Glücksgriff: Dittert-Dt. Armeemesser

Abu

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Werte Messerfreunde,

In wenigen Monaten jährt sich das Ende des WK1 zum 100. mal, der als Urkatastrophe des 20. Jhdt. ins Bewusstsein einging. 2014, zum Gedenken seines Beginns, war ich per Rad im Elsass und Lothringen unterwegs. Schlachtfelder, Friedhöfe, große Gedenkstätten überall, unendliche Namen- und Datenkolonnen. Erdrückender werden die Schicksale der Soldaten durch Stücke persönlichen Besitzes, wie man sie in Museen und sogar Shops findet: Soldbücher, Papiere, Pfeifen, Taschenmesser...... Kaputt, invalid, hat Materie die Materialschlachten überdauert. Anderes kam mit Soldaten zurück, blieb 100 Jahre im privaten Besitz, wurde genutzt oder dem Rost in einer Kiste überlassen - um heute ab und zu mal einem Sammlerkreis angeboten zu werden.

Ich schicke das mal vorweg, weil man sich über Zeit und das Zeitgeschehen kaum Gedanken macht, wenn ein heute eher seltenes „Deutsches Armeemesser“ auftaucht. Und ich schicke das vorweg, weil ihr vmtl. nur so meine Freude verstehen könnt, als dieses Messer nach gründlicher Reinigung vom Speck der Zeit vor mir lag:

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-alle Teile vollzählig vorhanden, sogar die regelmäßig vermissten Zahnstocher (Schildpatt!!!) und Pinzette (Neusilber)

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-keine Klinge, kein Werkzeug abgebrochen
-Federdrücker per Federmesser

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-nur Mini-Risse, keine Ausbrüche an den Hirschhornschalen
-die Hauptklinge geschliffen, geadelt durch Besitz und Nutzung, kaum Spiel
-hochwertige Qualität, knackige Federn, verzierte Platinen

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-auf dem Rikasso Reste eines Dreiecks, jedoch deutlich identifizierbare Setzwaage: DITTERT, Neustadt/ Sachsen!!!

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Das vorab auf einem Foto eher von mir erahnte Dreieck hatte mich sofort elektrisiert, denn von DITTERT hatte ich noch nie eines gesehen. „No risk no fun“ - ich erwarb es. Und beim Blick auf das nun herausgeputzte Messerchen mit patriotischer Prägung und über 100jähriger Geschichte klingelt mir ein 50 Jahre alter Hit der Beachboys per Dauerschleife in den Ohren: „Fun, fun, fun....“

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Ich denke, Sammler unter euch teilen meine Freude. Die gab ich auch direkter weiter: Nach so einem „Deal“ konnte ich mich doch leichter von meinen beiden, hier kürzlich präsentierten Herder-Bowies trennen, die nun ein anderes Sammlerherz erfreuen!

Gruß
Abu
 
Hallo Abu
Einfach nur begeisternd!
Ein tolles Messer. Allein der Zahnstocher aus Schildpatt ist etwas besonderes.
Deine Gedanken zum historischen und besonders zum sozialhistorischen Hintergrund zu lesen, bereitet mir große Freude.
Vielen Dank dafür.
Mit besten Grüßen
fs


(Deine Herder-Bowies bereiten mir mindestens genauso große Freude:))
 
Ein wunderschönes Stück... ich lebe in der genannten Region,die Erinnerung an "la grande Guerre" ist in Frankreich weitaus lebendiger als in Deutschland...
 
@fshamburg
Danke, danke für dein Lob, geht runter wie Öl!
Ich hoffe doch, dass ich die hübschen Bowies nochmals im Lederkleid sehe!!!

@furlan
Ja, das mit der Erinnerungskultur ist mir auch aufgefallen, die ist bei euch ungleich tiefer, genau wie z.B. In Belgien. Bei uns ist der WK 1 dagegen wenig präsent. Was sicher an den traumatischen Zerstörungen in F und B liegt, während D. im Kern davon doch kaum betroffen war, außer vllt. Ostpreußen. Wurde dann im WK2 mit Wucht nachgeholt, was wiederum hier im Bewusstsein ist.
Am Ende meiner Radtour war ich übrigens mental ziemlich geschafft von den unübersehbaren Spuren und Orten kriegerischer Nachbarschaft. Wahnsinn!

Gruß
Abu
 
Servus Abu,

ein wunderschönes Messer!

Zum Geschichtsthema - in jungen Jahren war ich mit einer Alsacienne liiert, und kam mit ihr und ihren
Eltern überall im Elsass 'rum, die Geschichte war natürlich immer präsent.
Was ich als 'Junger' nicht kannte, war die Schlacht am Hartmannswillerkopf, die in Deutschland
heute, im Vergleich zu Verdun, Sedan usw ziemlich komplett vergessen ist.
Letzthin war ich mal wieder mit dem MTB da, um mir die neue Museumsanlage anzusehen, die ich jedem
Mitforisten, der mal in die Gegend kommt, nur empfehlen kann:
https://de.wikipedia.org/wiki/Historial_franco-allemand_du_Hartmannswillerkopf
 
....in jungen Jahren war ich mit einer Alsacienne liiert....

