Güde Taschenmesser (X725/07) - mein liebstes Picknick Messer

Flügelfeder

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Moin allerseits,

welches einheimische Genießer-Messer passt zu einem Urlaub in den Weinbergen rechts und links entlang der Mosel? Bei mir ein Güde-Taschenmesser... Moment... Güde?! Machen die nicht nur feststehende Kochmesser? Jein! Tatsächlich dürfte Güde praktisch ausschließlich für seine Kochmesser bekannt sein, dennoch hat das Solinger Familienunternehmen (derzeit unter der Leitung von Herrn Dr. Born, dem Urenkel des Firmengründers Karl Güde) zwei Taschenmesser im Angebot. Zwei Dreiteilige um genau zu sein: Eins mit großer Klinge, Kapselheber und Korkenzieher und eins mit großer Klinge, Korkenzieher und Pitchgabel. Um letzteres soll es in diesem Review gehen.

Daten

Das gute Stück wiegt 97 gr. Länge geschlossen: 9,8 cm. Länge offen: 17,2 cm. Klingenlänge: 7,4 cm, davon 6,8 cm Schneide.
Das Messer ist damit etwas länger, voluminöser und schwerer als ein SAK. Vor allem ist auch die Klinge etwas länger, dabei aber schmaler als die eines SAK – genau aus dem Grund mag ich das Güde sehr viel lieber.

Funktionen

Das dreiteilige Messer hat vier Funktionen:
Eine große Klinge, die hervorragend spiegelpoliert ist.
Des weiteren gibt's einen Korkenzieher, der für einen Mosel-Urlaub nicht wegzudenken ist.
Und zu guter Letzt die Pitchgabel Schrägstrich Kapselheber, denn Weinregion hin oder her, nach anstrengendem Aufstieg ist ein kühles Bier zuweilen verlockender selbst als der beste Riesling ;)
Und nun nochmal zurück, zur... wie hieß die Picknick-Gabel noch gleich? Pitchgabel??? Ganz genau: Streng genommen handelt es sich bei dem gabelähnlichen Zweizack nicht um eine Picknick- oder Camping-Gabel, sondern ist als Pitchgabel für den Golfer konzipiert. Der nämlich ist verpflichtet, auf dem Grün durch hohe Bälle verursachte Dellen auszubessern und hier kommt die Pitchgabel zum Einsatz. Rund um die Delle im Rasen wird eingestochen, gelockert und leicht aufgehebelt, um dann mit einem schweren Eisen wieder plan zu drücken.
Schöne Sache das, aber erfreulicherweise funktioniert die Pitchgabel ebenso als Picknick-Gabel ;) Man muss also kein Golfer sein, um den vollen Funktionsumfang des Taschenmessers zu nutzen!

Verarbeitung

Das Messer kommt in gewohnter Solinger Qualität. Heißt so viel wie: Das Messer ist in meinen Augen wirklich gut gemacht, aber es hat seine kleinen Makel, in Bezug auf die jeder selbst entscheiden muss, ob man es liebevoll unter 'Handarbeit' verbucht oder in der Preisklasse nicht für tragbar hält. Ich mag den Handarbeitscharakter, solange es sich auf optische Problemchen bezieht, die die Funktion nicht beeinträchtigen.
Grundsätzlich ist mein Exemplar gut gearbeitet: Klinge und Pitchgabel liegen äußerst sauber und mittig im Schacht, Griffschschalen sind sehr sauber eingepasst, Die Federspannung ist eher leicht und mit einem SAK zu vergleichen. Die Politur von Klinge und Pitchgabel ist gut und der Kontrast zu den quer-strichmattierten Rückenfedern schön. Die Alu-Medaille mit den drei Palmen ist tippitoppi eingepasst. Weder Klinge noch die anderen Werkzeuge haben in geöffnetem Zustand Klingenspiel. Es ist ein grundsolide verarbeitetes Messer.
Dennoch zeugt vieles bei genauerem Hinsehen vom Charakter des Arbeitsmessers: Im Nagelhau und den Bögen der Pitchgabel finden sich Schleifrückstände. Die Spitze der einen Forke der Pitchgabel ist zugespitzt, während die andere unter der Lupe eine plane Fläche hat - fast wie abgebrochen. Die Klinge hat aufgeklappt einen leichten Schiefstand und obwohl die Klinge 'out of the box' scharf war, war der Schliff nicht wirklich sauber (aber um fait zu bleiben: hier bin ich vielleicht einfach zu penibel).
Kurzum: Sehr vieles sagt hier sehr deutlich 'Handarbeit' - und das muss man mögen. Ich mag es und komme damit klar, weil nichts die Funktion beeinträchtigt. Ich verstehe es als Messer, das wirklich benutzt werden will.

