Torsten hat das Wesentliche schon gesagt. Fehler der vorausgegangenen thermomechanischen Behandlung können durch das Anlassen nicht mehr behoben werden. Ist zum Beispiel durch eine zu hohe Schmiedeendtemperatur grobes Korn entstanden, kann man anlassen, so hoch man will- selbst bei kümmerlicher Härte ist die Zähigkeit gering. Zum Glück kann man solche Fehler aber beseitigen. Durch die erste Härtung ist schon eine Umkörnung und damit eine Kornverfeinerung erfolgt. Bei der von Dir gewählten Stahlkombination wird ein erneutes Härten von der richtigen Temperatur genügen. Bei höher C- haltigen Stählen wäre dagegen vor dem erneuten Härten eine Weichglühbehandlung zur Beseitigung unter Umständen vorliegenden Korngrenzenzementits zu empfehlen.
Beim Anlassen selbst kann man eigentlich nicht viel falsch machen, wenn man die empfohlenen Anlasstemperaturen einhält. Falsch ist in der Regel eine zu hohe Anlasstemperatur. Anlassen über 2oo Grad führt meist wieder zu einem Absinken der Zähigkeitswerte, sodaß empfohlen wird, den Anlassbereich zwischen 22o -3oo Grad zu vermeiden (Bereich sog. Blausprödigkeit) Je nach Stahl und Verwendungszweck ist bei den üblichen Werkzeugstählen für Kaltarbeit ein Anlassen zwischen 18o- 22o Grad zu empfehlen. Ein Abgleich nach den Anlassfarben ist möglich. Allerdings entsprechen die Anlaßfarben nicht exakten Temperaturen, sondern sind ein Produkt aus Anlasstemperatur und -dauer. Bei rostträgen Stählen treten sie wegen der höheren Oxidationsbeständigkeit erst bei etwa den doppelten Temperaturen wie bei üblichen Werkzeugstählen auf.
Noch ein kleiner Tip zur Feststellung der richtigen Härtetemperatur: Bei 768 Grad verliert der Stahl die magnetischen Eigenschaften. Diese Temperatur ist auch als Anhaltspunkt für die Härtung leicht legierter Stähle bestens geeignet.
Eine Sprödigkeit der Klinge insgesamt ist wegen der weicheren Seitenlagen ohnehin nicht zu befürchten.
Ein kleines Beispiel, was mit einfachen Mitteln zu erreichen ist, hat Havard Bergland vor 4 Jahren in Kolbermoor gegeben, wo er seine klassischen, kleinen Norwegerklingen aus Baustahlwinkeln mit einem Kern von1.251o schmiedete. Er schmiedete die Klingen ziemlich auf Endformat, härtete in Öl, machte die Schneide kurz blank und legte die Klinge auf ein größeres Stück Eisen, das er im Feuer mit erhitzt hatte. Sobald die Klinge einen leichten Bronzeton erreicht hatte, kühlte er sie in Wasser ab und hämmerte sie durch einen Eisenstab von 8 x 8 mm. Man hört gelegentlich von noch erstaunlicheren Proben- diese habe ich aber wirklich gesehen ! Viel robuster braucht ein Messer wohl nicht zu sein.
Lass Dich von gelegentlichen kleinen Fehlschlägen nicht entmutigen- weiterhin viel Spaß bei der Arbeit
Ulrich