Fixed Niolox + (SB1 +, 1.4197) und Vogelaugenahorn

Taperedtang

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Hallo,

heute stelle ich ein Fixed aus Niolox + und Vogelaugenahorn mit Backen aus V2A vor. Das Messer ist als Jagdmesser ausgelegt, kann aber auch durchaus als „Allrounder“ genutzt werden. Das Design des Messers habe ich schon vor einiger Zeit entworfen und dieses Messer gebaut. Da es mir im Handling so gut gefallen hat, habe ich es auch beim jetzt vorgestellten Messer aus Niolox + verwendet. Ich habe schon ein paar Messer aus Niolox Stahl gefertigt und beurteile diesen Stahl als sehr leistungsfähigen Stahl. Er lässt sich hoch härten, ist relativ feinkörnig, schnitthaltig und mit ihm ist eine Schärfe erreichbar, die den Kohlenstoffstählen kaum nachsteht. Gemäß der Website von J. Schanz sind, entsprechende Klingengeometrie vorausgesetzt, Schneidenwinkel von min. 15° (Gesamtwinkel) möglich.

Diese Eigenschaften sollen dem als Nachfolger angekündigten Niolox + auch zur Verfügung stehen.

Mein subjektiver Eindruck zur Bearbeitung des weichgeglühten Stahls ist sehr gut. Er lässt sich deutlich einfacher bearbeiten als der Niolox! Das Feilen und Schleifen ist einfacher und das Finishen, insbesondere das Erreichen einer feinen, gleichmäßigen Oberfläche, ist um ein vielfaches einfacher als beim Niolox.

Allerdings bezieht sich meine Aussage zum Finishen des Niolox + nur auf mein Messer, da bei der Wärmebehandlung des Stahls ein Problem aufgetreten ist. Mein Wunsch zur Härte waren 60° HRc, zurückbekommen habe ich die Klinge mit 58° HRc. Das ist für mich jetzt kein Drama, wird aber dem angeblichen Potential des Niolox + nicht ganz gerecht und lässt einen Vergleich bzgl. der Bearbeitung mit meinen bisherigen Niolox Klingen mit ca. 60° HRc nicht zu. Ursache für die geringere Härte war wohl ein Anlassen des Niolox + mit ca. 200° C. Der Niolox reagiert hierbei mit einer Härte von ca. 60° HRc, der Niolox + jedoch nur mit 58° HRc. Um eine Härte von 60° HRc zu erreichen hätte man den Niolox + nur mit 100° C anlassen dürfen. Was lernen wir daraus: Niolox ist nicht gleich Niolox + auch wenn als Nachfolger angekündigt und jeder Stahl braucht eine der Zusammensetzung angepasste Wärmebehandlung.

Zur Zusammensetzung:

Niolox, SB1, 1.4153.03:

C: 0,8 Cr: 12,7 Mo: 1,1 V: 0,9 Nb: 0,7

Niolox +, SB1 +, 1.4197:

C: 0,7 Cr: 14,5 Mo: 1,9 V: 0,6 Nb: 0,8

Aufgrund des niedrigeren Kohlenstoffgehalts und des höheren Chromgehalts gehe ich davon aus, dass der Niolox + korrosionsbeständiger als der Niolox ist. Wer der leistungsfähigere Stahl bezüglich Schnitthaltigkeit und Schneidkantenstabilität ist oder ob beide hier gleichwertig sind, kann ich nicht beurteilen. Falls jemand hierzu Erfahrungen/Informationen hat, wäre es schön diese zu erfahren.

Das Griffholz ist Vogelaugenahorn. Vogelaugenahorn ist keine eigenständige Holzart, sondern ist der Zucker-Ahorn (Acer saccharum) bei dem eine Wachstumsstörung des Kambiums (Wachstumsschicht zwischen Rinde und Splintholz) vorliegt. Das Muster ist relativ selten und somit begehrt. Der Baum kommt in Nordamerika und Kanada vor, aus ihm wird der bekannte Ahorn Sirup gewonnen. Das Holz ist relativ hart, leicht und lässt sich gut bearbeiten. Beim Schleifen riecht es angenehm aromatisch, süßlich.

