kup
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Liebe Mitstreiter,
ich möchte hier zwei Solinger Klassiker gegenüberstellen, die auf den ersten Blick große Ähnlichkeiten aufweisen.
Die Solinger Traditionsunternehmen Güde und Robert Herder bieten in ihrem Portfolio zwei klassische Schmalkropfmesser an.
Das Design beider Messer ist eine Homage an früheres Solinger Schmiedehandwerk.
So sahen Kochmesser aus, die vor hundert Jahren in Solingen gefertigt wurden.
Güde hat seine Serie nach dem Firmengründer Karl Güde benannt und als Sonderedition am Markt platziert.
Es soll eine Verbindung zwischen Tradition und Moderne sein.
Eine traditionelle Formgebung als Schmalkropf im Gesenk geschmiedet verbindet sich hier mit dem allseits bekannten rostträgen Solinger Hochleistungsstahl.
Die Fa. Robert Herder hat den Gedanken ebenfalls aufgegriffen, aber wesentlich konsequenter durchdacht.
Hier wurde neben dem alten Design auch die Stahlwahl angepasst. Verwendet wird ein nicht rostfreier Kohlenstoffstahl, so wie es in den Anfängen des vergangenen Jahrhunderts üblich war.
Zur Vorgeschichte:
Anfang November letzten Jahres, angeregt durch Karnstein und Krassi zwei hier bekannte Forumskollegen, machten wir drei also einen Ausflug nach Solingen auf den jährlich im Herbst stattfindenden Messer-Gabel- und Scherenmarkt. Bis auf die zwei großen Solinger Premium Hersteller Zwilling und Wüsthof war alles was Rang und Namen hatte als Aussteller vertreten.
Da ich das Herder 1922 bereits seit über einem Jahr besitze, konnte ich jetzt die Gelegenheit nutzen und am Stand der Fa. Güde die Sonderedition Karl Güde begutachten.
Ich hatte das 260mm große Kochmesser der Serie in den Händen und war direkt begeistert von der tadellosen Verarbeitungsqualität des Messers.
Die saubere Verarbeitung des Griffs hat mich besonders beeindruckt und war im Gegensatz zu einem Herder 1922, das hier bereits im Forum aufgrund seiner oftmals
schlampigen Griffgestaltung zu Recht kritisierten Messers, augenscheinlich wesentlich besser gelöst worden.
Der Kropf des Güde ist auch schmaler gestaltet und hat bei mir direkt den Eindruck erweckt ein ebenso fein ausgeschliffenes
Klingenblatt zu besitzen. Ich war nach einer haptischen Begutachtung der Überzeugung ein von der Schneidfähigkeit ebenbürtiges Pendant zu meinem Herder 1922
in den Händen zu halten. Einziger Unterschied war der rostfreie Stahl. Gekauft habe ich das Messer an diesem Tag nicht, aber es ging mir auch nicht mehr aus dem Kopf.
Kurz und gut. Im internet bestellt und die Ernüchterung folgte postwendend als das Messer ausgepackt wurde.
Vorbei war es mit der Herrlichkeit und dem schönen Schein, der mich in Solingen noch geblendet hatte.
Zu den Messern:
Auf den ersten Blick ein nettes Pärchen
Das Karl Güde hat einen schmaleren Kropf und wirkt dadurch etwas filigraner.
Mit seiner Klingenlänge von 25,5 cm ist es genau 2,5cm länger als das Herder 1922.
Das macht sich auch im Gewicht bemerkbar.
Güde = 258g / Herder = 239g
Die Verarbeitungsqualitat:
Hier folgte die Überraschung auf den Fuß
Was mir sofort auffiel war, dass die Klinge des Güde einen Verzug hatte.
Nach weiterer Begutachtung war auch die Verarbeitung des Griffs kein bisschen besser als die des Herder 1922.
Was war da los ? Hatte ich doch in Solingen ein tadellos verarbeitetes Güde Messer in den Händen gehalten
Hier der Klingenverzug. Sieht dramatischer aus als es in Wahrheit ist.
Der Verzug beträgt im vorderen Bereich der Klinge ungefähr einen guten Milimeter.
Der Griff ist im Gegensatz zum Herder in der Summe schlechter verarbeitet.
Und hier beide nebeneinander:
Und jetzt noch zum Schluss ein kleiner Riss beim Güde, der mir zuerst gar nicht aufgefallen war
Performance und Geometrien:
Zum Abschluss kommen wir zu den wichtigsten Kriterien, die ein gutes Kochmesser ausmachen sollten.
Wie unterschiedlich sind die Geometrien und wie gut schneiden die beiden Messer im Vergleich ?
Ich hatte es Eingangs erwähnt. Das Karl Güde suggeriert wegen seines schmaleren Kropfs eine besondere Schneidfähigkeit.
