Härten hochlegierter Werkstoffe in Gasöfen

richi rich

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Hallo,

bitte eine, vielleicht, Anfänger-Frage:
Nehmen Stähle wie D2, N690, RWL usw. Schaden, wenn sie in einer Gasesse härtet? Vorausgesetzt, dass die Temperaturführung passt. Auf was sollte denn bei der Flammenführung geachtete werden?

Habe einen Freund, der mit Gas schmiedet, wollte bei Ihm mal probieren, wäre logistisch einfacher (und kostengünstiger) als Lohnhärten - und vorallem sorgfältigerer Umgang mit dem Härtegut.

Leider keine guten Erfahungen gemacht im Raum Wien.

lg
RR
 
....

Nehmen Stähle wie D2, N690, RWL usw. Schaden, wenn sie in einer Gasesse härtet? Vorausgesetzt, dass die Temperaturführung passt.
.....
lg
RR

Hallo,
Du wirst kaum verhindern können, dass fundamentale chemische Gesetze greifen:
In der Gasesse mit direkter Flamme kommt es zu einer Randentkohlung des Stahls, die mit zunehmender Zeit und Temperatur zunimmt. ( Die Verbrennungsgase einer Gasflamme enthalten deutlich mehr Wasserdampf als die Abgase von Schmiedekohle. Daher entkohlt eine solche Atmosphäre, selbst bei gut eingestelltem Lambdawert, stärker als die einer Kohlenesse. )
Deshalb nicht höher und länger als nötig erhitzen. Die ZTU-Schaubilder
http://de.wikipedia.org/wiki/ZTU
des jeweiligen Werkstoffs können da enorm weiterhelfen.
 
Ein Erfahrener Schmied hat mir Erzählt,das manche Schmiede die mit Kohle Arbeiten ein Stück aus einer Gasesse von anderen Schmieden nicht weiter be.-verarbeiten,weil es eine Randaufkohlung gibt die den Kohleschmieden Probleme machen:confused:

Gruß Maik
 
Hallo,
Du wirst kaum verhindern können, dass fundamentale chemische Gesetze greifen:
In der Gasesse mit direkter Flamme kommt es zu einer Randentkohlung des Stahls, die mit zunehmender Zeit und Temperatur zunimmt. (Die Verbrennungsgase einer Gasflamme enthalten deutlich mehr Wasserdampf als die Abgase von Schmiedekohle. Daher entkohlt eine solche Atmosphäre, selbst bei gut eingestelltem Lambdawert, stärker als die einer Kohlenesse. )
Deshalb nicht höher und länger als nötig erhitzen. Die ZTU-Schaubilder
http://de.wikipedia.org/wiki/ZTU
des jeweiligen Werkstoffs können da enorm weiterhelfen.

Ahah! Wasserdampf entkohlt einen Stahl also! Sehr interessant. Könntest Du dazu mal die chemischen Abläufe/Reaktionen darstellen?

Im Ernst, das ist Unsinn. Genauso wie das:

Ein Erfahrener Schmied hat mir Erzählt,das manche Schmiede die mit Kohle Arbeiten ein Stück aus einer Gasesse von anderen Schmieden nicht weiter be.-verarbeiten,weil es eine Randaufkohlung gibt die den Kohleschmieden Probleme machen:confused:

Ich würde behaupten, dass das Problem, wenn schon, dann eher anders herum besteht.

Wer sich mal in entsprechenden Firmen umschauen darf, der wird schnell erkennen, dass ein sehr, sehr großer Teil der Glühöfen in Stahlwerken und der stahlverarbeitenden Industrie und auch in Schmiedewerken und Härtereien mit Gas arbeitet.

Die einzige (teure) Alternative dazu sind elektrische Öfen, aber ganz sicher nicht Kohlefeuer.

Mit welchem Medium der Ofen beheizt wird, ist allerdings zweitrangig und hängt oft nur an der Kostenfrage.

Viel wichtiger sind bei der Wärmebehandlung zwei andere Punkte.

Da wäre erst mal, zumindest bei fertig bearbeiteten Teilen, der Schutz der Oberfläche vor Verzunderung und Entkohlung. Der geschieht bei Öfen mit aggressiver Atmosphäre, also vor Allem bei Elektroöfen, durch den Einsatz von Schutzgas, Vakuum und/oder Härtefolie.

Der zweite Punkt, vor Allem beim Härten hochlegierter Stähle mit langen Haltezeiten ist das Halten einer konstanten Temperatur. Das kann man natürlich gerade bei Elektroöfen leicht über Wärmefühler und Thermostate regeln. Aber auch bei Gasöfen ist das problemlos möglich, wenn man ein Thermometer und einen präzise arbeitenden Druckregler verwendet. Wenn man dabei das Härtegut wie im Elektroofen von der direkten Wärmequelle trennt, indem man es beispielsweise in ein dickwandiges Stahlrohr packt, wird auch die Wärmeverteilung gut geregelt und man hat keinerlei Probleme.
 
