Interessante Frage,
@thrawn
Die Art der Federschwächung wie beim Pinnacle war mir auch neu.
Hab gleich mal meine Framies durchgecheckt, bzgl. der gewählten Lösungen:
Bilanz bei den 13 Teilnehmern der Evaluierung:
7 haben die klassische Fräsung von außen
5 von innen
1 gar keine (Sonderfall Kohlefaser, mehr dazu hier:
klick)
Beobachtungen:
- Die Stärke an den dünnsten Stelle variiert stark und hängt vom Material und der Ausgangstärke des Frames ab, allerding geht keiner über 1,5 mm, bei Titan liegt die Mehrheit über 1 mm
- Ob die Fräasung innen oder außen sitzt scheint eher aus ästhetischen Gründen entschieden worden zu sein
- "Man spart sich das Umspannen bei der Bearbeitung" läßt ich auch widerlegen: selbst bei außenliegender Schwächung gibt es weitere Fräsungen auf der Innenseite
- "Außenwölbung der Schale = Fräsung innen" stimmt auch nicht immer, wie einige Beispiele zeigen
- Alle Fräsungen sind mit Übergangsradien versehen, um Spannungsspitzen zu vermeiden
- Materialen: Titan, Stahl, Kohlefaser
- Die Federn sind vorgebogen, d. h. sie biegen sich an der dünnsten Stelle nach innen zur Klinge hin
Zur Technik der Aussparung:
Grundsätzlich hat die Feder drei Funktionen:
- "automatisches" Verriegeln der Klinge im geöffnenten Zustand über die Vorspannung
- manuelles Entriegeln durch Überwindung der Federvorspannung
- "kontrollierter" Klingengang über den Druck des Detent auf die Klingenwurzel beim Öffnen/Schließen
Damit treten bei normaler Handhabung (also kein Überbiegen der Feder nach außen) zwei Arten von Belastung auf:
- Permanente Biegungsbeanspruchung im elastischen Bereich gegen die Federspannung
- Knickkraft im verriegelten Zustand (schwach) und Belastung der geöffneten Klinge in Schließrichtung (stark)
Die Schwächung der Feder ist nur für den ersten Fall notwendig, damit die Entriegelungskraft gering genug ist, um ein komfortables Entriegeln zu ermöglichen. Anderseits muss die Federkraft noch aureichend groß sein, um das sichere Verriegeln zu garantieren. Und der Klingengang sollte auch noch passen.
Um die Biegebelastung dauerhaft ertragen zu können, sind, neben aureichender Materialstärke, die Ausfäsungen typischerweise so ausgeführt, daß die Kraftlinien keine abrupten Richtungswechsel haben (Kerbwirkung), d. h. mit Radien. Die größte Beansprung ist hier am hinteren Ende der Aussparung.
Wie ebenezer schon weiter oben schrieb, hat die außen sitzende Fräsung den besseren Kraftlinienverlauf. Ein Brechen der Feder an dieser Stelle scheint mir bei normaler Benutzung, richtigem Materail und Dimensienierung aber sehr unwahrscheinlich - unabhängig davon, wo die Aussparung sitzt.
Die Knickkraft bei Belastung der verriegelten Klinge in Schließrichtung ist die mechanisch kritischere Situation, imho.
Ob und wann die Feder beim Framelock knickt (hoffentlich nie) hängt von verschiedenen Faktoren ab:
- Einwirkende Kraft (Stärke und Richtung)
- Material (Elastizitätsmodul)
- Flächenträgheitsmomemt (FTM) im Belastungsquerschnitt (also die Querschnitgeometrie)
- Länge des schwächsten Querschnitts
Im Vergleich der beiden Ausfräsungsmöglichkeiten (klassisch und Pinnacle) heißt das also:
- Kraft und Material sehe ich mal als vergleichbar
- Das FTM beim Pinnacle wird trotz schmaler Feder und tiefer Ausfräsung, ähnlich groß sein, da der Abstand der Kraftlinien zur neutralen Faser größer ist wegen der beiden Stege links und rechts der Ausfräsung. D. h. die Feder kann zierlicher (Höhe und Breite) ausgeführr werden als im klassischen Fall. Wenn die Stege allerdings zu dünn dimensioniert sind, werden hier Verformungen auftreten, eventuell schon bei Biegebelastung
- Bzgl. der Länge des geschwächten Querschnitts sehe ich eine Nachteil beim Pinnacle, da diese in der Berechnung sogar im Quadrat und in unserem Knickfall noch mit dem 4fachen Faktor eingeht
- um die Pinnacle-Lösung sauber umzusetzen, braucht es schon eine CNC-Fräse, damit die Stege gleichmäßig ausgeführt sind
- optisch ganz klarer Vorteil für das Pinnacle - keine Frage
Kurz gesagt: beides funktioniert wenn es richtig dimensionert und ausgeführt wird! Die Pinnacle-Lösung ist optisch besser und fertigungstechnisch anspruchsvoller, sollte aber in senkrechter Richtung steifer sein und damit besser verriegeln
Bei vorgegebener Deformation zum Entriegeln wird die Spannung im Material umso größer, je dicker es ist. Also bricht dickes Material leichter.
Das kann ich allerdings nicht ganz nachvollziehen - oder ich hab was falsch verstanden ....
Greetz
Virgil