Frage zu Materialien ähnlich Feile(und Vorstellung)

alxh

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Hallo Forum

Einen Messertick habe ich schon seit dem Vorschulalter, habe wie wild mir meine Zwille und sonstige Sachen geschnitzt. Als mein kleiner Bruder diesen Sommer sich auf ein Adventure-Survival-Camp anmeldete, kam die Idee, das Messer dazu selber herzustellen.
Ich erinnerte mich an 2. Semester Werkstoffkunde, irgendwas mit Korngröße, Martensitbildung, Kubisch-flächenzentriert und kubisch-raumzentriert, schnappte mir vier verschieden große Feilen, ab in den Grill zum Weichmachen(hier evtl schon ein Fehler durch zu große Hitze? Magnet faßte nicht mehr).

Hier hör ich mal auf, es wird deutlich, mich hats gepackt und ich will mehr :)



Jetzt zu meinem Anliegen, weswegen ich auch in diesem Unterforum poste:

Da Schmieden für mich erstmal nicht in Frage kommt, ich aber gerne auch ein paar Messer für die Küche hätte, die breiter als ne Feile sind und trotzdem nur Kohlenstoffstähle sein sollen:
- Gibt es Bleche in verschiedenen Stärken und wie sind die Bezeichnungen, damit ich in der Formgebung etwas freier werde? (dünne, breite Küchenmesser zb)
- Wo gibt es die zu kaufen?
- Noch besser: hat hier aus dem Forum evtl jemand Reststücke rumliegen und kann mir etwas zur Verfügung stellen? Das würde mir als Student mit Kindern am besten gefallen :)

Ich habe mich auf Kohlenstoffstähle versteift, weil ich den Eindruck habe, das bringt mir das beste Ergebnis verglichen zum Aufwand, ich lasse mich aber belehren.


lieben Gruß
alex

ps: mein Bruder hat sich für eine große archaische Messerform entschieden mit einer Wicklung als Griff und hat sich im Neid seiner Altersgenossen gesonnt, da seine Klinge das Holz nur so weggehackt hat und er schon am Feuer saß, während die anderen noch säbelten :hehe:
 
Da gibt es zwei Möglichkeiten:

1. Du setzt Dich mit Achim Wirtz in Verbindung und fragst, ob er etwas Geeignetes in passenden Abmessungen hat.
Achim ist nur e i n e von vielen brauchbaren Addressen. Er ist mir halt als Erster eingefallen.

2. Du gehst zum nächsten Schrottplatz oder ins nächste Sägewerk und fragst nach abgenutzten Gattersägeblättern. Die werden solange nachgeschliffen, bis sie so schmal werden, daß sie beim Sägen leicht zu flattern anfangen und werden dann weggeworfen.
In diesem für das Sägewerk unbrauchbaren Zustand sind sie immer noch mindestens 6 cm breit. Die Dicke ist etwas um 2,5 mm.
Der Stahl ist nicht feilenstahlähnlich, sondern meist Kohlenstoffstahl mit ca 0,8 % C oder auch leicht chromlegiert. Er erreicht die volle Martensithärte und ist etwas verschleißfester, als Omas alte, rostende Messer.

Freundliche Grüße

U. Gerfin

Damit solltest Du ein Stück weiterkommen.

Weichglühen im Grillfeuer ist unbedenklich, kurzfristiges, geringfügiges Überschreiten der Curie-Temperatur schadet nicht, ist aber hier überflüssig, da der Stahl in ordentlich wärmebehandeltem Zustand vorliegt, also nicht normalisiert werden muß.
Zum Weichglühen genügt kurzfristiges Erwärmen auf dunkelrot. Es geht hier ja nicht darum, den Stahl so einzustellen, daß er mit aufwändigen Maschinen tonnenweise in Windeseile zerspant werden kann, sondern daß Du ihn mit Hausmitteln vernünftig bearbeiten kannst.

Wenn Du die Form und die Schneide mit Flex, Schleifbock oder Bandschleifer herausschleifen willst, kannst Du natürlich auf das Weichglühen verzichten.