Was ich als 'Junger' nicht kannte, war die Schlacht am Hartmannswillerkopf, die in Deutschland
heute, im Vergleich zu Verdun, Sedan usw ziemlich komplett vergessen ist.
Letzthin war ich mal wieder mit dem MTB da, um mir die neue Museumsanlage anzusehen, die ich jedem
Mitforisten, der mal in die Gegend kommt, nur empfehlen]


Hallo Rudi_57,
....Dann habt ihr zwei ja euren Beitrag zur Völkerverständigung geleistet!:love_heart:

Danke für den Tipp. In der Gegend war ich noch nicht, aber falls, dann.....
Ich bin zwar kein Reisender in Sachen Kriegsschauplätze, sondern u.a. auch an Geschichte interessiert. Aber nirgendwo kann man besser spüren und fühlen was passiert, wenn Politik versagt, als an solchen Orten. Sollten sich viel mehr Menschen ansehen, besonders Schulklassen.

Gruß
Abu

PS: Sehe gerade, dass das Thema mein 500. Beitrag war - ist diesem Messer wirklich angemessen.:)
 
Moin Burghard,

ein Traum, mir fehlen die Worte. Oft genug eine Plattitüde, hier passt es einfach: Wenn dieses Messer sprechen könnte...

Zum Glück übernimmst Du es in so angemessener wie angenehmer Weise.

Unglaublich.

Liebe Grüße,

Nick
 
Herzlichen (wirklich - von Herzen kommend!) Glückwunsch zu diesem schönen Stück. So ein Deutsches Armeemesser suche ich schon eine ganze Weile - aber bisher entweder immer zu schrottig oder zu teuer oder beides. Fein! Vielen Dank für's Zeigen und für die Erläuterungen drumherum ...

@Rudi57 Hartmannsweilerkopf - hier in Freiburg mitnichten vergessen; es stehen immer mal wieder Artikel dazu in der Badischen Zeitung ... da wird einiges zur Völkerverständigung getan: Das Aufrechterhalten der Erinnerung und der Sinnlosigkeit des damaligen Handelns wird hier auch von privaten Initiativen durchaus betrieben.

@ingoweimar: Irgendwie kann ich nachvollziehen, was Du meinst ...

Gruß

Boogerbrain
 
Hallo Boogerbrain,
es ist so um die 45 Jahre her, dass ich ein bayerisches Gymnasium besucht habe.
Im damaligen Geschichtsunterricht war der I. WK bestenfalls ein Thema ganz am Rande.
Der II. WK übrigens auch.
Auf die Schlacht am Hartmannsweilerkopf , oder französisch Vieil Armand, bin ich erst durch den
Vater meiner Jugendfreundin gekommen, der uns 'Jeunes' Mitte der '70er hingebracht hat.
Ein Großvater der Familie war einer der Vermissten auf französischer Seite...
Servus,
Rudi
 
Hallo Nick, ingoweimar, boogerbrain,

Danke für Eure wertschätzenden Kommentare!


Meine Sammlung dämmert der Wertlosigkeit entgegen....

Irrtum, jedes Highlight braucht ein simples Umfeld, damit es richtig zur Geltung kommt. Ist wie Licht! :ahaa: Aber den richtigen Schalter finden, ist manchmal nicht so einfach.

?.....So ein Deutsches Armeemesser suche ich schon eine ganze Weile - aber bisher entweder immer zu schrottig oder zu teuer oder beides....

Wem sagst du das! Hab die Szene lange beobachtet, recherchiert, Militariahändler angeschrieben, stand auch schon mal vor nem Frustkauf um die Lücke zu schließen. Dann, „Bingo“, ein schönes Zwilling, dachte, was soll noch kommen, und nun kam noch eins mit „Zahnstocher“. Ich bin jetzt raus...., was soll noch kommen? Also, Eure Chancen steigen. :D Es sei denn ein Böhmisches mit „Deutsches A...“, frühes Fake, sozusagen.
Teuer oder Preis-wert erkauft ist mit einem Risiko behaftet. Die Einschätzungen eines relativen Zustands gehen bei 100 Jahren schon mal krass auseinander. Ein bisserl Glück gehört dazu. Kennst du ja.


[QUOTE='[Nick] .......Wenn dieses Messer sprechen könnte... [/QUOTE]

Solche Gedanken treiben mich oft um, z.B unter einer sehr alten Dorflinde stehend. Dem Messer hab ich versucht, mit dem Drumherum etwas Stimme zu geben. Sonst blieb es ja nur ein altes Messer :mad:

Gruß
Abu
 
Natürlich gibt es noch ein zweites Messer dieser Art weltweit: Kollege „Allen“ in den USA hat mir das Bild geschickt, oben das DITTERT, unten Henkels.

