Interessante Struktur im 1.2767

Xerxes

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Hi Leute,

ich hab vor einiger Zeit ein größeres Kochmesser in 3-Lagen Technik geschmiedet. Schneidlage ist aus 1.2519 und die Seitenlagen aus 1.2767. Die Klinge ist normalisiert und weichgeglüht. Jetzt hab ich angefangen die Klinge zu schleifen und da ist mir schon die interessante Struktur im Stahl aufgefallen. Ich hab die Spitze Mal recht grob übergeschliffen und in Löskaffee angeätzt und siehe da, eine deutliche Struktur, wie ich sie sonst nur von dem sc145 oder den Gussstählen von Koraat kenne.

Dass viele Stähle nich völlig homogen sind, war mir klar. Aber dieses deutliche Muster finde ich schon beeindruckend. Vor allem dachte ich, dass so ein Muster vorwiegend bei hochkohlenstoffhaltigen Stählen auftritt...

Um eine Verwechslung kann sich eigentlich nicht handeln. Ich hab den Stahl erst direkt vor dem Schmieden ausgepackt.

Kann mir irgendjemand sagen, um was für Strukturen es sich dabei handelt und wie diese bei der industriellen Produktion entstehen können?

Gruß Jannis
 

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Haben wir schon öfter hier diskutiert. Das ist die Faserstruktur des Stahls und die hat jeder Stahl, der ausgewalzt oder ausgeschmiedet wurde.
 
Kann mir nicht vorstellen das es das ist was ich vermute aber sind mehr die dunklen Steifen dünner als hellere ?,lasse mal die Klinge über Stunden in der Suppe.
Versuche mal wenn es möglich ist bei Tageslicht Bilder zu machen,bei einfachem Lampenschein habe ich auch noch keine guten Bilder machen können.
 
Jep, die Bilder sind wirlich mies. Hier kommt nen Besseres bei Tageslicht.

@ Achim: Naja, dass es nen feserigen Verlauf in Walzrichtung gibt, war mir schon klar. Diese "extreme" Stuktur finde ich aber schon außergewöhnlich. Wenn es dennoch einfach nur besagte Faserstruktur ist, dann ist das ja ok. Aber sieh einfach selbst...

Gruß Jannis
 

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Wie ich mir schon Dachte würde ich darauf tippen das es mit C-Diffusion zutun haben könnte,wie Dünn sind die Außenlagen ? eine Analyse stelle ich mir aber nicht aussagekräftig genug vor,oder doch ?
 
Hab hier ein Hennicke aus 1.2519, das ähnlich "verschlungene" Linien zeigt, welche nach langem Gebrauch und mit Entstehen der Patina sichtbar wurden ... denke, es sind ganz normale Walz- bzw. Schmiedespuren.

Gruß, C.
 
Hi,

der Rohling ist ca. 3,5mm dick. Die Seitenlagen haben eine Dicke von jeweils ca. 1,5mm, die Schneidlage ca. 0,5mm. Bei dieser Klinge bin ich noch nicht bis zur Mittellage vorgedrungen. Wie gesagt hab ich gerade erst angefangen zu scheifen.

denke, es sind ganz normale Walz- bzw. Schmiedespuren.

Mich würde dann ja noch interessieren, wie genau diese Strukturen zustande kommen. Sind das ungleichmäßig verteilte Legierungselemente, die z.B. durch Seigerung beim Erstarren der Gussstähle entstehen? Oder wie entstehen diese Strukturen?

Gruß Jannis
 
Hallo Xerxes,

bei den Linien handelt es sich zweifelsfrei um Seigerungsstreifen. Auch das gewalzte Halbzeug wurde irgendwann mal gegossen. Dabei bilden sich grundsätzlich Seigerungen. Je nach Umformgrad der Walzbramme sind die Streifen mehr oder weniger sichtbar.

Die lokalen Unterschiede in der chemischen Zusammensetzung zeigen sich bereits beim Feinschleifen, spätestens beim Ätzen.

Auf jeden Fall eine sehr interessante Struktur :)

Gruß
Matthias
 
Grüß euch,

Also ich befasse mich beruflich mit Seigerungen in Stahl, aber so eine Struktur ist mir noch nie untergekommen.

Eine Seigerung ist ganz allgemein gesagt eine Auskristallisierung mancher chemischer Elemente genauer von Verbindungen, z.b. Sulfide

Dies sieht keinesfalls nach einer Kristallisierung aus, sondern wenn es den wirklich unterschiedliche Elementkonzentrationen sind, nach einem groben Durchmischungsproblem bei der Stahlherrstellung.

Für eine genauere Aussage würden mir zwei Sachen sehr behilflich sein.

