Küchenmesser, was brauchts?

Grenzer

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Hallo

Hier ist jeder gefragt der gerne kocht... oder Küchenmesser hat... oder noch das perfekte Stück für sich sucht.

In diesem Jahr möchte ich mich der Küchenmesserthematik annähern um mich daran zu versuchen.
Jetzt weis ich allerdings in vielen Punkten nicht worauf es ankommt, da ich selber nicht Koche sondern die Schmiede nun einmal mein Lieblingsarbeitsplatz ist.
Die Messer die ich bisher gemacht habe, habe ich um ein Feedback zu bekommen einfach in nächstem Kreise zur Verfügung gestellt, hätte aber gerne auch eure Impulse zur Thematik bekommen.

Womit ihr mir besonders weit helft :unsure::
-welche Klingenform nutz ihr am meisten (Santoku, Petty usw...) ?
-wie dick sollte eine Küchenmesserklinge an einem Santoku sein?
-habt ihr ein spezielles Gewicht, dass das Messer haben sollte oder einen speziellen Schwerpunkt, sagen wir vor dem Griff/ Klingenbeginn, oder weiter vorne/ hinten?
-Damast mit oder ohne Schneidlage? oder Monostahl?
-gesteckter Griff oder lieber geheftet?
-Was ist euer bevorzugtes Griffmaterial?
-braucht man die Freimachungen in der Klinge damit weniger Gemüse kleben bleibt?

Cool wäre wenn nachher die wichtigsten Merkmale da wären, die ein Küchenmesser aus dem höheren Preissegment ausmachen.

Mein Stand der Dinge sieht bisher so aus, dass ich die Klingen aus 2510 und 5634 geschmiedet habe. Dazu habe ich eine Gasesse und ne schöne 22Ton Presse usw. zur Verfügung.
Anschließend habe ich die Klingen bei mir im Ofen Wärmebehandelt, aber sobald da alle Parameter richtig sind möchte ich das auch wieder extern machen lassen, im Vakuum/ Salzbad und Tiefkühlen usw...
Bei einem Santoku hatte ich die Klinge auf 1,8mm Dicke auf ca. 35mm Klingenbreite geschliffen, was zu einem sehr niedrigen Gewicht aber auch einem entsprechend sehr feinen Keilwinkel geführt hat. Als ich als Küchenlaie damit Zwiebeln, Kartoffeln und Gurken zersäbelt habe, war ich höchst zufrieden. Könnte mir aber auch vorstellen das es dem ein oder andern zu leicht vom Gewicht her ist. Den Griff hatte ich weil ich schnell machen musste kurzerhand nur angegossen (gesteckt).
In Zukunft würde ich die Griffe lieber mit Griffschalen machen, das würde noch etwas schöner aussehen, allerdings würde auch mehr Schmutz an den dadurch entstehenden Kanten haften.

Guter Rat ist sehr Willkommen, vielen Dank im Voraus
 
Moin!

welche Klingenform nutz ihr am meisten (Santoku, Petty usw...) ?
- fast ausschließlich Gyuto / franz. Kochmesser (Sabatier) mit 22,5-24cm Klingenlänge. Danach ein kleines Rüstmesser mit 8-10cm Klinge.

wie dick sollte eine Küchenmesserklinge an einem Santoku sein?
- optimal finde ich eine sich zur Spitze hin verjüngende Klinge, also möglichst dick am Kehl, damit der Zeigefinger im Pinchgrip bequem aufliegt und möglichst dünn an der Spitze, damit sich z.B. Zwiebeln leicht einschneiden lassen.

habt ihr ein spezielles Gewicht, dass das Messer haben sollte oder einen speziellen Schwerpunkt, sagen wir vor dem Griff/ Klingenbeginn, oder weiter vorne/ hinten?
- Gewicht würde ich sagen ist bis 250g bei einem großen Kochmesser ok. Ich mag klingenlastige Kochmesser, also Schwerpunkt vor dem Griff.