Die Backen aus V2A habe ich gefeilt und auch am Bandschleifer bearbeitet.


Zu den Daten:

Gesamtlänge: 24,3 cm

Klingenlänge: 11,5 cm

Klingenbreite: max. 32 mm

Klingenstärke: 3,5 mm

Stahl: Niolox + 58° HRc

Griff: Vogelaugenahorn mit 2 x 4 mm V2A Pins befestigt

Gewicht: 182 g


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Grüße

Matthias
 
Last edited:
Danke an Alle für die Likes!

Anscheinend gibt es noch nicht viel Erfahrung mit dem SB1 +, hätte mich wirklich interessiert wie er im Vergleich mit dem SB1 abschneidet.

Interessant ist allerdings, dass J.Schanz für seine "Slim Line" Kochmesser den 14C28N verwendet und keinen SB1 +.

Gruß
Matthias
 
Hallo,
Das Messer ist dir rundum klasse gelungen. Schöne Form, Ausführung und ja, das Holz ist sehr schön, erinnert etwas an Eibe.👍👍👍
Gruß
Abu
 
Interessant ist allerdings, dass J.Schanz für seine "Slim Line" Kochmesser den 14C28N verwendet und keinen SB1 +.

Ich habe Jürgen kürzlich mal gefragt, warum er seine Slim Lines nicht mehr aus SB1 fertigt. Seine Antwort:

„ …grundsätzlich gibts den SB1 in 3mm nicht mehr - wird nicht mehr hergestellt.

In 2mm starke Beschaffungsprobleme.

Der 14C28N ist da eine sehr gute alternative.

Meine Erfahrung - nicht ganz so schnitthaltig wie der SB1 / Schärfe ziemlich identisch / Bruchgefahr um einiges besser.

Daher die Wahl.“



Und SB1+ sollte sich nicht sonderlich von SB1 unterscheiden. Ist - wie SB1 - mit Sicherheit grobkörniger als 14C28N. Das Weniger an C wird in etwa ausgeglichen durch mehr Molybdän und Niob - beides schnelle Karbidbildner. Also sehr wahrscheinlich ähnlich dicke Klunker wie SB1.

14C28N spielt da in einer anderen Liga. Was sich dann auswirkt, wenn man die Geometrie richtig ausreizt. Also kein schlechter Deal. Ich habe zwar sehr gute Erfahrungen mit SB1, aber bei Nagelgängigkeit würde ich auch unbedingt den 14C28N vorziehen.

Hier zwei Bilder aus Larrins Blog vom SB1 (Bild 01) und 14C28N (Bild 02):

01 Niolox 1000x.jpg


02 14C28N-HT-1065C.jpg


R’n‘R
 
Danke für die Info! Für mich als "Hobbymessermacher" ausgewertet heißt das, dass der 14C28N nicht nur wegen seiner höheren Zähigkeit, sondern auch wegen seiner leichteren Bearbeitung gegenüber der SB1 Familie einige Vorteile hat. Die Frage die sich jetzt noch stellt betrifft die Schnitthaltigkeit. Ist SB1 schnitthaltiger als 14C28N?

Gruß
Matthias
 
Servus,

da ich, wenn ich schneide, ich praktisch immer nagelgängig schneide ( Lebensmittel ) hatte ich mit SB1 immer wieder Probleme mit winzigen Ausbrüchen. Erst mit Gegenmaßnahmen ( geschlossene Schneide, entfernte Defektschicht, angepasster Winkel ) ist das aus der Welt. 14C28N ist diesbezüglich deutlich weniger problematisch und funktioniert oft auch ohne große Vorbereitung der Schneide, spielt aber wie alle Stähle erst unter optimierten Bedingungen seine vollen Möglichkeiten aus.

entsprechende Klingengeometrie vorausgesetzt, Schneidenwinkel von min. 15° (Gesamtwinkel) möglich.

Den Gesamtwinkel hast du in Klammer gesetzt? 15° Schneidenwinkel also Gesamtwinkel, würde 7,5° Schleifwinkel pro Seite bedeuten, das hält nie und nimmer, auch nicht als unterster Grenzwert.

