einem Bohrer....

Hier mal ein Link zu einer Anleitung, wie man sich eine traditionelle Maiskolbenpfeife selber macht....

Danke dir. Klasse, geballtes Wissen des MF! Ich denke, das war die Funktion. Und wieder ein Geheimnis eines Teils auch an meinem Messer gelüftet.
Übrigens auch ein sehr interessanter Link. Hatte gleich den schmauchenden Huckleberry Finn vor Augen. Und tatsächlich, googelt man seinen Namen plus Pfeife, so finden sich beide zusammen.

Gruß
Abu
 
Kann mich den Vorrednern nur anschließen - interessantes Messer, interessanter Thread mit interessanten Beiträgen. Im Vintage-Forum tut sich wieder was *freu* ...

Allerdings konnte ich die Bilder bzw. die Links dazu nicht sehen - ich hab' sie mir dann über den Seitenquelltext ansehen können (sprich: ich habe dort auf die Links geklickt) ... ging das anderen auch so?
 
Allerdings konnte ich die Bilder bzw. die Links dazu nicht sehen - ich hab' sie mir dann über den Seitenquelltext ansehen können (sprich: ich habe dort auf die Links geklickt) ... ging das anderen auch so?

Hallo,
also ich hatte weder auf dem PC mit windows10, als auch am Firmen PC mit windows7 und jeweils Firefox Browser sowie am Tablet mit Chrome Probleme.
Die eingestellten Bilder sind überall zu sehen und auch die Links der anderen User.
Vielleicht mal Deinen Cache und die cockies löschen? Könnte daran liegen,ein Versuch ist es wert.
Gruss
Michael
 
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Da das Interesse an solchen Teilen ja offensichtlich vorhanden ist, hier ist mein heißgeliebter Büroschmuck.
Nicht so ein Prachtstück wie das vom TE, aber ein waschechtes Coachmen oder auch Horsemen Knife.
Die Klingen sind fürchterlich heruntergeschliffen, von daher verbietet sich jeder weitere Gebrauch.
Besagtes Stück wurde mir als Flohmarktfund von einem guten Freund vermacht.
Und da es dabei nicht geblieben ist, kann ich schonmal hier zu diesem Thread sagen - Fortsetzung folgt

Gruß
Billy
 
Zuletzt bearbeitet:
Da das Interesse an solchen Teilen ja offensichtlich vorhanden ist......

Nicht so ein Prachtstück......

Und da es dabei nicht geblieben ist, kann ich schonmal hier zu diesem Thread sagen - Fortsetzung folgt

Hallo,
und ob das Interesse da ist! Das ist ein echter User, auch ‚ne Pracht. Dann bin ich mal gespannt, was da kommen wird.

Gruß
Abu
 
Eigentlich kein echtes Vintage sondern der Nachbau eines Coachmen Knife als Miniatur. Ich habe mich in Solingen in das Teil ( Originalgröße ) von Hans Weinmüller schlicht und einfach verknallt und es schwebte immer im Hinterkopf. In Dresden hat es dann "peng" gemacht und ich habe es als Miniatur bei Hans Weinmüller geordert. Übergabe im darauffolgendem Jahr 2015 - wieder in Dresden. Inklusive des Messerkalenders mit dem Original und der Miniatur ( September ?).
Das Zubehör wurde vom TE bereits erläutert, der hier vorhandene Vierkant diente der Verriegelung der Kutsche während der Rast.
Viel Spass beim schauen und, wie immer - sorry für die dürftige Qualität der Photos.

Billy

PS.: https://www.hwknivesandmore.com/picture-gallery/replicas/
Hier noch mal die Seite von Hans Weinmüller mit einem Größenvergleich zw. Original und Miniatur.
 
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