Härten ohne Ofen - alte Art

Schäferschmied

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Hallo zusammen,

einige kurze Worte zu mir:

1. Interesse an Schmieden ist seit vielen Jahren vorhanden, aber war immer ein Zeit-, aber wohl auch ein Wollen-Problem.

2. Dieses Jahr habe ich es angegriffen und einen Schmiedekurs bei Schmiedeglut besucht und damit war wirklich das Feuer entfacht.

3. Natürlich wollte ich weitermachen und fand durch Zufall einen gelernten Schmied in der näheren Umgebung meines Wohnorts und ich durfte und darf bei ihm in die Schmiede...zwei bis dreimal pro Woche.

4. Es ist eine "alte" Schmiede, soll heissen: Kohleesse, Zangen, Hammer und ein Amboss....keine Gasesse, kein Lufthammer, kein Muffelofen, nein, eine Schmiede wie vor hundert Jahren.

5. Die ersten Wochen versuchte ich mich - mehr oder weniger verzweifelt - an drei- bis fünflagigen Klingen, was mittlerweile für meine Ansprüche schon ganz gut geht. Allerdings ist das Verschweissen nicht ohne, vor allem eben mit dem Handhammer.

6. Der Schmied hat gute 40 Jahre Erfahrung, hat Beile geschmiedet, etc., aber eben noch keine Messer. Er lehrt mir wirklich viel und freut sich natürlich, dass jemand da ist, der sein Wissen wahrlich aufsaugt.

Problematik ist nun das Härten:

Ich war der Meinung: Härten bei Temperatur für Zeit X mit Härten in Öl bei 60°, dann eben Anlassen mit Temperatur Y mit Haltezeit Z, etc. Alles in einem Ofen.

Ich erzählte dem Schmied meinen angelesenen Plan, er grinste nur und ging wie folgt vor:

Öl bereitstellen, Stück Metall glühend machen, rein ins Öl, bis eben das Öl mehr als handwarm war. Klinge auf Rotglut, dann ins Öl gehalten (Haltedauer ist mir nicht bekannt....ich frag ihn mal), dann Klinge wieder aus dem Öl genommen und mit einem Sandsteinbrocken wie wild auf der Klinge gerieben. Man konnte nun gut erkennen: Die Klinge war strohgelb und man sah, wie die Temperatur in eben der Klinge wanderte.

Ich war wirklich nur staunend :eek: neben ihm gestanden und fragte dann eben:
"Und...jetzt nochmal anlassen"?
Er so:"Nein, sind fertig." (Er ist nicht wirklich ein Freund der grossen Worte :)

Er sah wohl meine Ungläubigkeit und spannte die Klinge dann in den Schraubstock und bog sie mit Schmackes nach links und rechts und die Klinge ging wieder sauber in den Ursprungszustand.
Geschliffen haben wir dann auf einem uralten Sandstein mit Handkurbel, also wirklich alles Oldschool...und das freut mich wirklich sehr.

Nun meine Frage:
Kann das so auch funktionieren? Hat jemand Erfahrung mit eben dieser Art des Härtens? Ich würde jetzt erstmal so vorgehen und ggf. noch das Kontaktanlassen dazu nehmen...einfach, weil ich es so lernen will, wie er es mir zeigt. Wirklich Schmieden ohne viele Hilfsmittel. Aber trotzdem meine Frage: Kennt jemand diese Art des Härtens?


PS: Ach ja, hier als Beispiel das erste vollständige Messer, das so gehärtet und von mir geschmiedet wurde. Der Griff aus Rosenholz ist ebenfalls Handarbeit und aus Ermangelung eines guten Bandschleifers mit Hilfe diverser Raspeln und Schleifpapier entstanden:

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Zuletzt bearbeitet:
Hallo,

das Messer sieht schon sehr gut aus, gratuliere!

Zum Härten. Das ganze heißt "Anlassen mit Restwärme". Details findest du sicher mit der Suchfunktion ;-)
Da dein Schmied viele Äxte macht, wundert mich nicht, dass er so arbeitet.

