Fragen zu Aufbau und Form von Klinge sowie Griff eines Messers

vandenburgh

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Hallo Leute,

ich habe vor, mir ein neues Küchenmesser (Allzweck-) zu kaufen. Bevor ich aber - wenn für mich überhaupt noch notwendig - den großen Fragebogen verwende, habe ich, um eventuelle Fragen zu konkretisieren, aus- bzw. einzuschließen, noch die eine oder andere kleine Frage, die ich hier gern im Forum stellen möchte. Ich habe versucht, durch die Suchfunktion meine Fragen erst einmal selber zu beantworten, aber das klappt nicht immer.
Aber nachdem ich nun ungelogen mehrere Stunden das Forum quer gelesen und die Messer in dem einen oder anderen Online-Shop verglichen habe, kristallisiert sich jetzt zumindest so langsam eine klare Linie heraus. Diese will ich als erstes mal ganz kurz skizzieren:
- weg von der Damastoptik: erstens bin ich eher ein Freund des Understatements und der klaren, zeitlosen Optik und zweitens konnte ich in vielen Threads hier im Forum feststellen, dass es sich bei der Mehrzahl der Messer bis 400 € wohl um keinen echten Damaststahl handelt.
- weg vom Santoku-Messer: das Santoku war (und ist es vielleicht auch noch) für mich eigentlich DAS japanische Messer schlechthin, wenn es um ein Allzweckmesser geht: Gemüse, Fleisch, Fisch. Da ich aber in der letzten Zeit, in der ich immer häufiger in der Küche stehe, mich auf den Wiegeschnitt spezialisiert habe, fällt das Santoku wohl fast raus (dazu stelle ich aber noch eine kleine Frage). Aus diesem Grund habe ich mich nun mehr mit ´Gyutos" auseinandergesetzt.
Nun zu meinen kleineren Fragen:

1. Warikomi (Begriff)
Wenn ich richtig verstanden habe, versteht man unter Warikomi das Verwenden von unterschiedlichen Stahlarten für Schneide und Außenhaut. Ist das richtig? Wenn ja, gibt es bei dieser Technik einen Vorteil gegenüber Klingen aus nur einer Stahlart?

2. Santoku (Klingenform)
Wenn ich mir so die Klingenformen der verschiedenen Santokus anschaue, so kann man doch auch bei dieser Klingenform unterschiede in der Form der Schneidfläche feststellen. Kann mir der eine oder andere sagen, ob es ein Santoku gibt, mit welchem man auch den Wiegeschnitt anwenden kann? Oder ist dieser beim Santoku eher völlig ausgeschlössen (natürlich eine natürliche Hand-/Schneidbewegung beim Schneiden vorausgesetzt)?

3. Griffform
Bis ich mich in diesem Forum angemeldet habe bzw. intensiver in den Shops gestöbert habe, kannte ich nur die glatte, ovale Griffform. Auf einmal bekomme ich es auch mit einer achteckigen Form zu tun ….. Gibt es prinzipiell größere Unterschiede im Handling mit den einzelnen Griffformen? Und - ganz dumme Frage - fängt der achteckige Griff bei längerer Arbeit an zu drücken??? Gibt es denn in den Griffformen Vor- und Nachteile oder ist das immer eine Frage des persönlichen Empfindens?

4. Grifffarbe
Hat jemand schon einmal einen Sonderwunsch zu einer anderen Farbe/Holzart zu Griff bzw. Klinge gehabt? Bzw. lohnt es sich eventuell, solch einen Sonderwunsch im Shop zu äußern?

5. Zwinge
Ich habe festgestellt, dass es unterschiedliche Materialien für eine Zwinge gibt, z.B. Büffelhorn oder Pakaholz. Welche Funktion hat die Zwinge eigentlich und gibt es hier - eventuell - unterschiedliche Haltbarkeiten???

6. Klingenlänge
Von welchem Punkt bis zur Messerspitze wird die Klingenlänge ermittelt und wie? Wird die runde Schneidefläche gemessen oder ab Griffaustritt?

