Japanische Naturschleifsteine Jnats

neko

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Jnats beeindrucken mich, sind ein Stück Natur, haben eine lange Geschichte und Charakter, strahlen eine gewisse Magie aus.
Ich schätze das traditionelle Schleifen oder Polieren, wie es die Togishi seit Jahrhunderten tun.
Quasi „mottanai“ – Ehrfurcht, Wertschätzung und Respekt vor alter Handwerkskunst und diese möglichst zu bewahren.

Jnats können die Schneide auf eine extrem hohe Schärfe bringen, die sich mE anders, feiner anfühlt.
Synthetische Steine, Diamond stones oder …, die im jeweiligen Grit-Bereich konstant sind, können dies auch. Haben mMn jedoch nicht das Leben und die Faszination eines Jnats in sich.

Nachfolgend ein kleiner Überblick - mehr geht immer.
Eine professionelle Vollständigkeit gewährleiste ich nicht. Aber ich denke als kleine Einführung ist es okay.
Es soll auch keine Kaufberatung sein (bei Interesse dann einfach eine Anfrage erstellen).

Jnats sind lebendig und können sich im Laufe der Anwendung verändern. Und nicht jeder Jnat eignet sich für Küchenmesser und jeden Stahl.
Eine Klassifizierung in Grit ist nicht wirklich möglich, wird nur „etwa“ oder „von bis“ angegeben.
Die Merkmale, die einen Jnat ausmachen, werden mit LV 1-5/5 bzw. LV 1-3/3 eingestuft. Manchmal findet man hinter den Zahlen noch ein „+“ als Steigerung
Bei einer guten Beschreibung wird neben einer Härteangabe noch Schleifgeschwindigkeit, Körnung, Schleifgefühl/Feedback erwähnt.
Nach meiner Erfahrung eignen sich Jnats im Härtebereich LV3-4/5 recht gut. In diesem Bereich werden die Schleifpartikel relativ gut frei gegeben.
Abrichten muss man einen Jnat selten, sehr selten. Ich mache das mit einer Atoma400.

Härte
LV1 = sehr weich
LV2 = weich
LV3 = Standard/mittelhart
Lv4 = hart
LV5/5 = sehr hart

Herkunft/beliebte Minen
Östliche Minen: Östlich des Berges Atago/Atagoyama 愛宕山.
Beispiele: Nakayama 中山, Narutaki 鳴滝, Okudo 奥殿, Ozuku 大突, Shoubu 菖蒲/ Shobudani 菖蒲谷.

Westliche Minen: Westlich des Berges Atago/Atagoyama 愛宕山.
Beispiele: Maruoyama 丸尾山, Mizukihara 水木原, Ohira 大平, Yaginoshima 八木ノ嶋 oder 八木嶋 oder 八木の嶋.

Nicht immer liegen die Minen an einem festgelegten Ort. Diese können nebeneinander oder auch etwas entfernt sein. Je nachdem von welcher Seite aus gebohrt/gegraben wird.

Was bedeuten die teils klangvollen Namen?
Bei den Namen wird immer zuerst die Mine angegeben.
Nakayama, Ohira, Kaedeyama, Umayji, Hakka …

Gesteinsschichten
Namito, Shiro Suita, Awesedo, Tomae etc.
Steine aus einer Schicht, zB 1m voneinander entfernt, können teils sehr unterschiedlich sein:
Weicher, sanftes/cremiges Schleifgefühl und doch sehr hart, langsam, etwas schneller. Mehr/weniger Schleifschlamm (viel kann gut zum Polieren sein bzw. den Schleifvorgang beschleunigen,
sind nicht immer die feinsten, weniger kann gut für eine höhere Schärfe sein – viele „kanns, die nicht immer zutreffen können.

Merkmale
Iromono, Kiita, Renge, Nashi, Karasu (Krähenmuster) etc. Also kleine/mittlere Punkte, fleckige Muster, Streifen, …

Farbe des Steines
Ao (dunkelblau), Mizu Asagi (wasserblau), Shiro (weiß) kuro (schwarz) etc.

Es gibt noch ein paar Merkmale, doch das wäre hier to much.

