Härtung und Anlassen einer wurmbunten Klinge

Blechwürger

Mitglied
Beiträge
23
Hallo,
ich beschäftige mich nun seit einigen Monaten unregelmäßig mit dem Thema wurmbunte Klinge und möchte mir als Langzeitprojekt eben eine solche Klinge schmieden. Optisch dachte ich an eine Typ X nach Oakeshott Klassifikation. Technisch sollen es je 3 tordierte Stäbe oben und unten, in der Mitte weicher Stahl als Sandwich für den Kern werden. Die Schneiden sollen aufgesohlt werden. Nach Rücksprache mit Herrn Balbach werde ich für die tordierten Stäbe eine Mischung von je 50% Baustahl und C60 verwenden, für den weichen Kern ebenfalls Baustahl und für die Schneiden C80.

Soweit zur Theorie, aber da dies ein sehr aufwändiges Projekt wird, möchte ich alles im Vorfeld zumindest theoretisch abklären. Ich hatte bei den tordierten Stäben an 20 Lagen gedacht, vielleicht hat da wer eine bessere Vorstellung aus Erfahrung?

Und mir ist noch relativ schleierhaft wie ich die Klinge im Anschluss härten werde. Das Härten stelle ich mir noch am problemlosesten vor, denn entweder lasse ich es machen oder ich suche mir aus einer Tabelle eine Temperatur für Stahl mit 0,6 bis 0,8% Kohelnstoff heraus, kombiniere das ganze mit Magnettest und mein Temperaturfühler in der Gasesse und schrecke dann in Öl ab. Hier ist dann die Frage, ob eine Durchhärtung angestrebt werden sollte, oder eine Randhärtung der Schneide wie Herr Hollmann (ja ich weiss, leidige Diskussion und ellenlanger Thread) bei weichbleibendem Kern vorgezogen werden sollte. Ich glaube Herrn Hollmann und Dr. Mäders Aussage das die Härtelinien, die nach der Politur historischer Originale zum Vorschein kamen real sind. Ich bin mir allerdings nicht sicher ob solch eine Härtelinie durch selektives Härten der Schneiden oder durch den Klingenquerschnitt in Verbindung mit unlegiertem C-Stahl zustande kommt. Haben die Schmiede in Europa vor ca. 1000 Jahren mit Lehmmänteln wie die Japaner gearbeitet? Mag ich nicht so recht glauben, weiss es aber auch nicht. Ich finde keine Informationen darüber.

Das Anlassen gestaltet sich allerdings für mich nochmal bedeutend schwieriger, da ich keine 90cm Klinge in meinen Haushaltsofen bekomme. Ich habe relativ gute Versuchserfahrungen bei dünnen Klingenquerschnitten gemacht, wenn ich nach dem Härten zügig auf blaue Anlassfarbe angelassen und danach an der Luft abkühlen liess. Der Stahl war danach zumindest federnd. Meine Idee war anstatt 2x45 Minuten bei 220Grad Celsius einmal kurz auf ca 280 - 300 Grad anzulassen. Bruchtests oder weitere Versuche habe ich allerdings nicht vorgenommen.

Ist evtl. die martialische "Öl-Abbrennmethode" für so ein Schwert besser geeignet? Irgendwie wird man es ja damals auch gemacht haben.

Zur Not kann ich es auch in eine Härterei geben, aber ich würde lieber alles selber schaffen.


Zur Info, ich werde modernen Industriestahl verwenden, keinen Raffinierstahl aus Renneisen. Mir geht es um eine schöne Optik eines wurmbunten Schwerts aus Material das die damaligen Schmiede sicherlich gerne gehabt hätten. Im Vordergrund steht die technische Herrausforderung beim Schmieden, keine Replik oder ein Beweis für die Machbarkeit ein "historisches" Schwert nachzumieden.



Ich danke für das Lesen und freue mich auf viele konstruktive Antworten.

Gruß

Björn
 
Tolles Projekt. Zu wurmbunten Klingen kann ich nichts sagen, nur ein paar generelle Gedanken.

Ich glaube, dass die Härtelinien, die man manchmal bei Saxen, etc sieht, im Klingenquerschnitt begründet sind. Man sieht sie besonders bei dicken Klingen, die zur Schneide recht drastisch dünner werden. Dass mit Lehmmantel gearbeitet wurde glaube ich eher weniger, kann man aber natürlich nicht ausschliessen.
Ich würde eine Durchhärtung anstreben.