Ich würde mich sehr freuen, die eine oder andere Frage beantwortet zu bekommen.

Ich bedanke mich bei euch schon mal ganz herzlich

Vandenburgh
 
Zuletzt bearbeitet:
AW: Erste Frage im Forum

1. Ich habe deinen Beitrag verschoben, denn in der Küchenmesser-Kaufberatung hat der nichts verloren.
2. Die Themenüberschrift ist ... sowas von nichtssagend, da muss was getan werden. Gib mir einen Vorschlag und ich ändere das.
 
AW: Erste Frage im Forum

Moin und willkommen,

wie ich sehe hast du dich mit dem Thema ja schon etwas auseinandergesetzt, lobenswert :super:
Deshalb will ich auch gern mal auf deine Fragen eingehen... für genauere Beratung aber dann bitte noch den kompletten Fragenkatalog nachreichen!
Und die Überschrift sollte wirklich mit etwas Aussage versehen werden damit man den Thread auch in Zukunft leicht finden kann.

zu 1.
Naja nicht ganz, der Begriff Warikomi impliziert soweit ich weiß auch, dass die Schneidlage "von Hand" eingefügt wurde. Also steckt etwas mehr Handarbeit drin (sh. hier http://www.messerkontor.eu/Kochmesser-Hersteller/Sirou-Kamo/SIROU-KAMO-Kamo-to-Kenyo-Warikomi-180mm::1785.html)
Zu 3-lagigen Messern: Vorteil sollte theoretisch die etwas verbindungssteifere und stabilere Klinge sein (abgesehen von einer netten Optik), allerdings sind solche Klingen in der Regel oft etwas dicker geraten. Aus dem Grund bevorzuge ich z.B. klar Mono-Stahl Klingen. Bei 3lagigen Messern sind ist manchmal eine rostende Schneidlage von rostfreien Flanken umgeben, so dass sich Vorteile bei der Pflege ergeben (z.B. Arata Hocho, Tadafusa, Hiromoto AS). Monostahl-Klingen geben meiner Meinung nach ein schöneres Feedback beim Schneiden mit meiner Technik, kann aber auch Einbildung sein. In US-Foren liest man oft, dass sich 3lagige Messer oft "gedämpft" anfühlen beim Choppen.

zu 2.
Klar haben unterschiedliche Messer der gleichen Rubrik unterschiedliche Formen. Und sicher gibt es auch Santokus mit denen man wiegen kann. Meiner Meinung nach aber eher eine Kompromisslösung aus der sich keinerlei Vorteile gegenüber eines Gyuto's ergeben...

zu 3.
Ich denke das ist Geschmackssache. Ich persönlich habe Messer mit oktagonalem, ovalem, kastanienförmigem und westlichem Griff und komme mit allen gut klar. Meine persönlichen Favoriten sind Kastanienform und oktagonal (der drückt auch nicht nein). Bei den symmetrischen Griffen (oktagonal, oval, z.T. westlich) bietet sich natürlich der Vorteil gleicher Eignung für Rechts- und Linkshänder, falls du Linkshänder bist...

zu 4.
Kommt drauf an wo du bestellst. I.d.R. ist eben der Griff dran der dran ist und höchstens die Farbe einer Büffelhornzwinge kann man wählen da diese oft variiert. Es gibt im Einzelfall auch Shops die Custom-Griffe auf Wunsch anbieten (chefknivestogo und Korin france z.B.), allerdings oft mit heftigen Aufpreisen. Die sinnvollere Variante wäre aber vermutlich bei einem Messermachen deines Vertrauens (gibt hier genug im Forum) dir nachträglich deinen Wunschgriff bauen zu lassen.... oder du machst es selbst ;)

zu 5.
Die Zwinge trägt zur Verbindung von Klinge und Griff bei. Büffelhorn findet man vorwiegend bei höherwertigen Messern, Holz und Kunststoff eher bei Günstigeren. Ich würde immer Zwingen aus Büffelhorn bevorzugen und nie ein Messer mit Kunststoffzwinge kaufen. Ich glaube zwischen Holz und Horn ist der Stabilitätsunterschied nicht signifikant.