Wie ich einen willhaben Jnat u.a. beurteile.
Gute, ausreichende Beschreibung bei einem vertrauensvollen Händler. Ggf. nachfragen.
Sichtbare Linien, Rillen sollten beim Schleifvorgang nicht stören, sollten auch nicht toxisch sein.
Die größten, teuersten, seltensten, begehrtesten, schönsten mit super Beschreibungen sind nicht immer die geeignetsten.
So mancher ausgenudelte Jnat ist nicht immer der schlechteste. Wurde zumindest über Jahre hinweg mit zufriedenstellenden Ergebnis genutzt.
Bauchgefühl.

Danke, wer es bis hier geschafft hat.
Grüße aus dem Jnat rabbit hole, neko

Hier noch ein paar meiner aktuellen Jnats.

Aiiwatani Iromono
49206471tv.jpg


Narutaki Asagi
49206469yd.jpg


Awasedo (einfach, sehr effektiv)
49206468vw.jpg


Maruoyama Shiro Suita
49206481qp.jpg


Nakayama Mizu Asagi
49206470ub.jpg
 
Zuletzt bearbeitet:
Hallo Peter,

vielen Dank für die Einführung in dieses faszinierende rabbit hole, in das ich auch vor kurzem gefallen bin 🤗
Vor allem die Herausforderung herauszufinden was wie funktioniert. Welcher Stein eignet sich für welchen Zweck ... ein sehr verzweigtes Labyrinth.
Bei den synthetischen Steinen ist das deutlich einfacher.

Viele Grüße
Rainer
 
Moin

Mein Senf zu J-Nats .

- Lange nicht jeder Stahl profitiert !
- Nichts für Anfänger ( sorry , aber hier sind die Ergebnisse meistens Zufall ) Man sollte wirklich wissen was da passiert
- So einen Stein MUSS man erlernen...man kann verschiedene gewünschte Ergebnisse erreichen...z.B. durch Slurry , Druck und sogar Schleifrichtung.
- Viel Geld ...ist KEINE Garantie....jede Schicht im Stein kann sich ganz anders verhalten
- Mit System deutlich einfacher zu handhaben

Was ist denn das Geheimnis...warum so beliebt ?

Im Gegensatz zu den " Kunststeinen " sind J-Nats nicht gleichmäßig mit Schleifmitteln bestückt.
Das Ergibt in der Küche eine schon " snappy " Schärfe auch Bein Körnungen um die 6-8 K.....mehr ist nur bei Sonderanwendungen sinnvoll

Einen Top Stein...wie meine...z.B. Ohira Suita AO Renge ( na...habt ihr Neko's Bericht gelesen ) kostet heute in gutem Format und Qualität locker vierstellig .
Für die klassischen Japanstähle Aogamie , Shirogamie...aber auch ein paar PM Stähle bekommen ein tolles Ergebnis .
Manche Superstähle die ich zum schärfen hatte , haben einen zu hohen Wolframanteil...das artet in richtig Arbeit aus....weil man da extrem sauber vorarbeiten muss.
Das empfehle ich nicht......


Jeder wie er mag....aber eher was für Vollnnerds , wie mich


Gruss

Micha
 
Servus @knifeaddict Micha.

Danke für deine Ergänzungen. Wollte es nicht zu komplimifiziert machen und die Kiste der Pandorra öffnen.

Gruß an den Vollnerd vom Vollnerd :ROFLMAO:
 
Vielen Dank für den sehr informativen Beitrag!
Welchen der oben gezeigten Steine würdest Du einem Einsteiger empfehlen? Oder ist das schon zu einfach gedacht?

Die Faszination kann ich ein Stück weit nachvollziehen, aber bislang war mir die Einstiegshürde für einen JNat zu groß.
Einen Synthetikstein (wie Naniwa Pro, Shapton, oder wie sie alle heißen...) kann ich auf Verdacht kaufen, und wenn ich merke, dass er nicht der richtige ist, verkaufe ich ihn ein halbes Jahr später mit geringem Wertverlust wieder. Einen Käufer für einen gebrauchten JNat zu finden stell ich mir schwierig vor...

