Gentlemen Folder/ Anzugmesser

rebdie

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Hallo,

Gentlemen-Taschenmesser waren bereits Thema im Forum, allerdings als eigenständiges Thema wohl nur als Frage nach Tipps bzw. entsprechende Empfehlungen einzelner Messer. Ich suchte ein solches Messer, setzte meinen Schwerpunkt auf "anzugtauglich" und habe einige gekauft. Ich möchte hier meinen subjektiven und hinsichtlich der mir zur Verfügung stehenden Messer vergleichenden (wenn auch naturgemäß selektiven) Überblick geben. Da ich bei Materialien nicht wirklich mitreden kann, lasse ich diesen Aspekt weitgehend aussen vor. Obwohl sich wohl keines der Messer in dieser Hinsicht verstecken muss.

Meine führenden Kriterien:
- als Messer "brauchbar"
- leicht und gutmütig zu Anzugstoffen
- bequem im Anzug mit zu führen
- für mich optisch ansprechend und auch für Laien optisch akzeptabel.

Meine Eindrücke über mehrere Messer hinweg:

Mein erstes Messer in dieser Kategorie war das MT Option II. Ein tolles Messer, das mich immer wieder begeistert. Vom eigenständigen Design her schwer zu übertreffen, sehr flach und dennoch wirklich stabil. In der Verarbeitung habe ich keinen Kritikpunkt gefunden. Als Manko kann man optisch (nur aus der Blickrichtung "Büromesser" heraus) allenfalls anführen, dass die Klinge trotz des Scheckkartenformates ziemlich flächig ist ("wuchtig" im Gesamteindruck des flachen Messers). Laien im Büro bekamen große Augen und es verblieb meist nur der Eindruck "große Klinge" und nicht "tolles, ausgeklügeltes und elegantes Design". Dieses Manko sollte man zwar eher den Laien zuordnen, als dem Messer - das hilft aber nicht viel, wenn man kurz mal ein Päckchen öffnen und dabei lange Erklärungen zum Hobby vermeiden will. Die Tauglichkeit des Messers für das Büro beeinträchtigt dies aber ebensowenig wie meine Begeisterung für das Schmuckstück. Einhandbedienung ist für Linkshänder allerdings nur beim Öffnen möglich - hier jedoch ohne Einschränkung.
Ich würde gerade jemanden, der gerne/überwiegend dreiteilige Anzüge trägt, zum Option II raten. Das Messer passt perfekt in die Westentasche, ohne aufzutragen oder durch das Gewicht aufzufallen (es ist aber vom Gewicht her an der Schmerzgrenze). Allerdings: das Messer hat keinen Clip (wäre optisch auch ein Verbrechen gewesen). Daher ist es nicht für das Tragen in der Hosentasche geeignet. In der Hosentasche liegend stört es und in der Geldbörse - ach nööö... Es ist ihmo nur für dreiteilige Anzüge geeignet. Hier aber bei mir erste Wahl.

Danach kaufte ich mir für die Anzüge ein Spydi Navigator. Hübsches kleines Ding. Bislang hat noch keines meiner Messer bei Frauen so einen Anklang gefunden. Die Almitegriffschalen sind farblich ebenso dezente wie schöne Handschmeichler und ungeachtet der kurzen Klinge hat das Messer für Schneidarbeiten eine super Handlage. Auch hier ist die Verarbeitung top. Ich empfinde es optisch eher sportlich-verspielt, als elegant. Das ist aber in meinen Augen unter Berücksichtigung des Themas kein echter Nachteil. Der knockout kam beim Einsatz des Clips. Bei Anzugstoffen ist der Clip wahrscheinlich ein "Stoffmörder" - ich habe es nicht lange genug ausgetestet. Er geht nur schwer über den Stoff (man spürt förmlich den Kampf zwischen Stoff und Clip) und das Messer lässt sich auch nur schwer aus der Anzughose ziehen. Ich würde das Messer für die Situationen "gediegener Anlass mit Jeans, bei dem richtige Messer ungewollte Nachfragen hervorrufen" empfehlen. Hier passt es optisch wirklich und der Hosenstoff hat vielleicht eine Chance. Letztlich musste ich für meine Anzüge weitersuchen.