Es steht zwar explizit: abhängig von der restlichen Klingengeometrie und Verwendung / Handhabung aber....

….wie viel Substanz müsste da hinter der Schneide stehen, wenn ich SB1 mit 7,5° Schleifwinkel anschleife? Das ergibt bei einer Dicke von z.B. 0,40mm an der Wate eine sehr fette Fase, bei noch stabileren Klingen noch viel fetter? SB1 würde ich nicht unter 15° Schleifwinkel schärfen, wenn das auch noch schneiden soll. Einem guten Freund habe ich mein Lucidus überlassen, das hat gut 0,20 über der Schneide, also knapp nagelgängig, aber nicht wirklich, das hat mit 15° Schleifwinkel immer wieder Chips bekommen. Erst mit stumpferem Winkel von 36° Gesamt ( und natürlich leicht rückgesetzt durch ausschleifen der Schäden ) gibt's jetzt keine Probleme mehr. Man stelle sich da jetzt 7,5° Schleifwinkel vor, nach meiner Erfahrung bezweifle ich da einen schadlosen Umgang bei einem Kochmesser. Ich schreib das jetzt nur, weil die 15° Schneidenwinkel ( Gesamtwinkel ) nicht halten werden, außer es wird nur Zigarettenpapier mit dem Messer geschnitten. ;)

Gruß, güNef
 
Danke für die Info! Für mich als "Hobbymessermacher" ausgewertet heißt das, dass der 14C28N nicht nur wegen seiner höheren Zähigkeit, sondern auch wegen seiner leichteren Bearbeitung gegenüber der SB1 Familie einige Vorteile hat. Die Frage die sich jetzt noch stellt betrifft die Schnitthaltigkeit. Ist SB1 schnitthaltiger als 14C28N?

Gruß
Matthias
Nach den CATRA-Tests von Larrin liegen SB1/Niolox und 14C28N bei der Verschleißbeständigkeit gleich auf:
Testing the Edge Retention of 48 Knife Steels - Knife Steel Nerds
CATRA-4-27-2020-2.jpg


Bei der Zähigkeit liegt der 14C28N aber beim Kerbschlagtest deutlich vor dem SB1/Niolox:
Testing the Edge Retention of 48 Knife Steels - Knife Steel Nerds
stainless-toughness-4-29-2020.jpg


Bei der Korrosionsbeständigkeit liegt der 14C28N auch deutlich vorm SB1/Niolox:
Corrosion Resistance Testing of Stainless Knife Steels - Knife Steel Nerds
corrosion-rating-table-12-10-19.jpg


Auch bei den Seilschneidern liegen 14C28N und SB1/Niolox etwa auf gleichem Niveau, wobei Niolox nur einmal getestet wurde und beim 14C28N ein extremer Ausreißer nach unten dabei war:
Cedric and Ada Steel Comparison Ratings



 
Die Frage die sich jetzt noch stellt betrifft die Schnitthaltigkeit. Ist SB1 schnitthaltiger als 14C28N?

Hat Jürgen Schanz ja bezogen auf 14C28N beantwortet mit:

"Meine Erfahrung - nicht ganz so schnitthaltig wie der SB1"

In Larrins CATRA-Test ist SB1 mit 60 HRC etwas schnitthaltiger als 14C28N mit 62 HRC ...

R'n'R
 
@güNef
Diese min. 15° für SB1 und SB1 + habe ich aus den "Informationen zu unseren Stählen" von J.Schanz. Ja, ich habe den Gesamtwinkel in Klammern gesetzt, da bei den anderen Stählen auch der Gesamtwinkel angegeben ist. Er hat z. B. bei RWL34 einen Winkel von min. 30° und bei D2 einen Winkel von min. 35° aufgeführt, daraus würden ja dann Gesamtwinkel von min. 60° und min. 70° resultieren. Das kann aus meiner Sicht nicht stimmen.
Ich kann aber deine Argumentation nachvollziehen, danach ist ein Gesamtwinkel von 15° wohl eher unwahrscheinlich.