1. Genauer Stahlschlüssel mit Elementkonzentrationsangaben (nur bestimmte Elemente können unter bestimmten Voraussetzungen seigern)

2. Möglicher Hersteller zum erläutern, wie dieser Stahl produziert wird um wiederum Rückschlüsse anstellen zu können um welches Phänomen es sich dabei handeln könnte

Achja weil ich es weiter oben gelesen habe und das soll sich jetzt gar nicht böse anhören aber wenn jedes gewalzte Blech so eine eigenartige Struktur aufweisen würde, hätten wir in der Firma in der ich arbeite wohl noch nie ein Blech an irgendeinen Fahrzeughersteller auf diesem Planeten verkauft :)

Liebe Grüße
Martin
 
Ok, es bleibt spannend:steirer:

Hab den Stahl vor zwei drei Jahren bei Premium-Stahl gekauft.

Wie gesagt, Stahl 1.2767, Abmessung 4,3x40,3x500mm.

Die Firma hat folgendes Datenblatt eingestellt:

Gruß Jannis
 

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Ist so wie Dr. Stahl sagt.


Wenn eine Bramme abgegossen ist, liegt u.U. noch ein vergleichsweise grobes Gefüge vor. Besondere ESU-superclean-Qualitäten werden deshalb durchaus 3 mal umgeschmolzen. Eine angeätzte Scheibe eines Gußblocks im Durchmesser von 2 m läßt da unerschiedlich ausgerichtete "Körner" bzw. Erstarrungsstrukturen von teilweise Zentimetergröße erkennen. Dann folgt das bekannte Umformen unter Schmiedepresse oder Walze. Die anschließende Wärmebehandlung erstreckt sich teilweise über bis zu 4 Wochen im Ofen. Je nach Legierung erfolgen dabei Lösungsglühen, Pendelglühen , Umkörnen etc. kann man in Romans Buch nachlesen. Das wird auch im großindustriellen Maßstab so gemacht um entsprechende hochwertige Qualitäten zu erzeugen. Mit dieser Wärmebehandlung werden dann die entsprechenden gewünschten Gefügeeigenschaften eingestellt.

Die Eigenschaften für den Massenverkauf sind dann aber z.B. bestimmte Festigkeiten und die sind dann gar nicht so hochwertig erforderlich. Wenn wir einen Stahl kaufen, stellen wir als Messermacher uns dann vor, dass er für uns dann immer extrem feinkörnig etc sein soll. Ist er aber nicht, wenn die Festigkeit und die Zusammensetzung für den Standarteinsatzzweck doch reicht, steckt da niemand mehr Wärmehandlung als erforderlich rein.

Wenn Du den Stahl jetzt erst anständig lösungsglühst, danach das entsprechende Programm aus normalisieren, Einformen etc durchführst, werden diese Strukturen auch weg sein. Ich würde es so lassen, sieht toll aus.

LG Thomas
 
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Vielen Dank für eure Infos.

Also, ich kann dazu nur sagen, dass ich ein solches Muster bisher nur bei Wootz, den Gussstählen von Koorat und bei Achim's sc145 gesehen habe. Klar, eine leichte Struktur sieht man oft bei verschiedenen Stählen. Aber so ausgeprägt hab ich es noch nicht gesehen. Daher auch meine Frage...

Wenn Du den Stahl jetzt erst anständig lösungsglühst, danach das entsprechende Programm aus normalisieren, Einformen etc durchführst, werden diese Strukturen auch weg sein. Ich würde es so lassen, sieht toll aus.

Normalisiert und weichgeglüht hab ich den Rohling. Lösungsgeglüht hab ich ihn nicht, allerdings bei ca. 1100 Grad feuerverschweißt und umgeformt. Natürlich wesendlich kürzere Glühzeiten als beim Lösungsglühen... Und ja, das lass ich so. Sieht wirklich super aus:D

Gruß Jannis
 
hm, meiner Meinung nach werden hier verschiedene physikalische Eigenschaften zusammengewürfelt, um eine Seigerung im klassischen Stil handelt es sich dennoch nicht!

Maßgebend für so ein Erscheinungsbild ist der Herstellungsprozeß, natürlich auch die vorliegende Legierung.

Keine Ahnung wie dieser Stahl hergestellt wurde, habe selbst noch nie, also egal ob bei Seigerungsmessung mittels Spektrometer, Mikrosonde, Rastermikroskop oder einfach nur der klassischen Ätzplatte (von einer frisch gegossenen Bramme) jemals so etwas gesehen.

Noch dazu bildet sich eine Seigerung bei einer Bramme immer in Gießrichtung aus und nicht so wie hier irgendwie verschwommen.

Das führt zu der Annahme, dass ein absolut anderer Herstellungsprozeß für diese Stahlsorte angewandt werden muss.
wenn ich mich nicht irre, wird diese Stahlsorte zu Stangen geschmiedet, bei solchen geschmiedeten Stählen habe ich schon ähnliche Strukturen gesehen, dies bedeutet für mich, dass diese Struktur aus dem Schmiedeprozeß stammt aber sicherlich nicht vom Brammen gießen oder walzen.
Wäre dies eine Seigerung, wären die physikalischen wie chemischen Eigenschaften dieses Stahls jenseits von gut und böse :D
 
Also ich bleib dabei. Es handelt sich um eine Seigerung.