Das funktioniert grundsätzlich sehr gut, bei feinen Klingen und hohen C-Gehalten würde ich allerdings deine Ofenvariante vorziehen. So kann man zunächst ordentlich abkühlen (etwas näher an martensit-finish kommen) und anschließend erst mehrmals und lange anlassen (bessere Zähigkeit, Umwandlung Restaustenit). Das waren jetzt einige Begriffe zum Einstieg ins Thema ;-)

Alternativ zum Anlassen mit Restwärme kann man Klingen auch über den Rücken mit einem warmen Stück Stahl anlassen. Auch dabei achtet man dann auf die Anlassfarben.

LG, Oliver
 
Echtes Handwerk. Also ich finde das gut.
Schön das Du die Möglichkeit hast von solch einem erfahrenem Schmied die alten Fertigkeiten zu erlernen und er diese an dich weitergeben kann. Auf diesem Weg bleibt davon etwas erhalten.
Und ja, man kann das durchaus so machen. Das Klinge ist doch hart geworden und Du kannst damit schneiden, oder? Also hat es gefunzt. Mach weiter so, dein Messer ist ein super Anfang.

Beste Grüße

Frank
 
Vielen Dank für die netten Worte. Freut mich wirklich sehr.

Ich versuche ganz klar, soviel wie möglich von "meinem" Schmied zu lernen und aufzunehmen. Der Start mit uns war etwas holprig, weil er an mein wollen so gar nicht geglaubt hat:

Ich bin im "normalen" Leben Geschäftsführer in einem Spritzgussunternehmen und da stand ich dann vor ihm und sagte: "Ja, ich will es [schmieden] lernen, glaub mir."
Dabei muss man sich auch die körperlichen Begebenheiten vorstellen: Er recht klein mit ca. 1,60m, schmächtig und mit knappen 70 Jahren recht rüstig, ich dagegen gute 1,90m mit 95kg.
Und dann sagte ich ihm eben: "Du, kein Problem, wenn ich Mist baue, dann darfst mich ruhig richten, ich ordne mich unter, gar kein Problem."
Das glaubte er nicht so richtig, aber erlaubte mir trotzdem in die Schmiede zu kommen.

Das erste Mal war er noch etwas zurückhaltend, aber der erste Anschiss kam recht schnell, weil meine Feuerführung nicht so war, wie er es wollte :)
Dann hab ich paar mal etwas zu zaghaft auf das glühende Metall geklopft, da folgte dann der nächste Anschiss, etc. :steirer::steirer:

Wie dem auch sei: Über die Wochen verstanden wir uns immer besser, weil ich sein Wissen sehr wertschätze und ihm das auch sage. Das gefällt ihm sehr, vor allem auch, weil ich sehr regelmäßig und so oft wie möglich zu ihm in die Schmiede komme und Löcher in den Bauch frage.

Vor allem gilt bei ihm eins: Das Schmieden gibt zu 90-95% die Form des Schmiedeguts .
Erl ausflexen, Klingenschliff komplett ausschleifen, etc., das ist nicht Schmieden, wie er es sieht. Die Klinge wird so gut wie möglich gedengelt, der Erl ausgeschmiedet, überstehendes Metall warm abgeschrotet, etc.. Feinheiten werden dann am Bandschleifer oder mit der Feile gemacht. So ganz grob. Er lässt mich machen, sagt wieder einen Satz dazu, ich probiere aus, er schaut drüber, sagt nen Satz, ich probiere aus, etc.

Eins habe ich aber auch gelernt: Sei nie schlauer als er. Somit habe ich mein ganzes angelesenes Wissen "gelöscht" und höre auf ihn. Als Beispiel:
Er:" Wenn Du die Schlacke rausholst, dann den Lüfter ausmachen!"
Ich: "Wird gemacht..."
Keine Stunde später stand ich im Funkenregen, weil ich in der Kohle nach der Schlacke gestochert habe und eben die Lüftung nicht ausgemacht hab.
Darauf er grinsend: "Hab´s Dir ja gesagt..."
Ich nur so: :confusion::confusion::confusion::confusion:
Usw. usw. usw...gibt zig solcher Anekdoten.

Zum Abschluss, als kleines Beispiel mein bisheriger Werdegang: Von links nach rechts mit einem Zeitraum von ca. vier Wochen. Ich hab die ersten Wochen nur feuerverschweisst, aufgeflext und geprüft. Wieder feuerverschweisst, geflext, geprüft. Zig mal das Paket verbrennen lassen, usw. usw.

