Flankierende Maßnahme

ebenezer

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Guten Abend zusammen,
im Rahmen meiner Spielereien zum Thema Foodrelease war ich auf der Suche nach einer wenig raumgreifenden Maßnahme, um das Ansaugen der linken Messerflanke (beim Rechtshändermesser) am Gemüse zu verhindern.
Das Ziel war zum Einen, Luft zwischen Klinge und Gemüse gelangen zu lassen, und zum Anderen, durch reduzierte Anlagefläche die Reibung zu reduzieren.
Effekte, die üblicherweise mit Hohlkehlen verwirklicht werden.
Die Idee war, an der Messerflanke einzelne Kontaktinseln als Gleitflächen stehen zu lassen, und den Rest der Fläche in die Tiefe zu setzen.
Verwirklicht habe ich das durch Maskieren der kleinen Flächen, die stehen bleiben sollen, und Elektroätzen der Fläche, die vertieft werden soll.
Um mich da erstmal ranzutasten, habe ich ein Messer genommen, an dem ich noch keine anderen geometrischen Maßnahmen für Foodrelease angebracht hatte.
Die erste Ätzung an der linken Flanke (Bild 1) war ein Schuß ins Blaue. Dementsprechend war das Ergebnis noch so semi toll. Aber es zeigte schon mal, dass der Weg klappen könnte.
Die Ätzung war am Rand deutlich tiefer, als in der Mitte, der Grund der geätzten Fläche recht inhomogen, und auch die Inseln teilweise angegriffen.
Ein Paar Überlegungen zu den Ursachen und draus resultierende Optimierungen im Prozeß brachten dann das Ergebnis an der rechten Flanke (Bild 2)
Das gefällt mir schon sehr gut.
Gleichzeitig konnte ich jetzt an diesem Messer feststellen, inwiefern so eine Flankenmaßnahme alleine, ohne weitere geometrische Unterstützung dem Ablösen des Schnittgutes dienlich sein könnte.
Fazit: Das Schnittgut fällt von der Flanke nicht komplett ab, aber das Foodrelease funktioniert auf jeden Fall erheblich besser, als an einer normalen Flanke, die nur mit einem groben Querfinish versehen ist.

Jetzt kann ich mich trauen, an die bereits geometrisch optimierte Klinge zu gehen.


Deep-etching3.jpg


Bild 1


Deep-etching2.jpg


Bild 2


Deep-etching1.jpg
 
Spannendes Projekt! Danke!
Kannst du was zur Tiefe der Ätzung sagen und was die Optimierung von Seite A zu B war?

Gruß,
Dirk
 
Auf der rechten Seite ist die Tiefe der Ätzung gemessen 0,09mm, links im Randbereich etwa doppelt so tief.
Bei der 2. Seite habe ich eine höhere Konzentration des Elektrolyten verwendet und mit geringerer Spannung geätzt. (4V statt 10V)
Außerdem war beim ersten Versuch die Gegenelektrode viel zu groß, so dass sich der Stromfluss auf die Randbereiche der Ätzung konzentriert hat.
 
Zuletzt bearbeitet:
Super gemacht! Vielen Dank für die Einblicke. Sieht schon ziemlich gut aus. Hast du noch mehr Bilder vom „Workflow“? Wäre spannend, zu sehen.
 
Den Workflow habe ich leider nicht mit Fotos dokumentiert.
Nur grob dazu: Das Muster habe ich per Laserdrucker und Tonertransferverfahren aufs Messer gebracht. Infos dazu findet man auf Youtube und im Netz. (die Methode mit Alkohol/Aceton, nicht mit Hitze)
Als Stromquelle habe ich ein preisgünstiges DC Labornetzgerät bis 30V 10A benutzt.
Das Ätzverfahren an sich ist in diesem Video gut erklärt:
Elektroätzen
Wenn jemand konkrete Fragen dazu hat, kann er mich gerne per PN kontaktieren.
 
Zuletzt bearbeitet:
Servus,

solche kreativen Lösungen um dem Ur-Werkzeug Messer die letzten Verbesserungen im Schneidverhalten rauszulocken, finden bei mir immer Anklang. :super: Viele Wege führen nach Rom und diese Art der Flankenbeschaffenheit kann in Kombination mit bewährten Kniffen, wie Hook, oder HK für ein verbessertes Gleitverhalten der Flanken sorgen.

