Framelock Ausfräsung

thrawn

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Hier ein ganz altes Thema - die Frage, "Was ist besser: Ausfräsung innen, oder Außen?"

Beim Benchmade 750 Pinnacle fällt schnell auf, dass die Ausfräsung zwar innen angebracht wurde, aber anders, als gewohnt: Als Nut, wobei das volle Material an der Außenkante erhalten bleibt
Pinnacle_1.jpg
Pinnacle_2.jpg


Mir gefällt das optisch deutlich besser, als die "normalen" und ich frage mich:
- gibt es noch andere Varianten an Ausfräsungen?
- warum wird es nicht häufiger, wie beim Pinnacle gemacht, gibt es Nachteile?
 
- warum wird es nicht häufiger, wie beim Pinnacle gemacht, gibt es Nachteile?

Musst halt ne Tasche fräsen. Kann 0,23 Cent teurer sein. Dann haste nen Grund.
Technisch halte ich es für besser, als die übliche senkrechte Fräsung. Weil Du das Material nicht an einer Kante ausdünnst/schwächst. Ein gelernter Mechaniker aufwärts darf mir gerne sofort widersprechen ;)

Pit"Scheisse, warum hab ich das 750 eigentlich verscherbelt"ter
 
Reinigen ist bei so einer Ausfräsung etwas schwieriger bzw. es wird mehr Schmutz oder Fusseln o.ä. eigefangen. Aber das dürfte die mechanischen Vorteile kaum aufwiegen.
Hätte Benchmade mal beim 755 schon so machen sollen, daß hätte nicht so komisch ausgesehen und konzeptionell besser zum Overbuilding-Exzess gepasst ...
 
Grundsätzlich scheinen die aussen angebrachten Fräsungen stabiler gegen Bruchgefahr zu sein. Schreibt u.a. ein Mick Strider.

Ich persönlich bevorzuge aus optischen Gründen ganz klar innenliegende Lösungen, gibt doch einige Maker, die das auch so machen. Eine Nut sollte rein physikalisch mehr Widerstand bieten als eine durchgehend gebrochene Fläche. Und weniger Biegewiderstand ist ja der eigentliche Sinn der Fräsung?

grüsse, pebe
 
Bei einer Vertikal angebrachten Ausfräsung ist es besser, wenn diese außen angebracht ist, weil dann die Zugspannungen beim entriegeln sauber über die ungestörte Innenfläche laufen können. und dort keine Kerbwirkung auftritt. Grundsätzlich sind diese Ausfräsungen umso bruchgefährdeter je kürzer und tiefer sie sind. Man will ja am Verriegelungspunkt eine gewisse Federkraft erzielen. Um das möglichst materialschonend zu erreichen, sollte der federnde Schenkel und auch der tatsächlich federnd arbeitende Bereich möglichst lang sein. Vor Allem, wenn man die ursprüngliche Materialstärke optisch beibehalten möchte, so wie in dem oben gezeigten Bild dargestellt. Da die Materialstärke bei der Biegesteifigkeit in der dritten Potenz wirkt, wird es bei dieser Variante schnell zu steif. Ich glaube, ich selbst würde eine vertikale Ausfräsung innen, die sehr weich ausläuft, maximal die halbe Dicke des Grundmaterials wegnimmt und über eine größere Länge auf gleicher Minimaldicke verläuft bevorzugen. Damit hätte man außen eine homogene Optik und gleichzeitig geringe Materialdehnungen und geringe bis keine Kerbwirkung. Eine Längsfräsung innen, wie auf dem Bild kann bei richtiger Auslegung und großer Länge auch gut funktionieren, ist aber aus meiner Sicht hinsichtlich Bruchgefährdung kritischer. Sie sollte auch nicht so randnah liegen, wie bei diesem Messer, sondern mittig auf dem federnden Schenkel.
 
Die Bruchgefahr sollte nach meinem Verständnis doch geringer sein, gerade, da am Rand noch das volle Material steht.
Und wenn die Ausfräsung weiter in der Mitte (auf dem Bild weiter rechts, wenn Du das meinst, ebenezer?) wäre, müsste sie deutlich länger sein, denke ich, damit genug Spannung rausgekommen wird.

Das ist am Ende aber theoretischer Natur:
Ein Framelock kann versagen, keine Frage. Aber wenn, dann vor allem durch Wegrutschen an der Klingenwurzel (und Beschädigung an der Kontaktstelle zur Klinge).

Ansonsten sind also keine Messer bekannt, bei denen das so (oder anders, als gewohnt) gelöst wurde?
 
Nein, ich meinte nicht weiter rechts sondern auf dem Bild weiter unten. Da steht ja nur noch ein minimaler Steg am Rand.
Bei vorgegebener Deformation zum Entriegeln wird die Spannung im Material umso größer, je dicker es ist. Also bricht dickes Material leichter.
Die auftretende Spannung steigt linear mit dem Abstand zur neutralen Faser. So eine ausgefräste Nut bewirkt, dass die neutrale Faser in Richtung gegenüberliegende Seite mit dem durchgehenden Material wandert. Dadurch steigt innen die Spannung. Die Annahme dickes Material hält besser ist hier falsch.
 
