Frage zu japanischen Klingenformen

Waldi76

Mitglied
Beiträge
8
Hallo zusammen,

gerade beschäftige ich mich mit japanischen Klingenformen (sugata?), speziell mit denen von Yari-Klingen und hier mit denen von Kikuchi-Yari, also Speerklingen in Tanto-Form.
Es gibt bei diesen Klingen eine Klingenform, bzw. Form des Mono-Uchi (vorderes Klingendrittel), die sich unokubi-zukuri nennt. Man findet diese Geometrie traditionell offenbar v.a. (nur?) an Tanto-, Yari-, und wohl auch Naginata-Klingen, selten und scheinbar v.a. bei modernen Klingen auch an Katana.

Zu "verstehen" meine ich die Klingengeometrie der Klingenform kanmuri-otoshi-zukuri, bei der in der vorderen Klingenhälfte eine breite Fase bis zur Klingenspitze durchgezogen ist. An einer Tanto-Klinge lässt sich das mit einer clip- bzw. spearpoint-Klinge vergleichen, die Geometrie ist (an einer Stangenwaffe zumal) selbsterklärend.

Aber kann mir jemand sagen, welchen Zweck die vor der Klingenspitze (Kissaki) wieder abgesetzte Fase bei unokubi-zukuri bei Messern und Stangenwaffe hat? Statische Gründe (steifer, wirkt wie eine Hohlkehle (Hi)), "wundballistische" Gründe (Einlass von Luft beim Verdrehen der Klinge), rein ästhetische Gründe?

Falls mir da jemand weiter helfen könnte, würde ich mich freuen.

Schöne Grüße

Waldi
 
Diese Fase am Klingenrücken macht die Klinge pieksiger und v.a. beim Naginata auch leichter. Künstlerischer Ausdruck/Wirkung sind sicher ebenfalls denkbar; wie eine Hohlkehle wirkt es nicht.

Diese ganze Luftreinlass-Geschichte ist mMn überbewertet und zudem nicht Thema des Forums.


Ookami
 
Diese Fase am Klingenrücken macht die Klinge pieksiger
Nee, macht sie bei unokubi-zukuri eben nicht, da die Fase vor der Kissaki ja wieder aufhört. Die Spitze der Klinge ist also nicht anders geformt, als gäbe es die Fase nicht.

Diese ganze Luftreinlass-Geschichte ist mMn überbewertet und zudem nicht Thema des Forums.
Tut mir leid, aber auch das stimmt nicht. In mehreren Threads über Saufedern in diesem Forum wird das hinsichtlich des Klingendesigns ausfürlich diskutiert. Und da geht es nicht, wie in meiner Anfrage, um Überlegungen theoretisch-historischer Natur. Die Anmerkung (und v.a. die zwischen den Zeilen versteckte Andeutung) war also nicht nur unzutreffend, sondern auch überflüssig.

und v.a. beim Naginata auch leichter. Künstlerischer Ausdruck/Wirkung sind sicher ebenfalls denkbar;...
Ja danke, soweit war ich schon.

...wie eine Hohlkehle wirkt es nicht.
Warum?

Entschuldige, aber wenn ich sehe, was Du hier sonst so veröffentlicht hast, ist die Antwort - freundlich ausgedrückt - unter Deinen Möglichkeiten. Ich bin kein Bengel, der hier mal eben was rausgehauen hat, sondern habe eine ernsthafte Frage gestellt, auf die ich eine fundierte Antwort suche.

Ich freue mich auch über weiterführende Hinweise und/oder Liteaturtips.

