Hatsukokoro Hap40 Gyuto 24 cm - Schleifarbeiten

Besserbissen

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Auch wenn es Überwindung kostet, ein nagelneues Messer umzuschleifen, ist es für mich eine gute Möglichkeit, die Geometrie und das Profil zu "erforschen". Nach zahllosen Messern sinkt zudem die Hemmschwelle.

Interessehalber war ich auf der Suche nach einem Kochmesser aus HAP40 und bin hier fündig geworden:
Hatsukokoro Hap40 Gyuto 24 cm, € 245,00

Der erste Schneidetest war ernüchternd. Nicht aufgrund des Stahls sondern wegen der Geometrie. Irgendwie ging das Messer nicht so leicht wie erwartet durch as Schnittgut. Die Performance war trotz des vielversprechenden Profils nicht überragend. Einen ganzer Sellerie zu würfeln war mühevoll, vor allem im Vergleich mit einem ballig ausgedünnten Cottan Craft, mit dem das um einiges leichter von der Hand ging. Das Probelm bei einem "Laser-Profil" ist oft, dass der Klingenrücken sehr dünn und im Pinch-Grip unangenehm in die Hand drückt. Wenn das Messer dann nicht extrem leicht in das Schnittgut eindringt, wird längere Arbeit schmerzhaft.

Nach zahlreichen Schleif-Experimenten habe ich festgestellt, dass meist gerade die ersten mm über der Schneide entscheidend für die Schneide-Performance sind. Ist dieser Bereich auch bei einer dünnen Klinge noch leicht ballig, verbessert das den Schnitt, da man auch in diesem kleinen Bereich eine Art Spaltwirkung erreicht, die das Schnittgut auseinanderdrückt und Platz für die eindringende Klinge bietet.
Ist eine Klinge dagegen in flachem aber langschenkligem Winkel keilförmig auf Null geschliffen, saugen sich die Flanken stark an das Schnittgut an, was einem leichten Schnitt natürlich extrem entgegen wirkt. Da hilft auch eine noch so dünne Klinge nicht.

Hier nun einige Eindrücke zum Stahl, Profil und Geometrie, die sich aus meinen Schleifattacken ergeben haben:

Bild 1: Der aktuelle Status des Messers (work in progress). Das Finish ist nur schnell mit 400er Matador-Schleifpapier angelegt. Mittlerweile gehe ich bei meinen Messern nach dem Ausdünnen nur noch bis max. Körnung 320, besser noch 240. Dies ist für mich der beste Kompromiss zwischen Optik und Food Release.
Ist die Klinge zu glatt, klebt das Schnittgut um einiges stärker. an den Flanken. Das feine Schleifpapier war ein Test, wie die mittlere Schneidlage aus HAP40 darauf reagiert. Fazit: Ab Körnung 400 passiert da so gut wie gar nichts mehr. Die Spuren des vorherigen Papier lassen sich so gut wie nicht mehr entfernen. Möglicherweise müsste man hierfür, sofern man eine feine Politur erreichen möchte, mit einer extrem dichten Progression arbeiten.


Bild 2: Das Profil des Messer ist ootb schon sehr dünn ausgeschliffen, ich habe es noch etwas auf die Spitze getrieben und anschließend die letzten mm über der Schneide leicht ballig ausgeschliffen. Hierfür hebe ich den Klingenrücken bei der Bewegung vom Körper weg leicht an und senke ihn bei der Bewegung zum Körper hin wieder ab.


Bild 3: Hier sieht man sehr schön, dass durch den Längsschliff mit 400er Matador auf dem Stahl der Außenlagen schon alle Kratzer des Ausdünnens entfernt wurden, auf der HAP40 Schneidlage dagegen nicht. Hier sind noch die Spuren des Imanishi 700 zu sehen, die auch mit dem Shapton 1000 nicht vollständig entfernt wurden.
Sobald die Schleiffläche breiter ist, wird es extrem aufwändig, Schleifspuren der vorangegangenen, gröberen Steine vollständig zu entfernen.


Bild 4: An zwei Stellen sind auch nach längerem Schleifen noch die Spuren das Werksschliffs mit dem Bandschleifer zu sehen. Das liegt auch daran, dass hier stellenweise etwas zu lange geschliffen wurde, sodass ein Hohlschliff entstanden ist. Hier greifen die Steine natürlich erst, wenn man das höherstehende Material um die Stelle herum abschleift.


Bild 5: Hier erkennt man bei genauem Hinsehen die polierte Schneidfase (Shapton 5000). Der Winkel dieser Microfase ist ca. 18 Grad je Seite. Der Schliff ist dadurch recht stabil. Ich habe das Messer gestern beim einem Kochjob nicht geschont und Spitzkohl zu Krautsalat gechoppt, Kräuter gehackt und Wurzelgemüse zerkleinert. Danach war eine kleiner Ausbruch an der Schneide zu erkennen, den ich aber schnell mit wenigen Zügen auf dem 5000er entfernen konnte.


