Klingengeometrie bei Küchenmessern: vom Klingenrücken zur Schneide

Besserbissen

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Zweiter Versuch. Man muss das Rad nicht neu erfinden, wie @Peter1960 schon treffen anmerkte, doch man kann Details anpassen:

Es geht um diesen Thread: Bezeichnung der Teile einer Klinge (https://messerforum.net/threads/bezeichnung-der-teile-einer-klinge.59929/page-5) und die Frage, was bei einem Küchenmesser die Wate ist.

Nach meinem Verständnis ist es nicht die Schneide sondern die beiden Schneidfasen (Sekundär- und optional Mikrofase). Der Ausdruck "Facette" trifft es auch ganz gut, vor allem wenn eine Mikrofase eine weitere Ebene bildet.

Bezüglich des leichten Schnitts, wird bei einem Küchenmesser gern die "Dicke über der Wate" gemessen. Nach meiner Definition ist das die Stelle an der die Sekundär- in die Primärfase übergeht.
Klingengeometrie.001.jpeg
 
So hatte ich das bisher auch interpretiert. Andererseits macht dann das Messen der Dicke 1mm über der Wate auch wenig Sinn für die Beurteilung, wie dünn eine Klinge ausgeschliffen ist.
Dafür wäre die Definition der Schneide als Wate dann sinnvoller. Frage mich echt, wer denn da die Definitionshoheit hat. Irgendwie redet man ja sonst weiterhin aneinander vorbei.....
Gerade bei ballig auf 0 geschliffenen Messern, die im Idealfall nur noch eine Mikrofase haben, weißt Du ja dann gar nicht mehr, wo Du messen sollst.
Bei meiner Vermessung der Culilux-Messer habe ich deshalb die Schneidkante als Wate angenommen.
 
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Erstmal Danke. Finde das sollte man irgendwo anpinnen, sonst landet das ja wieder im Nirgendwo.

Bezüglich des leichten Schnitts, wird bei einem Küchenmesser gern die "Dicke über der Wate" gemessen.
Siehst du das auch so?

Ich frage mich zunehmend, ob der Bereich danach nicht fast genauso wichtig ist, außer das Schnittgut ist sehr dünn.
Auch beim Thema "Laser" war ja eine Anmerkung von @güNef in eine ähnliche Richtung.
 
@ebenezer
Gerade bei ballig auf 0 geschliffenen Messern,
Hört man immer wieder: ballig auf Null geschliffen. Bitte schlagt mich nicht, aber auf Null geht aus physikalischen Gründen nicht. Daher ist die "Null" nur ein theoretischer Wert. Es gibt - zur Zeit - kein Material das auf Null geschliffen werden kann. (Schlaumeier aus).

Natürlich kann man diesen Ausdruck nach wie vor gebrauchen, jeder weiss ja was gemeint ist. Dennoch bin ich der Meinung, dass es gerade in diesem Thread einmal erwähnt werden soll.

Falls mich jemand sucht, ich bin wieder in meinem Elfenbeinturm. :geek:
 
Siehst du das auch so?
Ich messe nicht mehr nach. Ich fahre mit Daumen und Zeigefinger vom Klingenrücken aus Richtung Schneide. Mit etwas Erfahrung kann man die Geometrie ziemlich gut einschätzen. Den Rest erkennt man anhand der Höhe der Schneidefase, wenn man deren Winkel kennt.

Ich frage mich zunehmend, ob der Bereich danach nicht fast genauso wichtig ist, außer das Schnittgut ist sehr dünn.
Gibt viele Faktoren, die Einfluss auf den leichten Schnitt haben - siehe Skizze: blau, grün und rot. Selbst blau hat Auswirkungen (Hammerschlag, Längs- oder Querfinish - fein oder grob, Schmiedehaut usw.).
 
Hört man immer wieder: ballig auf Null geschliffen. Bitte schlagt mich nicht, aber auf Null geht aus physikalischen Gründen nicht. Daher ist die "Null" nur ein theoretischer Wert. Es gibt - zur Zeit - kein Material das auf Null geschliffen werden kann. (Schlaumeier aus).
Dann lass es mich so ausdrücken: Wenn bei einer Klinge der Übergang zwischen Primärfase und Sekundärfase so rund und fließend ist, dass er nicht mehr als solcher erkennbar ist, dann bleibt Dir als Wate nur noch die Mikrofase übrig. Oberhalb derer zu Messen lässt aber wenig Rückschluss auf die Schneideigenschaft der Klinge zu.
Will man also versuchen, die Schneideigenschaften der Klinge anhand von Maßen einzuschätzen und eine Vergleichbarkeit herzustellen , was sicherlich nur unvollständig gelingt, so macht es Sinn, die anzumessende Position(en) als Abstand von der Schneidkante zu definieren und nicht einfach als oberes Ende der Wate.
 