Ich bleibe gespannt und beobachte mir Neugier wie das weitergehen wird.

Gruß, güNef
 
Servus,

bei mir ist heute der Newsletter von Scheeperbuild eingetrudelt. Luke strukturiert seine Flanken jetzt auch bis auf den Belt-Schliff-Streifen. Irgendwie verstehe ich nicht ganz, wieso er von den gefrästen HK im Feather-Look wieder abgekommen ist, die sind gut wirkungsvoll. Wenn er schon Strukturen in die Flanken fräst, warum ohne HK-Unterstützung? Ich denke hier verzettelt sich der gute Mann, weil er aktuell mehr auf optische Gimmicks setzt, als auf Massnahmen die die Funktion verbessern. Mal sehen wie lange das so bleibt.

KLICK

Gruß, güNef
 
@ebenezer
Kannst du kurz umreisen wie lange es etwa gedauert hat um eine Seite zu ätzen?
Und wie lange die tiefe Ätzung in diesem Beitrag
Messer des Grauens - Küchenschubladen in Ferienwohnungen (https://messerforum.net/threads/messer-des-grauens-kuechenschubladen-in-ferienwohnungen.147298/post-1153172)
ungefähr gedauert hat?

Wir haben in der Stadt so eine öffentliche Werkstatt bei der auch ein Labornetzteil verfügbar ist. Ich frage mich daher, ob man im Rahmen der Öffnungszeiten von denen so ein Muster Ätzen könnte.
In den Videos, die ich gesehen hatte sah der Prozess ja relativ zügig aus.
 
Wie lange die Ätzung dauert, hängt ein wenig von der Konzentration des Elektrolyten ab. Ich hatte auf 2,5l Wasser 500g Salz und 100ml Essigessenz.
Die Musterätzung dauerte bei 4V ca. 20 Minuten. Bei der Hohlkehle hatte ich an die 6V und fast 1 1/2 Stunden.
Beim Ätzen bildet sich auf dem Messer so ein grauer Belag. Dann geht die Stromstärke deutlich runter. Den Belag solte man regelmäßig wegreiben.
Dann steigt die Stromstärke wieder und es wird gleichmäßiger.
 
Vielen Dank für die Antwort und die ausführliche Erklärung. Ich denke alles was unter zwei Stunden ist ist noch völlig im Rahmen.
 
Wichtig ist auch, zwischen der zu ätzenden Fläche und der Gegenelektrode einen gleichmäßigen Abstand zu haben, und die Fläche der Gegenelektrode in etwa so groß, wie die zu ätzende Fläche.
Wenn die Gegenelektrode zu groß ist, konzentriert sich der Stromfluss auf die Ränder der zu ätzenden Fläche, und es wird dort erheblich tiefer geätzt, als in der Mitte.
Ich würde mich freuen, wenn Du Dein Werk dann auch hier zeigen würdest, sofern Du zufrieden damit bist.
 
Servus,

Also diese Muster reichen für Foodrelease definitiv nicht aus. Der vertiefte Anteil ist viel zu gering.

ja, habe ich in meinem Beitrag auch so dargestellt. Als unterstützende Maßnahme gut und richtig, aber als Einzelmaßnahme steht der Aufwand in keinem Verhältnis zum Ergebnis.

Wie soll sich auch irgendeine "oberflächliche" Maßnahme gegen so eine Flankengestaltung behaupten?:

IMG_1253.jpg


Selbst bei diesem Messer könnte man noch im Bereich der Spitze, wo die HK an Tiefe verliert mit gefrästen Rillen antreten, aber Stand heute sage ich wozu? "The Hollow" schneidet und verhält sich gefühlt anders als alles was ich davor hatte oder kannte. Ich habe meinen gesuchten Zenit gefunden und eine feine und dichte Zufriedenheit hat sich eingestellt. Sollte aus meiner Sicht doch noch "besseres" nachkommen, was ich mir Stand heute schwerlich vorstellen kann, dann soll das so sein. Meine jahrelange Reise zur besten Kochmesser-Geometrie hat ein Ende gefunden. :giggle:

Gruß, güNef
 
Fühlt sich bestimmt komisch an, "angekommen" zu sein. Einerseits befriedigend. Andererseits, wie geht es jetzt weiter?
... und er schnitt glücklich und zufrieden bis an sein Lebensende......???
 
