Härteanleitung

thomas hauschild

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Hallo

Ich weiß nicht, ob die untenstehende Anleitung für Wärmebehandlung etc. schon mal vorgestellt wurde. Gut es ist in manchen Dingen nicht ganz einfach an die Hilfsstoffe zu kommen. Die Anleitungen sind auch nicht die Neuesten, aber es steckt in einigen beschrieben Schritten doch etwas Wares drin.

Stammt wohl aus dem Mittelalter :hehe:

Allerhand von Eisen und Stahl gemachte Instrumenta, Wehr und Waffen, und Werckzeuge, auf das härteste zu machen, und ein jedes nach seiner Erforderung zu bereiten.



Härtung zu den Degen-Klingen.

Die Klingen müssen zähe seyn, daß sie nicht im Stosen zerspringen; sie müssen auch scharff seyn, daß sie im Hauen wohl durchgehen, darum muß man sie mitten am Cörper mit Oel und Butter härten, daß sie zähe werden, an der Schneiden aber mit scharffen Dingen, daß sie sharff schneiden; und dieses geschiehet entweder in höltzernen Rinnen, oder mit Leinen-Lappen, in die gehörigen Wasser eingeduncket. Und mag man hier Verstand und Fleiß darzu gebrauchen.

Wie man die Damascenischen Klingen nachmachen kann.

Solches kann gar wohl geschehen, daß man solche Stücke von den Damascenischen nicht wol unterscheiden kann; dann man läst ein Messer auf das beste pollieren, und reibet es mit Kalch-Mehl wohl ab, hernach nimmt man Kalch, mit Wasser gemischet, und reibet es auf der Hand mit den Fingern untereinander, hernach berühret man die hell-pollierte Klingen darmit hin und wieder, und macht Flecken darauf, nach Gefallen, und läßt sie an dem Feuer, oder an der Sonnen trocken werden. Hernach muß man ein Wasser haben, darinnen Vitriol aufgelöset ist, und solches darüberstreichen, dann wo kein Kalch hinkommen ist, da wird alles schartz, und über eine kleine Zeit wäschet man es mit wasser ab, und wo der kalch gewesen, findet sich keine Farbe. Und gehet es recht artlich an, sonderlich wann man mit dem Kalch die Wasserstriche natürlich aufzutragen weiß.

An den Damascenischen Klingen das ausgegangene Wasser wieder sichtbar zu machen.

So wird ein Dolch, Degen oder Messer auf das beste pollirt, mit Schmirgel-Pulver und Oel, und endlich mit Kalch abgerieben, daß nirgend kein Flecklein mehr darinnen sey, sondern die Klinge überall aufs helleste gläntze und blincke, alsdann nimmt man Citronen-Saft, und mischet ihn unter Schuster-Schwärze, so aus Vitriol gemachet wird, darmit netzt man die Klinge über und über; wann dieses nun trocken worden, so kommen die Flecken an ihrem Ort alsobald wieder herfür, daß es scheinet, als ob es gewässert wäre.

Wie die Damascener-Klingen gemacht werden, oder das Eisen zu härten.

Die Türcken nehmen frisches Gämsen-Blut, machen die Säbel-Klingen neunmal glühend, und löschen sie jedesmahl in solchem Blut ab, so werden sie dermassen hart, daß sie Eisen schneiden, wie der Stahl von Damasco.

Die Messer auf das beste zu härten.

Man nimmt frische Rinds-Klauen, läßt die warm werden und schlägt mit dem Hammer auf der Seiten darauf, so springet das Marck heraus, das trocknet man auf einem Ofen, und legt es mit Messern schicht-weise, in einen darzu geformten Topff, doch daß allezeit zwey überschüssige darbey seyn, die man heraus nehmen, und darmit probieren kann, ob alles wohl zu Stahl worden; und wann man es noch einmal also machet, so werden sie recht hart.


Messer zum Brod schneiden auf das beste zu härten.

