Flügelfeder
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Moin allerseits,
welches einheimische Genießer-Messer passt zu einem Urlaub in den Weinbergen rechts und links entlang der Mosel? Bei mir ein Güde-Taschenmesser... Moment... Güde?! Machen die nicht nur feststehende Kochmesser? Jein! Tatsächlich dürfte Güde praktisch ausschließlich für seine Kochmesser bekannt sein, dennoch hat das Solinger Familienunternehmen (derzeit unter der Leitung von Herrn Dr. Born, dem Urenkel des Firmengründers Karl Güde) zwei Taschenmesser im Angebot. Zwei Dreiteilige um genau zu sein: Eins mit großer Klinge, Kapselheber und Korkenzieher und eins mit großer Klinge, Korkenzieher und Pitchgabel. Um letzteres soll es in diesem Review gehen.
Daten
Das gute Stück wiegt 97 gr. Länge geschlossen: 9,8 cm. Länge offen: 17,2 cm. Klingenlänge: 7,4 cm, davon 6,8 cm Schneide.
Das Messer ist damit etwas länger, voluminöser und schwerer als ein SAK. Vor allem ist auch die Klinge etwas länger, dabei aber schmaler als die eines SAK – genau aus dem Grund mag ich das Güde sehr viel lieber.
Funktionen
Das dreiteilige Messer hat vier Funktionen:
Eine große Klinge, die hervorragend spiegelpoliert ist.
Des weiteren gibt's einen Korkenzieher, der für einen Mosel-Urlaub nicht wegzudenken ist.
Und zu guter Letzt die Pitchgabel Schrägstrich Kapselheber, denn Weinregion hin oder her, nach anstrengendem Aufstieg ist ein kühles Bier zuweilen verlockender selbst als der beste Riesling
Und nun nochmal zurück, zur... wie hieß die Picknick-Gabel noch gleich? Pitchgabel??? Ganz genau: Streng genommen handelt es sich bei dem gabelähnlichen Zweizack nicht um eine Picknick- oder Camping-Gabel, sondern ist als Pitchgabel für den Golfer konzipiert. Der nämlich ist verpflichtet, auf dem Grün durch hohe Bälle verursachte Dellen auszubessern und hier kommt die Pitchgabel zum Einsatz. Rund um die Delle im Rasen wird eingestochen, gelockert und leicht aufgehebelt, um dann mit einem schweren Eisen wieder plan zu drücken.
Schöne Sache das, aber erfreulicherweise funktioniert die Pitchgabel ebenso als Picknick-Gabel Man muss also kein Golfer sein, um den vollen Funktionsumfang des Taschenmessers zu nutzen!
Verarbeitung
Das Messer kommt in gewohnter Solinger Qualität. Heißt so viel wie: Das Messer ist in meinen Augen wirklich gut gemacht, aber es hat seine kleinen Makel, in Bezug auf die jeder selbst entscheiden muss, ob man es liebevoll unter 'Handarbeit' verbucht oder in der Preisklasse nicht für tragbar hält. Ich mag den Handarbeitscharakter, solange es sich auf optische Problemchen bezieht, die die Funktion nicht beeinträchtigen.
Grundsätzlich ist mein Exemplar gut gearbeitet: Klinge und Pitchgabel liegen äußerst sauber und mittig im Schacht, Griffschschalen sind sehr sauber eingepasst, Die Federspannung ist eher leicht und mit einem SAK zu vergleichen. Die Politur von Klinge und Pitchgabel ist gut und der Kontrast zu den quer-strichmattierten Rückenfedern schön. Die Alu-Medaille mit den drei Palmen ist tippitoppi eingepasst. Weder Klinge noch die anderen Werkzeuge haben in geöffnetem Zustand Klingenspiel. Es ist ein grundsolide verarbeitetes Messer.
Dennoch zeugt vieles bei genauerem Hinsehen vom Charakter des Arbeitsmessers: Im Nagelhau und den Bögen der Pitchgabel finden sich Schleifrückstände. Die Spitze der einen Forke der Pitchgabel ist zugespitzt, während die andere unter der Lupe eine plane Fläche hat - fast wie abgebrochen. Die Klinge hat aufgeklappt einen leichten Schiefstand und obwohl die Klinge 'out of the box' scharf war, war der Schliff nicht wirklich sauber (aber um fait zu bleiben: hier bin ich vielleicht einfach zu penibel).
