Hangler ApexUltra Decklagengyuto

güNef

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Servus,

nun ist es auch bei mir soweit, ich habe mein erstes Messer mit ApexUltra ( AU ) Schneidlage direkt aus der Schmiede von Tobias Hangler, sozusagen von der Ursprungsquelle. Es ist ein „Kursmesser & Prototype“ das im Zuge seiner zweitägigen Schmiedekurse, die er anbietet, entstanden ist. Es ist kein Teilnehmermesser, sondern er fertigt immer Schritt für Schritt ein Messer vor und die Teilnehmer sehen somit live an einem Messer die einzelnen Arbeitsgänge und können so besser partizipieren, da nicht jeder Kursteilnehmer über ein ausgeprägtes Vorstellungsvermögen verfügt. So ist dieses Messer an zwei Tagen entstanden, natürlich dadurch auch zeitlich begrenzt in der Herstellung/Ausarbeitung von Details und somit vom Finish nicht so perfekt wie die in seinem Shop angebotenen Messer. Das wurde aber von Tobias im Vorfeld kommuniziert und ich wusste was ich erwarten durfte und was nicht. Tobias hat es dann noch für mich funktional soweit nachbearbeitet, sprich meinen Ansprüchen gemäß dünner geschliffen und das wirklich gekonnt. Ich bin es gewohnt extrem schneidfähige Klingen zu handhaben und da es sich um ApexUltra als Schneidlage handelt, der ja mit feinsten Schneiden bei guter Standfestigkeit beworben wird, durfte es im vorderen Bereich schon sehr dünn ausgeschliffen sein. Grundsätzlich sind seine Messer schneidfähig genug, aber bei mir darf’s halt immer ein bisserl mehr sein. 🤪 Ferner hat der gute Mann immer mit massivem Zeitmangel zu kämpfen und die Wartezeiten auf ein Custom sind lange, daher haben wir uns auf die reine Funktion als Werkzeug fokussiert, bevor es ans Nacharbeiten ging und uns darauf geeinigt, das ich dieses Mal auf meine exorbitanten Finish-Ansprüche verzichte, sonst hätte ich noch länger gewartet als es eh schon der Fall war. Ich hab zwar seinen Newsletter abonniert (so wie viele andere Newsletter auch) um am laufenden zu sein, was es so an neuen Messern/Projekten in seinem Shop gibt, aber als sich die Möglichkeit eröffnet hat, dieses Kursmesser/Prototypen zu testen, wollte ich es nicht mehr ziehen lassen und es bedurfte ein wenig an Überredungskunst, dieses Messer zu bekommen, da die anderen Tester sich jetzt eine satte Weile gedulden werden müssen, bis erneut die Möglichkeit besteht, ein solches Messer zu testen.

Was das Finish betrifft, bin ich letztendlich auch milder geworden und heute muss einfach der Funke zünden, wenn ich ein Messer in die Hand nehme und damit schneide. Da darf die Schneidcharakteristik eines Messers schon mal die optischen ( Finish ) Ansprüche nach hinten verschieben wenn ihr versteht was ich meine. Spirit kann man das auch nennen, wenn einem etwas begeistert, das nicht auf jedermann übertragbar ist. 😌

Zur Einstimmung:

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Jetzt aber wieder rational.😌

Details zu Stahl und Messer im Wortlaut Tobias Hangler:

„Schneidlage ist ApexUltra von mir mit 1.2510 laminiert was ein Experiment war da ich gerne ein deutliches Alloy-banding an den Flanken wollte, was diese Charge 1.2510 ....leider bei weitem nicht so deutlich zeigte wie das Material das ich zuvor hatte.

Ich laminiere ApexUltra trotzdem praktisch immer mit Decklagen um die Schleifbarkeit leichter zu machen und ein wenig mehr Flair/Optik in die Flanken zu bekommen. Der Vorteil von härtbaren Decklagen ist, dass es keine/kaum Rissbildung in der Cryo-Technologie gibt. Der Stahl wird in 1kg Paketen ausgeschmiedet, dann auf 5-6mm Dicke ausgewalzt. Daraus werden dann 2-3 Messer.

Gehärtet ist er im Fluidized-sand-bed mit Cryo auf ca. 66 HRC (nicht gemessen sondern entsprechend meinem "Rezept" auf diesen Zielwert gehärtet)“

Dieses Kursmesser ist also auch ein Experiment was die Decklagen betrifft und eigentliches Ziel in diesem Fall war hauptsächlich die extrem getaperte Klinge mit „Brute de Forge“ an den Flanken. Da die Passungen schwierig waren, habe hab ich mir danach bessere Schlichtwerkzeuge für die Presse gemacht…

Du darfst also getrost von einem Prototypen ausgehen, der Auswirkungen auf das Ausformen, das Laminieren, und die optische Gestaltung der Flanken zukünftiger Messer dieser Gewichtsklasse hat.

