Klingenbeschichtung DLC - Theorie und Praxis?

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gast

Gast
Böker bewirbt bestimmte Messer (Trefferliste mit Suche über "DLC") mit der sog. "DLC-Klingenschichtung". Dazu finde ich nichts Hilfreiches in der Forensuche, Suche über boker.de oder google.

Das Werbeversprechen geht
- vom "zusätzlichen Oberflächenschutz" beim FKMD Folding Pro-Hunter über
- den höheren Härtegrad beim FKMD Trakker bis
- zur "extremen mechanischen Belastbarkeit" beim Special Run Leopard III Damast DLC.

  • "Die spezielle entwickelte DLC-Klingenbeschichtung stammt aus der Werkzeugtechnik und erreicht eine Härte von 72-75 HRC. Sie verleiht dem Messer eine extrem hohe Korrosionsbeständigkeit und ist außerordentlich kratzfest."
Wie sieht es mit der Theorie aus ? Ein Verfahren aus der Werkzeugtechnik lässt sich meiner Vermutung nach nur begrenzt für Messerwaren universellen Einsatzes anwenden, meine Befürchtung wäre, mehr Marketing-Versprechen als echter Nutzen.
- Beispiel höhere Korrosionsbeständigkeit bei ohnehin rostfreien Stahlsorten (N690)
- eignen sich nur bestimmte Stahlsorten für die DLC-Beschichtung ?

Wer hat mit einem derart beschichtetem Messer Praxis-Erfahrung ? Gemeint ist nicht der gesenkte Einstaub-Faktor in der Vitrinie :cool:, sondern ein spürbarer Effekt auf die Gebrauchseigenschaften, z.B. der Härte und damit einer Vermeidung einfacher Kratzer durch weichere Materialien.

Kann eine dünne Beschichtung tatsächlich den Härtegrad erhöhen ? :staun:
- messbar im Labor !?
- dauerhaft im jahrelangen Einsatz ?
- was passiert beim Nachschärfen im Schneidebereich ?

Meine Befürchtung ist, dass bei einem nicht identischen Nachschliff (Winkel und Anschliff wie beim Hersteller), der Besitzer zuhause zuerst die Reste der Beschichtung abschleifen muss, bis er auf den Stahlkern stösst.

Folge (denkbare):
Der Effekt mit höherem Härtegrad wäre weg (abgeschliffen im relevanten Bereich), der Oberflächenschutz auf dem überwiegendem, restlichen Bereich der Klinge weiterhin vorhanden. Was bliebe, wäre ein Oberflächenschutz. Ob dieser nun den Mehrwert/Aufpreis des Messermodells rechtfertigt ? :confused:

Würde mich freuen, ein paar Hintergrundinformationen zu bekommen, die mit "DLC" beschichteten Messer sind nach meiner Recherche hier im Forum vertreten und werden eingesetzt, ein paar Meinungen für die Praxistauglichkeit müsste es folglich geben. Und wenn nur "unauffällig" und "normale Nachschleifbarkeit" beim verwendeten Stahl herauskommt.
 
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AW: Klingenbeschichtung DLC - Theorie und Praxis ?

Hallo,

Auf einer Klinge habe ich es noch nicht gehabt, allerdings ist das Leatherman Skeletool Cx teilweise damit beschichtet.

Ich habe es ein paar mal fallen lassen (unter anderem: auf Fliesenboden bei Hosentaschenhöhe und in Kieselsteine vom Dach runter)
und trug es 1,5 jahre fast täglich in der Hosentasche.

Am Klingeneingang und an den äusseren Rändern schaut langsam der Stahl durch die Beschichtung (wo es in der Hosentasche anreibt),
die Schläge haben eigentlich keine Kratzer verursacht und der ebenfalls beschichtete Flaschenöffner sieht auch aus wie neu (trotz benutzung).
 
AW: Klingenbeschichtung DLC - Theorie und Praxis ?

Böker bewirbt bestimmte Messer...

Das Werbeversprechen geht
- ... über
- den höheren Härtegrad beim FKMD Trakker

Nein, das verspricht Böker nicht. Böker schreibt "Die spezielle entwickelte DLC-Klingenbeschichtung stammt aus der Werkzeugtechnik und erreicht eine Härte von 72-75 HRC. Sie verleiht dem Messer eine extrem hohe Korrosionsbeständigkeit und ist außerordentlich kratzfest. "

Da steht nichts von einer Erhöhung des Härtegrades, sondern es geht um die Härte der Beschichtung.

Pitter
 
@pitter
Korrekt, meine Formulierung war falsch bzw. irreführend.

Ist die Angabe eines Härtegrad "von 72-75 HRC" einer Beschichtung für den Verkauf eines Messers nicht ebenfalls verwirrend ? Nein, nicht im juristischen Sinne "irreführend" als beanstandenswerte Produktbeschreibung, sondern als Qualitätsmerkmal für die Schnitthaltigkeit ? Sind schließlich getrennt zu wertende Aspekte, keine Steigerung im Sinne von Messer hat xy HRC, mit Beschichtung 72-75. Das ist nicht der Fall, sondern DLC dient hierbei lediglich als Schutz vor Kratzern.

Mir geht es bei meiner Frage um den echten Nutzwert, bin auf der Suche nach einem Messer über das Thema Beschichtung gestossen, eigentlich als Schutz für nicht rostfrei Stahlsorten.

