Feilen schlechter als Schmieden?

Also könnte man sagen, dass der Fertigungsweg bei Böhler (walzen in beide Richtungen), wie im vorletzten MM beschrieben in Bezug auf die ledeburitischen Stähle ideal ist im Sinne von kann man durch schmieden per se nicht verbessern?!

Ansonsten spricht für das Schmieden im Vergleich zum stock removal der geringere Materialverbrauch und eben Damast und Spaß an der Sache.

Daraus abgeleitet müßte man auch sagen, dass die Tests des Bladesmith Testes, insbesondere das Verbiegen auf 90°, auch mit Messern aus dem stock removal gemacht werden könnten, soweit die Stahlwahl und die Wärmebehandlung entsprechend angesetzt wird. Von Ausnahmen einzelner Spezialisten abgesehen.

Auf das Editorial Ulrich Gerfins in Romans Buch eingehend, war es nicht entscheidend, dass der japanische Schmied eine einzelne Klinge fertigte. Das Ergebnis (hauchdünner langer und breiter Holzspan) wäre auch möglich gewesen, wenn die Klinge aus einem industriell gefertigten Lagerstahl herausgearbeitet und anschließend korrekt wärmebehandelt worden wäre.

Für den Kunden, der ein Arbeitsmesser (Monostahl) sucht, müßte man anraten auf stock removal zu gehen, weil die Mehrkosten der Arbeit die Klinge in Rohform zu schmieden höher sind als die Materialkosten des Mehrverbrauchs und die anteiligen Arbeitskosten, den Block auf Rohform runterzuschleifen (Integrals ausgenommen). Die Kosten von der Rohform auf das fertige Produkt zu arbeiten würden einmal gleich gesetzt.

Kann man das so stehen lassen?
 
Zu Exilants Fragen:Man wird noch einmal differenzieren müssen.
Walzen in beide Richtungen verbessert die Eigenschaften ledeburitischer oder auch übereutektoider Stähle sicher. Das ist aber, wenn es um Topqualitäten geht, nicht einmal Stand der Technik. Um möglichst gleichmäßige Eigenschaften in Längs- und Querrichtung zu erreichen, wird auch noch gestaucht, also dreidimensional verformt. Auf diese Art versuchte man die Chromschnittstähle-u.a. den D2- zu verbessern und zu homogenisieren und kam so zu den Regulit-Qualitäten, die in allen Dimensionen ein möglichst gleichmäßiges Verzugsverhalten zeigten. Das dürfte durch die PM-Stähle überholt sein.Schmieden auf Endform wird bei den gut erschmolzenen modernen Stählen keine wesentliche Verbesserung bringen, weil diese Stähle ja eben nicht mehr in der Gußstruktur vorliegen, sondern eine qualifizierte thermomechanische Behandlung schon hinter sich haben. Der Anfänger wird hier durch Schmieden eher eine Verschlechterung der Eigenschaften bewirken, der erfahrene Schmied kann das Niveau sicher halten und der Könner wird noch leichte Verbesserungen erzielen. Ich will es einmal provokativ so sagen: Zwischen dem Verformen ohne Qualitätsverlust und der Erzielung des ultrafeinen superplastischen Gefüges liegt eine Grauzone, in die erfahrene Schmiede vorstoßen können. Das ist lohnend und macht Spaß.
Gekonntes Schmieden mit entsprechender anschließender Wärmebehandlung führt m.E. auch nicht nur zu Materialersparnis, sondern führt auch schneller zum Ziel, weil die erforderliche Schleifarbeit auf ein Minimum reduziert wird. Auf N 24 waren vor kurzem Filme über das Axtschmieden und das Schmieden von Rasiermessern zu sehen, bei denen man nicht nur Material- sondern auch Zeitersparnis deutlich beobachten konnte.
Ob die superscharfe Schneide des Hobelmessers des japanischern Schmieds ohne gekonnte Schmiedebehandlung zu erzielen gewesen wäre, scheint mir zweifelhaft. Warum sieht man so wenige Hobelmesserklingen dieser Qualität ?
MfG U. Gerfin
 
Blöde Frage?

Ansonsten spricht für das Schmieden im Vergleich zum stock removal der geringere Materialverbrauch und eben Damast und Spaß an der Sache.

Hallo zusammen,
jetzt haben mir die Beiträge von U. Gerfin und Roman zwar die Iillusion genommen, daß ich der Blattfeder was Gutes tue, wenn ich sie ordentlich mit dem Hammer malträtiere, nicht aber den Spaß am Schmieden.
Nun kommt die Frage: Was bedeutet im Zusammenhang mit Messerschmieden oder Stahlbehandlung der Begriff `stock removal`?
Im übertragenen Sinn heißt es ja: Das Lager leerräumen.
Gilt das hier auch so, daß man das Material verwendet , das so im Keller noch rum liegt?