Dann scheint da ein Missverständniss vorzuliegen: Die Nut kann nicht weiter unten sein, da der Lockbar schmal ist
20220427_225207~2.jpg


Bzgl. Robustheit meine ich nicht beim Entriegeln (da wird der Framelock nahezu ewig halten), sondern bei Biegebelastung durch Druck auf den Klingenrücken.
Um dann ein Wegknicken zu verhindern, ist so ein Steg hilfreich.
 
Zuletzt bearbeitet:
OK, den Lastfall Knickung kenne ich nicht. So ein Einsatzfall ist mir noch nicht begegnet. Für eine Nutzung, die so eine Belastung mit sich bringt, ist diese Art der Ausfräsung tatsächlich hilfreich.
Ich kenne bisher nur Fälle, in denen der Framelock gebrochen ist, wenn beim Entriegeln zu viel Biegung aufgebracht wurde.
 
Von einem gebrochenen Framelock durch Entriegeln habe ich jetzt noch nie gehört - Das können doch nur üble Tankstellenmesser gewesen sein, oder?

Bzgl. der Ausfräsung ist das Pinnacle also echt etwas besonderes - es scheint ja sonst nichts anderes bekannt zu sein.
 
Interessante Frage, @thrawn

Die Art der Federschwächung wie beim Pinnacle war mir auch neu.

Hab gleich mal meine Framies durchgecheckt, bzgl. der gewählten Lösungen:

Bilanz bei den 13 Teilnehmern der Evaluierung:

7 haben die klassische Fräsung von außen
5 von innen
1 gar keine (Sonderfall Kohlefaser, mehr dazu hier: klick)

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Beobachtungen:
  • Die Stärke an den dünnsten Stelle variiert stark und hängt vom Material und der Ausgangstärke des Frames ab, allerding geht keiner über 1,5 mm, bei Titan liegt die Mehrheit über 1 mm
  • Ob die Fräasung innen oder außen sitzt scheint eher aus ästhetischen Gründen entschieden worden zu sein
  • "Man spart sich das Umspannen bei der Bearbeitung" läßt ich auch widerlegen: selbst bei außenliegender Schwächung gibt es weitere Fräsungen auf der Innenseite
  • "Außenwölbung der Schale = Fräsung innen" stimmt auch nicht immer, wie einige Beispiele zeigen
  • Alle Fräsungen sind mit Übergangsradien versehen, um Spannungsspitzen zu vermeiden
  • Materialen: Titan, Stahl, Kohlefaser
  • Die Federn sind vorgebogen, d. h. sie biegen sich an der dünnsten Stelle nach innen zur Klinge hin
Zur Technik der Aussparung:

Grundsätzlich hat die Feder drei Funktionen:
  1. "automatisches" Verriegeln der Klinge im geöffnenten Zustand über die Vorspannung
  2. manuelles Entriegeln durch Überwindung der Federvorspannung
  3. "kontrollierter" Klingengang über den Druck des Detent auf die Klingenwurzel beim Öffnen/Schließen
Damit treten bei normaler Handhabung (also kein Überbiegen der Feder nach außen) zwei Arten von Belastung auf:
  1. Permanente Biegungsbeanspruchung im elastischen Bereich gegen die Federspannung
  2. Knickkraft im verriegelten Zustand (schwach) und Belastung der geöffneten Klinge in Schließrichtung (stark)
Die Schwächung der Feder ist nur für den ersten Fall notwendig, damit die Entriegelungskraft gering genug ist, um ein komfortables Entriegeln zu ermöglichen. Anderseits muss die Federkraft noch aureichend groß sein, um das sichere Verriegeln zu garantieren. Und der Klingengang sollte auch noch passen.

Um die Biegebelastung dauerhaft ertragen zu können, sind, neben aureichender Materialstärke, die Ausfäsungen typischerweise so ausgeführt, daß die Kraftlinien keine abrupten Richtungswechsel haben (Kerbwirkung), d. h. mit Radien. Die größte Beansprung ist hier am hinteren Ende der Aussparung.

Wie ebenezer schon weiter oben schrieb, hat die außen sitzende Fräsung den besseren Kraftlinienverlauf. Ein Brechen der Feder an dieser Stelle scheint mir bei normaler Benutzung, richtigem Materail und Dimensienierung aber sehr unwahrscheinlich - unabhängig davon, wo die Aussparung sitzt.

Die Knickkraft bei Belastung der verriegelten Klinge in Schließrichtung ist die mechanisch kritischere Situation, imho.

