Kleiner Vorzeigethread

Wenn man einmal etwas Neues probiert hat, dann reizt man es gerne immer weiter aus, um herauszufinden, wo das Limit ist. So war es bei mir mit Griffschnitzereien. Bei diesem Messer habe ich sowohl geübt, als auch getestet, wie viel zu viel wäre und die Grenze für mein ästhetisches Empfinden gefunden. Mehr wäre zu viel. Gleichzeitig sollte das Ganze aber auch einen Zweck dienen und den erfüllt es vorbildlich, denn das Messer liegt wunderbar sicher in der Hand.

IMG_20180918_191951.jpg


Da es durchaus realistisch war, dass ich den Griff ruinieren würde, mit all der Schnitzerei, wollte ich kein besonders teures, exotisches Holz verweden. Darum habe ich mich für ein klassisches Stück Eiche entschieden, dessen klare Maserung und warme Farbe wunderbar mit der etwas aufgeregten Form harmoniert. Zu der rustikalen Farbe passend, habe ich diesmal Kupferpins verwendet.

IMG_20180918_191934.jpg


Auch wenn ich einfach drauf losgeschnitzt habe, konnte ich alles recht symmetrisch halten, auch wenn ich der rechten Seite, einen etwas anderen Schwung verpasst habe.

IMG_20180918_191622.jpg


Die Klinge besteht aus 1.2510, in Form geschmiedet und nur an der Schneide fein geschlifen, am Rücken habe ich die Walz/Schmiedestruktur stehen lassen und nur den Härtezunder entfernt.
 
Sehr schöne Arbeit! Rustikal und doch fein bearbeitet, so gefällt mir das Messer sehr! Die Recurveklinge hat einen frischen Schwung und deine Schnitzerei ist auch ganz gut gelungen. Die Materialauswahl für dieses Messer ist sehr stimmig. Eiche, Kupfer und ein rostender Werkzeugstahl passen gut zusammen und führen einen gedanklich, im positiven Sinne, in die Vergangenheit. Ein Arbeitsmesser, dass dir oder dem der es bekommt, viel Freude machen wird. (y)(y)(y)

Gruß
Matthias
 
Manchmal schmiedet man eine Klinge ohne einen genauen Plan und dann liegen sie erstmal ein wenig, bis sich die entsprechende Idee einstellt, was man mit ihnen anfangen möchte. So war es mit diesem Stück Feile, das eine besonders schöne Härtelinie gezeigt hat.

IMG_20181217_211956.jpg


Bei gerade mal 60mm Klingenlänge würde es sowieso keine harten Einsätze geben und entsprechend fein ist die Schneide ausgeschliffen. Nagelgängig über die gesammte Länge und knappen zwei Millimeter Rückenstärke sorgen für höchste Schneidfreude.

IMG_20181217_212030.jpg


Irgendwann fiel mir dann ein schönes Reststück Hirschhorn in die Hände, dessen Krümmung genau passte. Die Endkappe habe ich aus einem Reststück C75 geschmiedet und in Form gebracht, so dass die Flanken poliert sind und die Rückseite noch immer Schmiedehaut zeigt.

IMG_20190113_201259.jpg


Für die Zwinge habe ich ein Stück Acryl in Mamor Optik verwendet, für Griffschalen finde ich dieses Material etwas zu künstlich, aber für einen Abschluss passt es gut.

IMG_20190113_201407.jpg


Was mich tatsächlich vor eine Herausforderung stellte, war das vernieten des Erls. Feile tendiert zwar nicht so sehr zur Kaltverfestigung, allerdings passiert es schnell, dass sie wegbröselt. Mit ein paar Tricks hat es dann geklappt, aber ein leichter Überstand ist doch geblieben.

Insgesamt ist das Messerchen ein perfekter kleiner Schnippler für in der Hosentasche, das auch ohne weiteres noch neben dem Geldbeutel platz hat.
 
Bereits zuvor habe ich schon einmal lange darüber geschrieben, wie sehr ich Inspiration aus den Werken von Gerhard Wieland zog und bis heute ziehe. Auch bei diesem Stück habe ich mich in Gestaltung und Formgebung wieder sehr an einem Stück orientiert und meinen eigenen Stil mit einfließen lassen.

IMG_20180908_212203.jpg


Begonnen habe ich mit einem Stück 1.1274/C100, dem ich einen besonders tiefen Drop-Point verpasst habe und mit einer Härtelinie versehen habe. Diese ist wieder sehr spannend geworden, über der recht deutlichen Abgrenzung zeigt sich eine feine zweite Linie, die leider nur schwer zu fotografieren ist.


IMG_20180908_212247(1).jpg



Anders als bei der "Vorlage" habe ich mich für einen Flacherl entschieden, was das Messer etwas gewichtiger macht und den Schwerpunkt weiter in den Griff verschiebt. Diesen habe ich skelletiert, damit es einen aber auch nicht die Hose auszieht. Für den Griff habe ich ein feines Stück Ebenholz genommen und mit Messingpins befestigt, die Kombi geht einfach immer. Außerdem lässt es sich sehr schön polieren und schnitzen, was mir hier wichtig war, für das offensichtliche Highlight dieses Messers. In einer organischen Kurve zieht sich die Strukturierung vom Rücken über den vordersten Teil bis hinunter in die Auflagefläche für den Zeigefinger.