Schöne Grüße

Waldi
 
Hallo Waldi,
beim bloßen Überfliegen deiner verlinkten Bilder hatte ich den Eindruck, das die Aufnahmen der Klinge nicht den von dir nachgefragten Sachverhalt mit sich wieder verbreiternder Spitze (abgesetzter "Hohlschliff") darstellt. Die Aufnahmen sind etwas grob und undeutlich.
Der erste link zu den Prinzipzeichnungen macht es aber deutlicher, wenn man runterfährt bis zu der von dir erwähnten Form.
Deutlich zu erkennen an den skizzierten Querschnitten ist hier die stabilere Spitze durch den wieder breiteren Rücken, im Gegensatz zu dem durchgeschliffenen "Dolchansatz" dürfte hier die Spitze weniger anfällig gegen Beschädigung beim Kontakt mit härteren Materialien sein.
Der Sinn des Hohlschlffes ist auch meiner Meinung nach nicht als technisch überprüfbarer, und mit Kennzahlen als Unterschied, signifikant zu anderen Klingenformen deutlich zu machen. Die von dir erwähnten Diskussionen zu Sauspiessen warten da auch nicht mit eindeutigen Ergebnissen auf, zumal - so wie auch ich - größtenteils die Autoren der Beiträge hier nicht wirklich aus eigener Erfahrung schreiben können.
Allein an der Vielzahl der Klingengeometrien läßt sich doch schon ablesen, das es die optimale Form nicht gibt. So hat oft, nur rein als Beispiel, der Aufbau der Klinge aus harten und weichen Kernen bzw. Aussenlagen (mal so und auch mal wieder genau umgekehrt) seinen Ursprung in einer bestimmten Fechtvariante (z.B. gesonderte harte Mittelleiste im Rücken, mit keilförmiger geschliffener Kante, zum harten prellenden Schlagen mit dem Klingenrücken auf die Waffe des Gegners). Hier sind persönliche Vorlieben und Philosophien wohl der Hauptgrund für die entsprechenden Unterschiede, sonst würde sich bei Messern auch nicht die Bandbreite ständig erweitern (selbst bei Kochmessern erkennt man Veränderungen, um entsprechende Vorlieben besser aufzugreifen).

Deine Kritik an Ookami kann ich nicht so ganz nachvollziehen, die persönliche Meinung sollte immer noch als solche gelten dürfen, auch wenn offensichtlich Ookami hier zunächst die Fotos mißinterpretiert hat. Das du "kein kleiner Bengel" bist, ist aus deinen Beiträgen oder deinem Profil nicht ersichtlich, hier wären Details sicherlich etwas hilfreich. So z.B. deine Gründe sich für Klingenformen zu interressieren, ob aus wissenschaftlichen, technischen, kulturhistorischen oder was auch für Gründen. Oder woltest du nur deine bisherigen Erkenntnisse bestätigt haben?
Noch viel Erfolg
Stefan
 
Ohne ein Experte zu sein ergibt sich bei Betrachtung der vom Thread-Ersteller verlinkten Skizzen für mich folgendes:

Die KANMURI-OTOSHI-ZUKURI Klinge hat den Rückenanschliff bis vorne durchgezogen, entsprechend dünner und damit weniger belastbar wird diese Spitze im Vergleich zu der UNOKUBI-ZUKURI-Spitze sein, bei der eben der Rückenanschliff nicht bis vorne durchgezogen ist. Daher hat die Spitze etwas mehr Material und ist damit stabiler.

Eine Vermutung: Ich könnte mir vorstellen, daß man sich von dieser Spitzenform eventuell Vorteile bei traditionellen asiatischen Rüstungen erwartet hatte: Eine stabilere Spitze, die im Moment des Auftreffens auf die Panzerung eine größere Öffnung schafft, welche dem sich hinter der Spitze geringeren Querschnitt das weitere Eindringen erleichtert.

Gruß, C.
 
Zuletzt bearbeitet:
Zu den einzelnen Punkten:

Die Klinge wird trotzdem dünner und damit insgesamt pieksiger, auch wenn die falsche Schneide nicht ganz bis zur Spitze durchgezogen wird. Desweiteren reduziert die falsche Schneide den Widerstand beim Schneiden --> stromlinienförmiger.

Mir ging es auch nicht grundsätzlich darum, die Auswirkungen von Luft im Brustkorb zu negieren, ich denke nur, dass man das viel eher durch ein Drehen der Klinge als durch irgendwelche Schliffe/Kullen/Rinnen erreichen kann. Außerdem: eine Saufeder ist gleich mal was ganz was anderes - ich habe auch noch keine historische Saufeder gesehen, die einen ausgeprägten Hohlschliff oder eine Rinne gehabt hätte. Die überwiegende Mehrzahl hatte einen mehr oder weniger rhombischen Querschnitt mit unterschiedlich stark ausgeprägtem Mittelgrat. Zudem haben Jagdwaffen andere Anforderungen zu erfüllen als Kriegswaffen.

Wie eine Hohlkehle kann die falsche Schneide schon nicht wirken, weil sie eben nicht hohl geschliffen ist. Zudem muss eine Hohlkehle sehr ausgeprägt sein, um einen tatsächlichen Luftdurchlass zu gewähren, s.o. Für das Doppel-T-Träger-Prinzip fehlt ja der obere Teil. Wobei eine bōhi ja auch hauptsächlich zur Gewichtsreduktion dient.