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Hallo zusammen,
bin neu und lese schon eine Weile mit.
Hoffe dass meine Frage hier zum Thema passt.
Was ist bzw. wo läuft die Shinogi Linie bei der Klinge ☹️

Grüße Fredy
 
Servus,

ein feiner Thread, eigentlich ein ganz entscheidender Teilbereich meines Steckpferdes, der Schneidfähigkeit. ;):irre: Die Geometrie ist weitgehend entscheidend für einen leichten Schnitt, wenn wir geometrische Kniffe wie Hohlkehlen, Fräsungen, Hook's, Abscherkanten und noch einiges anderes dazuzählen. Für die größte Leistung eines Messermachers halte ich die Fähigkeit, so dünn als möglich, aber so stabil wie nötig als Basis und den dazugehörigen Kniff, das ein Messer noch dazu butterweich gleitet, also so wenig wie irgend möglich am Schnittgut haftet. Ist das erreicht, dann sollte das Schnittgut auch noch so gut wie irgend möglich freigesetzt werden, dann ist das Ideal erreicht. Länge, Profil, Optik, Balance, Gewicht, Finish, Stahl usw. können dann individuell ausgewählt werden. ;)

Hört man immer wieder: ballig auf Null geschliffen. Bitte schlagt mich nicht, aber auf Null geht aus physikalischen Gründen nicht. Daher ist die "Null" nur ein theoretischer Wert. Es gibt - zur Zeit - kein Material das auf Null geschliffen werden kann. (Schlaumeier aus).

Dann wählen wir die richtige Begrifflichkeit, also ballig bis zum Schneidenstumpf geschliffen. Roman Landes verwendet in seinem Buch den Begriff "Schneidenstumpf" weil er richtig ist. Heute wissen wir durch Elektronenmikroskope das selbst bei extremster Progression die Schneidenspitze ein Plateau unterschiedlichster Dicke und Form und Zerklüftung ist. Gemeint ist also die konvexe Kurve vom Rücken der Klinge bis an die jeweilige Plateauseite. ;) Super wenn man sich das vorstellen kann, falls man solche Bilder noch nicht gesehen hat.

So ist der Weg vom Rücken bis zum Schneidenstumpf gepflastert mit Irrtümern, Falschannahmen und daraus resultierend schlechten Schliffen. Eine perfekte Geometrie und Flankenbeschaffenheit für alle zu schneidenden Lebensmittel ist mir noch nicht untergekommen. Was bei einer Süsskartoffel wirkt, kann an einer Gurke nerven. Deshalb sind Berufsköche ja so schmerzbefreit, da sie wissen, ohne Kompromisse geht nix, oder ich wechsle häufig die Messer.

Freaks wie ich, fokussieren Schneidfähigkeit nur noch auf jene Lebensmittel, die ich regelmäßig verwende und die jeweilige Schnitttechnik die ich bevorzuge. Darauf abgestimmt, bringen mich manche Konzepte ins Nirwana und andere lassen mich kalt. Ich brauche also einen soliden Allrounder, einer Art Zehnkämpfer der in allen Disziplinen gut bis sehr gut ist, aber in keiner überragend. Dann brauche ich Messer die in bestimmten Bereichen extrem sind. Extrem Schneidfähig ( für mein Schnittgut wohlgemerkt ) extrem Foodrelease-Lastig, dann welche die beides perfekt fussionieren, dann extremem Taper als Schubschnittmacht usw.

Das Einzelmesser das alle Disziplinen überragend beherrscht ist mir noch nicht untergekommen.

Hier ein paar Bilder um das zu verdeutlichen, was Extreme sind:

Dünnschliff extrem:

26945081fo-1.jpg


IMG_5047.jpg


Foodrelease extrem Flanken:

IMG_5240 2.jpg


Geometrie/Schliff

tempImage2woruT.png


Taper extrem:

IMG_7652.jpg


Gruß, güNef
 
Das Messen über der Wate kommt aus der Praxis des Messens z.B. mit dem Messschieber. Der rutscht nämlich einfach ab, wenn man die Wate erwischt. Deshalb wird knapp "über" der Wate gemessen. Und damit man einen Anhaltspunkt hat etwa 1mm. Das reicht vollkommen damit die Schieblehre greift. Misst die 1mm jemand exakt ab? Ich mache das nicht und wüsste auch gar nicht, wie ich das exakt anzeichnen sollte. Man könnte das mit der Schieblehre einritzen, dann hat man aber einen Kratzer auf der Klinge. Bei auf Null geschliffenen Klingen (ohne Wate, Schneidfacette) ist ebenezers Vorschlag sinnvoll, zum Dickenmaß auch den Abstand von der Schneide anzugeben.

Für die Auswirkung der Klingengeometrie auf die Schneidfähigkeit gilt: Die Auswirkung steigt mit der Nähe zur Schneide und zunehmendem Abstand zum Rücken. Die Auswirkung fällt mit zunehmendem Abstand zur Schneide und Nähe zum Rücken.

"ballig Auf Null": Null befindet sich direkt an der Schneide bzw. knapp über der Schneide, wo null Material mehr vorhanden ist - auf dem Plateau des Schneidenstumpfs. Also dort wo sich die Oberfläche des Bretts befindet, also direkt in der Schneidebene.

Geometrieabschätzung nach Gefühl mit Daumen und Zeigefinger ist definitiv hilfreich. Ebenso natürlich der Flextest auf Nagelgängigkeit, der Blick auf den Kehl, der optische Gesamteindruck. Man kann sich aber auch täuschen z.B. durch die Art der Oberflächenfinishs. Deshalb ist das Messen eine Methode den sensorischen Eindruck zu verobjektivieren. Das Messen ist dann unverzichtbar, wenn gegenüber anderen eine Aussage über Klingengeometrie gemacht werden soll, die diese auch nachvollziehen können sollen.

Ein Einzelmesser, das alle Disziplinen perfekt beherrscht kann es deswegen nicht geben, weil sich die Anforderungen widersprechen. Das ist die Notwendigkeit, die zur Entwicklung von Spezialisten führt.
 
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