Hier nochmal ein vergleichendes Bild dazu: Man sieht im Bild u.a. auch, dass die Schneidfase beim Güde deutlich breiter ist.
Die Geometriedaten sind dann eine Offenbarung und lassen beim Karl Güde nichts gutes erahnen.
Das Karl Güde hat im Gegensatz zum Herder 1922 brutal dicke Werte unmittelbar über der Wate und auch 1cm über der Schneide.
So kann ein erster, optischer Eindruck täuschen
Durch den Kropf ist eine Sichtkontrolle des Kehlverlaufs nicht möglich.
Wenn man beide Messer nebeneinander hält fällt der erhebliche Unterschied im Geometrieverlauf gar nicht auf.
Im Gegenteil. Das Karl Güde erweckt durch seinen deutlich schmaleren Kropf einen sehr performanten Eindruck.
Was soll ich sagen... als ich mit beiden Messern geschnitten habe wurde das ganze Ausmaß gewahr.
Das Herder 1922 ist der Sonderedition Karl Güde in allen Belangen haushoch überlegen.
- deutlich bessere Schneidfähigkeit ( aufgrund der dünneren Geometrie )
- viel bessere Schärfbarkeit ( durch den Kohlenstoffstahl )
- höhere Schärfe
Fazit:
Die beiden Messer spielen nicht in derselben Liga. Wer wie ich glaubte ein rostfreies Pendant zum Herder 1922 gefunden zu haben, den muss ich an dieser Stelle leider enttäuschen.
Das Karl Güde hat die typische dicke Solinger Standardgeometrie und ist dem Herder 1922 in seinen Schneideigenschaften klar unterlegen. Wer den Kauf eines Karl Güde Messers anstrebt, sollte sich das zumindest nochmal gut überlegen. Der eklatante Unterschied wird natürlich nur bei harten Wurzelgemüsen besonders deutlich. Auch das einschneiden von frischen Zwiebeln macht keinen Spaß. Ansonsten ist das Karl Güde ein unkaputtbar robustes Küchenwerkzeug. Man sollte dann aber auch die Schwächen des Messer akzeptieren.
Ein kleines Video sagt wie immer mehr als tausend Worte...
Die Möhre hat eine dicke von ca. 3cm...
https://www.youtube.com/watch?v=B1kEtk-8HgE
Gruß, kup
ich möchte hier zwei Solinger Klassiker gegenüberstellen, die auf den ersten Blick große Ähnlichkeiten aufweisen.
Die Solinger Traditionsunternehmen Güde und Robert Herder bieten in ihrem Portfolio zwei klassische Schmalkropfmesser an.
Das Design beider Messer ist eine Homage an früheres Solinger Schmiedehandwerk.
So sahen Kochmesser aus, die vor hundert Jahren in Solingen gefertigt wurden.
Güde hat seine Serie nach dem Firmengründer Karl Güde benannt und als Sonderedition am Markt platziert.
Es soll eine Verbindung zwischen Tradition und Moderne sein.
Eine traditionelle Formgebung als Schmalkropf im Gesenk geschmiedet verbindet sich hier mit dem allseits bekannten rostträgen Solinger Hochleistungsstahl.
Die Fa. Robert Herder hat den Gedanken ebenfalls aufgegriffen, aber wesentlich konsequenter durchdacht.
Hier wurde neben dem alten Design auch die Stahlwahl angepasst. Verwendet wird ein nicht rostfreier Kohlenstoffstahl, so wie es in den Anfängen des vergangenen Jahrhunderts üblich war.
Zur Vorgeschichte:
Anfang November letzten Jahres, angeregt durch Karnstein und Krassi zwei hier bekannte Forumskollegen, machten wir drei also einen Ausflug nach Solingen auf den jährlich im Herbst stattfindenden Messer-Gabel- und Scherenmarkt. Bis auf die zwei großen Solinger Premium Hersteller Zwilling und Wüsthof war alles was Rang und Namen hatte als Aussteller vertreten.
Da ich das Herder 1922 bereits seit über einem Jahr besitze, konnte ich jetzt die Gelegenheit nutzen und am Stand der Fa. Güde die Sonderedition Karl Güde begutachten.
Ich hatte das 260mm große Kochmesser der Serie in den Händen und war direkt begeistert von der tadellosen Verarbeitungsqualität des Messers.
Die saubere Verarbeitung des Griffs hat mich besonders beeindruckt und war im Gegensatz zu einem Herder 1922, das hier bereits im Forum aufgrund seiner oftmals
schlampigen Griffgestaltung zu Recht kritisierten Messers, augenscheinlich wesentlich besser gelöst worden.
