KitchenSamurai
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Liebe Freunde der Schleifkunst,
die Begeisterung für Messer, aber vor allem auch fürs Schleifen, begleitet mich schon viele Jahre, und wird mich vermutlich auch noch den Rest meines Lebens begleiten. Gelernt habe ich dabei vor allem, dass es hauptsächlich auf die Technik und nur zu einem kleinen Teil das Equipment ankommt. Und dennoch macht uns dieses Equipment so viel Freude, und daher kommt heute von mir als mein erster Beitrag in diesem Forum ein Review zu den in Deutschland vielleicht noch etwas weniger bekannten Gesshin-Steinen. Kurz vorab: Schärfen ist mein Hobby, und ich betreibe es mit Passion, aber ich bin kein professioneller Messerschärfer.
Gesshin ist die Hausmarke von JapaneseKnifeImports aus Kalifornien, d.h. dies sind Steine verschiedener Hersteller, die mit und für JKI entwickelt wurden. JKI wird von Jon Broida und seiner Frau betrieben, und Jon hat wirklich fantastische Lehrvideos zum Schleifen auf YouTube veröffentlicht, die mir persönlich sehr geholfen haben. Auch aus Respekt und Dankbarkeit für seine guten Lehrvideos habe ich bei JKI bestellt. Ich habe keine weitere Verbindung zu Jon oder JKI, und habe die Steine und den Versand regulär bezahlt - nur damit nicht der Eindruck entsteht ich würde hier ein bezahltes Review abgeben! Der Versand ging sehr schnell, die Steine waren sicher verpackt, und es lag ein handgeschriebener Brief dabei, in dem mir für meinen Einkauf gedankt wurde. Das hat Stil.
Das Gesshin Schleifstein-Set umfasst drei Steine: einen 400er, einen 2000, und einen 6000. Alle drei sind soaker, können aber auch permanent im Wasser leben (so wie bei mir). Das Set ist preislich gehoben, und kostet 210 USD. Für uns Nicht-Amerikaner kommen noch Versandkosten, Steuern, Wechselkurs- und Zollgebühren hinzu. Damit sind wir locker bei CAD 400 (ca. 270 €) angekommen. Aua!
Geschliffen habe ich mit den Steinen günstige Edelstahlmesser von Ikea, hochwertige rostresistente Messer (z.B. SLD-Stahl, 61 HRC), sowie mein Takeda NAS Gyuto (Aogami Super HRC 63-64, stainless clad).
Beginnen wir mit dem Gesshin 400. Es handelt sich um einen groben Schleifstein, der auf der weicheren Seite von mittelhart lebt. Er trägt richtig gut und schnell Material ab, fühlt sich dabei aber überhaupt nicht grob oder kratzig an. Das Schleifgefühl ist (für einen groben Stein) erste Sahne und auch das Feedback ist sehr gut. Der Stein ist relativ durstig, so wie häufiger bei groben Steinen, und das Finish ist sehr gleichmäßig und etwas feiner als erwartet. Im Vergleich zum Naniwa Professional 400 schleift sich der Stein etwas schneller ab, ist diesem m.E.n. jedoch in allen anderen Belangen (und insb. im Schleifgefühl!) deutlich überlegen. Aufgrund der nicht zu hohen Härte gut für single oder double bevel Klingen geeignet.
Gesshin 2000: 4 von 5 auf der Härteskala, Geschwindigkeit, Feedback und Schleifgefühl (wenn man härtere Steine mag) sind sensationell. Dieser Stein ist schneller als meine bisherigen 1K Steine, liefert dabei aber ein 2k Finish, ausreichend für Outdoor-Messer oder einfache Küchenmesser. Er ist weniger durstig als der 400er, braucht aber dennoch ab und zu einen Spritzer Wasser. Der Sprung von 400 auf 2k ist völlig problemlos. Der Gesshin 2k erinnert mich an einen Lamborghini - kompromisslos, relativ hart, extrem schnell. Die zartrosa Oberfläche verfärbt sich beim Schleifen leicht dunkel, dies ändert jedoch weder das Schleifgefühl noch die Schleifgeschwindigkeit (ist also eher eine Verfärbung und kein load-up). Jon empfiehlt zum Säubern z.B. einen Rostradierer (oder Nagura oder eine flattening/lapping plate). Da dies ein härterer Stein ist der kaum Schleifschlamm erzeugt, ist der Stein m.E.n. primär für double bevel knives geeignet. Ohne Frage der beste Stein mittlerer Körnung, den ich kenne.
