Joel Grandjean „Le Phaco“ - Warzenschweinjäger vom Feinsten

pebe

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Joel Grandjean - Chasseur Phacochère

In 2024 hatte ich ja ganz schön gewütet. Messertechnisch. Ein nobler Linerlock mit weißem Zahnmaterial sollte her.

Es wurde eine lange und am Ende auch recht teure Reise, weil mir unterwegs immer wieder andere besondere Messer in die Hände fielen. 😋

Finalement. Das ist er nun. Der Phaco von Joel Grandjean.

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Der Phaco ist zunächst nach Form und Größe praktisch identisch zu seinem leichteren Bruder mit Kastanienholz und Heimskringla Damast.

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Die Klinge ist jedoch einen Milimeter kürzer, also nun 8,9cm bei gleicher Stärke von 3,2mm.

Und. Wir haben hier den Damasteel Große Rosen.

Großen Rosen gehört zu den beliebtesten Damastmustern. Vermutlich auch, weil deren Linienmuster am meisten der gängigen Vorstellung von klassischem Damast entspricht.

Das Muster des Große Rosen ist etwas weniger regelmäßig wie Kleine Rosen, jener ist der Damast, den Perceval für die L08 Serie verwendet und besser zu kleineren, schmalen Klingen passt.

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Wie gehabt. Die Klingehöhe an der breitesten Stelle beträgt 2,7cm. Und. Durch das plus an Klingenhöhe gegenüber einem L08, kommt trotz stärkerer Klinge dennoch eine vergleichbar dünne Fase unten an.

Vielleicht nicht ganz, aber doch in der gleichen Kategorie. Schneidteufel.

Genau. Die Klinge steht auch hier perfekt mittig, null Spiel und läuft so leichtfüßig auf den Kugellagern, dass der §42 für Zweihändige wackelt. Hab‘ ich‘s schon erwähnt? Washer wären mir dennoch lieber. 😔

Aber dann. Endlich. Griffschalen aus Phacochère. Dem Zahn eines Warzenschweines.

Beide Seiten gleichermaßen verzückend. Was bei Horn, Mammut & Co. eher selten der Fall ist.

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Das afrikanische Warzenschwein ist der wildere Bruder unseres europäischen Wildschweines. Und. Er hat die größeren Eckzähne.

Meist verbleiben typische, leicht farbliche Bereiche und Schattierungen nach der Verarbeitung, sodaß sich ein Phaco als solches zu erkennen gibt.

Ein wirklich traumhaft schönes und fein anzufassendes Griffmaterial.

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Here we go.

Der technische Unterschied zu meiner leichten Kastanienwurzelversion sind zweierlei Dinge.

Zum einen ist beim Phaco eine rote Einlage aus Fibermaterial zwischen Zahn und Titanlinern verbaut, zum anderen ist der Backspacer aus Vollmetall. Voilà!


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Zusätzlich sind die Scales stellenweise etwas dicker, dabei aber auch etwas stärker ausgeformt.

Insgesamt etwa 1mm mehr Breite durch die roten Einlagen und nochmal gut 1-2 mm durch die Griffschalen.

Hier kann man den fühlbar üppigeren Aufbau an den Klingenwurzeln ganz gut erkennen.

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Und. Das Ganze wird natürlich auch schwerer.

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Während die 81g der Kastanie schon Kategorie Leichtbau sind, liegen die 112g vom Phaco dann doch leicht ausserhalb VirgilWeight, der amtlichen 100g Grenze.

Andererseits ist das noch ähnlich weit von der Klappmesser Oberkante eines Sebenza Micarta mit rund 135g entfernt und bleibt letztlich auf Rufweite des „Erträglichen“.

Jedenfalls. Der Phaco füllt sich ungleich stabiler und sattsamer in der Hand an - mehr noch als das genannte Sebenza. Kompaktes rock-solid-feeling pur.

Zum Thema Linerausschnitt. Joel nimmt hier der roten Einlage nochmal deutlich Material weg, damit der Liner problemlos zur Seite gedrückt werden kann.


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Im Gegensatz zum Grösche funktioniert hier das Lösen dann auch tatsächlich immer und ohne jegliche Hakelei.

Und verschont nun die Scales vor riskanten Ausfräsungen, trägt allerdings damit auch ein bisschen zum Mehrgewicht bei.