Freundliche Grüße

U. Gerfin
 
Hui

das ging ja schnell, danke für die Antworten.

Ich werde mal alle drei vorgeschlagenen Wege anschauen, fange mit dem Sägewerk an, da wir um die Ecke ein kleines haben.

Wenn ich das richtig in Erinnerung habe, haben Feilen meist mehr Kohlenstoff als 0,8%(~um die 1,2%?)? Kann ich mit 0,8% immer noch mit Hausmitteln(Grill+Fön+Öl+Backofen) härten und anlassen?


alx

ps: Ich bitte, mir nachzusehen, falls das schon beantwortet ist, die Flut an Informationen erschlägt mich gerade etwas

pps: Mir fällt gerade bei der Forumsuche auf, das U. Gerfin unermüdlich auch auf noch so simple Fragen ausführlich und geduldig antwortet, wurde er schon für irgendeine Art Verdienstkreuz vorgeschlagen :staun: ?
Fetten Respekt, wie die Jugend zu sagen pflegt.
 
Moin
ps: Ich bitte, mir nachzusehen, falls das schon beantwortet ist, die Flut an Informationen erschlägt mich gerade etwas

Immer mit der Ruhe:D
Zwei lange Abende Lektüre hier klären sehr sehr viele deiner Frage. Versprochen!

..Mir fällt gerade bei der Forumsuche auf, das U. Gerfin unermüdlich auch auf noch so simple Fragen ausführlich und geduldig antwortet, wurde er schon für irgendeine Art Verdienstkreuz vorgeschlagen

So fürchterlich viele Ehrenmitglieder haben wir hier nicht;)

Gruß
chamenos
 
Zur Frage in Beitrag 4:

Feilen und ähnlich hoch kohlenstoffhaltige, sonst un- oder leichtlegierte Stähle werden so gehärtet, als seien sie eutektoid zusammengesetzt (also mit ca. 0,8 % C).
Der Gattersägenstahl liegt ziemlich genau in diesem Rahmen, sollte also von knapp über dem AC 1 _Punkt gehärtet werden.
Eine gute Hilfe, diesen Temperaturbereich zu finden, ist die Magnetprobe, da der Stahl bei 768 Grad C unmagnetisch wird.

Ein richtig vorbehandelter Stahl-wovon wir hier ja ausgehen können- kann also im Holzkohlenfeuer langsam und gleichmäßig auf gut rot erhitzt werden und wenn er den Magnetismus verloren hat, in Öl abgeschreckt werden. Die Magnetprobe ist- wie im Beitrag 1 erwähnt- bekannt.

Könner können den Haltepunkt AC 1 im Dunklen an der Glühfarbe -bzw. an einer kurzen Pause der Farbänderung erkennen. Damit liegt man noch genauer an der idealen Härtetemperatur.
Soweit muß man es aber nicht treiben, den Unterschied zur Magnetprobe wird man in der Praxis kaum feststellen können.

Gegen ein zweimaliges Anlassen im Backofen-mein Vorschlag: 20 min bei 200 Grad- ist nichts einzuwenden.

Freundliche Grüße

U. Gerfin
 
Vielen Dank

Eine Frage zum Anlassen habe ich noch:
geht man einfach nach Zeit oder nach den Farben? Im Forum las ich, dass man die Farben gelb, braun abwartet und bevor es blau wir abschreckt. Diese Farben habe ich im Ofen nicht erreicht. Weil ich es wissen wollte, habe ich noch eine misslungene Klinge dringelassen und bei 200°C erst nach 1.5 Stunden das Farbspiel erreicht. Der Ofen hat eine Genauigkeit von plusminus 3°C, dass habe ich kontrolliert(und ja, natürlich vorgeheizt).


nochmal Danke
Alex
 
Moin!
Die Anlassfarben sind nur Zeichen einer dicker werdenden Oxydschicht auf dem Stahl. Das bedeutet, dass du bei sehr langer Haltedauer von 200 Grad wohl auch "blau" erreichen wirst.
Es sind also beide Faktoren -Zeit und Temperatur- maßgebend.
Gruß Mister B.
 
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