Gesshin 6000S: 3 von 5 auf der Härteskala und ein Stein, der sich im Schleifgefühl merklich vom Gesshin 400 und 2k unterscheidet. Er ist weniger durstig, man benötigt nur ab und an einen Tropfen Wasser, und das Schleifgefühl würde ich als deutlich cremiger/sahniger (aber nicht klebrig) bezeichnen. Es bildet sich relativ schnell ein dunkler Schleifschlamm, der dabei hilft die Klinge gleichmäßig zu polieren und diesen Stein sowohl für einseitig als auch für beidseitig geschliffene Klingen empfiehlt. Die Oberfläche ist nach dem Abwaschen wieder weitgehend weiß (kaum load-up) und das Klingenfinish geht in Richtung Spiegelpolitur. Es ist möglich einen ordentlichen Kontrast zwischen hagane (dem hartem Kernstahl) und jigane (dem weicheren Cladding) zu erzeugen. Mein Takeda NAS Gyuto war nach diesem Stein extrem scharf, ohne jedoch die Aggression beim Schneiden völlig zu verlieren. Für mich das ideale Finish für wirklich gute Küchenmesser. Wenn ich etwas mehr Schnittaggression/Mikrosäge möchte, oder nicht ganz so hochwertige Messer habe, reicht der Gesshin 2k aus (oder danach noch ein paar Züge auf dem Chosera 3k oder Leder). Push-cut durch Telefonbuchpapier? Easy. Horizontale Carpaccio-Scheiben von einer halbierten Kirschtomate abschneiden ohne sie zu berühren: check.
Fazit: Die Gesshin-Steine sind herausragend. Sie gehören zu den besten synthetischen Steinen, die ich bisher benutzt habe, und das auf jeder Körnungsstufe. Sie sind nicht gerade günstig, ja regelrecht teuer, wenn man nicht in den USA lebt - aber dennoch sind sie jeden Cent wert. Die Steine sind extrem gut aufeinander abgestimmt und funktionieren bestens zusammen. Hervorheben möchte ich auch die Beratung und Expertise von JKI / Jon Broida. Eine so kompetente, ehrliche, und freundliche Beratung sucht seinesgleichen. Wärmstens empfohlen!
P.S.: Leider habe ich noch keine Berechtigung Bilder als Anhänge hochzuladen. Wenn Ihr Fragen zu den Steinen habt, immer her damit!
die Begeisterung für Messer, aber vor allem auch fürs Schleifen, begleitet mich schon viele Jahre, und wird mich vermutlich auch noch den Rest meines Lebens begleiten. Gelernt habe ich dabei vor allem, dass es hauptsächlich auf die Technik und nur zu einem kleinen Teil das Equipment ankommt. Und dennoch macht uns dieses Equipment so viel Freude, und daher kommt heute von mir als mein erster Beitrag in diesem Forum ein Review zu den in Deutschland vielleicht noch etwas weniger bekannten Gesshin-Steinen. Kurz vorab: Schärfen ist mein Hobby, und ich betreibe es mit Passion, aber ich bin kein professioneller Messerschärfer.
Gesshin ist die Hausmarke von JapaneseKnifeImports aus Kalifornien, d.h. dies sind Steine verschiedener Hersteller, die mit und für JKI entwickelt wurden. JKI wird von Jon Broida und seiner Frau betrieben, und Jon hat wirklich fantastische Lehrvideos zum Schleifen auf YouTube veröffentlicht, die mir persönlich sehr geholfen haben. Auch aus Respekt und Dankbarkeit für seine guten Lehrvideos habe ich bei JKI bestellt. Ich habe keine weitere Verbindung zu Jon oder JKI, und habe die Steine und den Versand regulär bezahlt - nur damit nicht der Eindruck entsteht ich würde hier ein bezahltes Review abgeben! Der Versand ging sehr schnell, die Steine waren sicher verpackt, und es lag ein handgeschriebener Brief dabei, in dem mir für meinen Einkauf gedankt wurde. Das hat Stil.
Das Gesshin Schleifstein-Set umfasst drei Steine: einen 400er, einen 2000, und einen 6000. Alle drei sind soaker, können aber auch permanent im Wasser leben (so wie bei mir). Das Set ist preislich gehoben, und kostet 210 USD. Für uns Nicht-Amerikaner kommen noch Versandkosten, Steuern, Wechselkurs- und Zollgebühren hinzu. Damit sind wir locker bei CAD 400 (ca. 270 €) angekommen. Aua!
Geschliffen habe ich mit den Steinen günstige Edelstahlmesser von Ikea, hochwertige rostresistente Messer (z.B. SLD-Stahl, 61 HRC), sowie mein Takeda NAS Gyuto (Aogami Super HRC 63-64, stainless clad).