Mir gefällt diese Konstruktion mit der Einlage deutlich besser, auch wenn ich immer noch lieber auf die Ausdünnung verzichten würde. Aber. Geschenkt.

Die Konstruktion Linerlock bleibt hier mit dem metallischen Backspacer optisch noch mehr auf der klassischen Slipjoint Seite. Optimiert wird die Täuschung durch das Fehlen eines Griffschalenausschnitts zum Lösen des Locks.

Und. Phacochère ist ein prächtiges Griffmaterial. Für mich gehört ein eleganter Damast dazu, weil die Kombi mit Monostahl etwas blass daher kommt und anderseits patinierte oder auch zu dunkle Klingen aus meiner Sicht etwas zu derb dafür sind. Kann man natürlich auch anders sehen.

Es hat etwas gedauert, bis ich in dieser zwar cleanen aber wenig geradlinigen Formensprache, unabhängig der Ergonomie, einen besonderen, ganz eigenen Charme entdecken konnte.

Das hat beim Phaco ganz sicher auch mit den Materialien und der sattsamen Haptik zu tun.


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Jedenfalls. Der Phaco ist ein Messer, dass man ungern wieder aus den Händen legt.

Er ist nicht nur prächtig anzuschauen, das Format und das Material liegen richtig gschmeidig in der Hand. Der Damast funkelt im Licht - nicht zu fein und auch nicht zu dunkel. C’est superbe!

Da haben wir den Gourmet Salat. Die Kastanie eher für den Perceval Liebhaber, der Phaco eher für die Freunde stabiler Froberg Klapper - wenngleich in Nobelausführung, die es aber auch von Thomas gab.


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Braucht man sowas? Burgherren in direkter Sichtweite der Vogesen in jedem Fall. 😋

Größe, Klingenform und Gewicht sind allgemein gesehen, ziemlich ideal für ein EDC. Der Phaco hat genug Fleisch für Wildschweinjagd wie Kartonschlachten und ist dennoch tischmanierlich fein ausgeschliffen.

Aber nicht nur. Dieser Phaco ist so typisch französisch, wie ich es mir nur wünschen kann.

Feine Schneidkultur für die kulinarischen Gelegenheiten mit allen Attributen der Handwerkskunst. Und das Ganze in einer französischen Eleganz, die locker aus dem Ärmel geschüttelt und nicht aufdringlich gewollt daher kommt. Vive la France!

Linerlock mit Backspacer ist eine eigenständige Bauart, die optisch dem klassischen Slipjoint nahe kommt.

Wem ein Grösche zu schwer, zu schnieke oder auch nur zu teuer ist, findet mit dem Phaco einen ebenso noblen wie tauglichen Begleiter mit dem Zeug zum Gral.

Aber. Genau. Warten wir das große Finale ab - ein Phacochère Spécial ist ja noch in Arbeit.

Euch allen ein schönes Wochenende.

grüsse, pebe
 
Zuletzt bearbeitet:
Wie ich finde eines deiner Schönsten. Und. Die Begeisterung scheint bei dir auch in jedem Satz durch. Hocherfreulich!👌

Die Spannung zum großen Finale steigt!🎉
 
Servus,

wieder mal eine exzellente Vorstellung. Erster Gedanke: Uhh, das ist zu schön um es zu benutzen! Vielleicht als dekadenten Brieföffner, aber nicht von fetter Hartwurst verschmiert. 😌

Na, wirklich sehr ansprechend und die Schlagzahl deiner Extravaganzen ist ständig im steigen.

Weitermachen.

Gruß, güNef
 
Großartiges Messer, deinem Bericht dazu würdig! Das Griffmaterial sieht erstklassig und ausgesucht aus, oftmals sind die Phacos durchaus fleckiger, gerade bei der doch relativen Größe. Es sieht bereits „weich“ wie ein Handschmeichler aus. Stimme dir absolut zu, das helle Material ruft nach Damast zur optimalen Selbstentfaltung, genialer Mix!

Ich käme mit dem PHACO wunderbar klar😜👍. Aber gleich zwei Kompromisse für deine Burg: Gewicht und nun doch einhändig….., bedenklich! 🥹🫢😀 Aber da ist ja noch einer in der Röhre….

Abu
 
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