Geführtes System zum „Ausprobieren“ und wie relativ harte Messer scharf halten

Ich habe mal eine generelle Frage zu den diversen geführten Schkeifsystemen.
Also klar ist, dass man je nach System damit einen relativ "geraden" Anschliff hinbekommt. Von Hand wird die Schneidphase ja immer mehr oder minder Konvex, je nach Übung/ Talent. Aber dafür haben die verschiedenen Systeme ja alle mehr oder weniger Winkelabweichungen oder nicht?

Also wenn man Systeme wie Lansky, Edge pro, Ruixin, etc anschaut, würde man nur mit einem konstanten Winkel schleifen, wenn die Klinge die Form eines Kreisbogens hätte, mit einen Raduis der dem Abstand der der Führung bis zur Schneidphase entspräche. Bei einer geraden Klinge wird der Winkel immer flacher, je weiter man nach aussen kommt.
Je kompakter das System ist, desto größer ist der Effekt, da ja der Raduis von der Länge des Systems abhängt. Und je kürzer der ist, desto mehr Winkelfehler bei geraden Klingen.

Bei Nowi, Messerguide und Co. müsste im Gegensatz dazu ja die Klinge gerade sein um einen konstanten Winkel zu erhalten. Je gebogener die Schneide ist, desto stärker ändert sich der Winkel, da ich ja nicht wie beim Handschleifen den Griff hinten anheben kann mit den Systemen.
Je nach Krümmung der Klinge macht das schon eine einigermaßen große Abweichung.

Insofern hängt es doch sehr stark von der Klingenform ab, welches geführte Schleifsystem den kleineren Winkelfehler erzeugt. Also je weniger gekrümmt die Klinge ist, desto besser sind Nowi und Messerguide. Für kurze Klingen die einen geraden Rücken haben und zur Spitze hin stark gekrümmt sind wie z.B. die typischen Outdoormesser wären Systeme wie Edge Pro usw. besser, da muss man nur die Klinge entsprechend einspannen, dass die Krümmung der Klinge richtig liegt.

Habe ich hier einen Knoten im Kopf oder ist meine Überlegung richtig?
Was mich interessiert wäre ausserdem die Frage, ob die Winkelfehler im Vergleich zum Nutzen einer nicht konvexen Schneidphase eh zu vernachlässigen sind?
 
Habe ich hier einen Knoten im Kopf oder ist meine Überlegung richtig?
Beides.
- Spannt man ein Stück geraden Flachstahl in eines der erwähnten Schärfgeräte, ist der Winkel überall gleich (wenn du vom Schornstein in der Mitte eines Dachfirsts aus ein lange Latte irgendwo auf die Dachrinne legst, ist der Winkel an jeder Stelle gleich.
- Würde die Schneide einer Klinge einen perfekten Kreis um die im Mittelpunkt gelagerte Schleifsteinaufnahme bilden, wäre der Winkel ebenfalls an jeder Stelle gleich.

Das Problem ist die Mischung, womit wir bei 99% aller Messerklingen wären.
 
Knoten.

Der Schleifwinkel bleibt bei allen System konstant - solange der Klingenabschnitt gerade ist, auch bei großen Klingen. Bei Nowi & Co. auch in der Krümmung.

Der beschriebene Radius ist bei fixierten Systemen genau dann für eine vorhandene Krümmung relevant, je besser der Kreisbogen des Schleifarms zur Klingenkrümmung passt, desto weniger Winkelabweichung.

Küchenmesser mit dünner Klinge im Bereich der Spitze und kleiner Fase haben weniger Abweichung als stabile, dicke Klappmesserklingen.

Bei einem Solinger Standardmesser mit gut 0,5mm hinter der Wate, ist die Abweichung lediglich optisch hinderlich, eher gegenteilig wird die Spitze vorteilhaft ausgedünnt.

Hast Du einen Japaner mit starker Spitzenkrümmung und deutlich unter 0,1mm hinter der Wate, wird dort unnötig ausgedünnt und gegebenenfalls fragil dünn.

Will heißen, eine bereits werkseitig optimierte Geometrie sollte besser erhalten bleiben - ungeachtet der Optik.

grüsse, pebe
 
In folgendem Beitrag zeigt @Guido, dass bei Schwenkarm-Systemen wie dem Nowi – mit einer Drehachse im Schleifwinkel senkrecht durch die Klingenebene – kein Winkelfehler entsteht, selbst wenn man eine kreisrunde Klinge schleift:

Unendliche Weiten - ein Schleifsystem?

Das trifft auf den Messerguide nicht zu, da das System keine Drehachse im Schleifwinkel senkrecht durch die Klingenebene ermöglicht. Daher sind Schwenkarm-Systeme und der Messerguide theoretisch auch nicht einer Kategorie von Schärfsystemen zuzuordnen.
 