Kurzum: Sehr vieles sagt hier sehr deutlich 'Handarbeit' - und das muss man mögen. Ich mag es und komme damit klar, weil nichts die Funktion beeinträchtigt. Ich verstehe es als Messer, das wirklich benutzt werden will.
Preis
Die Güde Taschenmesser gibt's in Olivenholz- oder Fasseichengriff und mein Modell kostet 104,- €.
Besonderheiten und Details
Die erste Besonderheit ist, dass es sich streng genommen nur um ein halbes Güde handelt. Hergestellt wird das Taschenmesser nämlich in Handarbeit von Hartkopf in Solingen. Allerdings geht die Idee der Pitchgabel zurück auf eine Idee von Güde, insofern ist das Güde mit Pitchgabel mehr Güde als das andere Güde Taschenmesser
Zweite Besonderheit: der Korkenzieher. Während bei SAKs und Laguioles die Korkenzieherspitze nach innen zeigt, also in der Griffaussparung liegt, zeigt die 'Spitze' beim Güde nach außen. Klingt gefährlich fürs Hosentaschenfutter, ist es aber nicht. Warum? Weil die Korkenzieherspitze beim Güde nicht richtig spitz ist. Aber bekommt man das Ding dann überhaupt in den Korken gefriemelt? Ja (siehe Beweisfoto), aber es geht schwerer als bei Laguiole oder SAK.
Aber jetzt mal im Ernst: Bei jedem SAK ist die Verarbeitung perfekter, der Schliff 'out of the box' rasiermesserscharf und Details wie der Korkenzieher besser durchdacht. Warum ziehe ich dennoch das Güde einem SAK vor? Es ist weniger technisch: Durch die Neusilberbacken, Messingplatinen und das wunderbare Holz wirkt das Güde herrlich warm und fühlt sich sehr viel angenehmer an.
Außerdem mag ich den Charme des Handgemachten. Ja, das Güde Taschenmesser hat seine Ecken und Kanten und wäre in perfekter Verarbeitung denkbar. Aber so ist es mir lieber. Viel wichtiger aber ist die Klinge: Dadurch, dass sie länger und schmaler ist als die eines Offiziersmessers, finde ich sie für Lebensmittel praktischer. Ich kann mit dem Güde beim Picknick besser hantieren und es im Urlaub zur Not auch als Küchenmesser nutzen.
Das ginge allerdings auch mit einem Laguiole; Holzgriff und Messingbacken für die warme und betont nicht technische Optik gäb's da auch.
Also warum das Güde? Wegen der Klinge: Eine Laguiole-Klinge ist super und für Lebensmittel bestimmt. Aber für mich liegt die Stärke dieser Klingenform eher in der (Urlaubs-)Küche. Die Güde-Klingenform ist schlicht sehr viel vielfältiger einsetzbar, gerade beim Picknick ohne feste Schneidunterlage, weil sie nicht so überspitz zuläuft.
Der zweite Grund ist die Pitchgabel: Ein gutes Picknick besteht für mich nicht nur in Brot, Wurst, Käse, Obst und einem unkomplizierten Rosé. Richtig lecker wird der Schmaus meist erst durch die Sachen, die etwas schwierig handlebar sind... bspw. Oliven in Walnuss-Knoblauch-Öl. Aber vor allem braucht es für ein richtig gutes Picknick noch eine Handvoll Freunde, mit denen man teilt - vorzugsweise ohne, dass alle mit ihren Fingern in die Oliven müssen (oder das Gurkenglas oder, oder, oder...).
Sicherlich, das ginge alles auch anders, aber wofür, wenn's auch mit einem Messer geht
Mein Fazit: Man bekommt ein grundsolides handgemachtes Messer, das hervorragend in der Hand liegt und dessen Klinge vielfältig einsetzbar ist. Die Materialien versprechen hervorragend zu altern und mit der Pitchgabel ist es gewiss kein alltägliches Messer.