Dank dem Hinweis von @Beatsteak bin ich über den Suchbegriff "Wolfram DLC" weitergekommen, unter Rhenotherm findet sich Informationen zu der industriellen DLC-Beschichtung, Zitat daraus:

  • "Anwendungsbeispiele
    Alle Metalle und Halbleiter, die stabile Carbidverbindungen bilden, z.B. Aluminium, Eisen, Titan, Molybdän, Wolfram, Chrom, Silizium, Germanium; gut geeignet sind auch Glas, Keramik und Titannitrid. Gut haftende Schichten sind auch auf Kunststoffen, wie Polyolephinen und Kunststoffen auf Siliconbasis möglich."
Weitere Treffer:
DLC - Das Material für neue Lösungen

[off-topic, Anwendungsfall Zahnräder, ungehärtet, ohne und mit DLC-Beschichtung:
Abschlussbericht »Optimierte Stahlzahnräder für Minimalmengenschmierung oder Trockenlauf« (pdf) - mit vielen Grafiken, Bildern und Tabellen, soviel zum Thema Theorie und praktische Tests]
 
Ist die Angabe eines Härtegrad "von 72-75 HRC" einer Beschichtung für den Verkauf eines Messers nicht ebenfalls verwirrend ? Nein, nicht im juristischen Sinne "irreführend" als beanstandenswerte Produktbeschreibung, sondern als Qualitätsmerkmal für die Schnitthaltigkeit

Nein, die Beschichtung ist ja auch nicht direkt an der Schneide, die ist blank. Die Messer werden nicht scharf geschliffen beschichtet, sollte eigentlich logisch sein. Da ist eigentlich nichts irreführend.

Ein Schutz "nur vor Kratzern" und zur Erhöhung der Korrosionsbeständigkeit reicht doch, die Angabe der Schichthärte ist dafür schon interessant. Wer will schon eine Beschichtung mit dem Fingernagel abkratzen können.
 
Ist die Angabe eines Härtegrad "von 72-75 HRC" einer Beschichtung für den Verkauf eines Messers nicht ebenfalls verwirrend ?

Ja, sie ist ebenfalls nicht verwirrend

..sondern als Qualitätsmerkmal für die Schnitthaltigkeit ? Sind schließlich getrennt zu wertende Aspekte

Eben. So stehts ja auch da. "Sie verleiht dem Messer eine extrem hohe Korrosionsbeständigkeit und ist außerordentlich kratzfest." Von Schnitthaltigkeit steht da nichts.

Mir geht es bei meiner Frage um den echten Nutzwert, bin auf der Suche nach einem Messer über das Thema Beschichtung gestossen, eigentlich als Schutz für nicht rostfrei Stahlsorten.

Was genau ist denn Deine Frage?

Ja, DLC Beschichtungen wirken korrosionshemmend; zumindest solange sie vorhanden sind
Ja, sie können vor manchen Kratzern schützen. Vor manchen aber nicht ;) dafür sind die auf Messern aufgebrachten Beschichtungen nicht dick genug. Und auch nicht hart genug ;) Manche Bestandteile von Sand, Erde, Dreck sind härter
Es gibt nicht *die* DLC Beschichtung. Da gibts zig Verfahren, je nach Anwendung

Einen grundlegenden "Nachteil" haben DLC Beschichtungen allerdings - üblicherweise sind sie sehr dünn. Man sieht also darunter das Finish des Stahls. Beim Finish pfuschen und dann dick Pampe drauf iss nicht. Optisch finde ich sie deswegen manchmal ganz nett.

Pitter
 
Es wurde zwar schon erwähnt, aber ich möchte das doch nochmal "offiziell" erwähnen:

Die Schneiden werden nach dem Beschichten angebracht, insofern ist die Vermutung, die Beschichtung hätte Einfluß auf die Schnitthaltigkeit, recht abwegig. (Ich habe da einen einzigen Hersteller im Hinterkopf, der tatsächlich mit längerer Standzeit der beschichteten Schneide wirbt (oder warb), aber bei uns im Katalog gibt es so etwas nicht.)

Die Angabe des Härtegrades dient vor allem auch zur Einschätzung der Widerstandfähigkeit der Beschichtung.

Es gibt ja auf dem Messermarkt die unterschiedlichsten Beschichtungen, und so sind z.B. Beschichtungen auf Teflonbasis deutlich weicher und damit auch kratzempfindlicher als eben DLC.

Es gibt Beschichtungen, die kann man mit einer Münze prima von der Klinge kratzen, und anderen ist mit einer Münze so einfach nicht beizukommen. Die Bandbreite ist da enorm.

Zum Korrosionsschutz: was ist schon rostfrei? Die Tatsache, daß der etablierte Begriff "rostfrei" eigentlich per se irreführend ist, weil es kaum einen Stahl gibt, der nicht irgendwann, unter bestimmten Bedingungungen doch Korrosion zeigen kann, ist nicht wirklich eine neue Erkenntnis.

Ich habe schon genug Taschenmesser gesehen, die auf dem dem Körper zugewandten freiliegenden Klingenteil vor allem im Sommer gerne mal etwas Korrosion zeigen.

Und so eine Beschichtung kann das wirksam verhindern.

Wie Pitter auch schon erwähnt hat, können DLC-Beschichtungen so dünn sein, daß das Klingenfinish noch sehr gut erkennbar ist.
Das kommt natürlich beim beschichteten Leopard-Damast oder beim Two-Tone Finish des Kiridashi DLC super zur Geltung.

Aber nicht bei jedem Hersteller ist das so. Protech hat z.B. auch ausschließlich DLC als Beschichtungsverfahren, und da werden deutlich dickere Schichten erzeugt, die vom Finish darunter nichts erkennen lassen.

Also: daß wir damit Verwirrung erzeugen, sei es gewollt oder ungewollt, kann ich nicht nachvollziehen. Und auch seitens der Kundschaft blieben Fragen hierzu bisher komplett aus.

Nichtsdestoweniger beantworte ich gern auch weitere Fragen zu dem Thema, soweit ich kann. ;)
 
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