Beides.
wenn du vom Schornstein in der Mitte eines Dachfirsts aus ein lange Latte irgendwo auf die Dachrinne legst, ist der Winkel an jeder Stelle gleich.
Stimmt, wenn man sich das Gedankenexperiment vor Augen führt ist das Logisch. Bisher habe ich immer vom Winkelfehler gelesen und nicht selber nachgedacht.
Ich glaube ich zeichne mir das noch mal auf 🤔
 
... Nowi – mit einer Drehachse im Schleifwinkel senkrecht durch die Klingenebene -

Hier ist der entscheidende Hinweis. Ich hatte nur Bilder gesehen, wo das nicht der Fall war. Bzw. Die Bilder falsch interpretiert. Ich dachte es wird um die senkrechte Stange gedreht und nicht um die Achse senkrecht zur Klinge. Was auch die Erklärung ist wieso ich den Messeguide zur selben Kategorie zugeordnet habe. Vielen Dank für die vielen schnellen und helfenden Antworten.
 
Habe ich hier einen Knoten im Kopf oder ist meine Überlegung richtig?
Richtig.
Gut, dann kann ich mir das zeichnen auch sparen 👍
die Problematik ist, wie (d.h. wo) man einen Winkel (zwei winkelschenkel spannen eine 2D-Fläche auf) im 3D-Raum (3D-Schneide) ansetzt.
dafur nimmst du einen Transportkarton (12x1L Milch) und faltest ihn längs in der Mitte , um eine riesige "45Grad Schneide" zu modellieren. dann setzt du dein Geodreieck passend in die Kartonecke:
das Geodreieck bestaetigt dass dein karton 45grad geknickt ist.

wenn du jetzt das Geodreieck an ort und stelle rotierst (um seine Halbierungsachse 0cm), siehst du das Geodreieck nicht mehr in den Knick passt. es muesste laenger sein und weniger als 45grad haben, damit seine dreiecksspitze wieder passt.

mathematisch handelt es sich um eine sog. Durchdringungskurve (geodreieckebene bzw Messebene durchdringt Prisma der 3D-Schneide), die natuerlich eine Gerade ist.

der "schleifwinkel" aendert sich also sehr wohl, wenn man einen konstanten 45grade "Bevelwinkel" an einer ganz langen geraden Klinge erzeugen moechte. (man muss zwei Winkel voneinader unterscheiden)

aber lassen wir die Diskussion. ist doch egal ob kreisl immer wieder recht hat . ich will kein besserwisser sein. die machen sich nur unbeliebt
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Zuletzt bearbeitet:
Es gibt ja bekanntlich keine 100% - bei nichts. Es bleibt stets ein Rest an Unsicherheit.

Tun wir also mal so, als ob Kreisl der Einzige wäre, der die Welt verstanden hätte. Dann bliebe noch die Frage nach der Relevanz abseits theoretischer Betrachtungen.

Alle 3 nachfolgenden Beispiele mit EP geschärft.

Hier eine kurze 9cm Klinge mit Kurve und dicker Spitze - geschliffen ohne winkelanpassende Drehung, fix eingespannt.

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Hier eine ähnliche Klinge, ebenso mit dicker Spitze. Der Winkel ist durch Drehung der Klinge gleich geblieben, aber aufgrund der Materialstärke wird die Fase an der Spitze etwas breiter.


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Hier eine lange gerade Klinge, deren schmale Fase keinerlei wahrnehmbare Winkeländerung aufzeigt - trotz Schleifbewegung ohne Anpassung auf dem geraden Abschnitt.


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Was mich interessiert wäre ausserdem die Frage, ob die Winkelfehler im Vergleich zum Nutzen einer nicht konvexen Schneidphase eh zu vernachlässigen sind?
Das Problem hierbei ist, dass du neben der konvexen Schneidfase mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit beim Freihandschleifen ebenfalls einen Winkelfehler, also eine unterschiedlich stark ausgeprägte Balligkeit bzw. Breite der Schneidfase erzeugst, weil du Freihand nicht in der Lage bist, dem Kurvenverlauf der Schneide in einem stets konstanten Winkel zu folgen. Das heißt, auch die Freihand geschliffene Schneidfase wird zur Spitze hin breiter oder schmaler und die Schenkel der parabel-artigen Schneidfase werden flacher oder bauchiger, was dann ebenfalls eine Inkonsistenz im Schliff zur Folge hat.
 
Das Problem hierbei ist, dass du neben der konvexen Schneidfase mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit beim Freihandschleifen ebenfalls einen Winkelfehler, also eine unterschiedlich stark ausgeprägte Balligkeit bzw. Breite der Schneidfase erzeugst, weil du Freihand nicht in der Lage bist, dem Kurvenverlauf der Schneide in einem stets konstanten Winkel zu folgen.
Das steht ausser Frage. Ich hatte nur einige Beiträge im Forum durchgelesen, in denen es um Diskussionen um ein zwei Grad hin und her ging. Und da hatte ich mich gefragt ob die Winkelfehler von denen ich gelesen hatte nicht sowieso eine Diskussion um ein oder zwei Grad obsolet machen. Nun würde mir aber nachvollziehbar dargelegt, dass die Winkelfehler gar nicht auftreten wie an anderer Stelle behauptet.