Mir bereitet es große Freude
Grüße in die Runde,
Armin
welches einheimische Genießer-Messer passt zu einem Urlaub in den Weinbergen rechts und links entlang der Mosel? Bei mir ein Güde-Taschenmesser... Moment... Güde?! Machen die nicht nur feststehende Kochmesser? Jein! Tatsächlich dürfte Güde praktisch ausschließlich für seine Kochmesser bekannt sein, dennoch hat das Solinger Familienunternehmen (derzeit unter der Leitung von Herrn Dr. Born, dem Urenkel des Firmengründers Karl Güde) zwei Taschenmesser im Angebot. Zwei Dreiteilige um genau zu sein: Eins mit großer Klinge, Kapselheber und Korkenzieher und eins mit großer Klinge, Korkenzieher und Pitchgabel. Um letzteres soll es in diesem Review gehen.
Daten
Das gute Stück wiegt 97 gr. Länge geschlossen: 9,8 cm. Länge offen: 17,2 cm. Klingenlänge: 7,4 cm, davon 6,8 cm Schneide.
Das Messer ist damit etwas länger, voluminöser und schwerer als ein SAK. Vor allem ist auch die Klinge etwas länger, dabei aber schmaler als die eines SAK – genau aus dem Grund mag ich das Güde sehr viel lieber.
Funktionen
Das dreiteilige Messer hat vier Funktionen:
Eine große Klinge, die hervorragend spiegelpoliert ist.
Des weiteren gibt's einen Korkenzieher, der für einen Mosel-Urlaub nicht wegzudenken ist.
Und zu guter Letzt die Pitchgabel Schrägstrich Kapselheber, denn Weinregion hin oder her, nach anstrengendem Aufstieg ist ein kühles Bier zuweilen verlockender selbst als der beste Riesling
Und nun nochmal zurück, zur... wie hieß die Picknick-Gabel noch gleich? Pitchgabel??? Ganz genau: Streng genommen handelt es sich bei dem gabelähnlichen Zweizack nicht um eine Picknick- oder Camping-Gabel, sondern ist als Pitchgabel für den Golfer konzipiert. Der nämlich ist verpflichtet, auf dem Grün durch hohe Bälle verursachte Dellen auszubessern und hier kommt die Pitchgabel zum Einsatz. Rund um die Delle im Rasen wird eingestochen, gelockert und leicht aufgehebelt, um dann mit einem schweren Eisen wieder plan zu drücken.
Schöne Sache das, aber erfreulicherweise funktioniert die Pitchgabel ebenso als Picknick-Gabel Man muss also kein Golfer sein, um den vollen Funktionsumfang des Taschenmessers zu nutzen!
Verarbeitung
Das Messer kommt in gewohnter Solinger Qualität. Heißt so viel wie: Das Messer ist in meinen Augen wirklich gut gemacht, aber es hat seine kleinen Makel, in Bezug auf die jeder selbst entscheiden muss, ob man es liebevoll unter 'Handarbeit' verbucht oder in der Preisklasse nicht für tragbar hält. Ich mag den Handarbeitscharakter, solange es sich auf optische Problemchen bezieht, die die Funktion nicht beeinträchtigen.
Grundsätzlich ist mein Exemplar gut gearbeitet: Klinge und Pitchgabel liegen äußerst sauber und mittig im Schacht, Griffschschalen sind sehr sauber eingepasst, Die Federspannung ist eher leicht und mit einem SAK zu vergleichen. Die Politur von Klinge und Pitchgabel ist gut und der Kontrast zu den quer-strichmattierten Rückenfedern schön. Die Alu-Medaille mit den drei Palmen ist tippitoppi eingepasst. Weder Klinge noch die anderen Werkzeuge haben in geöffnetem Zustand Klingenspiel. Es ist ein grundsolide verarbeitetes Messer.
Dennoch zeugt vieles bei genauerem Hinsehen vom Charakter des Arbeitsmessers: Im Nagelhau und den Bögen der Pitchgabel finden sich Schleifrückstände. Die Spitze der einen Forke der Pitchgabel ist zugespitzt, während die andere unter der Lupe eine plane Fläche hat - fast wie abgebrochen. Die Klinge hat aufgeklappt einen leichten Schiefstand und obwohl die Klinge 'out of the box' scharf war, war der Schliff nicht wirklich sauber (aber um fait zu bleiben: hier bin ich vielleicht einfach zu penibel).