Preis

Die Güde Taschenmesser gibt's in Olivenholz- oder Fasseichengriff und mein Modell kostet 104,- €.

Besonderheiten und Details

Die erste Besonderheit ist, dass es sich streng genommen nur um ein halbes Güde handelt. Hergestellt wird das Taschenmesser nämlich in Handarbeit von Hartkopf in Solingen. Allerdings geht die Idee der Pitchgabel zurück auf eine Idee von Güde, insofern ist das Güde mit Pitchgabel mehr Güde als das andere Güde Taschenmesser ;)
Zweite Besonderheit: der Korkenzieher. Während bei SAKs und Laguioles die Korkenzieherspitze nach innen zeigt, also in der Griffaussparung liegt, zeigt die 'Spitze' beim Güde nach außen. Klingt gefährlich fürs Hosentaschenfutter, ist es aber nicht. Warum? Weil die Korkenzieherspitze beim Güde nicht richtig spitz ist. Aber bekommt man das Ding dann überhaupt in den Korken gefriemelt? Ja (siehe Beweisfoto), aber es geht schwerer als bei Laguiole oder SAK.
Aber jetzt mal im Ernst: Bei jedem SAK ist die Verarbeitung perfekter, der Schliff 'out of the box' rasiermesserscharf und Details wie der Korkenzieher besser durchdacht. Warum ziehe ich dennoch das Güde einem SAK vor? Es ist weniger technisch: Durch die Neusilberbacken, Messingplatinen und das wunderbare Holz wirkt das Güde herrlich warm und fühlt sich sehr viel angenehmer an.
Außerdem mag ich den Charme des Handgemachten. Ja, das Güde Taschenmesser hat seine Ecken und Kanten und wäre in perfekter Verarbeitung denkbar. Aber so ist es mir lieber. Viel wichtiger aber ist die Klinge: Dadurch, dass sie länger und schmaler ist als die eines Offiziersmessers, finde ich sie für Lebensmittel praktischer. Ich kann mit dem Güde beim Picknick besser hantieren und es im Urlaub zur Not auch als Küchenmesser nutzen.
Das ginge allerdings auch mit einem Laguiole; Holzgriff und Messingbacken für die warme und betont nicht technische Optik gäb's da auch.
Also warum das Güde? Wegen der Klinge: Eine Laguiole-Klinge ist super und für Lebensmittel bestimmt. Aber für mich liegt die Stärke dieser Klingenform eher in der (Urlaubs-)Küche. Die Güde-Klingenform ist schlicht sehr viel vielfältiger einsetzbar, gerade beim Picknick ohne feste Schneidunterlage, weil sie nicht so überspitz zuläuft.
Der zweite Grund ist die Pitchgabel: Ein gutes Picknick besteht für mich nicht nur in Brot, Wurst, Käse, Obst und einem unkomplizierten Rosé. Richtig lecker wird der Schmaus meist erst durch die Sachen, die etwas schwierig handlebar sind... bspw. Oliven in Walnuss-Knoblauch-Öl. Aber vor allem braucht es für ein richtig gutes Picknick noch eine Handvoll Freunde, mit denen man teilt - vorzugsweise ohne, dass alle mit ihren Fingern in die Oliven müssen (oder das Gurkenglas oder, oder, oder...).
Sicherlich, das ginge alles auch anders, aber wofür, wenn's auch mit einem Messer geht ;)

Mein Fazit: Man bekommt ein grundsolides handgemachtes Messer, das hervorragend in der Hand liegt und dessen Klinge vielfältig einsetzbar ist. Die Materialien versprechen hervorragend zu altern und mit der Pitchgabel ist es gewiss kein alltägliches Messer.
Mir bereitet es große Freude :)

Grüße in die Runde,

Armin


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Moin Armin,

danke für die schön bebilderte Vorstellung eines "Klassikers".

