George Schrade und Solingen

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George M. Schrade, der Enkel von George Schrade, schreibt in dem Text „George Schrade and his accomplishments to the Knife Industry“ (http://www.collectors-of-schrades-r.us/articles/george.pdf), dass George Schrade 1912 nach einem Aufenthalt in England nach Deutschland (Solingen) ging und dort eine Fabrik für Springmesser gründete:

„George Schrade and his son George M. Schrade left England and went to Solingen, Germany, where they set up a push-button knife factory. While in Germany, George Schrade designed and patented another type of automatic knife. It is known as the springer knife, which is manufactured in Germany today. I have been told that he sold his patent to a German company.
The steel for the blades from Solingen was the best for keeping a cutting edge. This is why he set up a factory there. He also made scales for pocket knives. They were in Germany for four years. The German government confiscated all their equipment and raw material for use in the war effort. They were forced to leave the country and leave everything they had behind them. In 1916, he returned to New York with his son, George.”

Nun habe ich bei meinen Recherchen keinerlei Hinweise auf Patente oder Gebrauchsmuster von George Schrade gefunden, die in Deutschland vor 1916 eingetragen wurden, auch fand ich keinerlei Hinweise auf seine „Springmesser-Fabrik“ in Solingen.

Ich würde mich über freuen, wenn jemand Informationen zur Richtigkeit des Textes von George M. Schrade beisteuern könnte.

Claus.
 
Hallo Claus,
nun, möglicherweise hat man damals nicht nur Material und Fertigung konfisziert, sondern auch die Patente - es deutete halt alles auf einen Kriegseintritt der USA hin und entsprechend nervös war man in D.
Wenn dem so war wurden die Patente vermutlich vernichtet oder deutschen Firmen übertragen.

Frag doch mal bei Bernhard Levine im Bladeforums nach (Bernard Levine's Knife Collecting & Identification) - ich denke da wird Dir geholfen. :ahaa:

Rastenkratzer
 
Wenn dem so war wurden die Patente vermutlich vernichtet oder deutschen Firmen übertragen.

Dann hätte George M. Schrade nicht geschrieben:
"I have been told that he sold his patent to a German company. "

Frag doch mal bei Bernhard Levine im Bladeforums nach (Bernard Levine's Knife Collecting & Identification) - ich denke da wird Dir geholfen. :ahaa:

Rastenkratzer

Das wird wohl nicht viel bringen, da Herr Levine bis zum 16.7.2010 davon ausging, dass Schrade den Lever-lock erfunden hat und es sich dabei um den "Springer" handle (und das ist ja nachweislich falsch).
http://www.bladeforums.com/forums/showthread.php?t=757424
Er erscheint mir also nicht der beste Ansprechpartner zu sein....

Claus
 
Zuletzt bearbeitet:
George Schrade Taschenmesserfabrikation in Solingen

… fand ich keinerlei Hinweise auf seine „Springmesser-Fabrik“ in Solingen. …
Claus.

George Schrade gründete und leitete eine „Taschenmesserfabrikation“ in Solingen, nachdem er in Sheffield von ihm patentierte Maschinen für die Messerfertigung vertrieben hatte. Er selbst beschrieb seine Firma als "Fabrikation von Druckknopf-Taschenmessern".

Der Urenkel von George Schrade hat für die Schrade-Firmenhistorie aber offensichtlich schlecht recherchiert: die von Claus verlinkten Aussagen sind eindeutig in mehrfacher Hinsicht falsch.
Die Information „The German government confiscated all their equipment and raw material for use in the war effort. They were forced to leave the country and leave everything they had behind them. …“ ist abwegig.
Es erfolgte keinesfalls eine Beschlagnahme von Eigentum oder gar die Zwangsausweisung eines US-Bürgers, denn George Schrade verließ Solingen bereits Anfang 1915, also über 2 ¼ Jahre bevor die Kriegserklärung der USA gegenüber Deutschland erfolgte (Quelle: Einwohnermeldeamt der Stadt Solingen, Abmeldeliste 1915).

… möglicherweise hat man damals nicht nur Material und Fertigung konfisziert, sondern auch die Patente - es deutete halt alles auf einen Kriegseintritt der USA hin und entsprechend nervös war man in D.
Wenn dem so war wurden die Patente vermutlich vernichtet oder deutschen Firmen übertragen. …

Rastenkratzer

Nein, Rastenkratzer, du interpretiert die Aussage von George Schrades Urenkel als Tatsache, Fakten sprechen jedoch eindeutig gegen diese Behauptungen.
Der Verlauf des Krieges führte möglicherweise bei George Schrade (..."entsprechend nervös war man in D ...") zur Erkenntnis , dass seine Tätigkeit in Solingen sich nicht sehr erfolgversprechend entwickeln würde und es ist deshalb naheliegend, dass es sein eigener Entschluss war, vor einem möglichen Kriegseintritt der USA in seine Heimat zurückzukehren.