Ja, die würde ich mal gerne sehen. Denn wir haben es versucht, versucht und wieder versucht und in der Werkstoffprüfung untersucht und konnten beim besten Willen bei gut eingestellten Gasöfen keinerlei nennenswerte Randentkohlung beim Härten feststellen.
 
Zuletzt bearbeitet:
Oh, falsch gelesen, sorry. Aber auch das passiert normalerweise nicht. Zudem, was sollte eine Aufkohlung von vielleicht 0,1 % schon groß verändern? Mehr hineinzubekommen wird einem auf dem Wege und bei den kurzen Aufheizzeiten schon enorm schwerfallen.
 
Entkohlung in der Gasesse

Ahah! Wasserdampf entkohlt einen Stahl also! Sehr interessant. Könntest Du dazu mal die chemischen Abläufe/Reaktionen darstellen?

Kann ich gern tun. Wenn Du es dann irgendwann verstanden hast, entschuldigst Du dich aber auch für deine vorlaute Art, ja?

Wasserdampf hat bei hoher Temperatur eine ziemlich hohes Entkohlungspotential, größer als CO2. Basis ist die sogenannte Synthesegasreaktion

http://de.wikipedia.org/wiki/Synthesegas

In Stahlwerken werden häufig Gasbrenner eingesetzt, das stimmt. Vorwiegend werden aber erstmal die "Kuppelprodukte" der Stahlherstellung, also weitgehend CO, verbrannt. Wird Erdgas eingesetzt, dann vorzugsweise in sogenannte Strahlrohrbrennern. Damit schützt man die Materialien vor der Wasserdampfatmosphäre und damit vor Entkohlung. Wenn, in Ermangelung von anderen Brennstoffen, Erdgas in direkt befeuerten Öfen eingesetzt wird, kommt es häufiger zur Randentkohlung empfindlicher Stähle. Viele der Stähle sind aber aufgrund des geringen C-Gehalts gar nicht empfindlich.

Alles klar?

Zu ergänzen wäre noch, dass die Atmosphäre einer direkten Gasflamme, auch bei gutem Lambdawert, eine stärkere Verzunderung hervorruft. Ebenfalls Folge des Wasserdampfs.
 
Zuletzt bearbeitet:
Hallo,
der Zusammenhang von Entkohlung und Synthesegas erschließt sich mir überhaupt nicht.
Die Entkohlung ist einzig und allein vom Sauerstoffpartialdruck, also wie oxidierend oder reduzierend die Flamme eingestellt ist, abhängig.

Gruß

MythBuster
 
Das sehe ich allerdings auch so. Was Synthesegase hier für eine Rolle spielen sollen ist mir vollkommen schleierhaft.

Ob es eine Rolle spielt, dass bei den hiesigen Forumiten fast ausschließlich Propan eingesetzt wird, wäre zu prüfen, glaube ich aber nicht wirklich, weil ich zumindest 2 Leute kenne die ausschließlich mit Erdgas arbeiten und ebenfalls keine Probleme haben.

Von Stählen mit geringem C-Gehalt ist hier ja mit 100%iger Sicherheit ebenfalls nicht die Rede.

Zudem haben wir, gerade weil dieser Punkt im Zusammenhang mit Gasessen immer wieder aufkam, auch öfter mal gestestet. Mit für die Gasessen positivem Ergebnis. Keine Randentkohlung bei neutraler oder reduzierender Einstellung.

Interessant fand ich die Anmerkung "Wasserdampf hat bei hoher Temperatur eine ziemlich hohes Entkohlungspotential, größer als CO2."! Wie sollte CO2 denn Stahl entkohlen? Soweit mit bekannt ist, kann CO2 als Schutzgas, auch gegen Entkohlung, eingesetzt werden. CO bewirkt sogar eine direkte Reduktion von Eisenerz zu Eisen und kohlt Eisen zudem weiter auf. Wenn's nicht so wäre, würde kein Rennofen funktionieren. Also wird aus dem Umweg über
C + CO2 => 2 CO
in der hier diskutierten Umgebung wohl nix.
 
Hallöchen
Heute habe ich mir die Gassessenöffnung mal anders zugestellt und ich hatte dort wo das was auch immer aus der Esse strömte einen weißlichen Belag (Kohlenmonoxid/Dioxid??),bin kein Chemiker.
Hat der Bekannte etwa doch recht??