Quelle: Tobias Hangler

Prinzip:


Full-Taper
balliger Schliff im hinteren Bereich, dünn zu Spitze ausgeschliffen
feinster Tip
zu 2/3 nagelgängige Schneide
210er Klinge
Full-Tang-Bauweise
konischer Westerngriff
Kehl und Rücken gerundet

Materialien:

geschmiedete Klinge, Schneidlage aus ApexUltra mit 1.2510 (100MnCrW4 ), auch bekannt als O1-Stahl als Decklagen
Griff: stabilisierte Mooreiche/Brass-Pins
kein Zierrat, keine Zwinge, keine Spacer

Kategorie:

Full-taper Gyuto, konvex geschliffen, slice tip, dezente Spaltwirkung im Kehlbereich/Ferse

Charakteristik:

Das ist ein gefühlt wuchtiges, ja bulliges und steifes 210er Gyuto von 238gr, am Griff 5mm Rückendicke, homogen zur Spitze getapert, 5mm davor nur noch 0,40mm Materialstärke. Taper und Flanken sind hervorragend geschmiedet/geschliffen, völlig homogen mit einer hauchdünnen, perfekt gesetzten Schneidfase. Die Schneide ist schnurgerade, das Profil gut gewählt, das Messer läuft rund und geschmeidig, kein aufsetzen von Kehl/ Ferse und dennoch gehen sich 30mm Flatspot aus. Der Griff liegt satt in der Hand, die teils kantige Optik wird durch den konischen Verlauf wunderbar entschärft und liegt überraschend gut in meiner Hand. Hier gilt aber das jeweils eigene Urteil. Hinten raus schön konvex mit guter, beidseitiger Schnittgutablösung und Freisetzung im Schubschnitt, vorne eine feine Spitze und Schneide für höchste Präzision. Das wischt horizontal durch eine Zwiebel und läuft auch durch einen knackigen Pink-Lady-Apfel ohne irgendwo stecken zu bleiben. Von der Wucht erinnert es mich an mein Itinomonn Western_WH-Gyuto, nur sind bei diesem Messer die feinen Bereiche vorne noch von deutlich ausgeprägterer Schneidfähigkeit. Ansaugen oder kleben findet kaum nennenswert statt, dass was haften bleibt lässt sich locker abschütteln oder abstreifen. Für eine konventionelle Klinge mit konvexem Schliff der übliche, ausreichend gute FR. Jeder der diesen Taper betrachtet und Erfahrungen mit einem solchen hat, kann in etwa die Charakteristik der Klinge abschätzen.

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Der Runde und breite Rücken bietet eine ordentliche Auflage beim Vorgreifen, keine frühen Druckstellen, fühlt sich nicht unangenehm an. Schwerpunkt liegt exakt an der Schmiedemarke, das passt. Die Schneide buckelt vorne mit leichtem Druck, in der Mitte normal und wird gegen Ende der Schneide immer stabiler. Hinten geht Bruchschokolade, Nüsse, harte Kräuter.

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Über den Stahl wird viel diskutiert, der Schmied und Metallurge Tobias Hangler hat den Stahl mit Marco Guldimann und Dr. Larrin Thomas entwickelt und hält ihn für den besten Kochmesserstahl überhaupt. Gestützt wird diese Meinung noch von Jannis Scholz ( Xerxes-Knives ) der ihn noch über den Eigenschaften von 1.2562 sieht.

Zitat Xerxes:

„Die Stähle 1.2419.05 und 1.2562 gehören seit zig Jahren zu meinem bevorzugten Stählen für Küchenmesser. Ich habe an den Stählen unterschiedliche Methoden der Wärmebehandlung und an den fertigen Klingen unterschiedlichste Anwendungs- und Missbrauchsszenarien getestet. Und inzwischen kann ich ebenfalls auf einige Erfahrungswerte bei ApexUltra zurückgreifen. Meiner persönlichen Einschätzung nach, toppt der Apex die beiden oben genannten Stähle um Längen. Voraussetzung dafür ist aber eine WB exakt nach Datenblatt inkl. Tiefkühlbehandlung. Lediglich beim Feinkornglühen begnüge ich mich mit 3-4 Min Haltezeit nach dem vollständigen Durchwärmen und beim Weichglühen verzichte ich auf ein vollständiges Einformen der Karbide in eine ferritische Matrix und bleibe unterhalb von Ac1 mit 30 Min Haltezeit. Zum Tiefkühlen bleiben die Rohlinge für 30-45 Min (je nach Querschnitt) in Trockeneis (-78 Grad).