Was natürlich in der Praxis auch wieder irrelevant sein kann, ich merke aufgrund meiner Schneidtechnik sowas eh nicht, ich war rein an der Theorie interessiert. (Urlaub).
Auch habe ich keine Messer die eine Anschaffung eines Nowi rechtfertigen. Ich habe nur einige Eden Kanso Aogami die ich mit King Kombi 1000/6000 und Leder für mich ausreichend scharf bekomme.

ich war nur geistig dabei mir ein Schärfsystem für ein paar andere Messer zuzulegen um wieder einen Grudschliff für diese zu erstellen. Wenn die Messer recht breit sind oberhalb der Wate ist es recht angenehm mit Führung, weil man da dann doch immer recht viel Material entfernen muss. Z.B. mein Lionsteel M5 ist so ein Kandidat, ebenso wie mein Benchmade.

Deshalb habe ich mich in die Materie eingelesen. Und da war oft zu lesen zb. beim Lansky, dass man das nicht nehmen soll für lange Klingen wegen des Winkel Fehlers.
Das habe ich übrigens und will es aufgrund der schlechten Steine und der doch sehr wackeligen Konstruktion los werden... Funktioniert zwar einigermaßen, macht aber keinen Spaß damit zu arbeiten...

Dann habe ich einige Beiträge zum Messeguide und Nowi gefunden (und zumindest im Fall des Nowi) fälschlicherweise angenommen, dass es dort doch genauso zu falschen Winkeln käme. Aber wie immer hier im Forum würde in kurzer Zeit fachlich versiert erklärt wo und warum ich falsch lag.

Jetzt muss ich nur noch überlegen ob ich mir so ein Ruixin Edge Klon mit Shapton Steinen hole oder selber was konstruiere. Nowi ist einfach zu teuer. So um 200€ zu investieren sollte ich mit gegenüber noch rechtfertigen können 😉
Allerdings überlege ich auch anstatt in ein geführtes System lieber in anständige "Manuelle" Steine zu investieren.

Zwar kann ich behaupten, dass ich mit meinem Setup, also King Kombi Plus Leder mit Paste auch bei allen Messern den Hanging Hair test schaffe... Insofern wäre kein Upgrade nötig, aber wie langweilig wäre das Hobby wenn man nur hätte, was wirklich nötig ist...
 
@Erebos Tatsächlich empfehle ich gerne mal die King Steine . Sind zum Üben ideal.
Der Vorteil der Splash and Go Steine ist halt meist der geringere Verschleiss und nicht so'ne Sauerei .
Schärfer werden die Messer damit nicht.

Mit Systemen schont man die Messer etwas...da man sehr gleichmäßig und reproduzierbar arbeiten kann.
Obwohl ich einen Nowi habe....mache ich für mich die Touch Ups oft noch Freihand...geht halt fix
 
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der "schleifwinkel" aendert sich also sehr wohl, wenn man einen konstanten 45grade "Bevelwinkel" an einer ganz langen geraden Klinge erzeugen moechte. (man muss zwei Winkel voneinader unterscheiden)
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Das Problem scheint zu sein, dass du für dich einen Winkel mit dem Begriff "Schleifwinkel" benannt hast, der für die meisten Leute etwas anderes bedeutet.
Ich nennen den der Übersichtlichkeit halber mal "kreisl Schleifwinkel".

Für mich, und vermutlich die meisten Anderen hier im Forum, ist der Schleifwinkel, der Winkel, der 90° (rechtwinklig) zu Schneidenkante gemessen wird.
Wenn die Klinge einen Bogen hat, folgt auch die Messebene des Schwinkels diesem Bogen.
Er ist die Hälfte des Schneidenwinkels, der auch 90° (rechtwinklig) zu Schneidenkante gemessen wird.
Nur der Schleifwinkel (gemessen 90° zur Schneidenkante) ist auch relevant für die Schneide des Messers.

Der "kreisl Schleifwinkel" wie du ihn beschreibst, hängt von der Schneidenlänge ab, hat aber keinerlei Relevanz für den Schneidenwinkel des Messers.

Hier mal Bilder, die zeigen, was gemeint ist:
Schneidenlänge 200 mm:
Schleifwinkel = halber Schneidenwinkel 14,04°
"kreisl Schleifwinkel" 10,02°

Schneidenlänge 300 mm:
Schleifwinkel = halber Schneidenwinkel 14,04°
"kreisl Schleifwinkel" 7,90°







 
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