T h e o r e t i s c h ist es so: Man bezweckt eine möglichst gleichmäßige Härtung, damit die Härtespannungen gleichzeitig auftreten und sich gleichmäßig-am besten gar nicht- auswirken.
Deshalb wird bei Teilen mit unterschiedlichen Querschnitten empfohlen, den dickeren Teil zuerst einzutauchen, damit er etwa zur gleichen Zeit umwandelt, wie der erst später eingetauchte dünnere Teil.
Das ist die Theorie.
In der Praxis ist es differenzierter zu handhaben.
Mir fallen -ohne Anspruch auf Vollständigkeit- einige Unterfälle ein.
1. Differentielles Härten.
Hier soll nur ein Teil vollständig gehärtet werden.
Das geht durch horizontales Eintauchen nur bis zur Stelle, bis zu der gehärtet werden soll. Auf den Millimeter genau geht das in der Regel nicht.
Man kann auch den Teil, der weich bleiben soll, abdecken, damit er langsamer abkühlt. Diese Technik kann man mit der des teilweisen Eintauchens verbinden.
Man kann natürlich auch nur den zu härtenden Teil auf Härtetemperatur bringen.
2. Nach Art der Stähle
a) Sehr umwandlungsfreudige Stähle-reine Kohlenstoffstähle- müssen schnell abgeschreckt werden. Zum gleichmäßigen Härten sollte hier der dickere Teil zuerst ins Abschreckmedium, damit die Härte möglichst gleichmäßig ausfällt und die Härtespannungen in etwa gleichzeitig auftreten.
b) Umwandlungsträge Stähle bis hin zu den Lufthärtern.
Hier ist es im Kern gleichgültig, wie abgeschreckt wird, da alles, was auf Härtetemperatur war, auch hart wird. Zur Sicherheit sollte man auch hier versuchen, die Härtespannungen gleichmäßig zu halten, also den dickeren Teil zuerst ins Härtemedium bringen.
c) Einseitig verstähltes Material verzieht sich immer, da der sich nur einseitig bildende Martensit den restlichen Körper von sich wegbiegt, wenn nicht die verstählte Schicht so dünn ist, daß sie dazu die Kraft nicht hat. So schlimm, wie sich das anhört, ist das nicht, da solche Teile sich durch die dicke weiche Schicht problemlos richten lassen.
3) Nach dem Härtemedium
Bei Wasser- oder -meist besser- Ölhärtung gilt das zu 1) Gesagte.
Umwandlungsträge Stähle in Wasser zu härten, scheidet wegen der schon fast sicheren Rißbildung per se aus.
Im Warmbad erfolgt ein mildes und gleichmäßiges Abkühlen unter die Martensittemperatur. Der Martensit bildet sich im Bad oder beim endgültigen Abkühlen an Luft.
Hier ist die Art des Eintauchens völlig gleichgültig.
4) Senkrecht Eintauchen langer Teile.
Kein Mensch macht das so langsam, daß zwischen den zuerst eingetauchten Teilen an der Spitze und den zuletzt eingetauchten Teilen eine bedeutsame Zeitdifferenz liegt.
Unterschiedliche Spannungszustände können daher nur wie bei 1) geschildert zwischen der dünnen Schneide und dem dicken Rücken eintreten. Zur Vermeidung dieser Erscheinung wird oft schräges Eintauchen mit dem Rücken voran empfohlen.
Fazit: Ein Patentrezept für alle Fälle gibt es nicht. Nach vorheriger korrekter Wärmebehandlung sind Verzugsprobleme weitgehend vermieden. Hier muß man einfach probieren, was sich bewährt. Senkrechtes Eintauchen ist in den meisten Fällen unproblematisch.
Freundliche Grüße
U. Gerfin