Gruß, Andreas
 
An @AJK

Der Einstieg in Natursteine muss nicht in Japan sein. Es gibt Natursteine in weich bis Glashart.
Zum testen für den Anfang für Kochmesser

- Gelber belgischer Brocken ca.100.-
- Arkansas " Surgical black " oder Transulent ( die gehen auch mit Öl )..der Black gibt Monsterschärfe ca100.-
- Thüringer ...gibt es ab 50.- , die haben sehr viel Slurry....super für " Kasumi " oder Rasiermesser .
- der Wakasa...gibt es in schön groß...bis 10K...schön für Spiegelpolitur...ca. 100.-

Sonst gebe ich dir natürlich recht ....Naniwa und co...wird man easy wieder los

Gruss

Micha
 
- Gelber belgischer Brocken ca.100.-
Mit einem kleinen gelben belgischen Brocken habe ich vor vielen Jahren angefangen :)
Außer dass er zu klein ist, finde ich ihn, was Schärfe und Schleifgefühl angeht super.
Die Enttäuschung kam, als ich mir für viel Geld einen großformatigen gekauft habe. Leicht kratzig und bringt lange nicht die Schärfe, die ich gewohnt war. Scheint da also auch große Qualitätsunterschiede zu geben...
 
An @AJK

Der Einstieg in Natursteine muss nicht in Japan sein. Es gibt Natursteine in weich bis Glashart.
Zum testen für den Anfang für Kochmesser

- Gelber belgischer Brocken ca.100.-
- Arkansas " Surgical black " oder Transulent ( die gehen auch mit Öl )..der Black gibt Monsterschärfe ca100.-
- Thüringer ...gibt es ab 50.- , die haben sehr viel Slurry....super für " Kasumi " oder Rasiermesser .
- der Wakasa...gibt es in schön groß...bis 10K...schön für Spiegelpolitur...ca. 100.-

Sonst gebe ich dir natürlich recht ....Naniwa und co...wird man easy wieder los

Gruss

Micha
Moin

Da meinst du aber einen der neueren thüringer oder?
Die guten alten gehen ja für teils, in meinen Augen, utopische Preise in der Bucht über die Ladentheke. Oder kannst du da helfen nen alten zu finden für einen guten Preis?

Gruß
Patrick
 
Anscheinend gibt's auch diese neuen Thüringer gar nicht mehr. Statt dem anthrazitfarbenen Naturstein, den ich auch habe und den du bestimmt meinst, gibt es jetzt einen beigen Kunststein unter diesem Namen.

Der anthrazitfarbene Thüringer ist einer der wenigen Natursteine, die ich tatsächlich gelegentlich nutze. Keine Ahnung, ob die alten Thüringer sooo viel besser waren, aber ich mag ihn sehr. Nicht zu hart und anfängertauglich, für einen derart feinen Naturstein recht schnell schleifend.
 
Anscheinend gibt's auch diese neuen Thüringer gar nicht mehr. Statt dem anthrazitfarbenen Naturstein, den ich auch habe und den du bestimmt meinst, gibt es jetzt einen beigen Kunststein unter diesem Namen.
Ich hab im August 2023 den letzten 250x75x20 Thüringer bei Herr Rückewold bestellt, in dem Steinbruch hat sich keine Firma mehr gefunden für weiter abzubauen nachdem der Inhaber von MST (Müller Schleiftechnik) verstorben ist.

Für meine Shiro-/Aogami nutze ich den gerne als TouchUp, hab eine 5mm Gummimatte drunter geklebt so liegt er immer griffbereit bei der Fensterbank. Finde die Dimensionen toll, auch wenn er deutlich langsamer abträgt als ein Shapton Pro 8k.

Der Nakayama Mizu Asagi von Neko war echt eine tolle Erfahrung mal zu testen. Ganz was anderes als der Thüringer, kein Vergleich zum Shapton. Ich kann die Faszination verstehen, konnte mich noch zurück halten selbst einen Jnat zu kaufen. Iiirrrrrrgendwann vielleicht 🤣
 
Anscheinend gibt's auch diese neuen Thüringer gar nicht mehr. Statt dem anthrazitfarbenen Naturstein, den ich auch habe und den du bestimmt meinst, gibt es jetzt einen beigen Kunststein unter diesem Namen.

Der anthrazitfarbene Thüringer ist einer der wenigen Natursteine, die ich tatsächlich gelegentlich nutze. Keine Ahnung, ob die alten Thüringer sooo viel besser waren, aber ich mag ihn sehr. Nicht zu hart und anfängertauglich, für einen derart feinen Naturstein recht schnell schleifend.
So wie ich gehört habe sollen die alten Thüringer mit jnats mithalten können.
Bei den belgischen brocken ist die Qualität ja auch mittlerweile sehr schwammig/durchwachsen im Vergleich zu früher.
 