Zu Recht weist Claus ausdrücklich auf die geschickte Formulierung des
Urenkels von George Schrade hin: "I have been told that he sold his patent to a German company. " Wie hätte George Schrade ein Patent verkaufen können während sein übriges Eigentum angeblich beschlagnahmt worden ist?


Grüße
cut
 
Zuletzt bearbeitet:
AW: George Schrade Taschenmesserfabrikation in Solingen

Hallo Cut,
vielen Dank für deine Erläuterungen!

George Schrade gründete und leitete eine „Taschenmesserfabrikation“ in Solingen, nachdem er in Sheffield von ihm patentierte Maschinen für die Messerfertigung vertrieben hatte. Er selbst beschrieb seine Firma als "Fabrikation von Druckknopf-Taschenmessern".

Seine Taschenmesser-Produktion in Solingen bezog sich dann auf das in England 1908 erteilte Patent "Improvements in Pocket Knives" Patentnummer GB190703784 (A)?

Claus.
 
AW: George Schrade Taschenmesserfabrikation in Solingen

Ich muss meine gestrige Information zur Rückkehr von George Schrade in die USA korrigieren und bitte um Nachsicht:
Durch einen Schreibfehler habe ich irrtümlich die falsche Jahreszahl getippt:
Seine Abmeldung beim Einwohnermeldeamt Solingen erfolgte bereits Anfang 1915 also 2 ¼ Jahre vor der US-Kriegserklärung gegenüber Deutschland, offenbar hatte der Verlauf der ersten fünf Kriegsmonate bereits negative Auswirkungen auf die Solinger Industrie bewirkt.


... Seine Taschenmesser-Produktion in Solingen bezog sich dann auf das in England 1908 erteilte Patent "Improvements in Pocket Knives" Patentnummer GB190703784 (A)?
Claus.

Möglicherweise, denn es gab von George Schrade auch bereits ein US Patent mit anderem Auslösemechanismus aus dem Jahr 1892 und ein zweiklingiges Modell mit Sicherung patentiert in den USA im Jahr 1906.

Grüße
cut
 
AW: George Schrade Taschenmesserfabrikation in Solingen

Möglicherweise, denn es gab von George Schrade auch bereits ein US Patent mit anderem Auslösemechanismus aus dem Jahr 1892 und ein zweiklingiges Modell mit Sicherung patentiert in den USA im Jahr 1906.

Grüße
cut

Hallo Cut,
laut Levine verkaufte G. Schrade Anteile seiner Press Button Knife Co. an Walden Knife Co. und 1903 den ganzen Rest, da dürften mit hoher Wahrscheinlichkeit auch die Rechte an dem Patent von 1892 dabei gewesen sein (Levine`s Guide to Knifes, 4te Auflage, S. 123). In Levines Buch Pocketknives, Eagle Editions, 2002, Seite 40 schreibt er sogar "sold the rights to this knife" an Walden. Das Patent wäre also für Solingen aus dem Rennen (so Levine Recht hat).
1904 gründete er mit seinen Brüdern Louis und William Schrade Cutlery Co., 1906 erhielt er das Patent für seinen "safety lock", den Schrade Cutlery dann auch produzierte.
1910 stieg er dann aus und und verkaufte seine Anteile an seinen Bruder Louis (mit dem Patent?) und ging nach England und dann nach Solingen.
(Alles nach Levine`s Guide to Knives..., 4te Auflage)
Wieso er 1907 in England und nicht in den USA ein Patent für Springmesser beantragt hat verwundert mich, er verließ die USA ja erst drei Jahre später.
In Levines Buch Pocketknives, Eagle Editions, 2002, Seite 40 klingt es eher so, dass G. Schrade seine Erfindungen/Maschinen zur Taschenmesser-Herstellung vermarkten wollte, da ist von seiner Springmesser Fabrik in Solingen gar nicht die Rede.
Irgendwie passt das alles nicht zusammen.

Claus.
 
Ohne Zweifel sind um George Schrade viele Mythen in Hinblick auf Springmesser („switchblade knives“) entstanden und die falschen Äußerungen des Urenkels zum Aufenthalt seines Urgroßvaters in Solingen sind in vielen Veröffentlichungen ungeprüft übernommen worden. Offenbar basieren Bernard Levines identische Angaben in seinem Vol. IV guide auch auf der Firmendarstellung über George Schrade Cutlery Co., die bereits 1982 in den USA veröffentlicht wurde und bis heute fehlerhaft und ohne Korrekturen Bestand hat.

laut Levine verkaufte G. Schrade Anteile seiner Press Button Knife Co. an Walden Knife Co. und 1903 den ganzen Rest, da dürften mit hoher Wahrscheinlichkeit auch die Rechte an dem Patent von 1892 dabei gewesen sein (Levine`s Guide to Knifes, 4te Auflage, S. 123). In Levines Buch Pocketknives, Eagle Editions, 2002, Seite 40 schreibt er sogar "sold the rights to this knife" an Walden..