Zu solchen Brod-Messern taugt nicht wohl aller Stahl, sondern nur ein solcher, der, wann er gebrochen, gantz kleinkörnicht, und von Eisen wohl gereinigt ist, den läßt man gelinde heiß werden, und schmiedet solchen zu einem Messer, und arbeitet dann solches mit Feylen, und anderst, biß daß er die Form eines Messers bekommt, und läßt dieses pollieren. Endlichen legt man es ins Feuer, biß die Violen farb daran erscheinet, man bestreicht es aber mit Seyffen, daß man die Farbe im Feuer desto besser erkenne; alsdann nimmt man es aus dem Feuer, und bestreicht die Schneiden mit einem in Baum-Oel genetzten Tüchlein, bis es kalt wird: Also wird die Härte des Stahls, vermittelst des Oels und der sanfften Glühung, gemildert. Und dieses ist die beste Härtung zu den Brodt-Messern; dann kann man gleich mit allen Messern Brod schneiden und so befindet man doch, daß nicht alle Messer dafür tüchtig sind, wie man vermeynet.

Die Degen und Messer-Klingen und die Instrumenta von Eisen, auf das beste zu härten.

Wann ein Degen, Messer-Klinge, oder ein anders Instrument geschmiedet wird, und man löschet sie in warmen Ebers-Blut ab, wird man sich verwundern.

Daß ein Schwerdt oder Messer das andere schneidet.

So nimm das edle Kraut Verbena, Wullkraut und Urin, stosse die frischen Kräuter zuvor, dann laß es miteinander wohl sieden, in solches stosse das eisen, lasse es eine gute Weile darinnen liegen, so wirst du die Kunst bald wahre finden.

Eine unglaubliche Eisen- und Stahl-Härtung, die gemein Eisen wie Bley wegschneiden thut.

Nimm zu Pulver gebrannt Schuh-Leder, je älter das Leder, je besser es ist, geschmoltzen Saltz, gebrannnt Hornfeylicht, pulverisirt Venedisch Glaß, oder Glaß-Gall, eines so viel als des andern, vermische es wohl untereinander, nimm dann, was du glühen willst, netze es mit Harn, oder nimm es aus demselben heraus, und bestreue es mit diesem Pulver oder, mache eine Lage um die andere damit, zementire es 6. Stund, laß es die letzte Stunde durch glühen. Schuh-Ahlen also gearbeitet werden sie hart.

Die allerhärtesten Eisen-Härtungen.

Wann man das Eisen in destillirten Essig eintauchet, so wird es hart; desgleichen geschiehet es auch mit destillirtem Urin, wegen des Saltzes, so darinnen enthalten ist.

Man löschet es durch in Mayen-Thau, der auf den Kräuter-Blättern gesammelt wird, ab, so wird es überaus hart, dann dieser ist so gesaltzen, daß man es nicht meynen sollte, wie es aus dem Theophrasto zu erweisen ist.

Essig, darinnen Salmiac aufgelöset worden, giebt auch der stärcksten Härtuzng eine.

Wie denn auch, wann man Urin-Saltz und Salpeter in Wasser auflöset, und dann das Eisendarinnen ablöschet, giebt es eine unglaubliche Härtung.

Wann man Salpeter und Salmiac, eines so viel als des andern, nimmt, beyde gestossen untereinander vermischet, in eine Phiolen mit einem langen Halse thut, und solches mit einander an einen feuchten Ort, oder Roß-Mist, zu Wasser oder Oel werden lässet, und glühend Eisenwerck darinnen ablöschet, so wird es auch unvergleichlich hart.

So man den Todtenkopff vom Scheidewasserbrennen, in Wasser, eine Stunde siedet, und hernach durch ein klares Tuch lauffen lässet, und den Stahl darinnen ablöschet, wird er zähe hart.

Wann man auch eine Lauge von ungelöschtem Kalch und Soda Saltz machet, und klar durchlauffen lässet, hernach das Eisen darinnen ablöschet, so wird es gleichfalls überaus hart. Und dieses sind gar fürtreffliche Härtungen, und werden alles verrichten, was man hierinnen verlanget.

Sonsten kann man auch den Stahl und Eisen überaus hart machen, so man Ochsenzungen-Kraut, sammt der Wurzel und allem, mit so viel Eisenkraut, ein, zwey, oder drey Stund, in Wasser siedet, läßt es dann durchseihen; was man nun darinnen ablöschet, das wird hart.

Oder, man nimmt Ochsen-Koth (von einem Ochsen, der nichts als Gras frißt) machet es mit Wasser und pulverisierter Seyffen zu einem dünnen Teig, mit diesem temperirt man das Eisen, so wird es also hart, daß es auch ander Eisen schneidet.