Anders als im Datenblatt angegeben, empfinde ich die Verschleißfestigkeit des Apex im Bereich einer "soliden Gebrauchsschärfe" nur als gleichwertig mit dem 1.2562, und nicht als besser. Das wahre Potential des Apex liegt aber in feinen Geometrien und hoher Gebrauchsschärfe (Schliffwinkel bzw. Mikrofase 30-36 Grad, mind. 5k Körnung). Hier bietet der Apex eine um ein vielfaches bessere Schneidkantenstabilität und auch bei Härtewerten jenseits der 65hrc und spitzen Schliffwinkeln ist die Tendenz zum Microchipping viel geringer als beim 1.2562.

Insgesamt bin ich mit dem Apex sehr zufrieden und er wird auf jeden Fall dauerhaft in meinem Sortiment bleiben.“

Ich denke dem ist nichts hinzuzufügen und ich vertraue den Meinungen dieser Herren.

Kurze Vorgeschichte:

Zu Beginn dieses Jahres fand wie immer das traditionelle „nachweihnachtliche“ Messertreffen unserer kleinen Runde bei Ben Kamon in der Schmiede statt. Tobias war dieses Jahr wieder dabei und natürlich hat jeder der anwesenden Schmiede/Messermacher einen Pulk an Messern mitgebracht und wir konnten die jeweiligen, aktuellen Arbeiten begutachten und testen, sofern es noch unverkaufte Stücke waren. Eines dieser Messer war dem hier vorgestellten schon sehr nahe. Griffform war gleich, die Rückenlinie etwas runder, fließender, kein Taper nach hinten raus und gute Schneidfähigkeit war auch gegeben, aber für mich durch den fehlenden Tapered-tang und die geringere Materialstärke nicht meine Wunschgeometrie. Dieses Messer hat mir aber optisch sofort zugesagt. Wir diskutierten dann, was ein Messer dieser Bauform für mich mitbringen muss, damit ich zufrieden bin und Tobias hat das in einem späteren Schmiedekurs umgesetzt und gleichzeitig seine Themen experimentiert und dabei rausgekommen ist dieser Prototyp, den er mir zum Testen hat zukommen lassen und der mich funktionell und vom Handling so überzeugt hat, das ich ihn kaufen musste. 😉

So bin ich zu meinem ersten Messer von Tobias Hangler gekommen, das mich funktional, vom Griffdesign und von der Performance her überzeugt hat und das, obwohl es keine Auftragsarbeit mit 100% Finish ist, sondern eigentlich ein experimenteller Prototyp mit Schwerpunk auf den oben bereits genannten Punkten.

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Ich bin sehr zufrieden mit meinem ersten Full-Taper ApexUltra Gyuto aus der Schmiede von Tobias Hangler.

Gruß, güNef
 

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Servus, Herr Kollege!

Es ist schon ein Weilchen her, dass ich ein Review von dir lesen durfte, es fühlte sich dann aber sofort bekannt und vertraut an, ich glaube - nein ich bin sicher - dass ich ein Review von dir blind erkennen könnt!

Zum Messer: Ja, das oben verlinkte Teil hat dich damals bei Benjamin angefixt, ich kann mich erinnern, dass wir über die Linien dieses Messers diskutiert haben.
Was in weiterer Folge daraus geworden ist, sieht man ja, ich bin gespannt, wie es weiter geht und freu mich jetzt schon drauf, es beim nächsten Treffen testen zu dürfen.
Der Taper sagt mir sehr zu, die entscheidenden Stellen dürften mit der entsprechenden Sorgfalt bearbeitet sein, insgesamt ein "räudiger" Look, was ich definitiv positiv verstanden haben will. Das Längsfinish steht diesem Look auf angenehme Weise entgegen und gibt einen schönen Kontrast. Insgesamt also sehr gelungen aus meiner Sicht, Respekt @TobiasHangler

Und wenn jetzt wieder mehr Reviews aus deiner @güNef s "Feder" kommen, hab ich auch nichts dagegen ;)

Greez,
Wischi
 
Servus,

Vielen Dank für dein Review und das Feedback zu dem Messer!