So kaufte ich ein Benchmade Osborne (BM770). Das ist für mich das ideale Gentlemen-Messer, meine Empfehlung ! Klein aber mit hinreichend großer Klinge und mit insgesamt guter Handlage. Es ist so leicht, dass man am Anfang skeptisch ist. Aber auch wenn man immer mehr Druck auf Griff und Klinge ausübt - das Leichtgewicht hält mit den "Großen" locker mit. Nochmal: seeehr leicht und dennoch sehr stabil - da wackelt nichts. Das verblüfft mich im Zusammenklang auch jetzt noch immer wieder auf´s Neue. Dazu wirkt es von den schmalen Kohlenstoffgriffschalen, über die schlanke Klinge, bis zu den verzierten Schrauben hin wirklich elegant. Axis Lock = voll linkshändertauglich (das gibt bei mir immer Pluspunkte). Der Clip ist ebenso leichtgängig wie sicher. Zudem ist er so angebracht, dass das Messer nur Millimeter aus der Tasche herausragt. Leider ist der Clip silberfarben, schwarz wäre für klassische Anzüge diskreter gewesen - immerhin ist er sehr schmal. Jedenfalls ist das Messer insgesamt ein Freund jedes Anzugstoffes. Das Osborne ist für mich die erste Wahl, wenn jemand ein Messer für _jeden_ Anzug sucht. In der Hosentasche fast nicht zu sehen und auch beim Tragen nie störend. Im Gebrauch ohne Einschränkung praktikabel und optisch imho sehr gentleman-like. Ohne Clip kann es wohl auch gut in der Westentasche verstaut werden und wäre insoweit eine Alternative zum Option II. Wer allerdings die Schraubarbeit beim Wechsel zwischen Weste und Hose scheut, macht es wie ich: er hat beide :p

Ich habe auch noch zwei Puma Steelmaster II Mini (eines mit Tanto-, eines mit Spearpointklinge). Beide sind imho schöne (sehr) kleine Messer, die durch die Konstruktion allein aus Metall sehr solide wirken. Allerdings schabt das Exemplar mit der Spearpointklinge beim Öffnen/Schließen der Klinge über die Griffschale. Das Tanto hat einen Chissel-Schliff. Beides gibt bei mir gehörig Abzüge, wäre jedoch letztlich nicht wirklich störend. Aber: die Clips machen die Messer selbst für Jeans unpraktikabel. Da man diese sehr festen Clips kaum über den Stoff bekommt, nutze ich die Messer nicht und damit wird bei mir die Frage nach einer Beschädigung des Stoffes akademisch. Eingeclippt kann man die Messer nicht wirklich gebrauchstüchtig mit sich führen. Da die Klingenschraube durch den Clip geht, versuche ich lieber nicht, den Clip zu entfernen. Also ist auch ein Tragen ohne Clip keine echte Alternative. Fazit: Design, Größe und Gewicht stimmen für einen Gentlemen-Folder. Sie sind (sehr) solide wenn auch nicht sauber gearbeitet und haben einen guten optischen Gesamteindruck. Der Clip macht sie aber imho nicht nur als Gentlemen-Folder schlicht ungeeignet.


Gerade ist ein Gerber Applegate Mini Covert eingetroffen. Es sollte eigentlich die Brücke zwischen Gentlemen-Messer und User schlagen. Es war nicht als Anzugmesser gedacht, aber ich wurde überrascht. Es ist kleiner und wesentlich leichter, als vermutet. Als Anzugmesser nicht auszuschließen, daher hier meine Ansicht dazu: nicht größer als das Osborne und nur unwesentlich schwerer. Es macht einen stabileren Eindruck, aber der mag subjektiv sein, da die Kohlenstoffgriffschalen des Osborne wohl locker mit dem Metallaufbau des Applegates mithalten können. Wir reden schließlich von Anwendungen im Büro. Der Griff ist auch breiter, das kommt zum subjektiv stabileren Eindruck hinzu. Einhandbedienung ist für Linkshänder allerdings nur beim Öffnen gegeben. Hier punktet im direkten Vergleich der Axis-Lock des Osborne enorm.
Das Gerber ist nicht halb so elegant, wie das Osborne oder das Option II (war ja wohl auch nicht in diese Richtung gedacht). Bei einem Anzugmesser gibt das bei mir nun mal Abzüge in der "B-Note". Allerdings: durch die geringe Größe, das geringe Gewicht und das schlanke Design fällt das Messer aus meiner Definition eines Anzugmessers keineswegs heraus. Der Clip ist breiter und auch straffer als beim Osborne, aber gerade noch so, dass er auf den ersten Eindruck hin nicht den Stoff meuchelt. Er hält das Messer tief genug in der Tasche, so dass man das Messer nur an dem silberfarbenen Clip erkennt. Das Messer geht - diesem Thema untergeordnet - imho mehr in Richtung Spydi Navigator. Wer ein Anzugmesser sportlicher mag, etwas zur Jeans im Büro sucht und/oder den Preis des Osborne bzw. des Option II scheut, ist bestimmt gut bedient. Eine preiswerte (im wahrsten Sinne des Wortes) Alternative. Für die Freizeit habe ich persönlich lieber meine "richtigen" Folder - für´s Büro steht der Applegate Mini hinter meinen Favoriten zurück. Insgesamt mag ich diesen Zwergendolch-Folder aber auf Anhieb, wenn ich auch noch nicht sicher bin, wie und wo ich ihn einsetzen werde.