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Super das Du jemanden gefunden hast, der Dich in die Weihen des Schmiedens einweist. Genieße diese Zeit, denn sie geht schneller vorbei als Du denkst.
Viel Spaß bei Deiner "Lehrzeit"
Grüße Kai
 
So, jetzt meine nächste Klinge fertig gemacht...naja, fast. Bissl was muss ich noch machen, aber im Grunde steht das Konzept. Der Griff ist aus Goldregen, ein wunderbares Holz.

Diese Klinge habe ich eben auf die "alte" Art gehärtet, aber nochmal auf einem Stahlstück angelassen und anschliessend in Wasser abgeschreckt. Härte scheint zu passen und schneiden tuts auch :)

Ich bleibe somit erstmal bei der Art des Härtens und versuche damit so viel wie möglich zu experimentieren und zu lernen.

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Beide Messer und auch die Klinge sehen sehr gut aus.
Die Methode wird ebenfalls viel auf den Philippinen angewendet. Schau mal auf der Tupe nach unter Golok making usw.
Da kann man viel lernen über Primitiv aber effektiv.

Immer weiter machen und immer schön zeigen!
 
Mann, Du kannst Dir gar nicht vorstellen wie neidisch ich auf Dich bin... Geniess die Zeit
 
So, das nächste Messer fertig bzw. fast fertig gemacht:

Klinge wurde auf eben die hier beschriebene Art gehärtet - in der Kohleesse aufheizen bis Magnet nicht mehr zieht, noch einen Tick warten, dann in Öl abschrecken und dann über den Rücken an einem glühenden Stahlstück anlassen - und geätzt mit Eisen-III-Chlorid. Habe noch eine ähnliche Klinge, die ich härten habe lassen...die mache ich in den nächsten Tagen fertig.

Für den Griff habe ich Weissbuche gewählt...für den ich als Rohling zahlen musste. Die Antwort von meinem Schmied auf die Frage: "Kennst Du das Holz", antwortete er wahrlich schmunzelnd: "Klar, hab ich hinten zig Ster, die verschür ich..." :glgl::glgl::glgl:

Naja, somit kann ich sagen: Versorgung mit Weissbuche ist gesichert. :super:

Zum Messer: Ist ein Küchen-/ Schinkenmesser, dass ich für meinen Vater gemacht habe. Kleinigkeiten wie saubersten Griffschliff inkl. Politur fehlt noch, aber im Grunde ist es fertig.

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Das war die Klinge vor dem Verbau:

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...und das nach dem Verkleben des Griffs:

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Einige Fehler bzw. grundlegende Themen muss ich für mich noch festzurren:

1. Das Griffholz genauer vorbohren.

2. Die Zwischenlagen aus Neusilber geduldiger anpassen und vor allem nicht verschleifen...in Summe eigentlich geduldiger und vor allem sauberer am Griff arbeiten.

3. Am Verkleben bzw. an der Verpressung nach dem Verkleben arbeiten. Da bin ich noch etwas der Pfuscher.

4. Die Klinge mit Klebeband o.ö. bei der Griffbearbeitung abkleben.

5. Schleifen am Schleifstein üben. Mein Ziel ist es vorerst - und aus Ermangelung eines motorbetriebenen Schleifsteins - die Klingen wirklich von Hand zu schleifen, also vom Vorschliff bis zum finalen Abziehen. Hier ist es für mich als Anfänger schwer, den Klingenwinkel immer sauber zu halten.

6. Mit der nächsten Klinge den Erl lang genug zu lassen, um ihn im Griff vernieten bzw. - wenn alles gut geht - hinten mit einer Schraube sichern zu können. Einfach eine Klinge fertig machen, ohne Verkleben zu müssen.

7. Die nächste Klinge auf alle Fälle mehr dengeln. Das spart wahrlich Nerven am Bandschleifer.
 
Heute ein Messer auf die oben beschriebene Art gehärtet - allerdings mit Kontaktanlassen.

Anschließend noch einen drei Millimeter dicken Eisendraht durchgeschlagen....ohne eine Delle in der Klinge zu hinterlassen... Da bin ich stolz. Und damit gleich ein Lob vom Schmied bekommen :D:D:D


PS: Das Lied kam im Radio und soll nicht dramatisierend wirken 😁
 
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