ich schreibe ja nicht mehr soviele Berichte wie früher und auch nur noch, wenn mir ein Messer richtig Freude macht und ein paar Besonderheiten aufweist, die ich als gelungen wahrnehme, wie in diesem Fall.
Tolles Messer, das wohl jeder hier gerne besitzen und erleben würde.
Ich fände es schön, wenn Du nach einiger Zeit Deine Erfahrungen hinsichtlich Schneidhaltigkeit, aber auch Robustheit berichten würdest.
Mache ich auf jeden Fall, weil es mich selbst interessiert. Das Messer ist jetzt monothematisch und wird als einziges die nächsten Monate benutzt, ausgenommen Messer die ich gezielt vergleichend verwende. Sanft gewetzt habe ich schon (Dick Mikrofeinzug) aus Neugierde, ob das ohnehin noch scharfe Messer noch zulegt, also spür-und merkbar auf den Stahl reagiert und es hat an Biss noch zugelegt. Eigentlich entgegen der Regel, sollte sich bei 66 HRC nicht mehr viel abspielen. Mal schauen wie lange die Intervalle sind und wie die Schneide nach einer Weile unter dem Mikroskop aussieht. Ich werde berichten.

Gruß, güNef
 
Moin @güNef

Für mich gehören deine Review's zum " Gold Standard " . An Präzision und Bildhaftigkeit können die meistens von uns da hinten anstellen !
Da ich deine Review's immer wie eine kleine gute Kurzgeschichte immer wieder genieße , hoffe ich das du auch in Zukunft noch spannendes Material findest.

Tolles Teil !

Gruss

Micha
 
Servus,

nach den ersten drei Wochen im täglichen Einsatz zeichnet sich deutlich ab, das wetzen zum Scharfhalten nicht das Mittel der Wahl ist. Die AU-Schneidlage reagiert zwar auf sanftes wetzen mir mehr Biss, dieser ist aber nur kurzzeitig verfügbar. Zu schnell ist die Schärfe wie vor dem wetzen zurück. Die angepeilten 66 HRC sind einfach zu hart um selbst mit dem besten Mikrofeinzug über lange Strecken nur zu wetzen. Nach dem wetzen fällt die Schneide selbst durch zähe Paprikahaut um kurze Zeit später an selbiger zu "knacken" was ich gar nicht mag.

Somit werde ich bei der nächsten Schlechtwetterperiode die Schneide mit 5k ( rika ) frisch machen und dieses mal entgegen meiner üblichen Gewohnheit mir 8k ( Kitayama bzw. Naniwa Snow White Jyunpaku ) abschließen. An AU sollte sich jetzt mein Schleifturm mit Druckentlastung rechnen. Mal schauen wie sich das dann die nächsten Wochen, oder besser die von mir eigentlich erwartete Monate im Hausgebrauch benehmen wird. ;)

Wird eine Weile dauern, aber ich werde berichten.

Die Apex-Ultra-Schneidlage patiniert übrigens deutlich dunkler und intensiver als die O1 Decklage:

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Gruß, güNef

 
Servus @güNef ,

sehr aussergewöhnliches Messer 👍 !
Mit welchem Finish der Schneide hast du den Test angefangen, würde mich mal interessieren ?!

Gruß Jörg
 
Hattest du Bilder mit dem Mikroskop gemacht zu Beginn und wie es derzeit aussieht? Schlecht-Wetter haben wir ja genügend derzeit :glgl:
Die Patina sieht gefällig aus, so wie das ganze Messer!
 
Servus,

Mit welchem Finish der Schneide hast du den Test angefangen, würde mich mal interessieren ?!

da müsste ich Tobias fragen, ich denke aber, er schärft auf Steinen zwischen 3k und 5k, ob mit System weiß ich gar nicht, ich müsste den ganzen Schärfeprozess erfragen.

Hattest du Bilder mit dem Mikroskop gemacht zu Beginn und wie es derzeit aussieht?

Dazu bin ich mittlerweile zu faul, das ganze Zeug ranschaffen, Laptop anwerfen usw. Ich verwende heute ein Lupe, Tageslicht und mein geschultes Auge. :D Da ich Tobias kenne und er mich, weiß ich das er sich besonders Mühe gibt sehr sauber zu schärfen und so war es auch. Schön gleichmäßige Fase, knackscharf.

Wie das aussieht kann ich mir mittlerweile vor dem inneren Auge vorstellen, ich denke nicht das AU da ein deutlich anderes Verhalten zeigt, als das was ich bis jetzt so gesehen habe. Bevor ich schärfe, kann ich aber gerne die Schneide mikroskopisch dokumentieren und dann nach dem frischen Abzug.

Gruß, güNef
 
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