Bild 6: Ja, die Schneide ist dünn. Aber man will ja schließlich bei so einem Hightec-Stahl auch in Grenzbereiche gehen.


Gruß Torsten
 
Immer wieder faszinierend mit wieviel Passion hier geschliffen wird. Mir persönlich wäre das zu viel "Tam Tam" um das Thema. Kann aber aus eigener Erfahrung in anderen Themen die Detailverliebtheit nachvollziehen. Ich komme mit dem Horl bis 6000er Körnung zu einem für mich zufriedenstellenden Ergebnis.
 
Servus,

ein Messer in dieser Preisklasse mit unterschiedlich harten Stählen an der Flankenoberfläche mit "relativ" einfachen Mitteln auszudünnen und anzupassen, dazu gehört eine kräftige Portion Mut und Experimentierfreude. :super:

Ich kenne das nur zu gut, wenn Erwartungen nicht erfüllt werden. Es ist (zumindest für mich) fast unmöglich sich mit einem Messer zu arrangieren, dass unter einem "angewöhnten" Mindeststandard bleibt, was die Schneidfähigkeit betrifft. Du hast es schön beschrieben, wenn der Rücken schon so dünn ist, das er sich nach kurzer Zeit durch Druck unangenehm bemerkbar macht, dann muss die Geometrie und die Schneide den Druck von der Hand nehmen, sprich superleicht schneiden, dann kommt man damit gut zurecht. Auch demaskiert man mit harten & planen Steinen oft high & low-spots durch nachgebende Schleifmedien. Hier kann man der Optik nachhelfen, wenn man die Täler/Riefen einfach maskiert.

Für mich ist in der Laserliga ein Kei Kobayashi ( rot lackierter Griff ) das Mass der Dinge, alles superdünn, dennoch unglaublich gut gleitend und leicht schneidend. ;)

Ich lese deine Schleifexperimente übrigens mit vergnügen.

Gruß, güNef
 
Last edited:
Servus,

@güNef: Mit "KAI" hast du mich jetzt aber erstmal geschockt. ;)

ich bin auch erschrocken über den kleinen Fauxpas. o_O Ist korrigiert und danke für das sorgfältige mitlesen. :super:

Gruß, güNef
 
Bild 4: An zwei Stellen sind auch nach längerem Schleifen noch die Spuren das Werksschliffs mit dem Bandschleifer zu sehen. Das liegt auch daran, dass hier stellenweise etwas zu lange geschliffen wurde, sodass ein Hohlschliff entstanden ist. Hier greifen die Steine natürlich erst, wenn man das höherstehende Material um die Stelle herum abschleift.

Gruß Torsten

Schöne Arbeit. Rein technisch:
-"wenn man das höherstehende Material um die Stelle herum abschleift", dann kann man die Klinge instabil machen. Daher maskieren die Japaner "tiefe Stellen" mit Fingerstone.

Wenn man aber mit der Geometrie zurecht kommt, dann ists auch gut so.

Sonst sieht die Klingenoberfläche vom Werk wellig aus, was im Schneidenbereich nicht gerade gut ist.
 
Last edited:
Daher maskieren die Japaner "tiefe Stellen" mit Fingerstone.
Das mache ich im Prinzip auch so, allerdings mit kleinen Streifen Schleifleinen auf einem Stück Leder. Hier das fertige Messer. Finish ist Matatdor 240. Für die Kernlage aus HAP40 und die weicheren Außenlagen war das der beste Kompromiss aus Optik, Food Release und Material-Abrieb an dem harten Schneidlagenstahl.





Die Schneide habe ich mit dem TSProf bis Shapton 12000 angelegt. Allerdings ist sie so dünn (Winkel ist 18 Grad je Seite), dass sich das Messer auch freihand sehr gut mit wenigen Schüben auf top-Schärfe bringen lässt.


Zum Schluss noch ein Bild mit selbst gebasteltem Klingenschutz aus Filz. Passt wie ein guter Anzug und ist bei mir im Team sozusagen die Berufsbekleidung ;-)

 
Sehr schöne Arbeit.
Die Macher aus Japan dosieren die Schleifarbeit genau nach dem Preis.
Wobei die Preisklasse um 500 Euros- da ist es sehr gefährlich die tieven Stellen zu entfernen- Schneidenbereich wird mechanisch unstabil.
Die Preisklasse hier- damit habe ich kaum eigene Erfahrungen.
Die Pseisklasse ab 1000 Euros- die kann man schon auch mit einem Schleifsystem prüfen (wenn die Schleifer "Nationaleigentum von Japan") sind.

WB- bis jetzt im Sinne von "optimalen" Robustheit/Schneidhaltigkeit- bis jetzt keine interessanten Messer aus Japan gesehen.
 
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