Der Kropf des Güde ist auch schmaler gestaltet und hat bei mir direkt den Eindruck erweckt ein ebenso fein ausgeschliffenes
Klingenblatt zu besitzen. Ich war nach einer haptischen Begutachtung der Überzeugung ein von der Schneidfähigkeit ebenbürtiges Pendant zu meinem Herder 1922
in den Händen zu halten. Einziger Unterschied war der rostfreie Stahl. Gekauft habe ich das Messer an diesem Tag nicht, aber es ging mir auch nicht mehr aus dem Kopf.
Kurz und gut. Im internet bestellt und die Ernüchterung folgte postwendend als das Messer ausgepackt wurde.
Vorbei war es mit der Herrlichkeit und dem schönen Schein, der mich in Solingen noch geblendet hatte.
Zu den Messern:
Auf den ersten Blick ein nettes Pärchen
Das Karl Güde hat einen schmaleren Kropf und wirkt dadurch etwas filigraner.
Mit seiner Klingenlänge von 25,5 cm ist es genau 2,5cm länger als das Herder 1922.
Das macht sich auch im Gewicht bemerkbar.
Güde = 258g / Herder = 239g
Die Verarbeitungsqualitat:
Hier folgte die Überraschung auf den Fuß
Was mir sofort auffiel war, dass die Klinge des Güde einen Verzug hatte.
Nach weiterer Begutachtung war auch die Verarbeitung des Griffs kein bisschen besser als die des Herder 1922.
Was war da los ? Hatte ich doch in Solingen ein tadellos verarbeitetes Güde Messer in den Händen gehalten
Hier der Klingenverzug. Sieht dramatischer aus als es in Wahrheit ist.
Der Verzug beträgt im vorderen Bereich der Klinge ungefähr einen guten Milimeter.
Der Griff ist im Gegensatz zum Herder in der Summe schlechter verarbeitet.
Und hier beide nebeneinander:
Und jetzt noch zum Schluss ein kleiner Riss beim Güde, der mir zuerst gar nicht aufgefallen war
Performance und Geometrien:
Zum Abschluss kommen wir zu den wichtigsten Kriterien, die ein gutes Kochmesser ausmachen sollten.
Wie unterschiedlich sind die Geometrien und wie gut schneiden die beiden Messer im Vergleich ?
Ich hatte es Eingangs erwähnt. Das Karl Güde suggeriert wegen seines schmaleren Kropfs eine besondere Schneidfähigkeit.
Hier nochmal ein vergleichendes Bild dazu: Man sieht im Bild u.a. auch, dass die Schneidfase beim Güde deutlich breiter ist.
Die Geometriedaten sind dann eine Offenbarung und lassen beim Karl Güde nichts gutes erahnen.
Das Karl Güde hat im Gegensatz zum Herder 1922 brutal dicke Werte unmittelbar über der Wate und auch 1cm über der Schneide.
So kann ein erster, optischer Eindruck täuschen
Durch den Kropf ist eine Sichtkontrolle des Kehlverlaufs nicht möglich.
Wenn man beide Messer nebeneinander hält fällt der erhebliche Unterschied im Geometrieverlauf gar nicht auf.
Im Gegenteil. Das Karl Güde erweckt durch seinen deutlich schmaleren Kropf einen sehr performanten Eindruck.
Was soll ich sagen... als ich mit beiden Messern geschnitten habe wurde das ganze Ausmaß gewahr.
Das Herder 1922 ist der Sonderedition Karl Güde in allen Belangen haushoch überlegen.
- deutlich bessere Schneidfähigkeit ( aufgrund der dünneren Geometrie )
- viel bessere Schärfbarkeit ( durch den Kohlenstoffstahl )
- höhere Schärfe
Fazit:
Die beiden Messer spielen nicht in derselben Liga. Wer wie ich glaubte ein rostfreies Pendant zum Herder 1922 gefunden zu haben, den muss ich an dieser Stelle leider enttäuschen.
Das Karl Güde hat die typische dicke Solinger Standardgeometrie und ist dem Herder 1922 in seinen Schneideigenschaften klar unterlegen. Wer den Kauf eines Karl Güde Messers anstrebt, sollte sich das zumindest nochmal gut überlegen. Der eklatante Unterschied wird natürlich nur bei harten Wurzelgemüsen besonders deutlich. Auch das einschneiden von frischen Zwiebeln macht keinen Spaß. Ansonsten ist das Karl Güde ein unkaputtbar robustes Küchenwerkzeug. Man sollte dann aber auch die Schwächen des Messer akzeptieren.
Ein kleines Video sagt wie immer mehr als tausend Worte...
Die Möhre hat eine dicke von ca. 3cm...
https://www.youtube.com/watch?v=B1kEtk-8HgE
Gruß, kup
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