Ob und wann die Feder beim Framelock knickt (hoffentlich nie) hängt von verschiedenen Faktoren ab:
  • Einwirkende Kraft (Stärke und Richtung)
  • Material (Elastizitätsmodul)
  • Flächenträgheitsmomemt (FTM) im Belastungsquerschnitt (also die Querschnitgeometrie)
  • Länge des schwächsten Querschnitts
Im Vergleich der beiden Ausfräsungsmöglichkeiten (klassisch und Pinnacle) heißt das also:
  • Kraft und Material sehe ich mal als vergleichbar
  • Das FTM beim Pinnacle wird trotz schmaler Feder und tiefer Ausfräsung, ähnlich groß sein, da der Abstand der Kraftlinien zur neutralen Faser größer ist wegen der beiden Stege links und rechts der Ausfräsung. D. h. die Feder kann zierlicher (Höhe und Breite) ausgeführr werden als im klassischen Fall. Wenn die Stege allerdings zu dünn dimensioniert sind, werden hier Verformungen auftreten, eventuell schon bei Biegebelastung
  • Bzgl. der Länge des geschwächten Querschnitts sehe ich eine Nachteil beim Pinnacle, da diese in der Berechnung sogar im Quadrat und in unserem Knickfall noch mit dem 4fachen Faktor eingeht
  • um die Pinnacle-Lösung sauber umzusetzen, braucht es schon eine CNC-Fräse, damit die Stege gleichmäßig ausgeführt sind
  • optisch ganz klarer Vorteil für das Pinnacle - keine Frage

Kurz gesagt: beides funktioniert wenn es richtig dimensionert und ausgeführt wird! Die Pinnacle-Lösung ist optisch besser und fertigungstechnisch anspruchsvoller, sollte aber in senkrechter Richtung steifer sein und damit besser verriegeln

Bei vorgegebener Deformation zum Entriegeln wird die Spannung im Material umso größer, je dicker es ist. Also bricht dickes Material leichter.
Das kann ich allerdings nicht ganz nachvollziehen - oder ich hab was falsch verstanden ....;)

Greetz

Virgil
 
Zuletzt bearbeitet:
Die Diskussion hierüber, ob und wann ein Titanlock bei Überdehnung brechen kann und wird, wurde dem Vernehmen nach von Rick Hinderer gestartet.

Angeblich hat er in einer unkontrollierten Situation den Lock an seinem Messer überdehnt, worauf dieser nach seiner Erzählung gebrochen sei.

Daraufhin hat er den Overtravelstop entwickelt, eingeführt und ein solcher wird seitdem vielfach auch bei anderen Hersteller verwendet.

Entweder sind die Reevemesser besser verarbeit oder haben clevere User - dort kommt er nicht zur Anwendung.

Lock innen oder aussen und overtravelstop dürften eher für ein mehr oder weniger an maximalen Reserven, denn für eine Notwendigkeit stehen.

grüsse, pebe
 
Seh ich auch so - es soll Leute geben, die sich in "einer unkontrollierten Situation" mit dem Messer in den Finger geschnitten haben - afaik gibt es aber trotzdem nur wenige Messer, die stumpf ausgeliefert werden (und wenn, ist es eher einer Qualitätsproblem, als die Sorge um die Finger des Kunden)
 
Von einem gebrochenen Framelock durch Entriegeln habe ich jetzt noch nie gehört - Das können doch nur üble Tankstellenmesser gewesen sein, oder?
Habe mal zwei solcher gebrochenen Framelocks gesehen, exakt aus dem Billigsektor mit wohl überhärtetem Edelstahlframe. Und die Benutzer waren etwas unterbelichtet und haben getestet, wie weit sich der beim Entriegeln biegen lässt:irre:.
 
Beim Pinnacle selbst gibt es übrigens 2 unterschiedliche Lockvarianten. In Beitrag #8 sieht man sehr schön, daß (wie von Thrwan geschrieben) die Lockbar relativ schmal ist. Es gibt eine weitere Variante, die eine deutlich breitere Lockbar hat; die würde auf dem Bild in etwa mittig unter dem Clip verlaufen. Ob beide diese Art von innen gefräster Schwächung haben, kann ich auswending nicht sagen, aber gerne später nachschauen, falls gewünscht.
 
Von einem gebrochenen Framelock durch Entriegeln habe ich jetzt noch nie gehört - Das können doch nur üble Tankstellenmesser gewesen sein, oder?
Das waren chinesische Sanrenmu 7023 (Buck Nobleman-Nachahmungen). Ich war allerdings nicht selbst dabei. Kann also nicht sagen, inwiefern die missbräuchlich behandelt wurden. Die Fräsung sieht jedenfalls nicht schlechter aus, als bei den oben gezeigten Messern. Bei mir funktioniert so ein Messer seit Jahren tadellos, mal abgesehen von der geringen Schneidhaltigkeit des Klingenstahls.
 
Zuletzt bearbeitet:
Ich dachte immer, Titan sei bei Framelocks so ziemlich das Haltbarste ... bis grad eben. Hole mein Subcom Titan aus der Schublade und wundere mich über die nicht vorhandene Haltekraft des Locks.
Abgebrochen, genau an der ausgedünnten Stelle. Die dünne Linie auf dem Framelock ist die Bruchstelle.
Dabei hab ich das Dingens nie im Leben überdehnt, weil ist ja ein Subcom 42, wo man den Lock gar nicht drücken muss.
Sh*t happens.
DSCF6160.JPG
DSCF6162.JPG
 
Schlecht konstruiert. Die Spannungen konzentrieren sich auf den tiefsten Punkt. Spielt keine Geige, ob das nun Titan, Stahl oder Alu ist.
 
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