Dieter
 
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Hallo rebdie,

interessanter Vergleich, Dank dafür!

Thomas
 
Moin!

Gestern kam ein Moki Micarta bei mir an. Sowie ich Zeit habe (sitz grad im Büro, sorry), mach ich ein paar Fotos und schreibe einen Vergleich zum Glory Thuja.

Für mich die ultimativen Anzugmesser in den Preiskatekorien 10-100 bzw. 100-150 Euro.

-Walter
 
Hallo Walter,

natürlich Ansichtssache, aber ein Gentlemen-Folder für 10 € ist für mich so passend, wie bei McDonalds „schön essen gehen“. ;)

Thomas
 
@Thomas: Damit wollte ich auch nur "alles unter 100" ausdrücken ... :rolleyes:

Wenn Du irgendwo ein Moki für 10 siehst, sag mir bitte sofort Bescheid!

-Walter
 
mein derzeitiger Favorit (weihnachten naht mit riesenschritten ;) )

Al Mar Hawk Jigged Bone Handles oder Micarta

zu finden

hier

Gruß
 
Also mein Gentlemen Folder/Anzugmesser ist konkurrenzlos das BM 771. Ganz deiner Meinung rebdie.

48 g! Das Ding ist eigentlich dar nicht da, wenn man es mit hat und kann trotzdem einiges ab.

Servus sgian achlais
 
Mein ganz klarer Favorit:

Chris Reeve Mnandi

full_196_p1700.jpg
 
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Mein klarer Favorit, weil m.E. sehr schick und der Clip ist absolut
Anzugstauglich:

Benchmade 690

Gruß

Christoph
 
@ redbie:

Nachdem Deine Auswahlkriterien ja durch das Gerber etwas "aufgeweicht" sind, würde ich Dir auch mal einen Blick auf das Benchmade 705 empfehlen.

Unten in meiner Signatur findest Du auch einen Link zu meinem Vergleichtest "Benchmade Praxis Minis". Da habe ich das 705 auch ausführlicher mit drin.

Das 770 habe ich in diesem Vergleich absichtlich außen vor gelassen, da mir gerade die Praxistauglichkeit durch die kleinen Bedienelemente (verkleinerter Axis Lock) beim 770 deutlich eingeschränkt scheint, was aber sicher ein subjektiver Eindruck ist und nicht nur mit Handgröße zu tun hat.
 
also, hätte ich einen anzug, würde ich nur dies hier tragen
wolfgang dell folder damast
 

