Taperedtang
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Hallo,
ich wünsche allen ein gutes, erfolgreiches und gesundes Jahr 2021!
Inzwischen habe ich die Auffassung: „Es gibt keinen schlechten oder guten Stahl, sondern es gibt nur Stähle die für die eine oder andere Aufgabe besser oder schlechter geeignet sind.“
In den letzten Jahren hat sich bei mir Einiges an unterschiedlichen Stählen angesammelt. U. a. habe ich noch 2 Stücke 1.4112 (440 B) entdeckt. Zum Bereich der 440er Stähle gehören u. a. auch die Stähle 440 A (1.4110), 440 B (1.4112), und 440 C (1.4125). Sie unterscheiden sich im Wesentlichen in ihrem unterschiedlichem Kohlenstoffgehalt. Sie erfreuten sich ab den 70er/80er Jahren großer Beliebtheit und wurden damals als Top Messerstähle betrachtet und werden bis heute verwendet. Heute werden insbesondere der 440 A und der 440 C im großen Feld der günstigen Industriemesser eingesetzt. Aber auch der eine oder andere Messermacher baut noch heute Messer aus 1.4112 oder 1.4125 Stahl.
Zusammensetzung der Stähle:
440 A: 0,48 – 0,60 C, 0,00 – 1.00 Si, 0,00 – 1,00 Mn, 0,00 – 0,040 P, 0,00 – 0,015 S, 13,0 – 15,0 Cr, 0,50 – 0,80 Mo, 0,00 – 0,15 V
440 B: 0,85 - 0,95 C, 0,00 – 1.00 Si, 0,00 – 1,00 Mn, 0,00 – 0,040 P, 0,00 – 0,015 S, 17,0 – 19,0 Cr, 0,90 -1,30 Mo, 0,07 – 0,12 V
440 C: 0,95 - 1,20 C, 0,00 – 1.00 Si, 0,00 – 1,00 Mn, 0,00 – 0,04 P, 0,00 – 0,04 S, 16,0 – 18,0 Cr, 0,40 -0,80 Mo
Der von mir verwendete 1.4112 (440 B) ist wie folgt legiert:
0,93 C, 0,34 Si, 0,36 Mn, 18,65 Cr, 1,2 Mo, 0,09 V
erreicht also fast den unteren Kohlenstoffgehalt eines 440 C
Ein Stahlhersteller beschreibt den 1.4112 wie folgt:
„Der Werkstoff 1.4112 ist ein martensitischer Chrom-Stahl mit außergewöhnlich hoher Verschleißfestigkeit. Dank seiner mechanischen Eigenschaften wird dieser Kaltarbeitsstahl typischerweise als Messerstahl eingesetzt.
Eigenschaften: sehr gute Polierbarkeit, gute mechanische Eigenschaften, hohe Verschleißfestigkeit, mittlere Zerspanbarkeit, sehr schlechte Schweißbarkeit. Für den Bereich Kaltarbeit, der durch Wärmebehandlung eine für korrosionsbeständige Stähle ungewöhnlich hohe Härte und Verschleißfestigkeit erhält.“
Der 1.4112 ist, aus meiner Sicht, für Jagdmesser gut geeignet. Er hat sich über viele Jahrzehnte als Messerstahl bewährt. Durch seine relativ großen Karbide ist er (wie auch ganz besonders 1.2695 aber auch ATS 34, RWL34, D2, die Aufzählung könnte beliebig weitergeführt werden), für den im jagdlichen Gebrauch überwiegend eingesetzten Zugschnitt, gut geeignet. Seine Schneidkantenstabilität liegt aufgrund seiner Zusammensetzung unter einem 14C28N oder auch anderen feinkörnigen Stählen, ist aber mMn für den von mir vorgesehenen Verwendungszweck absolut zufriedenstellend. Er ist gut schnitthaltig und erreicht eine gute Schärfe. Ich habe mich entschieden den Stahl auf „nur“ 58° HRc härten zu lassen, um etwas mehr Zähigkeit zu erreichen und leichtes und schnelles Nachschärfen zu ermöglichen. Der 1.4112 kann auch ohne Probleme bis 60° HRc gehärtet werden. Der leider viel zu früh verstorbene Wolf Borger hat diesen Stahl auch gerne verwendet und hat in den 80er/90er Jahren u. a. etliche „Rambo-Messer“ daraus gebaut“.
