Gedächtnis in Gattersägeblättern und abgebrochenes Erl...

mori

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Hallo allerseits!

Hab letztes Wochenende mal wieder intensiv mit dem Messermachen verbracht. Herausgekommen dabei sind ein kleines Schnitzmesser, ein Taschenmesser mit feststehender Klinge und ein Chuka Bocho (chinesisches Gemüsemesser).

Das Taschenmesser ist aus einer alten Feile entstanden und kam Schnurgerade aus dem Härten heraus. Das Chuka Bocho habe ich aus alten Gattersägeblättern gemacht, die wir zu Hauf zu Hause herumliegen haben. Stahl sollte 1.1750, oder C75 W sein, sind zwar schon älter, aber die Herstellerfirma benutzt scheinbar seit Jahrzehnten den selben Stahl.

Nun zu meinen Fragen: Ich habe die Rohlinge aus den Gattersägeblättern im Ofen Weichgeglüht (640c° für den 1.1750). Weich ist er ja, nur das Problem ist, dass er scheinbar sein Gedächtnis dabei nicht verliert. Härtet man ihn, so verzieht er sich immer wider in die selbe Richtung. Ich nehme an, dass ist vom Walzprozess von der Herstellung der Sägeblätter. Sollte sich dieser Stress im Stahl, der zum Verzug beim Härten führt, nicht beim Weichglühen lösen? Oder spätestens beim Normalisieren? (auf Härtetemperatur erhitzen und dann langsam an der Luft abkühlen lassen)


Und das zweite Problem war, dass dann doch, nach ein paar Mal Anlassen mit Gegenbiegung die Klinge gerade war, ein wunderschöner oktagonaler Grill aus Grenadil dazu und dann brach mir das Erl samt Griff ab. Also hab ich noch schnell eine zweite Klinge gemacht, wieder gehärtet (wider Verzug, jedoch diesesmal mehr, da nicht Weichgeglüht vorher und nicht normalisiert), fertig am Bandschleifer geschliffen und dann, beim Versuch das Erl etwas zu schleifen, damit es in den alten Griff passt macht es *kling* und das Erl brach wieder von der Klinge. Direkt am Übergang.
Meine Theorie ist nun folgende: Ich habe zwischen Erl und Klinge eine 90° Winkel geschliffen, noch vorm härten. Kann es sein, das auf Grund des scharfen Übergangs zwischen Erl und Klinge hier beim Härten eine Spannung entstanden ist? Kann ich dies verhindern, in dem ich einen runden Übergang zwischen Erl und Klinge schleife?

Edit: Ach ja, Gattersägeblätter haben eine Stärke von 2,3 mm, sehr dünn, aber ideal für Küchenmesser ;)

Ich freute mich schon auf Tipps und Antworten :)

lg mori
 
Lt. Stahlschlüssel liegt die Temperatur für's Weichglühen von 1.1750 zw. 680°C und 710°C, gehärtet wird bei 790°C bis 820°C. Versuche es mit diesen Werten, aber noch bevor du die Klinge geformt hast.
 
Willkommen mori!

Meine Theorie ist nun folgende: Ich habe zwischen Erl und Klinge eine 90° Winkel geschliffen, noch vorm härten. Kann es sein, das auf Grund des scharfen Übergangs zwischen Erl und Klinge hier beim Härten eine Spannung entstanden ist? Kann ich dies verhindern, in dem ich einen runden Übergang zwischen Erl und Klinge schleife?

Mit deiner Theorie liegst du richtig, ist hier auch schon oft besprochen worden. Im Forum findest du eigentlich das ganze Wissen das man braucht, einfach mal suchen.
Eventuell liegt das Problem auch bei einem zu schroffen Abschrecken (Wasser? Warmes Öl?). Wenn du willst beschreib doch mal deine Wärmebehandlung genauer.

Am besten Spannungsarmglühen als extra Schritt zusätzlich noch einbauen.

Gruß
Simon
 
Mit spannungsarm glühen meinst du normalisieren? hab ich gemacht.

Also weichgeglüht wird bei 630 c°, Normalisieren bei 820 c°, Härten bei 820 c° und abschrecken in Rapsöl (1.1750 ist ein Ölhärter, sollte also passen. Risse hatte ich beim aller ersten Messer bekommen, das ich damals noch in Wasser gehärtet habe.)

Also beim nächsten Versuch werd ich runde Übergänge schleifen, dann sollts passen :)

Ich probier aber auch das Erl beim letzen Messer noch anzuschweißen, ich vermute, das sollte auch halten (ist ja immerhin kein Outdoor Messer wo extreme Belastungen auf das Erl kommen)


Wenn noch wer Infos zu dieser Gedächtnis sache hat wäre ich wirklich sehr dankbar :)
 
Ah! schon wieder was gelernt! Danke sehr.

Dann werde ich das nächste mal spannungsarm glühen. das sollte dann auch den Verzug beim Härten minimieren (bei 2-5 Stunden glühdauer bleibt sicher kein Gedächtnis mehr zurück ;D )

Die Entkohlung spielt sich doch aber maximal im hunderstel milimeter bereich ab, oder? Also zwang ist es nicht, die Klinge davor zu schützen, da der Kern der Schneide ja noch genung Kohlenstoff übrig haben sollte?
 
Doch unbedingt schützen!

Ganz laienhaft ausgedrückt: beim Entkohlen verliert der Stahl Kohlenstoff und der Kohlenstoffgehalt im Werkstück gleicht sich dabei aus, er wandert also auch von innen nach aussen!
Das ganze ist natürlich temperatur und zeitabhängig.

Such doch mal nach Entkohlen, da findest du denn Expertenaussagen und Tips wie man mit einfachen Mitteln den Stahl schützen kann.

Gruß
Simon
 
Hallo,
du kannst die Klinge vor dem Härten leicht in die entgegengesetzte Richtung biegen.
Beim Härten nur die Schneide ins Öl tauchen.
Während der Stahl noch heiß ist die Klinge am Amboss richten.
Wenn ich nichts übersehen habe, hast du die Klinge nicht angelassen.
Link
 
Ok, also Schützen vor Entkohlung. Ein Lehmmantel sollte es auch tun, wenn ich mir das richtig vorstelle.

Angelassen hab ich natürlich, hab ich vergessen dazuzuschreiben ;D
200c° im Ofen für 2 Stunden. Mit Gegenbiegung bekommt man dann auch gut einen leichten Härteverzug wieder raus, nur wärs ohne den zusätzlichen Aufwand natürlich netter ;)

Das nächste mal werd ich also noch spannungsarm Glühen vorm Härten, und den Übergang des Erls abrunden.

Achja, ich möcht euch natürlich auch nicht die Ergebnisse vorenthalten, also hier noch ein Link mit Fotos.
(das Chuka bocho ist auf dem Foto noch ganz, kurze Zeit später brach das Erl direkt am Übergang zur Klinge)


https://www.dropbox.com/sh/607kkxjsci0h5q6/denhXgKen0

Danke an euch für die Tipps!!! Tolles Forum!
 
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