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Sehr interessanter Bericht, auch danke, rebdie !
Ich machs inzwischen selbst GANZ anders, habe mir nun angewöhnt, "folder" grundsätzlich IN praktischen , schlichten Gürtel-"etuis" (ich bevorzuge Klettverschluss) zu tragen, wahlweise längs oder quer. Um die Wirkung auf "Mitmenschen" zu studieren habe ich diverse Gelegenheiten "getestet", vom privaten, halbfamiliären "Grillfest" über "runde Geburtstage" von Kollegen, wo man vornehmlich auch "wildfremde" Menschen zumindest um sich hat bis dann hin zum Alltag der sogen. "Büro- oder Arbeitswelt". Trage nun allerdings keine Dreiteiler, sondern zumeist "sportlich-elegante" Kombinationen (sprich: Sacco/Stoffhose oder chinos/jeans etwa), die sommerlichen Temperaturen von 2003 brachten es nun häufig mit sich, dass ich mich zwangsläufig vor "allen Leuten" des Saccos entledigen musste (noch rasch u. rechtzeitig BEVOR die bombastischen Schweissflecken dieses Entblössen am Ende absolut NICHT mehr zulassen !), und dank der wirklich sehr unauffälligen Trageweise im schwarzen "Futteral" am auch meist bdei mir schwarzen Gürtel wurde ich SELTENST angesprochen auf meine "Ausrüstung", allenfalls vermutete man darin "leatherman"-Geschichten oder Schraubendreher oder so, was ich dann stets flüchtig bejahe und das Thema rasch wechsle. Auf diese Weise konnt ich auch das z.B. eher wenig "gentleman-like" chinook von SPYDERCO inmitten eher empfindlicher Gemüter zumindest BEI MIR tragen. Ok, RAUSHOLEN und VERWENDEN ist natürlich dann noch etwas gänzlich Anderes , das geb`ich ja zu ! Mit dem besagten Chinook würd ich natürlich NICHT vor einer gutbürgerlichen Kollegin den Brief öffnen oder derlei !! Es geht hier eben nur ums MITFÜHREN bzw. "DABEIHABEN".
Für kleinere und leichtere "Arbeiten" wie Briefchen öffnen usw. nehm ich dann fast immer die Swisscard, die zwanglos und "lieb" im Portemonnaie oder in der Brusttasche des Oberhemdes weilt.

beste Grüsse

:steirer:
 
Mein "Anzugs"- und auch Jeans-Messer.
Buck Mayo TNT
Superverarbeitet, leicht, spürt man beim tragen nicht und der Clip hat für mich genau die richtige Spannung.
 
Hallo,
oft ist es auch nur der falsche Anzug, wenn ich hier in Bayern die Trachtenanzüge (Salonsteyrer) sehe, dann ist das Trachtenstilett (fälschlich immer als Hirschfänger bezeichnet) ganz normal.
Aber wenn man Krawattenträger ist dann wäre evtl. noch eine Spange mit Messer kombiniert eine Marktlücke.
Gruß
Alfred
 
Das Klötzli Sailor sollte man in diesem Zusammenhang vielleicht auch nicht unerwähnt lassen.

full_196_p1682.jpg
 
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Ich habe meins auch gefunden

Nach langer Suche, und der Erkenntnis das das Mnandi zu teuer sei, habe auch ich meinen Gentlemen Folder gefunden, das Benchmade Innova Frame! :super:
theknifeconnection_1756_1160610
 
@beagleboy: ich schätze die BM und den Axis Lock sehr - ich glaube, dies ist hier kein Geheimnis. Das BM 722 ist z.B. bei mir der am meisten eingesetzte User. Daher war gerade der verkleinerte, verzierte und damit optisch "verfeinerte" Lock des Osborne das Besondere. Als Gentlemen Folder ist imho das Osborne dem BM 705 (allein)aufgrund dieses optischen Eindruckes überlegen. Hinzu kommen die schöneren Kohlefasergriffe im Gegensatz zu dem G10.
btw: Deine links kenne ich alle ! :super:

@WalterH: die Moki Messer sind durchweg sehr elegant. Allerdings werden sie, wenn ich es richtig sehe, ohne Clip in einem Lederetui getragen. Das hielt mich vom Kauf ab. In den Hosentaschen habe ich sowieso schon viel zu viel Kram herumliegen. Das bisserl Ordnung, das ein Clip hier schafft, brauche ich schon.

@darkblue: ich gebe zu, mit einem Klötzli liebäugele ich schon lange. Frage: sind die Daumenstifte eigentlich beidseitig ?

Dieter
 
Original geschrieben von rebdie
@darkblue: ich gebe zu, mit einem Klötzli liebäugele ich schon lange. Frage: sind die Daumenstifte eigentlich beidseitig ?

Hallo Dieter

Beim von mir gezeigten Modell Sailor und auch anderen von mir befingerten Klötzlis war der Thumbstud nur einseitig.

Ob es Modelle mit, bzw. die Option für beidseitige Thumbstuds gibt, ist mir allerdings nicht bekannt.
 
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