@Guido
Danke für die umfangreichen Informationen, die viel Licht in die Betrachtung bringen!

@Rock'n'Roll
Ja stimmt, ich hatte da irgendwie noch den SB1 + im Kopf. Das Gesamtergebnis sehe ich wie folgt: Der 14C28N ist zäher und korrosionsbeständiger als der SB1, der SB1 ist etwas schnitthaltiger als der 14C28N, beides sind gesamtheitlich betrachtet leistungsfähige Stähle.

Gruß
Matthias
 
Vielleicht noch als Ergänzung: Der Niolox+ ist von der Legierung her identisch zum Becut von Bestar (vgl hier und hier). Dazu lassen sich im Forum vllt. mehr Informationen finden.
 
Servus,

es kann sein, das der Gesamtschneidenwinkel auf der Homepage von Jürgen auch auf einseitig geschliffene Industriemesser bezogen ist, also 15° Schleifwinkel einseitig geschliffen, als Schneidenwinkel gesamt. Das finde ich aber irreführend, wenn man diese Aussage auf beidseitig geschliffene Kochmesser bezieht, deshalb habe ich darauf aufmerksam gemacht, dass man keine falsche Vorstellung von einem für SB1 grenzwertig geeigneten Gesamtschneidewinkel bekommt.

Gruß, güNef
 
@Moridin
Ja, die beiden Stähle sind sich in der Zusammensetzung sehr ähnlich. Der Becut hat allerdings ein zusätzliches Legierungselement (Mn 0,45%) das dem Niolox + fehlt. Becut ist bei J. Schanz mit einem min. Schneidenwinkel von 25° angegeben. Ich habe schon einige Messer aus Becut gebaut. Er ist auch gut schnitthaltig, allerdings ist, aus meiner Sicht, die Schärfe von Niolox damit nicht zu erreichen.

@güNef
Alles klar, hab ich schon richtig verstanden. Die Angabe der 15° ist wirklich irreführend, Du hast die Betrachtung hierzu sehr anschaulich und nachvollziehbar erklärt.

Gruß
Matthias
 
Last edited:
Da Mangan unter anderem desoxidierende unt entschwefefelnde Eigenschaften hat ist es in allen mir bekannten Stählen legiert, selbst ein C75 enthält 0,60 - 0,90 %...
Auch Becut enthält mit es ziemlicher Sicherheit Mangan.
 
Dass Becut Mangan enthält ist unbestritten und wurde auch so geschrieben. Gemäß Datenblatt von Lohmann (hat Moridin in post # 10 verlinkt) enthält SB1 + allerdings kein Mangan. Möglicherweise wurde es im Datenblatt nur nicht aufgeführt, kann ich nicht beurteilen.
 
Sorry, mein Fehler...
Ändert aber nichts an der Aussage: SB1+ enthält auch Mangan.
Falls jemand ein kleines Reststück hat das ermir zukommen lassen will kann ich gerne eine Analyse am XRF oder OES machen...
 
Finde ich super! Wenn Du mir deine Adresse mitteilst (per Email), sende ich dir gerne ein Stück zu.

Gruß
Matthias
 
Last edited:
Kleine Anmerkung noch dazu von Jürgen Schanz:

"Der SB1+ mit der Werkstoffnummer 1.4197 von Lohmann darf nicht mit der Werkstoffnummer 1.4197
anderer Hersteller gleichgesetzt und verwechselt werden, da diese teils stark unterschiedlich legiert sind."

R'n'R
 
PN ist raus...
Ich hoffe OES klappt, ist aber von verschiedenen Faktoren abhängig. Vor allem habe ich keine Referenzproben um das Ergebnis einzuordnen.
XRF geht immer, allerdings kann hier der Kohlenstoffgehalt nicht bestimmt werden...
 
Danke, ich habe den SB1 + von Achim Wirtz bezogen und gehe davon aus, dass Lohmann der Hersteller ist.

Auf das Ergebnis der Analyse bin ich schon sehr gespannt.

Gruß
Matthias
 
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