Sehr geehrte Messerforum-Gemeinde,
Natürlich wird man, ohne soetwas zuvor gemacht zu haben, garantiert kein perfektes Messer mit rasiermesserscharfer Klinge zaubern. Wir sehen es eher als Experiment: was kann man mit improvisierten Mitteln erreichen? Welche Profitipps helfen in so einer Situation? Mit welchen Schwierigkeiten wird man konfrontiert?
[...]
Über eine weiterhin rege Diskussion würde ich mich sehr freuen.
Viele Grüße
Stefan Otto
Hallo Stefan,
hier sollte man vielleicht erstmal abklären, was genau Du unter improvisierten Mitteln verstehst - denn ein versierter (Hobby-)Schmied kann auch mit einfachsten Mitteln (Erdesse, Baumarkt-Hammer etc.) ein gutes Ergebnis erreichen, während ein Anfänger auch mit einer kompletten Schmiedeausstattung zu Beginn und ohne Unterstützung erstmal nur Probleme hat.
Dies beginnt mit der Auswahl des Stahlmaterials (im Kohlefeuer wohl nur Carbon-Stähle), der Aufbau einer einfachen Esse (Erdesse;gemauerte Esse aus Steinen oder/und Lehm, Blasebalg oder Gebläse (Föhn), geht weiter zum (improvisierten) Amboss aus einem Stück Eisenbahnschiene o.ä. auf einem Holzklotz usw. usw.
Die "einfachste" Variante, die ich kennenlernte, war ein junger Mann,der während eines Mittelaltermarktes kleine Messerklingen und Schmuckstücke schmiedete :
Er hockte im Schneidersitz vor einem winzigen Holzkohlefeuer, blies in die Holzkohle mangels eines Blasebalges und trotzdem war er in der Lage, den Stahl soweit zu erhitzen, dass er aus einem kleinen Stück Rundstahl auf der Breitseite eines Hammers eine (kleine) Klinge bis zur Endform auschmieden konnte - gehärtet wurde im Wassereimer und angelassen nach Gefühl und Anlaßfarbe über der Holzkohle!
Diese minimalistische Art Werkzeuge/Schmuck/Messer zu schmieden findet man auch heute noch im afrikanischen/arabischen Raum, hat aber nichts mit Anfänger zu tun, sondern erfordert Einiges an Wissen und viel Erfahrung!
Mein Vorschlag:
- Aufbau einer kleinen (Erd-) Esse mit Steinen
- als Gebläse ein alter Föhn mit einem alten Staubsaugerrohr aus Metall als Luftführung
- als Brennmaterial normale Grillkohle
- als Amboßersatz die Breitseite eines dicken Vorschlaghammers; alternativ ein Stück einer Eisenbahnschien o.ä.
- ein Hammer aus dem Baumarkt 500 -1200g zum Formen
- große, leere Konservendose aus der Gastronomie zum Abschrecken (wegen Rißgefahr bitte nur warmes Öl nehmen - hier tuts auch (da wohl im Freien) auch benutztes Frittenöl... )
- als Schmiedezangenersatz eine lange Wasserrohr-Zange aus dem Baumarkt o.ä
- als Messerstahl z.B.ein Stück aus einer defekten LKW-Blattfeder (Schrottplatz), welche sich mit einem Trennjäger aus dem Baumarkt zurechtschneiden läßt; alternativ eine alte Feile über Nacht im verschlossenen Wasserrohr auf dem Holzkohlegrill weichglühen (thread von herbert?)
- die fertige und abgeschreckte Klinge kann man dann in Muttis Backofen bei 180-200°C anlassen
- ein Stück Abfallholz passender Größe für den Griff gibts bei jedem Sperrmüll oder in einer Schreinerei; alternativ aus einem Stück abgelagertem (trockenen) Brennholz -> Buche/Eiche?
Hier im MF gibt es einige junge Leute, die so oder so ähnlich angefangen haben und sich vielleicht bereit erklären, ihre Experimente zu wiederholen!?!
Ich hoffe, ich konnte trotz dem etwas unglücklichen Einstieg helfen und wünsche Viel Erfolg!
BTW:
Wenn die Klinge gehärtet wurde, ist Rasierschärfe herstellen überhaupt kein Problem - dazu kann man vielleicht später mehr sagen...
Viele Grüße aus Lich...
Peter