Frage zu Steckerl und Holzgriff

tiffel

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Es geht um ein Küchenmesser Santokuform, keine Outdoorbelastung, sondern Gemüse. Die Klinge ist sehr dünn, lässt sich leicht biegen und geht in gleicher Dicke in einen kurzen Erl über (5-6 cm Länge). Kräfte in der Ebene der Klinge, also die Reaktionskräfte der Druckkraft nach unten wird über den flachen Seiten des Erls und den Kleber auf den Holzgriff übertragen. Da existiert m.E. kein Problem. Probleme verursachen seitliche Kräfte (senkrecht zur Klingenebene), also das Verbiegen der Klinge. Bei einer japanischen geschmiedeten Klinge ist der Erl normalerweise sehr viel dicker als die Klinge, sodaß bei seitlicher Belastung nur eine geringe Biegung erfolgt. Bei einer weichen Klinge mit dünnem Erl ist das aber anders. Am Übergang von Klinge zu Griff treten die größten Kräfte auf, die das Holz auseinandersprengen wollen. Deshalb sieht man an dieser Stelle normalerweise eine Zwinge vor, die auf Zug belastet wird und so dem auseinandersprengen entgegenwirkt. Ich suche nun nach einer Lösung ohne Zwinge.

Üblicherweise ist es ja so, dass die Holzfasern in Richtung der Längsachse des Griffs verlaufen, was für die normalen Kräfte beim Schneiden, die in Klingenebene auftreten auch sinnvoll ist. Für Kräfte senkrecht zu dieser Ebene (Biegen der Klinge) ist diese Faserrichtung aber eher schlecht, weil sie das Holz quasi aufspaltet. Meine Frage ist nun, ob es sinnvoll ist, am Übergang von Klinge und Griff ein Stück Holz vorzusehen, dessen Fasern in eine andere Richtung verlaufen. Sozusagen eine "Holzzwinge", die zwar nicht wirklich auf Zug belastet wird, die aber die Sprengkräfte, die durch die Biegung der Klinge entstehen besser aushält. Ist diese Überlegung sinnvoll und in welche Richtung müssten die Holzfasern verlaufen? Senkrecht, von oben nach unten, oder quer, von rechts nach links, (Schneide nach unten, Griff zum Körper).

Ich hoffe ich habe mein Anliegen verständlich dargestellt. Vielleicht hat sich der eine oder andere diese Gedanken schon gemacht und kann mir weiterhelfen.
 
Ich kann mir zwei denkbare Ansätze vorstellen:

1. Das Holz im Zwingenbereich um 90 Grad drehen, wobei es bei der Grundausrichtung- Klinge wird von der Stirnholzseite durchgeführt- bleibt.
Der Schneiddruck wird schon nicht so groß sein, daß es nach hinten wegbricht.

2. Das Holz quer zur Faser einsetzen. Das führt zu erheblich verminderter Stabilität des Griffes insgesamt, nach der Seite wird da aber nichts wegbrechen.

Beide Ansätze gefallen mir nicht wirklich. 5-6 cm Steckerl ist arg wenig.

Statt der "Zwingenlösung" könnte man folgendes machen- oder mit ihr kombinieren:

Das Holz bis in den Messerrücken führen. Damit ist die Schwachstelle-Übergang von Holz zum dünnen Erl- entschärft.

Sorgfalt bei der Auswahl des verwendeten Holzes: Ebenholz und Pockholz sind außerordentlich hart, dem Faserverlauf folgend reißen sie aber fast ohne Widerstand. Man umschreibt das dann freundlich mit "leicht spaltend". Für viele Anwendungsbereiche hat das ja auch seine Vorteile.
"Schwerspaltig" - und damit für Deine Probleme gut geeignet sind z.B.Ulme und Cocobolo. Grenadill ist auch eher "schwerspaltig"- wenn es nämlich um gerade Spaltungen geht. Reißen tut es aber auch, wie es ihm gerade einfällt.