Oder, man nimmt frischen grossen Rettig, reibet solchen auf einem Reib-Eisen, und presset den Saft starck aus, es giebt auch eine gute Härtung wann man etwas darinnen ablöschet.

Oder, man nimmt alten Manns-Harn, thut solchen in einen Hafen, gießt Wasser daran, und läßt es halb einsieden, zum drittenmal, dann härtet man darinnen.

Oder, man nimmt Nessel-Saft, frischen Knaben-Harn, Ochsen-Gall, Saltz und starcken Wein-Essig, eines so viel als des andern, es giebt eine unglaubliche Härtung.

Oder, man nimmt Affa foetida, Euphorbia, Laudan. Ferap. Diese Stücke alle gestossen, untereinander vermischet, und thut es auf das glühende Metall, so macht es solches überaus hart.

Man bestreichet ein glühend Eisen oder Stahl mit Gänse-Schmaltz, und löschet es hernach mit Sauerkraut-Brühe ab.

Ein sonderliches Secretum, die Waffen und Gewehr auf das härteste zu machen.

Mache folgende gleich eingetheilte Mixtum also: Nimm gemein Saltz, Operment, gebrannt Bocks-Horn und Salmiac, eines so viel wie das andern, vermische es, wohlgepulvert, unter einander, überschmiere dann deine Waffen mit schwartzer Seyffen, streue bemeldtes Pulver darauf, wische es alsdann mit einem nassen Lumpen, und lege es in ein starckes Kohl-Feuer, lasse es durch und durch glühen, daß es gantz roth wird. Wann solches geschehen, so lösche es in Menschen-Harn ab, willst du es öfters thun, so stehet es dir frey.

Stahl zu härten, wie er zu Brest bereitet wird.

Nimm Urin von einem Mann, gemein Saltz, Ruß aus einem Schornstein, mische alles unter einander zu einer Massa, bedecke darmit das Eisen, wann es vorhero, wie es seyn solle, zubereitet ist, darnach mache einen teig von Töpffer-Dohn, so groß als ein Bogen Papier, und so dicke wie ein kleiner Finger, mehr oder weniger, wickele das Eisen darein, binde es mit einem eisernen Draht zusammen, und lege es also in ein starck Feuer, so wird es eine grüne farbe geben, wann die vergangen, so ist es fertig.

Ein gut Härt-Wasser, das Eisen darmit zu härten.

Man nimmt gebrannten Alaun und Salpeter, jedes 1. Loth, Salmiac 2. Loth, stosse alles zu feinem Pulver, koche das in sehr starcken Wein-Essig, in einem kupffernen Geschirr; in diesem Wasser lösche Eisen ab, so wird es sehr hart.

Oder, nimm gemein Wasser 3. Pfund, Alaun 4.(?) Loth, Römischen oder Ungarischen Vitriol, 2. Loth, Grünspan I. Quintlein, Stein-Saltz, 8. Loth, koche alles untereinander; und wann es gekochet ist, so thue darein weissen Weinstein, gemein Saltz, jedes 1. Loth, koche es abermalen ein wenig. Mit diesem Wasser bestreiche das Eisen, wann es wohl glühet, so wird es hart werden.
 
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.....Ich weiß nicht, ob die untenstehende Anleitung für Wärmebehandlung.....schon mal vorgestellt wurde......Gut, es ist in manchen Dingen nicht ganz einfach, an die Hilfsstoffe zu kommen. Die Anleitungen sind auch nicht die Neuesten, aber es steckt in einigen beschrieben Schritten doch etwas Wahres drin.

Stammt wohl aus dem Mittelalter.....
Nein, aus dem Mittelalter stammt es nicht, sondern deutlich später; ich schätze, aus der Mitte des 18. Jahrhunderts. Aber mir gefällt es sehr! Kannst Du bitte ein paar Angaben zu der Quelle machen?

Gruß

sanjuro

P.S. "Kalch" ist Kalk, und "Vitriol" ist Schwefelsäure. Manche Ausdrücke sind mir noch bekannt
 
ja, thomas, das würde mich auch interessieren.
müsste man alles mal ausprobieren....

ich denke dann immer an die Sache mit Wieland, der mit einer Klinge nicht zufrieden war, das Dings in Stücke brach und unter Hühnerfutter mischte.
Nachdem das alles dem natürlichen Gang genommen hatte, sammelte er die ganze Sch... auf, filterte das Eisen heraus und schmiedete daraus die Klinge, die alles übertraf.