Kurzum: Sehr vieles sagt hier sehr deutlich 'Handarbeit' - und das muss man mögen. Ich mag es und komme damit klar, weil nichts die Funktion beeinträchtigt. Ich verstehe es als Messer, das wirklich benutzt werden will.
Preis
Die Güde Taschenmesser gibt's in Olivenholz- oder Fasseichengriff und mein Modell kostet 104,- €.
Besonderheiten und Details
Die erste Besonderheit ist, dass es sich streng genommen nur um ein halbes Güde handelt. Hergestellt wird das Taschenmesser nämlich in Handarbeit von Hartkopf in Solingen. Allerdings geht die Idee der Pitchgabel zurück auf eine Idee von Güde, insofern ist das Güde mit Pitchgabel mehr Güde als das andere Güde Taschenmesser
Zweite Besonderheit: der Korkenzieher. Während bei SAKs und Laguioles die Korkenzieherspitze nach innen zeigt, also in der Griffaussparung liegt, zeigt die 'Spitze' beim Güde nach außen. Klingt gefährlich fürs Hosentaschenfutter, ist es aber nicht. Warum? Weil die Korkenzieherspitze beim Güde nicht richtig spitz ist. Aber bekommt man das Ding dann überhaupt in den Korken gefriemelt? Ja (siehe Beweisfoto), aber es geht schwerer als bei Laguiole oder SAK.
Aber jetzt mal im Ernst: Bei jedem SAK ist die Verarbeitung perfekter, der Schliff 'out of the box' rasiermesserscharf und Details wie der Korkenzieher besser durchdacht. Warum ziehe ich dennoch das Güde einem SAK vor? Es ist weniger technisch: Durch die Neusilberbacken, Messingplatinen und das wunderbare Holz wirkt das Güde herrlich warm und fühlt sich sehr viel angenehmer an.
Außerdem mag ich den Charme des Handgemachten. Ja, das Güde Taschenmesser hat seine Ecken und Kanten und wäre in perfekter Verarbeitung denkbar. Aber so ist es mir lieber. Viel wichtiger aber ist die Klinge: Dadurch, dass sie länger und schmaler ist als die eines Offiziersmessers, finde ich sie für Lebensmittel praktischer. Ich kann mit dem Güde beim Picknick besser hantieren und es im Urlaub zur Not auch als Küchenmesser nutzen.
Das ginge allerdings auch mit einem Laguiole; Holzgriff und Messingbacken für die warme und betont nicht technische Optik gäb's da auch.
Also warum das Güde? Wegen der Klinge: Eine Laguiole-Klinge ist super und für Lebensmittel bestimmt. Aber für mich liegt die Stärke dieser Klingenform eher in der (Urlaubs-)Küche. Die Güde-Klingenform ist schlicht sehr viel vielfältiger einsetzbar, gerade beim Picknick ohne feste Schneidunterlage, weil sie nicht so überspitz zuläuft.
Der zweite Grund ist die Pitchgabel: Ein gutes Picknick besteht für mich nicht nur in Brot, Wurst, Käse, Obst und einem unkomplizierten Rosé. Richtig lecker wird der Schmaus meist erst durch die Sachen, die etwas schwierig handlebar sind... bspw. Oliven in Walnuss-Knoblauch-Öl. Aber vor allem braucht es für ein richtig gutes Picknick noch eine Handvoll Freunde, mit denen man teilt - vorzugsweise ohne, dass alle mit ihren Fingern in die Oliven müssen (oder das Gurkenglas oder, oder, oder...).
Sicherlich, das ginge alles auch anders, aber wofür, wenn's auch mit einem Messer geht
Mein Fazit: Man bekommt ein grundsolides handgemachtes Messer, das hervorragend in der Hand liegt und dessen Klinge vielfältig einsetzbar ist. Die Materialien versprechen hervorragend zu altern und mit der Pitchgabel ist es gewiss kein alltägliches Messer.
Mir bereitet es große Freude
Grüße in die Runde,
Armin