Was auch möglich wäre, wäre eine Art Sperrholz aus geeigneten schönen Hölzern.

Freundliche Grüße

U. Gerfin
 
Erstmal Danke fürs Nachdenken.
Wenn ich den Erl länger mache, wird die Klinge kürzer. Ich denke aber, dass es bei einer sehr biegsamen Klinge fast egal ist,ob der Erl nun zwei cm länger oder kürzer ist. Auch bei längerem Erl würde der größte Seitendruck ganz vorne entstehen. Den kompletten Griff quer zur Faser drehen, gefällt mit nicht, weil man wegen der Bruchempfindlichkeit relativ dicke Querschnitte nehmen müsste, die sich auch nirgends verjüngen dürften. Das Holz bis zum Messerrücken zu führen, ist wegen dem Schärfen schlecht und sieht nach meinem Empfinden auch nicht befriedigend aus.

Den Vorschlag ein schwer zu spaltendes Holz zu nehmen, finde ich gut. Es würde ja reichen, wenn dieses Holz nur im "Zwingenbereich" verwendet wird ca. 2cm. die Frage ist bloß wie drehen? - 1. so daß der Querschnitt des Erls längs/parallel zur Faser verläuft oder 2. quer, sodass er die Faser durchschneidet. Im zweiten Fall wäre es so, dass die Holzfasern über und unter dem Erl, die nicht vom Erl durchschnitten werden auf Zug belastet würden, was m.E. beim Biegen der Klinge am besten wäre.

Den Vorschlag 1., verstehe ich nicht. "Das Holz im Zwingenbereich um 90 Grad drehen, wobei es bei der Grundausrichtung- Klinge wird von der Stirnholzseite durchgeführt- bleibt." Wenn du Drehen um die Längsachse des Griffes meinst (Erl wird auch im Zwingenbereich von der Stirnholzseite durchgeführt), weiß ich nicht was das bringen soll?

@buzzzer: Bambus ist auch ne Möglichkeit.
 
Hallo tiffel,
anfangs hatte ich den Gedanken eine Zwinge nicht wie üblich um das Griffmaterial anzubringen, sondern quasi einen Metallring in die Stirnseite des Hefts einzulassen, so dass dieser als Zwinge praktisch im Holz versteckt wäre. Man könnte dann noch eine dünne Holzschicht aufleimen und würde so gar nichts von der Zwinge sehen.
Mit dem Stichwort Bambus von buzzzer kam mir dann noch der Gedanke, dass man doch einfach eine Zwinge aus einem Sück Bambusrohr anfertigen könnte. Du müsstest halt ein wenig rumstöbern um ein passendes Stück zu finden.

Gruß
corax
 
.....Die Klinge ist sehr dünn, lässt sich leicht biegen und geht in gleicher Dicke in einen kurzen Erl über (5-6 cm Länge).....
Bei einer japanischen geschmiedeten Klinge ist der Erl normalerweise sehr viel dicker als die Klinge......
Bei hohen Querbelastungen ist eine stabile Zwinge - am besten aus Metall - natürlich die sicherste Lösung.

Möchte man ohne diese ein haltbares Messer machen, muss man den Querschnitt des Griffs vergrößern. Zudem wird man ein Holz verwenden, das nicht die von Ulrich angesprochene Neigung zum Spalten hat. Ich denke da u.a. an Eibe, wenn man in unseren Breiten bleiben möchte, aber auch an Buchsbaum.

Ohnehin stellt eine dünne, flexible Klinge einen stabilen Griff nicht vor Probleme, wenn man das Messer nicht in völlig unsachgemäßer Weise belastet. Wer wird sein Küchenmesser schon mutwillig so verbiegen, dass es ein Risiko wird? Und der Gedanke, dass sich der Griff bei seitlicher Biegung der Klinge 'öffnen' könnte, kommt mir persönlich nicht, denn bei solider Ausführung bricht die Klinge vorher, weil der Erl die Biegung nicht mitmachen kann.