Noch eine schönes (Hammer)Wochenende

Gruß Pitt

(nicht zu verwechseln mit pit03, ich glaube der wesentlich mehr drauf als ich)
 
Beim stock removal arbeitest du spanend (kann auch manchmal spannend sein, klar). D.h. Du hast ein Stück Stahl, aus dem Du die Messerform durch Feilen, sägen, Schleifen usw. herausarbeitest.

Früher hat man mal unterschieden zwischen "Bildsame Formgebung" und "Spanende Formgebung", wobei der Schleifstaub da mit zu den Spänen zählen dürfte.

Noch ein Kompliment an Dich, U. Gerfin: Besser kann man das nicht erklären.
auch das gehört eigentlich archiviert in den Wissensspeicher und entsprechend verschlagwortet.
 
ich denk mal das flach-oder rundmaterial ist der stock, an dem per removal solange material entfernt wird, bis da idealerweise ein messer rauskommt, oder man lautes fluchen aus der werkstatt hoert :haemisch: .
 
teachdair schrieb:
ich denk mal das flach-oder rundmaterial ist der stock, an dem per removal solange material entfernt wird, bis da idealerweise ein messer rauskommt...

Richtig.
Oder um einen berühmten Bildhauer zu zitieren: Die Statue ist im Marmorblock (stock) schon drin, ich muss nur noch alles entfernen (removal), was nicht zur Statue gehört...
 
Stock removal

Danke an alle für die rasche Antworten.
Jetzt bin ich wieder schlauer. Leider kann ich dieses Wissen im Moment nicht nutzen,, weil ich wieder an die Maloche muß, die Kohle für die Kohle verdienen.

Pitt
 
Ich fände den Thread auch archivierungswürdig.

Warum es so wenige Hobelmesser der Qualität gibt, die Du, U. Gerfin, beschrieben hast? Nun, da kann man spekulieren.

Ich denke aber, nach allem, was Du bisher geschrieben hast, der Unterschied wird am ehesten in der Einzelanfertigung contra Massenprodukt liegen.

Mal wieder ein toller Thread.
 
Wo die Schmiedetechniken wirklich helfen können ist das Gebiet der Verbundmaterialien. Eine Dreilagenklinge ist eine technisch reife Konstruktion, weil sie den relativ spröden Schneidenstahl in die Mitte packt, wo er von den weichen und äußerst bruchzähen Eisenbacken geschützt wird. Da die Schneidlage praktisch im Bereich der ruhenden Faser liegt, erträgt sie auch hohe Verbiegungen, ohne zu brechen. Durch die unterschiedliche Ausdehnung beim Härten gerät die martensitische Schneidlage zudem unter Druckspannungen, die für die Belastbarkeit günstig sind.
Im Prinzip die gleiche Konstruktion ist eine Deckschichtentechnik mit einem weicheren Damast außen und hartem Damast oder Monostahl in der Mitte.


Ich lese mich gerade in das Thema ein und überlege seit einiger Zeit mit einem 3-Lagen-Paket wie beispielsweise diesem hier

http://www.feines-werkzeug.de/produ....html/XTCsid/af06dbbb967a1cc3b01d39d9be1c2943

durch Stock Removal ein "Messer" zu fertigen. Zum Nassschleifen fehlt mir aber leider das Werkzeug. Kann ich in diesem Fall ebenfalls durch Normaliesieren, Weichglühen...ein ordentliches Resultat erziehlen oder ist das "Heißschleifen" nur bei Monostählen unbedenklich und zerstört bei Lagenpaketen das Gefüge?
Leider konnte ich über die SuFu keine Antwort finden, bzw vielleicht konnte ich die Antwort aufgrund mangelnder Fachkenntnisse nur nicht erkennen. Würd mich freuen, wenn mir hier jemand weiterhelfen könnte.

Grüße aus Freiburg
Dominic
 
Nach den Informationen, die ich bisher aus dem Forum gewinnen konnte, ist das Schleifen ohne Kühlung für keinen Stahl ein Problem. Allerdings gilt das nur für das Herausarbeiten der Form vor dem Härten, nicht für die letzte Schleifbehandlung.
Wenn Du also beispielsweise mit einem Bandschleifer die Form der Klinge herausarbeitest, dann die Wärmebehandlung ausführst oder es machen lässt und die letzten Feinarbeiten sowie das Schärfen, inbesondere natürlich an der Klinge, gekühlt durchführst, dürfte das keine Auswirkungen auf die Qualität haben.

Das Problem beim Schleifen ohne Kühlung besteht meines Wissens in erster Linie darin, dass die Klinge hierdurch deutlich über Anlasstemperatur erhitzt wird, sich somit das Gefüge verändert und die Klinge weicher wird. Dem wirkst Du mit einer nachträglichen Wärmebehandlung entgegen.
Das "Finish" kannst Du dann von Hand mit einem passenden Schleifmedium durchführen. Dabei sollte keine bedenkliche Hitze entstehen. Am besten sind natürlich Nassschleifsteine, für die Flächen tuts auch Schleifpapier.
 
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