IMG_20180908_212315.jpg


Spanend war natürlich hier der Übergang von Holz zu Messing und Stahl, wodurch einiges an Fingerspitzengefühl nötig war, um nicht mit tiefen Rinnen entlang des Erls oder unterschiedlich tiefen Strukturen zu enden. So wie die Strukturierung von der Spitze nach hinten ausläuft, wird sie auch immer feiner. Neben dem sehr schönen optischen Effekt, erhält man so ein wirklich schönes Handgefühl und einen sicheren Griff.

IMG_20180908_212350.jpg


Ergänzt habe ich das Ganze mit einer leichten Talierung im hinteren Bereich, wodurch man noch fester zupacken kann.

Für mich war es erstmal ein Versuch, wie sich eine solche Oberfläche herstellen lässt, was zu beachten ist und wie sie sich im Gebrauch auswirkt. Mit dem Ergebnis bin ich sehr zufrieden und habe es inzwischen noch ein paar Mal verwendet um ansonsten "einfache" Messer, ein wenig aufzuwerten.
 
Auch dieses EDC ist sehr schön geworden! Du hast Recht, Ebenholz mit Messingpins geht immer! Ich mag Ebenholz auch sehr, insbesonders wenn es gleichmäßig tief schwarz ist. Die "Vertiefungen" im vorderen Griffbereich sind eine interessante Alternative zu einer Fischhaut und sorgen sicherlich auch für Rutschsicherheit. Den C100 habe ich auch in meinem Fundus, habe aber noch kein Messer daraus gebaut. Wie sieht denn die Schnitthaltigkeit bei diesem Stahl aus?

Gruß
Matthias
 
Danke, ich finde gerade Ebenholz oft auch viel lebendiger als Grenadill, welches dann einfach nur einen schwarzen Block ergibt.

Wie sieht denn die Schnitthaltigkeit bei diesem Stahl aus?

Das ist so eine Sache. Von der Legierung her, ist natürlich nicht viel drin, was Karbide bilden würde und so in einer offenen Schneide für Schnitthaltigkeit sorgen würde. Die kurze Haltezeit, über die ich meine Härtelinien steuere, tut dabei ihr übriges. Dementsprechend kann man bei abrasiven Schnittgut wahrlich keine Wunder erwarten.
Trotzdem liegt sie schon ein Stück über einfachen Stählen wie dem C60/C75, was der höheren Härte, den paar Fe-Karbiden und dem sehr feinen Korn (bei richtiger Behandlung) geschuldet ist. In fein auspolierten Schneiden, die hauptsächlich im Druckschnitt eingesetzt werden, wie etwa für vorsichtige Holzarbeiten, kleinere Kochaufgaben oder Brotzeiten, schlägt er sich erstaunlich wacker, wenn auch nicht ganz so gut wie zum Beispiel der 1.2002 / 1.2008 einer guten Feile.
Mit ein, zwei Strichen übers Leder hin und wieder bleibt die Rasurschäfe lange bestehend.

Allgemein verwende ich den Stahl deshalb nur noch in einem sehr engen Rahmen, wenn mehrere Faktoren zusammenkommen, sprich, es soll eine Härtelinie, an ein mittelgroßes Messer, welches sehr fein schneiden soll, aber auch ein wenig Belastung aushält und kein besonders verschleißendes Material (Sauenschwarte/Kartons etc.) zu erwarten sind. Für alles andere gibt es robustere (1.2235) oder schnitthaltigere (1.2008/1.2419) Alternativen. Entsprechend selten verarbeite ich ihn noch, auch wenn er so eine gute Figur macht und natürlich sehr leicht zu verarbeiten ist.

Fazit für diesen jetzt doch länger als geplant gewordenen Sermon: In feinen Schneiden ok, aber nichts wildes.
 
Das was Du zum C100 schreibst, lässt die Legierung theoretisch auch vermuten. Trotzdem wollte ich deine Meinung zur Praxis hören, da mMn nur ein Praxistest zeigen kann, wie sich ein Stahl wirklich schlägt. Ich habe da schon die eine oder andere Überraschung erlebt.

Gruß
Matthias
 
Den C100 habe ich auch in meinem Fundus, habe aber noch kein Messer daraus gebaut. Wie sieht denn die Schnitthaltigkeit bei diesem Stahl aus?
Den C100S hatte ich schon verwendet. Bei einer Gebrauchshärte von 62 HRC (höher würde ich nicht gehen) lässt er sich noch sehr einfach schärfen und leicht auf höchste Schärfe bringen. Ich habe ihn persönlich auch nicht als so ausbruchgefährdet wahrgenommen, wie man es theoretisch erwarten würde.
In Sachen Schnitthaltigkeit darfst Du aber keine Wunder erwarten. Stähle wie 1.2419 sind da spürbar besser und machen mir mehr Spaß.

Die WB ist bei C100S auch nicht nicht mehr ganz unproblematisch. Gelöster Kohlenstoff stabilisiert den Austenit. Um den nach dem Härten loszuwerden muss man tiefkühlen. Bei Stählen wie 1.2419 kommt man mit zwei Mal anlassen eigentlich gut aus.

LG, Andreas
 
Zurück