Geht es Dir aber ums Prinzip oder um besondere Sicherheitsreserven, dann würde ich eine Kopfplatte aus Schichtholz in der Art von Pakkawood machen, bei dem die Faserrichtung in jeder Lage wechselt. Damit könntest Du einen metallfreien Griff machen, der - ordentliche Verklebung vorausgesetzt - einiges aushalten sollte. Pakkawood besteht - anders als viele Sperrholz-Sorten - aus identischen Hölzern in jeder Lage. Es ist also kein Sandwich-System wie manches Billig-Sperrholz (es gibt natürlich auch hochwertiges, z.B. Birkensperrholz für den Bumerang-Bau mit Lagen von 0,5 mm).

Deiner Meinung, dass geschmiedete japanische Klingen einen Erl hätten, der dicker als die Klinge ist, kann ich aus eigener Kenntnis nicht beipflichten. Das mag bei sehr alten Schwertklingen zutreffen, die Materialverluste an der Klinge durch vielfaches Schleifen erlitten haben, aber üblicherweise ist die Klingenwurzel bei HOCHO (Küchenmesser) der materialmäßig stärkste Teil der Klinge. Sie verjüngt sich zur Spitze hin ebenso wie zum Ende der Angel.

Gruß

sanjuro
 
@ilmarinen: Ich will erst mal verstehen, was man machen muss um eine Zwinge oder Kopfplatte zu vermeiden. Möglich dass dann am Ende rauskommt, dass eine Zwinge doch die beste Lösung ist. Aber erstmal will ich versuchen die Konstruktion(en) verstehen.

@corax: "Man könnte dann noch eine dünne Holzschicht aufleimen und würde so gar nichts von der Zwinge sehen." Das ist natürlich mimikri und nicht Sinn der Sache. Direkt schlecht, find ich eine Zwinge nicht und wenn man eine macht, soll man sie auch zeigen.

@sanjuro: " Und der Gedanke, dass sich der Griff bei seitlicher Biegung der Klinge 'öffnen' könnte,..." Na klar. Ich schrieb ja, dass es nur um's Gemüseschnippeln geht. Angst, dass der Griff seitlich aufbricht habe ich nicht. Aber kleine Risse sind ja auch nicht so schön und die treten auf lange bevor etwas bricht. Kopfplatte aus Pakkaholz ist eine Idee. Ebenso Holz das schwer spaltet.

"Sie verjüngt sich zur Spitze hin ebenso wie zum Ende der Angel." Auseinandergebaut habe ich ein japanisches Messer noch nicht. Ist aber auch egal. Wichtig ist, dass die Biegung durch seitliche Kräfte dort wo das Material am stärksten ist natürlich am kleinsten ist und das ist bei japanischen Messern am Übergang von Klinge und Griff. Das ist schon eine sinnvolle Konstruktion.
 
... Das ist natürlich mimikri und nicht Sinn der Sache. ...

Nein, das ist keine Mimikry ("Warntracht"), dazu fehlt das nachgeahmte Signal, sondern eher Mimese ("Tarntracht"). Sorry, aber als Biologe kann ich das so nicht stehenlassen :hmpf:.
Kleiner Scherz am Rande, aber ich denke, du könntest z.B. auch ein Stück Wurzelholz verwenden, da hier die Fasern nicht geradlinig verlaufen und somit keine gute Spaltbarkeit bestehen dürfte.

Gruß
corax
 
eine Alternative zu "gewachsenem Holz" stellt natürlich jede Art Multiplex-Material dar (= rechtwinklig zueinander verleimte Furniere).

Zu Kaufen gäbe es da Buche und Birke, aber man könnte sich natürlich auch aus jedweden Furnier-Resten selbst Multiplex herstellen. Ich kann mir da reizvolle Kombinationen aus Ahorn und Nuss und/oder Birne vorstellen und da sich die benötigte Menge in Grenzen hält wäre auch der Aufwand überschaubar. Spalten wird sich das dann jedenfalls nicht.