@ Stahlbursche

Eine Seigerung ist nicht zu verwechseln mit der Bildung Intermetallischer oder Intermedieärer Phasen wie beispielsweise Mangansulfid. Bei erreichen der Liquidustemperatur kristallisieren im Dendrit (Korn) zuerst die höherschmelzenden Zusammensetzungen des Stahls. Im Zweiphasengebiet X + Schmelze lagern sich an den Dendrit die niedrig schmelzenden Konzentrationen an, bis zur Erreichung der Solidustemperatur. Innerhalb eines erstarrten Korns haben wir also ein kontinuierliches Gefälle der Legierungselemente. Grundsätzlich seigern alle Legierungselemente in einem Zwei- oder Vielstoffsystem.

Im vorliegenden Fall liegt ganz klar eine Seigerung vor, die makroskopisch sichtbar ist. Dass die Seigerung hier nicht innerhalb der Walztextur verläuft, liegt daran, dass Xerxes den Stahl geschmiedet hat. Eine andere Erklärung für die Bildung der Struktur ist aus metallkundlicher Sicht nicht haltbar.

Alles weitere hat thomas Hausschild gesagt. Dem ist in vollem Umfang zuzustimmen.

By the way, physikalische Eigenschaften spielen hier überhaupt keine Rolle.


Gruß
Dr.Stahl
 
Also, Seigerungen und Einschlüsse weiß ich zu unterscheiden Herr Dr.Stahl

Dem Herrn Hausschild ist im großen und ganzen nichts entgegen zusetzen, jedoch lassen sich beim Diffusionsglühen nur Mikroseigerungen auf kristallebene vermindern, und das es sich hier um keine Mikroseigerung handelt, lässt sich wohl mit freiem Auge erkennen.

Mit sehr viel Fantasie kann man es vielleicht so erklären, dass die Bramme samt der typischen Mittenseigerung so (ab Wek) geschmiedet wurde, dass sich mehrere Lagen aus "normaler Qualität" und der Mittenseigerung bildeten
Darum habe ich ja von Anfang an geschrieben, dass es sich um kein Walzphänomen oder um eine klassische Seigerung handeln kann.

Achja, by the way - Physikalische Eigenschaften sind hierbei unbedeutend ???
In der Seigerungszone herrschen andere Elementkonzentrationen als im übrigen Gefüge, was logischerweise Konsequenzen auf Härte, Zähigkeit, Formbarkeit blablabla hatt und somit massiv die physikalischen wie chemischen Eigenschaften des Stahls beeinflußt. Darum sind auch alle Stahlhersteller immer bestrebt, die Seigerung so klein wie nur irgendwie möglich zu halten.
 
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Vielleicht gebe es auch noch zu bedenken das es sich hier nicht mehr um einen reinen Monostahl handelt.

@Xerxes,hast du vielleicht noch ein Reststück,denn die schöne Klinge willst du doch bestimmt nicht zerlegen oder Versuch das gleiche noch mal.
 
Hallo Stahlbursche


Eine Seigerung ist ganz allgemein gesagt eine Auskristallisierung mancher chemischer Elemente genauer von Verbindungen, z.b. Sulfide

ok, ich dachte du meinst damit die Bildung von Einschlüssen.

Das
physikalische Eigenschaften spielen hier überhaupt keine Rolle.

bezog sich auf das und war eher so gemein, dass diese keine Rolle bei der Entstehung der Struktur spielen.

meiner Meinung nach werden hier verschiedene physikalische Eigenschaften zusammengewürfelt

Bisher waren die physikalischen Eigeschaften noch gar nicht Gegenstand der Diskussion. Dass ein solches Gefüge selbstverständlich Auswirkungen auf die physikalischen, chemischen und technologischen Eigenschaften hat ist unumstritten.

Mit sehr viel Fantasie kann man es vielleicht so erklären, dass die Bramme samt der typischen Mittenseigerung so (ab Wek) geschmiedet wurde, dass sich mehrere Lagen aus "normaler Qualität" und der Mittenseigerung bildeten

Hier sehe ich einen hervorragenden Ansatz, der das Phänomen bei Xerxes erklären würde. So etwas in der Art vermute ich auch.

Grüße Matthias
 
Stahlbursche, wie wäre es mit folgendem Vorschlag: Du schickst mir ein Stück von Deinem strukturenfreien Blech und ich schaue mal, was ich da für nicht vorhandene Strukturen herausätzen kann. So 20 x 20 cm würden mir genügen. Nötigenfalls bezahle ich auch dafür. Falls das nicht geht, sag mir, in welchen Automobilen die an welchen Stellen eingesetzt werden und ich flex mir einfach ein Stück heraus. Irgendwo wird schon so ein Modell herumstehen. :D

Der Grund für meine Anfrage ist einfach: ich habe immer wieder feststellen müssen, dass solche Strukturen einfach überall existieren. Auch in Blechen, in denen nach Aussage der Stahlhersteller GANZ SICHER durch spezielle WB nirgendwo derartige Dinge vorkommen können.

Oft liegt die Unkenntnis um diese Strukturen daran, dass wir für unsere Messer schlicht andere Ätzmethoden verwenden, als sie in metallographischen Laboratorien (derer ich genügend auch von Innen kenne) angewandt werden.
 
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