George Schrades Einstieg in die Messerbranche erfolgte mit Erteilung seines ersten Springmesserpatents 1892. Der Start mit seiner eigenen kleinen Werkstatt in New York City war aber nur von kurzer Dauer.
Noch im selben Jahr wurde George Schrade von der Walden Knife Company (Walden, NY) angeworben, um unter Nutzung seiner Erfahrung und seines Patents eine Beteiligung an der neu zu gründenden Tochterfirma „Press Button Knife Company“ zu übernehmen und sie voll verantwortlich zu führen.
Basierend auf seinem Patent erfolgte der Einstieg in eine Serienfertigung und die Weiterentwicklung auf 9 verschiedene Modelle in unterschiedlichen Größen, in ein- oder zweiklingiger Ausführung. Alle 9 Springmesser hatten den Druckknopf als Auslöser, sie richteten sich an unterschiedliche Zielgruppen, z.B. „Ladies, High School Girls, Mechanics, Business Men, Farmers, Sportsmen" – ein deutlicher Hinweis wie absurd die waffenrechtliche Beurteilung von Springmessern durch Politker ist.
PressButtonUSA.jpg


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laut Levine verkaufte G. Schrade Anteile seiner Press Button Knife Co. an Walden Knife Co. und 1903 den ganzen Rest, da dürften mit hoher Wahrscheinlichkeit auch die Rechte an dem Patent von 1892 dabei gewesen sein (Levine`s Guide to Knifes, 4te Auflage, S. 123). In Levines Buch Pocketknives, Eagle Editions, 2002, Seite 40 schreibt er sogar "sold the rights to this knife" an Walden. Das Patent wäre also für Solingen aus dem Rennen (so Levine Recht hat). …
Claus.

Der Verkauf von George Schrades Anteilen an „Press Button Knife Co.“ ist unstrittig, die anschließende Neugründung der „Schrade Cutlery Company“ (Walden, NY) zusammen mit zwei Brüdern ebenfalls.
Zum 1892er Patent: vermutlich ja, aber nicht zwingend, denn es war möglicherweise abgelaufen.
Allerdings hatte George Schrade ja bereits (basierend auf dem wem auch immer gehörenden, gültigen oder auch nicht mehr bestehenden Patent aus 1892) 1906 und 1907 zwei neue Patente erteilt bekommen, die als Weiterentwicklungen eine Schiebesicherung aufweisen.
Und mit dieser Technik sind mir Solinger Messer bekannt.


Wieso er 1907 in England und nicht in den USA ein Patent für Springmesser beantragt hat verwundert mich, er verließ die USA ja erst drei Jahre später. …
Claus.

Die Patentanmeldung in England erfolgte zusätzlich zur Anmeldung in den USA.
Damals gab es noch kein weltweit gültiges Abkommen zum Patentrecht.

Grüße
cut
 
Allerdings hatte George Schrade ja bereits (basierend auf dem wem auch immer gehörenden, gültigen oder auch nicht mehr bestehenden Patent aus 1892) 1906 und 1907 zwei neue Patente erteilt bekommen, die als Weiterentwicklungen eine Schiebesicherung aufweisen.
Und mit dieser Technik sind mir Solinger Messer bekannt.

Hallo Cut,
wurden diese Messer von Schrade in Solingen selbst hergestellt oder in Kooperation mit anderen Solinger Herstellern?
Ganz besonders würde ich mich freuen, wenn du vielleicht Fotos dieser Messer zeigen könntest.

Vielen Dank für deine Antworten.

Claus.
 
... wurden diese Messer von Schrade in Solingen selbst hergestellt oder in Kooperation mit anderen Solinger Herstellern? ...

Nach meiner Einschätzung "sowohl als auch".
Mir sind von der Technik/Mechanik und vom Design her praktisch identische Springmesser bekannt, die George Schrdes Markierungen mit der Ortsangabe SOLINGEN aufweisen, als auch vergleichbare und leicht abgewandelte Modelle mit Markierungen von Solinger Schneidwarenherstellern.

... Fotos dieser Messer ...

GeorgeSchradeSafetyKnife.jpg


Diese Art von patentierten "Push Button Safety Knives" gab es sowohl aus amerikanischer Schrade Fertigung als auch von anderen Herstellern produziert. In den von dir bereits zitierten Büchern von Bernard Levine gibt es einige Erläuterungen, andere Quellen beschreiben noch mehr Details.

Grüße
cut
 
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