Hat man mal nachgestellt, indem man Stahl in Hühnerkacke eingesetzt hatte. Ergebnisse waren nicht schlecht. Ich such mal, ob ich das Literaturzitat noch finde.

Wäre sowieso mal interessant, eine "historische Ecke" aufzumachen unter dem Forum Material total.

Ich suche mal meinen Vortrag zur Geschichte des Härtens und stelle mal den Vortrag als pdf hier rein.

Ich such dann mal.
 
Auf den ersten Blick gesehen werden wohl sämtliche Rezepte, die Thomas zugänglich gemacht hat, funktionieren. Es geht letztlich immer um die einfachen und wirksamen Methoden der Stahlbehandlung durch Abschrecken. Das funktioniert immer, solange man im richtigen Temperaturbereich bleibt und schnell genug abkühlt, sodaß ganz oder überwiegend Martensit entsteht.
Die Schmiede früherer Zeiten standen vor zwei Problemen, die wir heute nicht mehr in dieser Form haben- sie kannten die exakte Zusammensetzung ihrer Stähle nicht und sie hatten, wenn sie mit guten Erzen gearbeitet hatten, sehr reines Eisen vor sich, das mit dem nötigen C- Gehalt versehen vorzügliche Waffen ergab, aber gerade wegen seiner Reinheit- oder auch Armut an Legierungselementen-sehr scharf abgeschreckt werden mußte, um martensitisch umzuwandeln.
Mit diesen beiden Problemen wurde man aber recht gut fertig: Am Bruch und sicher auch am Schleiffunken ließ sich der C-Gehalt und damit die erreichbare Härte recht gut abschätzen und die verschiedenen Abschreckmittel von Salzwasser bis zum kalten Luftstrahl wurden erprobt und mit Erfolg eingesetzt.
An den hier mitgeteilten Rezepten fällt auf, daß überwiegend in wässrigen Substanzen abgelöscht wurde, was bei den sehr umwandlungsfreudigen Stählen auch Sinn machte.
Wo es auf Zähigkeit und Elastizität ankam, verwendete man zum Abschrecken aber auch Öle und Fette.
Die mehr oder minder geheimnisvollen Beimengungen zum Wasser oder Öl haben gleich einen doppelten Sinn: Zum einen bedienten sie den Sinn für´s geheimnisvoll Schaurige- Blut muß doch einfach gut härten- und wenn man eine Klinge in einem fetten kräftigen Mann abschreckt, könnte doch etwas von seiner Kraft in die Klinge einwandern- zum andern haben sie aber durchaus physikalisch- chemische Wirkungen:
Bei vielen der Rezepte fällt auf, daß mit kohlenstoff- und stickstoffreichen Substanzen gearbeitet wird und auch die katalysatorische Wirkung des Kochsalzes genutzt wird. Pasten aus Klauen- und Hornmehl mit Kochsalz werden noch heute beim Härten von Feilen verwendet, um die Feilenzähnchen nicht nur vor dem Sauerstoff zu schützen, sondern um ihnen zusätzlich noch etwas C zuzuführen.
Aufkohlen mit Lederkohle ist wesentlich wirksamer mit Holzkohle allein. Das kann jeder mit einem Rohr und verkohltem Leder selbst ausprobieren (Beim Verkohlen des Leders Nasenklammer nicht vergessen !).
Der Harn des Ziegenbocks, der bestimmte Kräuter gefressen hat oder der des alten Manns oder des rothaarigen Knaben hat seine Wirkung wohl mehr im Aberglauben. Als Flüssigkeit, die im wesentlichen aus Wasser besteht, schreckt Urin sicher gut ab. Man könnte auch daran denken, daß der Stickstoff im Harnstoff eine zusätzliche Wirkung entfalten könnte. Das muß man aber realistisch sehen: Es ist gar nicht so einfach, Stickstoff in Stahl hineinzubringen -beim Nitrieren bildet sich beispielsweise nur eine hauchdünne, sehr harte, aber selbst mechanisch nicht besonders belastbare Schicht. Stähle, bei denen der Stickstoff den Kohlenstoff ganz oder teilweise ersetzt, sind erst in den letzten Jahren entwickelt worden und zwar mit einigem technischem Aufwand. Ablöschen in Harn genügt nicht, da kann der Knabe noch so rothaarig sein.
Auch die Geschichte, die Herbert angesprochen hat, sollte man mit aller Vorsicht ansehen: Es ist die Sage von Wielands Schwert Mimung, das er nach seinem Lehrmeister, dem Zwerg Mime benannt hatte und das wohl wegen seiner Entstehung aus dem Wissen der Unterirdischen auch gewisse dämonische Eigenschaften hatte. Die Zwerge der germanischen Sage waren ja keine lieben Gartenzwerge, sondern durchaus unheimliche Wesen. Wieland selbst konnte das Schwert wohl noch zähmen- er zerteilte nur seinen Konkurrenten Marsilias so sauber in zwei Teile, daß dieser erst aufstehen und sich schütteln mußte, bis er in zwei Hälften auseinanderfiel- bei Wielands Enkel Wittich wird es nur zu Übeltaten benutzt und verschwindet mit Wittich im Meer, als er sich vor Dietrich von Bern retten mußte.