Gruß Burkhard
 
Warum könnte man nicht stabilisiertes Holz verwenden?
Verpönt bei japanischen Küchenmesserklingenformen? Es geht ja aus der Fragestellung nicht heraus ob es authentisch werden soll und tut in diesem Fall auch nichts zur Sache.
Das wäre ja auch gleichzeitig hygienischer oder nicht? Das wären zumindest zwei Fliegen mit einer Klappe...
 
@corax: "mimese" ist natürlich der richtige Begriff. Danke für die Korrektur. Maser oder Wurzelholz ist auch ne Überlegung
@ferrum: stabilisiertes Holz ginge, ist aber teuer. Weiß jemand ob man stabilisiertes Holz und Pakkaholz mit Holzleim kleben kann oder ob man da einen epoxidharzkleber nehmen muss.
@petrified-knife und sanjuro: rechtwinklig zueinander verleimtes Schichtholz selbst herstellen ist eine sehr gute Idee. Die Kräfte die eine Schicht nicht aufnehmen kann übernimmt dann die nächste rechtwinklig angeordnete. Man könnte im Zwingenbereich das selbe Holz nehmen, wie am übrigen Griff, bloß dass eben der Faserverlauf den Anforderungen am Übergang von Klinge und Griff besser angepasst ist.

Danke allerseits, jetzt habe ich einige Anregungen und natürlich frohe Ostern!
 
Als einer meiner Söhne sich ein Wake- board baute, blieb einiges an angerührtem Epoxy- Harz übrig. Ich habe den Kleberbecher mit Hobelspänen aus allen möglichen hellen und dunklen Hölzern aufgefüllt, die Hobelspäne fest eingepresst, sodaß der Kleber überall hochquoll und den Kleber aushärten lassen. Es entstand eine Art Kunstholz von hoher Härte und Festigkeit in alle Richtungen.
Das kann man beliebig variieren-z. B. lange Hobelspäne um einen Kern wickeln und schichtweise verleimen. Durch die Wicklung ist das Material gleichmäßig auf Zug belastet und wird garantiert nicht seitlich ausbrechen.

Da sind der Phantasie eigentlich keine Grenzen gesetzt-allenfalls Grenzen des Geschmacks und der Stilechtheit.

Zum Kleben: Klebstoffe wirken durch Adhäsion und Kohäsion. Ideal ist eine Verklebung, bei der sich die zu verklebenden Stoffe und der Klebstoff nicht nur ineinander verkrallen, sondern auch ein gewisser Austausch stattfindet.
Saubere Oberflächen von Pakka-Holz oder dergleichen lassen sich natürlich auch mit den üblichen Leimen verkleben. Es muß nicht immer Epoxy sein-auch wenn das die vielseitigsten Verklebungen erlaubt.
Wichtiger ist saubere Vorbereitung der Oberflächen.

Freundliche Grüße

U. Gerfin
 
Sowas ähnliches habe ich schon mit Sägemehl bzw. Schmirgelmehl und Holzleim gemacht um eine Art Holzkit herzustellen. Das Zeug wird auch sehr hart. Wenn man es als Holzkit verwendet, muss man allerdings vorher ne Probe machen und eine Weile liegen lassen. Wenn man das z.B. mit Quittenholzmehl macht, verfärbt sich die Kitmasse dunkel, was mit dem hellen Holz zusammen nicht so toll ausschaut. Ich nehme an das liegt an den Gerbsäuren, die zusammen mit dem Leim dann dunkel werden.

Zum Kleben mit Leim dachte ich immer es braucht mindestens eine saugende Fläche, damit der Leim trocknet und bei Pakka und stabilisietem Holz, habe ich angenommen, dass da gar nichts mehr saugt, weil die Poren alle mit Kunststoff getränkt sind. Zum Cocobolo: Das soll ja sehr ölhaltig sein und schwer zu leimen, etwa wie Ebenholz. Hat jemand Erfahrung? Bringt es was die Klebeflächen mit Aceton abzuwischen bzw. zu behandeln?
 
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