Wenn du keinen geeigneten Ofen zum Anlassen hast, würde ich die Klingen zum Härter schicken. Ich persönlich fände es furchtbar ärgerlich, eine mit größter Mühe gefertigte wurmbunte Klingen durch eine mittelmäßige Wärmebehandlung zu "ruinieren". Eine Möglichkeit wäre noch, in einer Bäckerei anzufragen, ob du deren Ofen belegen könntest. Man sollte die Zeit zwischen abschrecken und anlassen allerdings möglichst kurz halten, also nicht ne Stunde durch die Gegend gurken.
Einmaliges Anlassen bei 280-300 Grad würde ich vermeiden. Schlagwort Blausprödigkeit. Außerdem darf eine scharfe Klinge ruhig 58-60HRC haben.

Ich hoffe, du hattest schon mal einen guten Typ X in der Hand? Eventuell auch schonmal einen gemacht? Wenn nicht, wäre es vielleicht vernünftig, eine Version aus einem Monostahl zu machen. Das kann viel Ärger und Drama mit der wurmbunten Klinge ersparen.
 
Hallo,

danke für Deinen Beitrag. Ich habe bereits 3 Typ X Schwerter aus 55SI7 geschmiedet zu schaukampfzwecken, diese aber der Sicherheit wegen zur Härterei gegeben, da darf ja auf keinen Fall was brechen. Allerdings reden wir hier lediglich über das Ausschmieden von Flachstahl in Rombenform, absetzen der Angel usw. Selbst die Hohlkehle habe ich nur reingeschliffen anstatt geschmiedet.

Allerdings sind Schaukampf und scharfe Variante eben allein vom Gewicht schon 2 unterschiedliche Welten, das ist mir bewusst. Vom Prinzip wirds ein Wallhanger, aber ich will die Gewissheit haben das es einsatztauglich ist, das es "echt" ist, wenn auch kine historische Replik. Den Umgang mit Luppen traue ich mir (noch) nicht zu.

Blausprödigkeit ist mir bisher unbekannt.
 
Eine wurmbunte Klinge zu fertigen ist kein Spaziergang, wenn ich mir den ganzen Aufwand schon mache, würde ich auch größten Wert auf ein rundum korrektes Ergebnis legen. Also kein hübscher 2kg Wallhanger. Wenn du noch kein ordentliches scharfes Schwert (X oder ähnliches) in der Hand gehabt hast, würde ich das erstmal versuchen zu organisieren und dann eine Monostahl-Version machen.

Aber das ist meine Meinung. Wenn du Feuer und Flamme bist, dein Projekt gleich durchzuziehen, lass dich davon nicht aufhalten! Lehrreich wird es bestimmt. Es kann aber sein, dass das Ergebnis dem betrieben Aufwand nicht gerecht wird.

Blausprödigkeit:
"Blausprödigkeit bezeichnet das Verhalten gehärteter Stähle, bei Anlasstemperaturen zwischen 200 und 350°C an Zähigkeit zu verlieren. Bei Verformung der Stähle in diesem Temperaturbereich besteht die Gefahr des sogenannten Blaubruchs, da sich die Bruchfläche blau färbt (Anlassfarbe). Ursache hierfür ist die Ausscheidung von Zementit (Fe3C) aus dem Martensit. Durch Zugabe von Silizium kann die Blausprödigkeit zu höheren Anlasstemperaturen verschoben werden." (Stahllexikon)

Es gibt einige Diskussionen, ob man die Problematik der Blausprödigkeit nicht etwas überschätzt. Die Klinge würde bei der von dir vorgeschlagenen Wärmebehandlung vermutlich auch nicht gleich explodieren. Fakt ist aber, Blausprödigkeit gibt es und ideal ist es sicher nicht, sich in dem gefährdeten Bereich zu bewegen.
 
Klingen bis ca 110mm Länge kann ich hängend im Elektrofen erwärmen, in Öl abschrecken und danach im Ofen anlassen. Für einen Unkostenbeitrag könnte dies ein interessanter Nachmittag werden.;)
 
Danke für die Aufklärung über Blausprödigkeit.

Und Dir Uli danke für das Angebot, das nehme ich bei Bedarf gerne an. Es wird lange brauchen bis ich fertig bin, da ich nur alle 2 WochenSamstags bis 14:30 schmieden kann, und ich ausgerechnet morgen zur Arbeit verdonnert worden bin.