Die Bearbeitung von 1.4112 ist nicht besonders schwer ist aber vom Bearbeitungsniveau eines N690 oder SB1 nicht sehr weit entfernt. Es ist empfehlenswert, sollte man mit der Feile arbeiten, die Feile häufiger mit der Feilenbürste zu reinigen. Ich habe immer wieder festgestellt, dass durch sich lösende Metallpartikel aus der Feile, beim Feilen tiefe Riefen entstehen können, die man dann wieder mühsam entfernen muss. Das passiert zwar auch bei anderen Stählen beim 1.4112 ist es aber mMn besonders auffällig.
Die Bearbeitung der Griffschalen aus Kirinite macht Spaß. Es ist ein wirklich gut zu bearbeitendes Material. Dieses zäh, harte Material lässt sich gut feilen, schleifen und polieren. Man sollte nur darauf achten, dass Kirinite nicht zu heiß wird sonst „verschmiert“ es und man muss erneut schleifen. Kirinite kann ohne Probleme von Matt bis Hochglanz gefinisht werden.
Nach Überlegung was für ein Messer ich aus dem 1.4112 Stahl bauen soll, habe ich mich für einen kleinen Skinner entschieden. Für diejenigen die nicht jagen: Ein Skinner wird zum „aus der Decke schlagen“, „abbalgen“, „abschwarten“ eingesetzt. Das bedeutet, dass mit diesem Messer das Fell (Balg z.B. Fuchs, Decke z.B. Reh, Schwarte z.B. Wildschwein) vom Wildkörper entfernt wird.
Nun zum Messer:
Für mich war wichtig:
Rostträge, da in feuchter, nasser Umgebung eingesetzt (Blut jagdl. „Schweiß“) und vielleicht von jemandem eingesetzt, der keine Ahnung oder kein Interesse an Messerpflege hat.
Für weiches bis zähes Schnittgut geeignet (Haut, Fett, Sehnen, Knorpel).
Leicht, um lange damit ermüdungsfrei zu arbeiten.
Leicht zu reinigen, hygienisch (deshalb Griff aus Kirinite).
Ergonomischer, gut in der Hand liegender Griff.
Leicht schärfbar und es muss eine, für die vorgesehene Aufgabe zweckmäßige Schärfe, realisierbar sein.
Darüber hinaus soll es klein und handlich sein, da es als Skinner neben dem „normalen“ größeren Jagdmesser bzw. als Backup oder EDC eingesetzt werden soll.
Zu den Daten:
Gesamtlänge: 15,4 cm
Klingenlänge: 6,5 cm
Klingenbreite: max. 30 mm
Klingenstärke: max. 2,3 mm
Stahl: 1.4112 58° HRc
Griff: Kirinite Hot fudge mit 2 x 4 mm Kupferpins und einer 8 mm Fangriemenöse aus Kupfer befestigt.
Gewicht: 82 g
Spannend könnte auch ein zukünftiger Vergleich zwischen SHV X90CrMoV18-1-1 und 440 B X90CrMoV18 werden den ich, wenn ich Zeit habe, durchführen werde.
Abschließend noch eine Bemerkung zur Stahlwahl, man könnte jetzt die Frage stellen: Warum hast du keinen RWL 34, Elmax, 14C28N etc… verwendet? Ganz einfach, weil ich keine Lust dazu hatte! Den 1.4112 halte ich für geeignet, sicherlich gibt es Stähle, die die geplante Aufgabe in gewissen Nuancen noch besser bewältigen, der 1.4112 kann das aber auch ohne zu enttäuschen (eigene Erfahrung). Man mag auch nicht jeden Tag Kaviar essen, manchmal hat man auch Lust auf ein Leberwurstbrot - ich zumindest.