zu 6.
Kann ich keine eindeutige Antwort geben, da dies zum Teil unterschiedlich gemessen wird. Musst du beim genauen Messer nachfragen. Zudem sind teilweise insbesondere bei japanischen Messern die Klingenlängen eher grobe Richtwerte ^^ Ich hab z.B. eins was 21cm Klingenlänge haben soll, aber eher 19,5cm hat und eines was 24cm haben soll und deutlich über 25cm hat.

Beispiel unterschiedliche Messarten:
http://www.kitchen-knife.jp/pro/howtomeasure.gif

Hoffe das hilft dir weiter.
Gruß, Gabriel
 
AW: Erste Frage im Forum

@ Peter 1960
Wo du Recht hast hast du Recht. Lass mich bitte ein paar Minuten überlegen. Ich lasse mir was einfallen!

Vandenburgh
 
Zuletzt bearbeitet:
AW: Erste Frage im Forum

Hallo Gabriel,

vielen Dank. Das finde ich toll, dass du mir so schnell und so ausführlich geantwortet hast.
Zum Fragenkatalog: den möchte ich gern ausfüllen, ja. Aber um eben Messer aufzuzählen, mit den ich mich bereits beschäftigt habe, wollte ich gern vorher noch ein paar Sachen genauer wissen.

Also, besten Dank noch einmal für deine Mühe!

Vandenburgh
 
AW: Erste Frage im Forum

Für Peter1960 :)

Ich könnte mir vorstellen, dass folgender Titel aussagekräftiger wäre:

"Frage zu Spezifikationen eines Messers - Aufbau und Form von Klinge sowie Griff"
oder nur
"Fragen zu Aufbau und Form von Klinge sowie Griff eines Messers"


Passt das???

Gruß Vandenburgh
 
1.)
Die bereits verlinkte Erklärung bzgl. der Herstellung vom Messerkontor ist ganz gut. Jedoch erhöht die warikomi-Konstruktion nicht die Verwindungssteifigkeit des Messers, eher im Gegenteil: Die Klinge ist kaum biegeresistenter als die Mittellage allein.

Die Vorteile liegen woanders:
  • je dünner der Stahl, desto mehr lässt er sich biegen bevor er bricht; zusammen mit dem stützenden Eisen erhält man eine Klinge, die sich eher verbiegt als bricht
  • warikomi und sanmai-awase Klingen kann man daher auch viel leichter wieder richten - mit einem sog. mage-bô - wenn sie sich verbogen haben sollten
  • nach mehreren Schärfvorgängen lässt die Klinge sich durch die weichen Außenseiten auch von Hand wieder schön dünn ausschleifen, wo man bei einem Monostahlmesser normalerweise schon eine Maschine bräuchte

2.)
In der traditionellen japanischen Küche nutzt man den Wiegeschnitt nicht. Stattdessen nutzt man die sog. utsu-Technik: die Schneide bleibt die ganze Zeit über parallel zum Schneidbrett und man schneidet in einer Schiebebewegung. Im Unterschied zum europäischen Wiegeschnitt wird das Handgelenk nicht bewegt und die Spitze verbleibt nicht auf dem Brett. Kann man hier: >click< sogar in Zeitlupe sehen. Für diese Technik optimiert sind usuba bzw. nakiri.

Eine weitere wichtige Technik nennt sich hiku: ein ziehender Schnitt, der für das Schneiden von Fisch verwendet wird. Hierbei wird das Messer in einer bogenförmigen Bewegung vom Klingenansatz bis zur Spitze durch das Schneidgut gezogen, um den Fisch mit einem sauberen Schnitt zu portionieren. Spezielle Messer hier sind bspw. yanagiba und fugu-hiki (hiki leitet sich von hiku ab)

Das santoku ist quasi ein modifiziertes nakiri welches sich sowohl für utsu als auch für hiku eignet. Ich persönlich bevorzuge utsu gegenüber dem Wiegeschnitt, da ich die ständige Beanspruchung des Handgelenks als unangenehm empfinde.