Beginnen wir mit dem Gesshin 400. Es handelt sich um einen groben Schleifstein, der auf der weicheren Seite von mittelhart lebt. Er trägt richtig gut und schnell Material ab, fühlt sich dabei aber überhaupt nicht grob oder kratzig an. Das Schleifgefühl ist (für einen groben Stein) erste Sahne und auch das Feedback ist sehr gut. Der Stein ist relativ durstig, so wie häufiger bei groben Steinen, und das Finish ist sehr gleichmäßig und etwas feiner als erwartet. Im Vergleich zum Naniwa Professional 400 schleift sich der Stein etwas schneller ab, ist diesem m.E.n. jedoch in allen anderen Belangen (und insb. im Schleifgefühl!) deutlich überlegen. Aufgrund der nicht zu hohen Härte gut für single oder double bevel Klingen geeignet.
Gesshin 2000: 4 von 5 auf der Härteskala, Geschwindigkeit, Feedback und Schleifgefühl (wenn man härtere Steine mag) sind sensationell. Dieser Stein ist schneller als meine bisherigen 1K Steine, liefert dabei aber ein 2k Finish, ausreichend für Outdoor-Messer oder einfache Küchenmesser. Er ist weniger durstig als der 400er, braucht aber dennoch ab und zu einen Spritzer Wasser. Der Sprung von 400 auf 2k ist völlig problemlos. Der Gesshin 2k erinnert mich an einen Lamborghini - kompromisslos, relativ hart, extrem schnell. Die zartrosa Oberfläche verfärbt sich beim Schleifen leicht dunkel, dies ändert jedoch weder das Schleifgefühl noch die Schleifgeschwindigkeit (ist also eher eine Verfärbung und kein load-up). Jon empfiehlt zum Säubern z.B. einen Rostradierer (oder Nagura oder eine flattening/lapping plate). Da dies ein härterer Stein ist der kaum Schleifschlamm erzeugt, ist der Stein m.E.n. primär für double bevel knives geeignet. Ohne Frage der beste Stein mittlerer Körnung, den ich kenne.
Gesshin 6000S: 3 von 5 auf der Härteskala und ein Stein, der sich im Schleifgefühl merklich vom Gesshin 400 und 2k unterscheidet. Er ist weniger durstig, man benötigt nur ab und an einen Tropfen Wasser, und das Schleifgefühl würde ich als deutlich cremiger/sahniger (aber nicht klebrig) bezeichnen. Es bildet sich relativ schnell ein dunkler Schleifschlamm, der dabei hilft die Klinge gleichmäßig zu polieren und diesen Stein sowohl für einseitig als auch für beidseitig geschliffene Klingen empfiehlt. Die Oberfläche ist nach dem Abwaschen wieder weitgehend weiß (kaum load-up) und das Klingenfinish geht in Richtung Spiegelpolitur. Es ist möglich einen ordentlichen Kontrast zwischen hagane (dem hartem Kernstahl) und jigane (dem weicheren Cladding) zu erzeugen. Mein Takeda NAS Gyuto war nach diesem Stein extrem scharf, ohne jedoch die Aggression beim Schneiden völlig zu verlieren. Für mich das ideale Finish für wirklich gute Küchenmesser. Wenn ich etwas mehr Schnittaggression/Mikrosäge möchte, oder nicht ganz so hochwertige Messer habe, reicht der Gesshin 2k aus (oder danach noch ein paar Züge auf dem Chosera 3k oder Leder). Push-cut durch Telefonbuchpapier? Easy. Horizontale Carpaccio-Scheiben von einer halbierten Kirschtomate abschneiden ohne sie zu berühren: check.
Fazit: Die Gesshin-Steine sind herausragend. Sie gehören zu den besten synthetischen Steinen, die ich bisher benutzt habe, und das auf jeder Körnungsstufe. Sie sind nicht gerade günstig, ja regelrecht teuer, wenn man nicht in den USA lebt - aber dennoch sind sie jeden Cent wert. Die Steine sind extrem gut aufeinander abgestimmt und funktionieren bestens zusammen. Hervorheben möchte ich auch die Beratung und Expertise von JKI / Jon Broida. Eine so kompetente, ehrliche, und freundliche Beratung sucht seinesgleichen. Wärmstens empfohlen!
P.S.: Leider habe ich noch keine Berechtigung Bilder als Anhänge hochzuladen. Wenn Ihr Fragen zu den Steinen habt, immer her damit!