Grüße
Matthias
ich wünsche allen ein gutes, erfolgreiches und gesundes Jahr 2021!
Inzwischen habe ich die Auffassung: „Es gibt keinen schlechten oder guten Stahl, sondern es gibt nur Stähle die für die eine oder andere Aufgabe besser oder schlechter geeignet sind.“
In den letzten Jahren hat sich bei mir Einiges an unterschiedlichen Stählen angesammelt. U. a. habe ich noch 2 Stücke 1.4112 (440 B) entdeckt. Zum Bereich der 440er Stähle gehören u. a. auch die Stähle 440 A (1.4110), 440 B (1.4112), und 440 C (1.4125). Sie unterscheiden sich im Wesentlichen in ihrem unterschiedlichem Kohlenstoffgehalt. Sie erfreuten sich ab den 70er/80er Jahren großer Beliebtheit und wurden damals als Top Messerstähle betrachtet und werden bis heute verwendet. Heute werden insbesondere der 440 A und der 440 C im großen Feld der günstigen Industriemesser eingesetzt. Aber auch der eine oder andere Messermacher baut noch heute Messer aus 1.4112 oder 1.4125 Stahl.
Zusammensetzung der Stähle:
440 A: 0,48 – 0,60 C, 0,00 – 1.00 Si, 0,00 – 1,00 Mn, 0,00 – 0,040 P, 0,00 – 0,015 S, 13,0 – 15,0 Cr, 0,50 – 0,80 Mo, 0,00 – 0,15 V
440 B: 0,85 - 0,95 C, 0,00 – 1.00 Si, 0,00 – 1,00 Mn, 0,00 – 0,040 P, 0,00 – 0,015 S, 17,0 – 19,0 Cr, 0,90 -1,30 Mo, 0,07 – 0,12 V
440 C: 0,95 - 1,20 C, 0,00 – 1.00 Si, 0,00 – 1,00 Mn, 0,00 – 0,04 P, 0,00 – 0,04 S, 16,0 – 18,0 Cr, 0,40 -0,80 Mo
Der von mir verwendete 1.4112 (440 B) ist wie folgt legiert:
0,93 C, 0,34 Si, 0,36 Mn, 18,65 Cr, 1,2 Mo, 0,09 V
erreicht also fast den unteren Kohlenstoffgehalt eines 440 C
Ein Stahlhersteller beschreibt den 1.4112 wie folgt:
„Der Werkstoff 1.4112 ist ein martensitischer Chrom-Stahl mit außergewöhnlich hoher Verschleißfestigkeit. Dank seiner mechanischen Eigenschaften wird dieser Kaltarbeitsstahl typischerweise als Messerstahl eingesetzt.
Eigenschaften: sehr gute Polierbarkeit, gute mechanische Eigenschaften, hohe Verschleißfestigkeit, mittlere Zerspanbarkeit, sehr schlechte Schweißbarkeit. Für den Bereich Kaltarbeit, der durch Wärmebehandlung eine für korrosionsbeständige Stähle ungewöhnlich hohe Härte und Verschleißfestigkeit erhält.“
Der 1.4112 ist, aus meiner Sicht, für Jagdmesser gut geeignet. Er hat sich über viele Jahrzehnte als Messerstahl bewährt. Durch seine relativ großen Karbide ist er (wie auch ganz besonders 1.2695 aber auch ATS 34, RWL34, D2, die Aufzählung könnte beliebig weitergeführt werden), für den im jagdlichen Gebrauch überwiegend eingesetzten Zugschnitt, gut geeignet. Seine Schneidkantenstabilität liegt aufgrund seiner Zusammensetzung unter einem 14C28N oder auch anderen feinkörnigen Stählen, ist aber mMn für den von mir vorgesehenen Verwendungszweck absolut zufriedenstellend. Er ist gut schnitthaltig und erreicht eine gute Schärfe. Ich habe mich entschieden den Stahl auf „nur“ 58° HRc härten zu lassen, um etwas mehr Zähigkeit zu erreichen und leichtes und schnelles Nachschärfen zu ermöglichen. Der 1.4112 kann auch ohne Probleme bis 60° HRc gehärtet werden. Der leider viel zu früh verstorbene Wolf Borger hat diesen Stahl auch gerne verwendet und hat in den 80er/90er Jahren u. a. etliche „Rambo-Messer“ daraus gebaut“.
