AW: Härten von unbekanten Stahl
Guten Tag Wolf !
Du hast jetzt hier den einen oder anderen brauchbaren Tip bekommen und auch die eine oder andere Watschen.
Ich muß auch sagen, daß ich auf eine so allgemein und unpräzise gestellte Frage eines Erwachsenen nicht geantwortet hätte.
Ich habe mich dann aber auf meine Anfänge besonnen und dabei festgestellt, daß Du sicher weiter bist, als ich es in Deinem Alter war.
Da habe ich noch auf einem alten Gewichtstein Nägel plattgeklopft und wußte vom Härten noch kaum etwas.
Versuchen wir also mal, wie weit wir kommen:
Du hast ein Messer aus einem unbekannten Stahl geschmiedet und willst es härten.
Ist es denn schon soweit, daß das Härten an der Reihe wäre ?.
Von Schleifen, Feilen oder ähnlichem hast Du uns nämlich nichts verraten.
Wenn es sich um einen härtbaren Stahl handeln würde, würde die Feinformgebung nach dem Härten mindestens den zehnfachen Aufwand bedeuten, wie vor dem Härten.
Umgekehrt macht es natürlich auch keinen Sinn, ein Stück nicht härtbaren Eisens auf´s Feinste zu schleifen und zu polieren- brauchbar wird es sowieso nicht sein.
Deshalb ist der nächste Schritt für Dich, die Härtbarkeit zu prüfen.
Dafür gibt es zwei Möglichkeiten: Da wäre erstens die Funkenprobe.
Daß Du keine Tabelle finden kannst, wonach das Funkenbild auszuwerten ist, kann ich nicht akzeptieren. Die findest Du in vielen Büchern- z.B. bei Havard Bergland- und auch hier im Forum.
Das Funkenbild variiert etwas, je nachdem, mit welchem Schleifmittel geschliffen wird. Die schnelllaufende Flex gibt ein etwas anderes Bild als ein Schleifbock und am Bandschleifer erzeugen die unterschiedlichen Körnungen und der Abnutzungsgrad der Bänder leicht abweichende Bilder.
Im Prinzip ist es aber doch alles vergleichbar: Helle Strahlen ohne Sternchen oder mit wenigen Sternchen zeigen Baustahl mit wenig C an-der ist nicht härtbar und war also nur als Schmiedeprobe brauchbar.
Viele feinverästelte Sternchen zeigen hohen C-Gehalt an- am deutlichsten sichtbar bei einer guten Feile.
Dazwischen liegen Federstähle.
Ein roter Funken zeigt Wolfram oder Molybdän an- der Fachmann kann auch das noch unterscheiden, für Dich genügt einstweilen, daß es sich dabei um qualitativ hochwertige Stähle handelt.
Ein dünner dunkelroter Funkenstrahl ohne Sternchen oder mit ganz wenigen Sternchen zeigt an, daß man es mit einem Schnellarbeitsstahl zu tun hat.
Das kann man hier aber wohl ausschließen: Wenn Du einen Schnellarbeitsstahl mit der Hand ausgeschmiedet hättest, wüßtest Du das.
Zeigt die Funkenprobe einen hellen Strahl mit vielen Sternchen, kannst Du von ca. 800 Grad in Öl härten, bei weniger lebhaftem Funkenstrahl mußt Du mit der Temperatur etwas höher gehen.
Anlassen wie empfohlen bei 180- 220 Grad- etwa in Muttis Backofen- Friteuse geht auch.
Die zweite Möglichkeit besteht im Härten eines Probestücks aus dem gleichen Material. Dabei solltest Du mit der geringsten Temperatur anfangen und gegebenenfalls mit höherer Temperatur nachhärten.
Bei vielen Stählen wirst Du die angesprochene Glashärte nicht erreichen, es genügt aber schon, wenn eine neue Feile nicht mehr oder kaum noch greift. Dein Messer ist dann nicht besonders schnitthaltig, aber vielleicht umso robuster.
Zum erfolgreichen Härten ist ein Ofen mit Temperaturanzeige sicher hilfreich, am wichtigsten ist aber immer das Hauptwerkzeug des Menschen- das Gehirn.
Die einzelnen Schritte einer guten Wärmebehandlung mußt du Dir natürlich auch aneignen- zeigen lassen oder Lesen.
Letzteres ist leider ganz aus der Mode gekommen, ist aber nach wie vor der Königsweg zur Erkenntnis.
Wenn man sich beim Lesen auch die einzelnen Worte anschaut und sich die Schreibweise einprägt und sie in Zukunft beachtet, ist das für eine erfolgreiche und fruchtbare Kommunikation hilfreich.
In den glorreichen Sechziger Jahren galt korrektes Schreiben zwar als Unterdrückungstechnik der herrschenden Klasse und sollte durch lautgetreues Schreiben ersetzt werden. Danach wäre "chraipen" noch zulässig, es erleichtert aber das Lesen, wenn man sich an die Grundregeln hält. Das ist mir jetzt so eingefallen, beziehe es bitte nicht auf Dich, jedenfalls nicht auf Dich allein.
MfG U. Gerfin