Die Klinge wird sicherlich nicht pefrfekt werden, aber das Schmieden ansich ist ja Hobbym der Weg ist das Ziel. Aus dem vorhandenen C60 eine Monostahlklinge zu schmieden, selbst zu härten und Bruchtests zu veranstalten war eine Idee auf die ich auch bereits gekommen war. Aber im Endeffekt kann ich die Zeit lieber ins geplante Stück stecken und härten lassen.
 
Ich habe jetzt das Projekt wieder aufgenommen, das es ein Langzeitprojekt werden würde wusste ich ja schon vorher. Ich habe jetzt aus einem Stück C60 Welle einen Flachstahl geschmiedet. Momentan 180x38x12mm, ist also noch gut in alle Richtungen verformbar. Ich werde bald mit dem Feuerverschweissen mit Baustahl beginnen, irgendwas zwischen 7 und 13 Lagen für die Stärbe zum Tordieren. Allerdings habe ich noch nie Stäbe per Hand gedreht, nur in einer Schlosserei mit einer Drehvorrichtung in Manufaktur.

Jetzt hoffe ich einige Tipps zu bekommen. Das ich die Kanten anfasen sollte weiss ich, aber wie dick sollten die Stäbe sein, damit sie gut tordiert und anschließend auch noch miteinander verschweisst werden können?. Aus dem Bauchgefühl würde ich 10x10mm Vierkant sagen, maximal 12x12mm.

Mag mir wer sein Wissen verraten bitte?

Gruß

Björn
 
Damaszener Stahl – Theorie und Praxis, Gunther Löbach, Seiten 134ff

(Ob das mit dem Baustahl eine gute Idee ist?)
 
Ob das mit dem Baustahl eine gute Idee ist weiss ich nicht, ich gehe allerdings davon aus da mir Herr Markus Balbach diese Kombination persönlich am Telefon vorgeschlagen hat. Vor einigen Jahren hat er ja das wurmbunte Schwert von D.Kraft wärmebehandelt. Obwohl Herr Kraft hier im Forum nur von Kohlenstoffarmen Stahl gesprochen hat, würde es mich nicht wundern wenn dies eben Baustahl war. Ich kann nur vermuten dass Herr Kraft Herrn Balbach die genauen Materialien genannt hat damit er die korrekte Wärmebehandlung durchführen konnte, aber auf jeden Fall vertraue ich Herrn Balbach wenn er "Baustahl und C60" sagt.

Das Buch ist sicherlich interessant, aber die 40,- Euro sind mir als Geringverdiener erst einmal zu viel Geld. Ich muss mich da entscheiden Gas zum Schmieden oder das Buch zu kaufen.
 
Gestern habe ich de C60 auf 5mm Flachstahl ausgereckt und in 3 Teilen mit 4 Teilen Baustahl 1.0036 verschweisst. Der nächste Schritt ist das Ausrecke auf Vierkant. Derzeit besitzt der Barren ein Gewicht von ca 1,3Kg und bei 10x10mm sollte trotz Verluste durch Abbrand und Schliff ein 120cm langer Vierkantstab rauskommen.

Ich bin mir allerdings noch nicht ganz sicher wie ich die Fertigung des Kerns praktisch angehe. Herr Balbach hat mir ein Laminat aus 3 Stäben oben, 3 Stäben unten und in der Mitte wieder Baustahl vorgeschlagen. Nur wie fertige ich das? Egal ob ich erst 2x 3 Stäbe verschweisse und dann Baustahl dazwischen lege, oder erst 3 Stäbe verschweisse, auf Läge ausrecke, falte und Baustahl einlege, ich habe immer dasselbe Problem: Die Muster/Tordierungen in den Stäben werden durch das Ausrecken gestreckt und in die Länge gezogen. Verschweisse ich 3 40cm Stäbe zu einem Kern werden die Muster beim Ausrecken immer noch etwa auf die doppelte Länge gestreckt. Das erscheint mir zumindest noch im möglichen Bereich. Dann müsste die Tordierungen entsprechend stark und eng gedreht werden mit einem Abstand von 5-6cm zueinander.
Wenn ich aber 2x3 Stäbe verschweisse (jeweils 20cm lang) und dann ausrecke, werden die Muster locker in die vierfache Länge gezogen. Ich kann mir nicht vorstellen das das keine optischen Abstriche nach sich zieht.

Vielleicht weiss da ja jemand mehr und mag sein Wissen teilen.

Gruß und danke

Björn
 
Zurück