Ich mag derartige Messer sehr gerne, dieses hat sehr schönes Holz und die schlanke Klinge gefällt mir auch.

Dennoch, leider und mal wieder, auch ein Beleg für eine nicht vorhandene oder sehr "großzügige" Qualitätskontrolle.

Auf Schleifstaub sei gepfiffen, die lädierte Spitze der Gabel und den Schiefstand der Klinge würde ich allerdings schon nicht mehr akzeptieren.
Was für mich aber gar nicht geht, ist der Korkenzieher. Dass der nämlich die Spitze nach außen trägt liegt daran, dass da ein Stück fehlt/abgebrochen ist.
Wenn ich das mit Produktbildern online vergleiche, liegt auf denen die Spitze (wie es auch sein sollte) nach innen zeigend auf, zudem ist der Korkenzieher auch länger, bei Deinem Modell klafft noch eine deutliche Lücke.

Gepaart mit dem recht ordentlichen Preis (vergleichbare Modelle von Hartkopf kosten circa 40 € weniger) wäre das für mich nicht akzeptabel.

Ich will Dir keinesfalls die Freude an dem Messer vermiesen, aber alles hinnehmen muss auch nicht sein.

Gruß,

Nick
 
Moin Nick,

Du legst den Finger zielstrebig in die Sein-Sollen-Wunde!
Klar gebe ich Dir Recht, dass Produktbilder des Korkenziehers bei diesem Modell eigentlich ausnahmslos eine halbe Windung mehr zeigen, so dass die Spitze nach innen zeigt. Allerdings sind Sollen und Sein in der Realität oft zwei Paar Schuh, wie mir scheint: In Geschäften konnte ich bei bisher beides finden (das Güde-Modell ist mir erst in zwei Geschäften begegnet, Hartkopf etwas häufiger). Insofern kann man entweder sagen, 'soll so, ist aber gar nicht selten anders' oder man räumt dem Handwerker da in Bezug auf die Windungen großzügig einen gewissen Spielraum ein. Und solange der Korkenzieher funktioniert - meiner tut bestens, was er soll - ist's für mich kein Mangel. Optisch allerdings stößt sich das Auge da womöglich schon dran.
Ich habe mir da noch kein abschließendes Urteil gebildet. Vor einigen Jahren lag mir höchste Fertigungspräzision sehr am Herzen, aber - mal abgesehen davon, dass man dann häufig enttäuscht wird - mir fehlte mehr und mehr die handwerkliche Note, die kleinen Ecken und Kanten, die's zu etwas besonderem Machen. Tjaaa und wenn man diesen Pfad einschlägt, wird's sehr schnell, sehr schwierig, weil's immer völlig subjektiv zu sein scheint, was noch unter 'Ecken und Kanten' fällt und was nicht mehr, sprich: was Mängel ist. Der Klingenschiefstand ist minimal, für die eine Pitchgabelspitze braucht man 'ne Lupe und der Korkenzieher tut, was er soll (bestens sogar). Funktioniert für mich - aber womöglich nur für mich :D
Grüße in die Runde,

Armin
 
Ich mag ja klassische Taschenmesser sehr, auch und gerade wegen der kleinen Macken hier und da. Dies hier wären mir aber dann doch etwas zu viele Mängel auf einmal. Seis drum, genieße dein Messer.
Was mich leicht amüsiert: Exakt das gleiche Werkzeug, das Güde höchst elitär als golfers Pitch-Gabel vermarktet, ist bei Hartkopf eine schlichte Picknickgabel:rolleyes:
 
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