Nun aber zur Technik zurück:
Wieland hatte zum Schmiedewettkampf mit Marsilias ein Schwert geschmiedet, das eine Wollflocke im treibenden Wasser zwar zerschnitt, aber nicht nach Wielands Anforderungen. Er zerfeilte es, schmolz es ein und machte ein neues Schwert daraus, das schnitt etwas besser, aber nach Wielands Vorstellungen immer noch nicht gut genug. Er zerfeilte es also wieder, mischte die Späne mit Teig zusammen und gab sie Gänsen zu fressen. Aus dem Gänsekot schmolz er wieder den Stahl aus und machte daraus nun das perfekte Schwert, das den Wollknäuel von 3 Fuß Durchmesser im fließenden Wasser glatt durchschnitt.
Es wird nun die Meinung vertreten, daß durch die Passage durch den Gänsemagen der Stahl gereinigt wurde und dadurch besondere Eigenschaften erhielt. Andere sind der Auffassung, daß erst durch das Ausschmelzen Stoffe aus dem Kot in den Stahl einwanderten, die ihm besondere Eigenschaften verliehen.
Dies wird auch von ernstzunehmenden Wissenschaftlern geglaubt. Ein Prof. der Chemie- seinen Namen möchte ich hier nicht nennen- hatte versucht, das Wielandsche Experiment im Original nachzumachen. Das scheiterte daran, daß die Gänse an den Verdauungsstörungen eingegangen sind. Er hat dann Stahlpulver mit den Inhaltsstoffen des Gänsekots- C und N- behandelt und das entstehende Pulver sintern lassen. Da die Pulverstückchen an der Oberfläche mit C- angereichert waren, lag ihr Schmelzpunkt niedriger, als der der Mitte und das Sintern funktionierte (warum auch nicht ?). Es wurde dann aus dem Material ein Schwert geschmiedet, auf dessen Oberfläche die Karbidwölkchen zu sehen waren. Alle waren überglücklich und die Sache wurde als große Sensation veröffentlicht. Proben an und mit dem Schwert wurden meines Wissens nicht vorgenommen. Da an der Oberfläche der Klinge die Karbide, die sich um die Körner gebildet hatten, als Netzwerk zu sehen waren, erscheint es ausgeschlossen, daß gute mechanische Eigenschaften vorhanden waren.
Wieland kann so ohnehin nicht gearbeitet haben: Er hätte oberflächenbehandeltes Stahlpulver nicht sintern können, da dazu die technischen Mittel fehlten. Hätte er das Pulver, wie die Sage berichtet, eingeschmolzen, wäre eine homogene Klinge ohne Muster entstanden, wenn er sich nicht die -technisch unsinnige - Mühe gemacht hätte, das Material in Richtung Wootz zu behandeln.
Was denkbar und technisch sinnvoll sein könnte, wäre die Vorgehensweise, die um die Zeitenwende für einen Ort an der Seidenstraße (Merv) nachgewiesen ist. Dort wurde in einem Tiegel Eisenpulver zusammen mit gepulvertem Guß erhitzt. Da Guß eine Schmelztemperatur von nur ca. 1200 Grad hat, war es möglich, das Gußeisen zu schmelzen. Es umfloß dann die Eisenspäne und gab C- an sie ab. Unterbrach man den Vorgang zeitig, so war der C- Ausgleich noch nicht abgeschlossen, und man erhielt einen fein gewässerten Stahl. Dehnte man den Vorgang länger aus, so ergab sich ein homogener Stahl.
Wenn in alten Schriften immer wieder von Wunderwaffen die Rede ist, sollte man nicht glauben, sie seien nach alten, verlorengegangenen geheimnisvollen Rezepten hergestellt worden. Die Erklärung ist viel einfacher: Das Gros der Eisenwaren und Waffen war so schlecht oder so schlecht wärmebehandelt oder beides, daß es von den wenigen hervorragenden Stücken tatsächlich leicht geschnitten wurde-so wie wir heute mit Sticheln, Meißeln oder Sägen ja auch Eisen und weichen Stahl schneiden-nicht gerade wie Butter, aber doch sehr effektiv.
Zur Geschichte des Härtens hat Prof. Berns ein kleines, gut verständliches Buch geschrieben- Mein Exemplar ist mal wieder nicht auffindbar-Roman hat aber auch eines und könnte die ISBN- Nummer mitteilen.
MfG U. Gerfin
 