Gruß Maik
 
Chemische Gleichgewichte, kostenlose Nachhilfe

Das sehe ich allerdings auch so. Was Synthesegase hier für eine Rolle spielen sollen ist mir vollkommen schleierhaft.

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Interessant fand ich die Anmerkung "Wasserdampf hat bei hoher Temperatur eine ziemlich hohes Entkohlungspotential, größer als CO2."! Wie sollte CO2 denn Stahl entkohlen? ......

Diese Aussagen machen mir klar, dass Du wahrscheinlich kein anschauliches Verständnis von chemischen Gleichgewichten hast:

Die Produkte (rechte Seite der Reaktionsgleichung) der Synthesegasreaktion sind GASFÖRMIG, d.h. flüchtig. Somit werden diese Produkte dem Gleichgewicht entzogen und bilden sich aus den Edukten (linke Seite der Reaktionsgleichung) fortwährend nach.
Folge: Entkohlung.

CO2 kann Deiner Ansicht nach den Stahl nicht entkohlen? Dann hast Du die Aussage des Boudouard-Gleichgewicht
http://de.wikipedia.org/wiki/Boudouard-Gleichgewicht
nicht annähernd verstanden. Sieh Dir mal die Geichgewichtslage bei den relevanten Temperaturen (>800°C) an. Nur GASFÖRMIGE, damit flüchtige Produkte.
Folge: Entkohlung

Ich stelle Dir gern noch die Analogie zu der Reaktion her, die Du glaubst verstanden zu haben:

C+O2 -> CO2 oder
2C+O2 -> 2CO

Gasförmige, flüchtige Produkte.
Folge:?

Aufkohlen funktioniert natürlich auch:

2CO -> C + CO2
C schlägt sich als Feststoff nieder und wird damit dem Gleichgewicht entzogen.

Der feine Unterschied ist, dass ich beim Aufkohlen ständig CO nachschiebe, eine möglichst stehende Atmosphäre wähle und mit der Temperatur unten bleibe.

Damit lasse ich es gut sein.
 
AW: Chemische Gleichgewichte, kostenlose Nachhilfe

Mir ist jetzt allerdings auch klar, wo bei Dir der Denkfehler liegt. Du siehst, wenn ich diese Aussage betrachte:

Die Produkte (rechte Seite der Reaktionsgleichung) der Synthesegasreaktion sind GASFÖRMIG, d.h. flüchtig. Somit werden diese Produkte dem Gleichgewicht entzogen und bilden sich aus den Edukten (linke Seite der Reaktionsgleichung) fortwährend nach.
Folge: Entkohlung.

den Stahl, respektive den Kohlenstoff im Stahl, als das Edukt an. Das ist aber bei einer neutralen und erst Recht bei einer reduzierenden Atmosphäre im Gasofen grundfalsch. Die Produkte werden zwar teilweise dem Prozess entzogen, gleichzeitig werden aber große Mengen der gleichen Verbindungen nachgeschoben, darunter teilweise unverbrannte Kohlenwasserstoffe und insbesondere CO. Damit gibt's nicht nur reichlich Edukte, sondern auch Deine erste Voraussetzung für's Aufkohlen, das ständige Nachschieben von CO, ist gegeben. Zudem, warum sollte man mit der Temperatur beim Aufkohlen unten bleiben? Die C-Migration im Stahl kommt doch erst bei zunehmenden Temperaturen richtig in Gang.

Auch das zitierte Boudouard-Gleichgewicht ist im vorliegenden Fall leider nicht heranzuziehen, denn dieses stellt sich nur bei Vorhandensein von glühendem Kohlenstoff ein. Den haben wir hier aber nun mal nicht.

In Stahlwerken ist man dieser Problematik und der Lösung derselben durchaus gewahr. Bei empfindlichen Werkzeugstählen wird mit teilweise erheblichem Gasüberschuss gearbeitet, um Entkohlung weitgehend auszuschließen.

Im Übrigen, das möchte ich nochmals erwähnen, zählt für mich, obwohl ich mich auch mal ein paar Jahre mit der Chemie in der Theorie herumschlagen musste, vor Allem der praktische Versuch und der zeigt mir: keine Entkohlung durch's Gas-Schmiedefeuer. Da hilft "leider" keine Formel und keine noch so schöne Reaktionsgleichung. :D
 
Zuletzt bearbeitet:
Hallo Achim
Wie zeigt sich der Gasüberschuß bei einer Gasesse,wenn ich den 3/4 Zollhahn Einlass noch weiter bei meiner aufgeheizten Esse reduziere schlägt die Flamme zu Öffnung heraus,lass ich sie auf 3/4 zieht sie sich wieder nach innen:confused:

Gruß Maik
 
@Achim
Ahah! Wasserdampf entkohlt einen Stahl also! Sehr interessant. Könntest Du dazu mal die chemischen Abläufe/Reaktionen darstellen?
Also ich habe mal gestöbert und zitiere aus "Werkstofftechnik 2 von Wolfgang Bergmann,Veröffentlicht von Hanser Verlag, 2002,ISBN 3446216391, Seite 36"
""Eine Schädigung ganz anderer Art geht von heißen, wasserstoffhaltigen Gasen aus. Sie vermögen oberhalb 300°C nach entsprechender Dissoziation in das Eisengitter einzudringen und eine Zersetzung von Eisencarbidteilchen Fe3C vorzunehmen: Fe3C+ 4H -> 3Fe+CH4 Abgesehen von der durch Entkohlung hervorgerufenen Entfestigung...........""
Ich denke das Wasserstoff schon eine Rolle bei der Entkohlung spielt.

Gruß Klaus
 
@Klaus1602
wie Achim schon sagte ist es relativ sinnfrei irgendwelche chemischen Reaktionen zu zitieren. Das was Du da anführst läuft ganz sicher auch ab, nur es ist die Frage wo die Gleichgewichtskonstante für eine solche Reaktion liegt und wie hoch die Konzentrationen der einzelnen Reaktionsteilnehmer sind. Um zum Beispiel C im Stahl zu Methan zu reduzieren sind ganz andere Wasserstoffkonzentrationen erforderlich wie sie in einer Flamme auftreten. Ja, der kommt tatsächlich vor z.B. durch die Reaktion: CH4 + CO2 -> 2 CO +2 H2 (wieder eine von vielen Reaktionen...). Auch die Synthesegasreaktion läuft natürlich ab, aber wie gesagt, wo liegt die Gleichgewichtskonstante, die ein Quotient aus den zwei Geschwindigkeitskonstanten, nämlich der hin und der Rück-Reaktion ist und eine Aussage über die Wahrscheinlichkeit einer Reaktion trifft.
Erschwerend kommt noch hinzu, dass diese Konstanten alle noch temperaturabhängig sind und der ganze Formalismus des chemischen Gleichgewichts bei diesen Vorgängen eigendlich nicht anwendbar sind, da es sich hierbei um Nicht-Gleichgewicht-Vorgänge handelt.
@Achim natürlich hast Du in dem System glühenden Kohlenstoff, nämlich den im Stahl. Also die C +CO2 -> 2 CO Kiste läuft schon ab, aber genauso die Rückreaktion bei Anwesenheit von CO in der Flamme, wieder die Frage: wo liegt das Gleichgewicht. (und für die Spezialisten, wo liegt der Aktivitätskoeffizient von C im Stahl, den kann man nicht einfach auf 1 setzen, wie im Graphit)
@Maik Schnitzer: Du kannst nicht verheimlichen, daß Du kein Chemiker bist :glgl:, nein, dein weißlicher Belag ist kein Kohlen-mono oder dioxid (die sind übrigens gasförmig, wenn nicht, müssten sie sich beim Ausatmen um Deine Mundwinkel herum niederschlagen:steirer:). Ich vermute mal Du arbeitest mit Borax in der Esse, dieser hat bei Feuerschweisstemperatur schon einen ordentlichen Dampfdruck und schlägt sich dann eben an kälteren Stellen nieder.

Gruß

MythBuster
 
Ah ja,an das Borax hatte ich gar nicht gedacht,aber das Thema interessiert mich trotzdem.Beim Schweißen haben wir im Werkstück und auch in der Esse hohe Temperaturen!aber ich Denke wohl das man das mit der Auf oder Abkohlung schlecht Analysieren kann,wenn es um Damast geht oder wehre es doch einen Versuch wert:hehe:,
Nur wann habe ich einen Gas Überschuss:confused:,da mit ich beides Testen kann.

Gruß Maik
 
.....Wie zeigt sich der Gasüberschuss bei einer Gasesse? Wenn ich den 3/4 Zoll-Hahn-Einlass noch weiter bei meiner aufgeheizten Esse reduziere, schlägt die Flamme zur Öffnung hinaus, lasse ich sie auf 3/4, zieht sie sich wieder nach innen....
Da gibt es natürlich keine präzise Grenze, aber Du beschreibst im Prinzip den Wechsel vom oxidierenden zum reduzierenden Bereich.

Auch die Flammenfärbung kann Hinweise geben: eine gelb oder rosa gefärbte Flamme zeigt unverbrannten Kohlenstoff (also Sauerstoffmangel) an, ein klare oder blaue Flamme ist ein Anzeichen für vollständige Verbrennung, also Sauerstoffausgleich oder gar -überschuss.

Gruß

sanjuro
 
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