Das DITTERT weist eine zusätzliche Prägung D.O.V. auf, hat jemand ne Ahnung, was das bedeuten könnte? Schon mal zwei Tipps:
„Deutscher Orchesterverein & Data over voice“ passen nicht wirklich. :p

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Gruß
Abu
 
Danke dir, Ingoweimar,
Ja, das hatte ich auch gelesen, aber sollte das passen? Patriotisches Messer mit zusätzlichem Bekenntnis, könnte..... Aber im DOV jenes Vereins fehlen die Punkte wie auf dem Messer gezeigt, D.O.V. Es ist doch anzunehmen, dass ein Vereinsmeier das korrekt geschrieben hätte. Schauen wir mal, ob noch jemandem was dazu einfällt.

Gruß
Abu
 
Ich hätte zu DOV vielleicht noch folgenden Gedankengang anzubieten:
Halasz stellt in seinem Band 1 unter Nummer 124 und 125 zwei Grabendolche vor die die Wortmarke "DOV, Berlin" tragen. Weiter schreibt er dazu, dass es sich bei DOV um den "Deutschen Offizier Verein" handelt. Dieser Verein war ein Militärausstatter für Selbsteinkleider.
Da das von Dir gezeigte Messer Messer seiner Zeit mit Sicherheit kein Schnäppchen war könnte es durchaus von einem Offizier erworben worden sein.
Ich glaube auch mal gelesen zu haben, dass zum Wehrdienst ein Taschenmesser mitzubringen war.

Übrigens ein sehr schönes Stück, viel Freude damit.

stralsund
 
Zuletzt bearbeitet:
Bingo, Stralsund66, du bist klasse, bzw. das geballte und geteilte Wissen des Forums, das mich immer wieder begeistert.
Ich denke, das ist sehr wahrscheinlich die Erklärung. Dittert hat für den Verein die Messer mit besonderer Kennung geliefert. Gerade Offiziere haben (bzw. mussten) einen Teil ihrer Ausrüstung selbst beschafft, dafür gab es spezielle Ausrüster. (S. Unterforum Blankwaffen „Marinedolch). Diese Messer gehörten nicht zur offiziellen Ausstattung der Soldaten oder Offiziere. Auch richtig, die dürften damals für Mannschaftsgrade viel zu kostspielig gewesen sein. Für Offiziere spricht weiterhin der Hufkratzer - Pferd - adlige Herkunft der Offizierskader.

Nochmals danke.

Gruß
Abu
 
Moin Ingoweimar,
Danke dir für den Link, schöne Ergänzung zur Sammlung.

Nee, beim OffzVerein hatte keiner was vergessen, die wussten sicher wie‘s geschrieben wird. Dittert wäre ja nur Auftragnehmer und evtl., also nur als Überlegung, hatte er die Punkte ergänzt. Klingt ja auch irgendwie doof, das mit dem DOV. :lach:

Schönes Wochenende
Abu
 
Hallo,möchte nicht extra ein neues Thema eröffnen und schließe mich diesen an.
Habe nun endlich auch ein Armeemesser von Dittert&Co bekommen.Ist nicht sonderlich gut erhalten,Federspannung bei einigen Teilen nicht mehr vorhanden.Aber alle Anbauteile sind noch dran.Incl.der beiden eingesteckten Pinzette mit kleinen Löffelchen und dem Zahnstocher.
Im Gegensatz zu Abu seinen Stück meines ohne Säge, auch die Aufschrift "Armeemesser" fehlt. Sieht auch ein wenig anders aus.
Große Klinge lässt sich auch nur durch drücken auf die Kleine einklappen(Federdrücker).
Eine Frage.der Hufkratzer ist nicht feststellbar.Wie ist das bei den anderen Armeemessern?
Noch was zu den Maßen:10 cm lang geschlossen,große Klinge 6,5 cm lang.

Grüße Heiko










 
Hallo Heiko,
Glückwunsch zu dem Fund!!! Diese Art Messer von Dittert zu finden ist wie die Stecknadel im Heuhaufen. Dazu alle Teile vorhanden, nochmals rar. Schäden oder ausgeleierte Federn gehen oft damit einher, nehmen wir es als „kriegsversehrt“, Zahn der Zeit oder einfach, dass diese Messer wirklich genutzt wurden. Ehrwürdig gealtert.

Die Prägung „Armeemesser“ war nur patriotisches Marketing, ein zusätzlicher Absatzreiz. Die Messer waren alle Kutschermesser und wurden auch ohne Prägung als Militärmesser angeboten.
Ich hab noch keines mit feststellbarem Hufkratzer/Gepäckhaken gesehen bzw. in der Hand gehabt.
Ein besonderes Schmankerl deines Messers ist sicher das „Auge“ als Nagelhau an der kleinen Hechtklinge. Sehr ungewöhnlich und kreativ von Dittert.😀 Ich sehe darin eine gewisse Improvisation bevor man in relativ höhere Stückzahlen ging, also eine ältere Variante.
Also 👍👍👍
Gruß
Abu
 
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