Hallo, Ulrich,
ja genau so hatte ich mir den Thread vorgestellt. Danke für Deine Ausführungen.
Ich hatte noch in Erinnerung, dass man kleine Skalpellklingen gefertigt hatte.
Ist das nicht veröffentlicht worden?
Nun, wie immer ranken sich um die alten Dinge Legenden. Klar ist jedoch, was Du richtig schreibst, dass nämlich normalerweise die Eisenwaffen im Schnitt nicht überragend waren.

In dem von Dir zitierten Buch von Berns wird auch geschildert, dass Plutarch 347 v Chr und Polybius ca. 140 vChr davon berichteten, dass die gallischen Krieger nach dem ersten Hieb ihre ungehärteten Schwerter unter dem Fuß richten mußten.

Was das Buch angeht, so hat das leider keine ISBN, es lohnt sich auf jeden Fall, allein schon wegen der Literaturangaben. So haben schon B. Neumann 1919 und O. Vogel 1899 über mittelalterliche Härtemethoden berichtet. Ich werde mir die Literatur mal besorgen.

Also das Buch von Berns hat folgende bibliografische Daten:

Hans Berns, Die Geschichte des Härtens, Herausgeber Härterei Gerster AG, Egerkingen, Schweiz (www.gerster.ch)
Ich habe es über den Verlag Dietschi in der SChweiz bekommen.
Erschwinglich war es auch, weiß aber nicht mehr genau, was es gekostet hat.
Ich denke, das gehört in die Sammlung aller interessierten Material-Total-Freaks.

Hier noch ein paar Infos:
Berns, H.:
Ruhr-Universität, Bochum, Germany


Die Geschichte des Härtens
72 Seiten, 16 meist mehrteilige Bilder, 2 Tafeln


Dietschi AG, Druck und Verlag, CH-4601 Olten
November 2002

Post: Ziegelfeldstrasse 60, Postfach, CH-4601 Olten
Telefon: +41 (0)62 205 7575
Telefax: +41 (0)62 205 7500
Email: verkauf@dietschi.ch

hab ich hier gefunden

auf der Seite von Gerster ist aber auch eine Deutsche Bestelladresse angegeben, man muss unter dem Stichwort Geschichte des Härtens ein bisschen nach unten scrollen. Kostet 20 Euro plus 5 Euro Versand
 
Zuletzt bearbeitet:
Leider habe ich die Quelle auch nicht. Ich habe es auch nur von einem Bekannten als word-text bekommen, der eigendlich mit der Sache sonst garnichts zu tun hat.

Gruß Thomas
 
Hallo,

die Anleitungen sind auch auf www.schwertkunst.de unter diesem Link zu finden.
Vielleicht kann der Betreiber ja Quellenangaben machen.
Auch einige der anderen Links scheinen ganz interessant zu sein.
 