Wichtig ist auch, zwischen der zu ätzenden Fläche und der Gegenelektrode einen gleichmäßigen Abstand zu haben, und die Fläche der Gegenelektrode in etwa so groß, wie die zu ätzende Fläche.
Wenn die Gegenelektrode zu groß ist, konzentriert sich der Stromfluss auf die Ränder der zu ätzenden Fläche, und es wird dort erheblich tiefer geätzt, als in der Mitte.
Ich würde mich freuen, wenn Du Dein Werk dann auch hier zeigen würdest, sofern Du zufrieden damit bist.
Mache ich auf jeden Fall. Im Moment denke ich noch darüber nach. Muss da auch nicht ein Perfektes Foodrelease erreichen. Schönere Optik + besseres FR wäre ja auch ein Nettogewinn.
Frage ist halt, ob ich ein schönes Muster finde und einen Weg, das ordentlich aufzubringen.

Fühlt sich bestimmt komisch an, "angekommen" zu sein. Einerseits befriedigend. Andererseits, wie geht es jetzt weiter?
... und er schnitt glücklich und zufrieden bis an sein Lebensende......???

Man kann sich ja auch einfach am Kochen erfreuen. Das ist ein Thema, da gibt es immer was neues zu entdecken.
Falls das nicht reicht werfe ich mal Espresso als nächstes Hobby in den Raum.

Ansonsten kommt das Hobby bestimmt wieder. Ich dachte ich wäre auch mit dem Thema Kochmessern durch. Jetzt habe ich im letzten Monat sechs Schleifsteine gekauft. Und es sind im Moment drei Messer im Bereich um die 25cm auf dem Weg zu mir.
 
Frage ist halt, ob ich ein schönes Muster finde und einen Weg, das ordentlich aufzubringen.
Du kannst das Messer entweder lackieren, und dann das zu ätzende Muster freischaben, oder mit Vinylfolie eine Schablone herstellen.
Ich hab mein Muster auf Powerpoint gestaltet und dann auf dickes, sehr glattes Papier (Rückseite vom Blatt eines Wandkalenders) per Laserdrucker gedruckt.
Dann das gereinigte Messer mit einer Mischung aus reinem Alkohol und Aceton (8 Teile Alk 3 Teile Aceton) benetzt und das Papier mit dem Muster fest aufgedrückt und trocknen lassen.
Danach das Papier in Wasser aufweichen lassen und abziehen. Funktioniert sehr gut.
 
Servus,

Einerseits befriedigend. Andererseits, wie geht es jetzt weiter?

Jetzt gehts ans konsolidieren. Es bleiben nur noch wenige Kochmesser im Bestand, diese sind dann aber gefestigt und keiner Fluktuation mehr unterworfen. Wird sicher unter 10 Stück sein. Redundanzen werden aufgelöst. Impulskäufe besonders schöner Messer wird es weiterhin geben, wenn auch in viel geringerer Schlagzahl. Kochmesser mit Spirit und besonderer Optik haben jetzt Vorrang, vielleicht eines von Thomas Hauschild, der nur wenige im Jahr macht, die paar haben aber einen besonderen Stil. Ja, ich kann mich auch an sowas erfreuen, oder ein ungewöhnliches von Ben Kamon......

Langweilig wird es bestimmt nicht und kleine Fixed sind ja auch eine Leidenschaft von mir, also noch viele Möglichkeiten offen. ;) Ich bleibe auch an deinen Feldversuchen dran und beobachte jene weiter die sich mir Geometriefragen beschäftigen, wie Mike Sturmschwalbe, Will Scheepers oder Ben Kamon. Auch Uwe Mattern ist ein getriebener, was weiß man, was dem noch alles in den Sinn kommt und er noch so herstellt.

Gruß, güNef
 
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