Desweiteren muss man die Anwendung eines Naginata in Betracht ziehen. Auf dem Schlachtfeld dienten sie als eher als Hiebwaffe, daher auch die Vermutung, dass unokubi-zukuri am ehesten der Gewichtsreduzierung und damit der Ausbalancierung der Waffe dient. Naginata haben ja eine relatig breite Klinge.


Ookami
 
Zuletzt bearbeitet:
Die Naginata ist in erster Linie eine Schnittwaffe. Selbst der Stich zum Hals ist technisch ein Schnitt.
Ihr habt bei der Beurteilung nur den Angriff in Betracht gezogen. Was ist mit der Verteidigung?
Es gibt die Technik Makiotoshi-waza, bei der die gegnerische Waffe mit dem Klingenrücken niedergeschlagen wird.
Hier würde die nicht bis zur Spitze gezogene falsche Schneide Sinn machen.
Am besten lässt man sich die Techniken im Dojo vorführen, dann bekommt man ein ganz anderes Verständnis.

Viele Grüße
DH
 
Eine Vermutung: Ich könnte mir vorstellen, daß man sich von dieser Spitzenform eventuell Vorteile bei traditionellen asiatischen Rüstungen erwartet hatte: Eine stabilere Spitze, die im Moment des Auftreffens auf die Panzerung eine größere Öffnung schafft, welche dem sich hinter der Spitze geringeren Querschnitt das weitere Eindringen erleichtert.

Gruß, C.

Für Rüstungen wurden spezielle Dolche gebaut, sog. Yoroi-doshi. Auszeichnen tun sich diese Dolche durch eine extreme Klingendicke bei einem normalen Hira-Zukuri Qurschnitt ( Also ohne Mittelgrat ). Die Spitzen dieser Rüstungspieken sind meistens sehr lang ausgeführt, die Härtung zumeist schmal gehalten um die Bruchgefahr weiter zu minimieren.
 
Zu den einzelnen Punkten:

Desweiteren muss man die Anwendung eines Naginata in Betracht ziehen. Auf dem Schlachtfeld dienten sie als eher als Hiebwaffe, daher auch die Vermutung, dass unokubi-zukuri am ehesten der Gewichtsreduzierung und damit der Ausbalancierung der Waffe dient. Naginata haben ja eine relatig breite Klinge.


Ookami

Das deckt sich ziemlich genau mit meinen Beobachtungen. Die wenigen Naginata die keine Kehlungen, Ausdünnungen des Shinogi-Ji (Fläche zwischen Mittelgrat und Rücken ) etc aufweisen sind unglaublich schwere unhandliche Dinger die sich nicht gut führen lassen. ( Damen-Naginata mal aussen vor, diese niedlichen unter 40 cm Klingchen )
 
Als Ergänzung vielleicht noch Folgendes.
Sowohl Unokubi als auch Shobuzukuri-Klingen finden sich seid dem Koto ( Zeit vor 1600 ) auch bei Katana. Die Momokawa-Gruppe war z.B. für solche Klingen berühmt berüchtigt, aus der Uda-Gruppe in Etchu habe ich auch schon zwei Exemplare befingern dürfen.
Im Wakizashi-Format waren diese Formen im Sue ( Späten )-Koto, sprich 16.Jhdt, sogar extrem beliebt.

Zur Frage "Warum denn diese Ausdünnung" : Bei längeren klingen kann ich folgenden Erklärungsveruch anbieten.
Auf der einen Seite simple Materialersparniss, auf der anderen Seite dürfte es an der Klingengeometrie liegen.
Die Schniedeflächen wurden sehr flach gehalten, also kaum niku. Dadurch mußten die Klngen breiter dimensoniert werden. Ohne die Ausdünnung wären die Teile vermutlich zu unhandlich geworden.
 
Am besten lässt man sich die Techniken im Dojo vorführen, dann bekommt man ein ganz anderes Verständnis.

Ähm.

Bitte denkt an den Passus auf der Startseite: http://www.messerforum.net/content.php

"Diskussionen, die Selbstverteidigung als Thema haben, sind unerwünscht."

Das Thema hier ist grenzwertig, aber eben noch grenzwertig. Aber bitte keine weiteren Details über Stiche, Techniken und deren Folgen.

Danke für das Einhalten der Sicherheitsbestimmungen
Pitter
 
Zurück