Hallo, tolles Thema und toll recherchiert. Ich möchte nur eine Story meines Großvaters -1904 ausgelernter Hufschmied- dazustellen.
Auf seiner Tippeltour als junger Geselle kam er auch bis an die Jugoslawische Grenze nach Agram dem heutigen Zagreb. Dort war er bei einem Unternehmen tätig, das dort eine Raffinerie erbaute. Weil damals alle Metallverbindungen genietet wurden, benötigte man reichlich entsprechende Hämmer und Döpper.-die Gegenstücke- Um beschädigte oder abgenutzte Teile während der Arbeit auf die schnelle reparieren -sprich nachschmieden und härten- zu können, hatten die Männer außer ständig brennenden Niet-Feuern und einem alten verdellten Amboss kaum Möglichkeiten auf der Baustelle. Das kam die danebenliegende Latrine und deren Inhalt als Abschreckmedium gerade recht. Laut meinem Großvater hatte er nie wieder so zähhartes Werkzeug, wie auf diese Art gehärtet, besessen.
Wie gesagt eine Story von meinem OPA.
Gruß
Uwe
 
....Ich hab´ gar nicht gewusst, dass Du schon so alt bist.....
Ja, das ist aber leider tatsächlich so.

Aber unabhängig von meinem Alter ist mein Wissen alt, d.h. es stammt aus einer früheren beruflichen Aktivität, in der ich mich u.a. auch mit alten Rezepten und Begriffen auseinandergesetzt habe. In unserer schnelllebigen Zeit sind ja Informationen, Termini und Zusammenhänge schon nach wenigen Jahrzehnten nicht nur völlig veraltet, sondern häufig auch vergessen; quasi aus dem Wissenschatz der Menschen gelöscht.

Ich befasse mich gern mit dem Wissens"kapital", das unsere Vorfahren in den traditionellen Handwerken und Künsten angesammelt haben, weil ich darin einen Wert für mich entdeckt habe. Ich habe für mich herausgefunden, dass Erfahrung häufig für gute Arbeitsergebnisse fast wichtiger als technisches Wissen ist - das hängt aber davon ab, wie und wo man lernt.

In Asien ist die Vorgabe des Lehrers oder Meisters wie ein Evangelium, das man unkommentiert aufnimmt und umzusetzen versucht. Hier in Europa wird vieles hinterfragt, und oft werden so viele Fragen gestellt, dass es am Ende gar nicht mehr um das Resultat geht, sondern um eine Theorie HINTER der Arbeit. Das beobachte ich auch hier im Forum häufig, wenn jemand nach Dingen und Zusammenhängen fragt, die an anderer Stelle bereits mehrfach erklärt wurden (aktuelles Beispiel: Kaufberatung japanische Messer). Da scheint es dann gar nicht um die Sache selbst zu gehen, sondern um die Kommunikation (aber ich schwätz' ja auch gern...).

Gruß

sanjuro
 
Hallo, ich hätte da mal eine Frage an die Experten. Ist die Farbe im Damaststahl vom Ätzmittel abhängig? Mich irritiert das auf 2 Klingen aus dem gleichen Paket manchmal verschiedene Farben erziele, obwohl ich sie im gleichen Bad aus Schwefelsäure und Wasser zusammen ätze. Manchmal ist der Kontrast sehr gut zu sehen und manchmal nur ganz blass. (Stahl: 1.2842, Feile, Kugellager)
Gruß
Uwe
 
Für das Auftreten unterschiedlicher Ätzwirkung bei Klingen aus einem Paket und bei Verwendung des identischen Ätzmittels gibt es drei mögliche Erklärungen, die einzeln oder in Wechselwirkung miteinander zu dem unterschiedlichen Ätzbild führen können.
1. Wenn die Oberflächenbehandlung unterschiedlich ist, ergibt sich auch ein anderes Ätzbild. Am besten zeichnet eine absolut fettfreie, mit einem weich gebundenen Stein fein geschliffene Oberfläche.
2. Unterschiedliche Gefüge lassen sich durch das Ätzen sichtbar machen-darauf beruht die Metallographie. Wenn also im Aufbau identische Klingen unterschiedlich gehärtet und angelassen wurden, kann sich ein unterschiedliches Ätzbild ergeben.
3. Wenn ein Paket stellenweise stark überhitzt war, können sich auch die substituierenden Elemente ganz oder teilweise durch Diffusion in den einzelnen Schichten ausgleichen. Das setzt erhebliche Überhitzung voraus und sollte eigentlich nicht vorkommen. Bei Randstücken sieht man es gelegentlich doch. Das Ätzmuster wirkt dann verwaschen und undeutlich dunkelgrau.
Solche Klingen sind ohne aufwendige
Wärmebehandlung zur Beseitigung der Gefügeschäden auch leistungsschwach, da grobkörnig.
MfG U. Gerfin
 
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