3.)
Achteckig habe ich in Japan eher selten gesehen und wenn dann meist bei yanagiba o.ä. bei denen man sowieso nicht so fest zufasst. Ich denke auch nicht, dass es so schnell unangenehm wird, wenn man ein scharfes Messer hat, denn die Zutaten beim Kochen bieten ja eher wenig Widerstand - anders wäre es beim Schnitzen oder so. Ich persönlich mag die kurigata-Griffe auch sehr.

5.) Die Zwinge dient bei Messern und Werkzeugen dazu, ein Spalten des Griffs beim Eintreiben der Angel und natürlich auch beim späteren Gebrauch zu verhindern, da am Übergang von Griff zu Klinge gewöhnlich die größten Kräfte auftreten.

Büffelhorn ist wesentlich zäher als das üblicherweise für japanische Messergriffe verwendete honoki (Magnolia obovata), kann aber unter Umständen (Wechsel in der Feuchtigkeit; sehr trockene, heiße Umgebung) reißen.

Die Alternativen sind dann weniger hübsch, aber widerstandsfähiger: Pakkawood ist ein Handelsname für Holzlaminat, welches mit Kunstharz gebunden ist - quasi eine Art Micarta aus Holz. Plaste sieht weniger schön aus, tut aber auch seinen Dienst. Daneben gibt es auch manchmal Messer mit Metallzwingen.


Ookami
 
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Hallo Ookami,

vielen Dank für deine zusätzlichen Erläuterungen. Insbesondere die Erklärungen zur Schneidtechnik und das verlinkte Video fand ich sehr interessant. Da stellt sich mir nun doch noch die Frage, in welche Richtung ich gehen möchte: erlerne ich eine andere Schneidtechnik und lege mir doch ein Santoku zu (man möge in der Kaufberatung bitte Verständnis haben, dort hat man mich schon so toll zu Gyutos beraten) oder ich behalte die Schnitttechnik bei und arbeite in Zukunft mit einem Gyuto.
Leider habe ich derzeit nur ein Global GS 37 (http://www.knivesandtools.de/de/pt/..._campaign=DE&gclid=CJv3wMi-sboCFceWtAodQiAAHQ) aber dieses Messer ist natürlich viel zu klein, um die von dir erklärte Schnitttechnik utsu ausgiebig zu testen. Mal sehen. Den Wiegeschnitt empfinde ich persönlich als "runder" und weicher, und ich will ja nur die Zutaten für 4 Personen schneiden, wenn ich koche, nicht für eine Großküche.
Aber wie so oft, sind auch hier die Ansichten von Mensch zu Mensch unterschiedlich.

Zu deinen Ausführungen zu 1.)
Leider bin ich noch zu neu in der Materie, um deine Aussagen richtig zu verarbeiten: schreibst du eher dem Monostahl oder den dreilagigen Stahl die Vorteile zu? Wenn ich es richtig deute, dann doch eher dem dreilagigen Stahl?

Also, noch einmal besten Dank für deine und auch für Gabriels Bemühungen!

Ich belese mich mal weiter!

Vandenburgh
 
Vor- und Nachteile hat beides, aber ich mag die Kombination aus weichem Eisen und hartem Stahl. Erstens sind solche Klingen leichter instand zu halten und zweitens sind sie uriger. ;)

Santoku in dieser Größe sind mMn vielleicht als Kompromiss fürs Camping oder den Urlaub geeignet, aber ansonsten zu klein zum Schneiden und zu groß zum Schälen oder Garnieren.


Ookami
 
Danke für deine Meinung! :super:
Damit wäre ich wahrscheinlich doch wohl wieder beim Gyuto.

Vandenburgh
 
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