Die Bearbeitung von 1.4112 ist nicht besonders schwer ist aber vom Bearbeitungsniveau eines N690 oder SB1 nicht sehr weit entfernt. Es ist empfehlenswert, sollte man mit der Feile arbeiten, die Feile häufiger mit der Feilenbürste zu reinigen. Ich habe immer wieder festgestellt, dass durch sich lösende Metallpartikel aus der Feile, beim Feilen tiefe Riefen entstehen können, die man dann wieder mühsam entfernen muss. Das passiert zwar auch bei anderen Stählen beim 1.4112 ist es aber mMn besonders auffällig.
Die Bearbeitung der Griffschalen aus Kirinite macht Spaß. Es ist ein wirklich gut zu bearbeitendes Material. Dieses zäh, harte Material lässt sich gut feilen, schleifen und polieren. Man sollte nur darauf achten, dass Kirinite nicht zu heiß wird sonst „verschmiert“ es und man muss erneut schleifen. Kirinite kann ohne Probleme von Matt bis Hochglanz gefinisht werden.
Nach Überlegung was für ein Messer ich aus dem 1.4112 Stahl bauen soll, habe ich mich für einen kleinen Skinner entschieden. Für diejenigen die nicht jagen: Ein Skinner wird zum „aus der Decke schlagen“, „abbalgen“, „abschwarten“ eingesetzt. Das bedeutet, dass mit diesem Messer das Fell (Balg z.B. Fuchs, Decke z.B. Reh, Schwarte z.B. Wildschwein) vom Wildkörper entfernt wird.
Nun zum Messer:
Für mich war wichtig:
Rostträge, da in feuchter, nasser Umgebung eingesetzt (Blut jagdl. „Schweiß“) und vielleicht von jemandem eingesetzt, der keine Ahnung oder kein Interesse an Messerpflege hat.
Für weiches bis zähes Schnittgut geeignet (Haut, Fett, Sehnen, Knorpel).
Leicht, um lange damit ermüdungsfrei zu arbeiten.
Leicht zu reinigen, hygienisch (deshalb Griff aus Kirinite).
Ergonomischer, gut in der Hand liegender Griff.
Leicht schärfbar und es muss eine, für die vorgesehene Aufgabe zweckmäßige Schärfe, realisierbar sein.
Darüber hinaus soll es klein und handlich sein, da es als Skinner neben dem „normalen“ größeren Jagdmesser bzw. als Backup oder EDC eingesetzt werden soll.
Zu den Daten:
Gesamtlänge: 15,4 cm
Klingenlänge: 6,5 cm
Klingenbreite: max. 30 mm
Klingenstärke: max. 2,3 mm
Stahl: 1.4112 58° HRc
Griff: Kirinite Hot fudge mit 2 x 4 mm Kupferpins und einer 8 mm Fangriemenöse aus Kupfer befestigt.
Gewicht: 82 g
Spannend könnte auch ein zukünftiger Vergleich zwischen SHV X90CrMoV18-1-1 und 440 B X90CrMoV18 werden den ich, wenn ich Zeit habe, durchführen werde.
Abschließend noch eine Bemerkung zur Stahlwahl, man könnte jetzt die Frage stellen: Warum hast du keinen RWL 34, Elmax, 14C28N etc… verwendet? Ganz einfach, weil ich keine Lust dazu hatte! Den 1.4112 halte ich für geeignet, sicherlich gibt es Stähle, die die geplante Aufgabe in gewissen Nuancen noch besser bewältigen, der 1.4112 kann das aber auch ohne zu enttäuschen (eigene Erfahrung). Man mag auch nicht jeden Tag Kaviar essen, manchmal hat man auch Lust auf ein Leberwurstbrot - ich zumindest.
Grüße
Matthias
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