Bei den belgischen brocken ist die Qualität ja auch mittlerweile sehr schwammig/durchwachsen im Vergleich zu früher.
Nö, die Dinger wurden vor Millionen Jahren gebildet, es gibt keinen Grund, warum ein Abbaudatum, dass sich um ein paar Jahrzehnte unterscheidet, darauf Einfluss haben sollte. Auch wenn es einen prominenten Vertreter dieser Meinung in der deutschsprachigen Messercommunity gibt.

Erschöpft sind die Brüche nicht. Allenfalls ist es schwieriger, den passenden Stein für den Anwendungszweck zu finden, da der aktuelle Betreiber Ardennes Coticule die Steine nicht mehr nach Schicht, aus der sie abgebaut wurden, vermarktet. Aber mit breiter Streuung bei Natursteinen lebt man ja auch bei anderen Herkünften als Belgien
 
Nö, die Dinger wurden vor Millionen Jahren gebildet, es gibt keinen Grund, warum ein Abbaudatum, dass sich um ein paar Jahrzehnte unterscheidet, darauf Einfluss haben sollte. Auch wenn es einen prominenten Vertreter dieser Meinung in der deutschsprachigen Messercommunity gibt.

Erschöpft sind die Brüche nicht. Allenfalls ist es schwieriger, den passenden Stein für den Anwendungszweck zu finden, da der aktuelle Betreiber Ardennes Coticule die Steine nicht mehr nach Schicht, aus der sie abgebaut wurden, vermarktet. Aber mit breiter Streuung bei Natursteinen lebt man ja auch bei anderen Herkünften als Belgien
Was ist denn jetzt richtig? Muss ja irgendwas dran sein wenn sich so ein "Gerücht" oder Mutmaßung so lange schon hält. Oder liegt das wirklich einfach nur daran das der Betreiber nun anders bewertet/vermarktet?
 
Guten Morgen,
ich besitze und nutze seit Jahren japanische und belgische Natursteine und muss mich wahrscheinlich in die Gruppe der Nerds einreihen.
Zu den Belgiern: es gibt unterschiedliche Adern, deren Härte und Granatanteil variiert- allerdings kann man auch nicht alle Steine einer Ader gleichsetzen.
Mein interessantester Belgier wurde noch Untertage abgebaut und wurde als Antikstein vom Verkäufer beschrieben. Sehr spannende Geschichte.
Die Belgier setzen die fast runden Granate beim Schleifen frei, was eine geschlossene Rasiermesserschärfe bringt.
Bei Küchenmessern nehme ich sie auch gerne, vermeide aber ein langes Schärfen, um den Biss ( "Tomatenhautschärfe") nicht wegzuarbeiten.
Ich habe die Diskussionen über das Horl-Schleifen u.a. deswegen auch gerne verfolgt, weil die Belgier da wieder zu Ehren kamen. (Noch mal Danke an Doldini für seine Beiträge!!!)
Ich mag sie sehr gerne auch für Küchenmesser- sie sind eine Alternative zu den Japanern, aber man muss- wie auch die Japaner- verstehen, damit umzugehen. Die Übung bringt es dann.
 
Nun möchte ich auch mal eine Lanze für Natursteine brechen. Meist lese ich über japanische Steine, aber steine aus anderen Ländern werden selten erwähnt.
Ich habe einige steine aus china, die recht brauchbar sind. Einmal ein sungari, der hat etwa 6-8k, dann einen mittelfeinen sandstein mit etwa 600 bis 800 körnung, dann einen weiteren gelben naturstein mit etwa 1k und einen sandstein, dessen körnung ich schwer schätzen kann. Die steinsorten kann ich leider nicht nennen. Der gelbe stein war nur bei einem händler zu bekommen, aber dieser scheint nun nicht mehr nach europa liefern zu wollen.
Es scheint weitere gute steine aus china zu geben, nur sind diese über ali express nicht zu bekommen.
Dann gibt es noch von Marc Rollin grüner und Schwarzer Schatten, sehr fein.
Zum polieren hsbe ich einen grünen Acat block, sehr langsam aber nette spielerei.
Von den thüringern habe ich zwei stück letzts jahr noch kaufen können.
Antike Thüringer gehen zu unverschämten preisen weg.

Ich hätte gerne noch einen stein aus kreta, aber brauchbare quellen nicht gefunden.
Gossauer sandstein wäre fein, wird aber eventuell nicht mehr verkauft.
 
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