Damast mit oder ohne Schneidlage? oder Monostahl?
- rostträger Monostahl.

gesteckter Griff oder lieber geheftet?
- Flacherl vernietet, im besten Fall mit Bolster / Halbkropf.

Was ist euer bevorzugtes Griffmaterial?
- Wallnuss, Micarta, POM

braucht man die Freimachungen in der Klinge damit weniger Gemüse kleben bleibt?
- Du meinst Kullen? Nein. Ein Hohlschliff kann bei bestimmtem Schnittgut die Schnittgutfreisetzung unterstützen. Ich mag am liebsten stark konvex geschliffene Klingen in Kombination mit sich stark verjüngenden Klingen.
 
Perfekt, das klingt doch Prima, dich nehme ich als Kunden :ROFLMAO:(y).
Nein im Ernst... so wie du die Geometrie beschreibst wird auch schon mein sattelfester Jagdmesser Bereich geschliffen und das wäre sehr gut zu übertragen (y)
 
Nach meiner Erfahrung werden die ersten Kochmesser von "Jagdmesser-Machern" immer zu stabil / dick. Für mich muss ein Kochmesser mindestens auf 2/3 der Schneide nagelgängig oder nah dran sein. Also bestenfalls unter 0,2mm gemessen 1mm über der Schneidkante. Jagdmesser haben an der Stelle auch gerne mal über 0,5mm mit breiter Fase. Die Fase eines Kochmessers sollte bestenfalls so schmal sein, dass sie nur durch Reflexion im Gegenlicht erkennbar ist 😉
Also über die gesamte Klingenflanke leicht konvex runtergeschliffen bis auf fast Null..
 
Servus,

zuerst empfehle ich dir die Arbeiten erfolgreicher junger Messermacher anzuschauen, die sich auf Kochmesser spezialisiert haben. Ich nenne zwei Beispiele:

Benjamin Kamon, Kamon Knives und Robin Dalman, Dalman Knives

Natürlich gibt es noch viele mehr, aber das würde den Rahmen sprengen. Beide Messermacher haben ein klar erkennbares Design geschaffen und sich einen exzellenten Ruf erarbeitet. Die Szene junger Messermacher, die sich auf Kochmesser spezialisieren ist im Begriff zu explodieren. Immer wieder poppen neue Macher hoch und zeigen ihr Zeug auf FB und IG. Viele verschwinden wieder, manche schaffen es aber mit einem eigenständigem Design und konstanter Qualität Kunden längerfristig zu binden. Die beiden genannten sind gute Beispiele. Über Stil, Optik oder Design kann man streiten, aber wirtschaftlich haben es beide geschafft und können gut vom Messermachen leben und ich denke, darum geht es dir ja hauptsächlich?

Wenn du dir die Messer dann im Detail anschaust, wirst du schnell erkennen, was den Unterschied zu industriell gefertigten Messern ausmacht und das beide Herren sich nicht scheuen, ihrer Messer konsequent dünn zu schleifen, mit nagelgängiger Schneide und gleichzeitig mir besonderen Kniffen wie Hohlkehlen, Hook, balligen Full-Taper-Geometrien und bestimmten Oberflächen ihre Messer auch tauglich für eine gute Schnittgutfreisetzung ( Food release ) zu machen.

Ich denke, wenn du die Arbeiten beider genau unter die Lupe nimmst, wirst du verstehen, was ein gutes Kochmesser ausmacht, dass sich auch verkaufen soll. ;) Letztendlich zählen die konstanten Verkaufszahlen und ein immer größer werdender Kundenkreis mehr, als eine persönliche User Meinung zu den Beispielen, weil da finden man immer pro und contra. ;)

Wenn du noch Fragen hast und ich kann sinnvoll weiterhelfen, einfach fragen und ein wenig Geduld mitbringen, da zumindest ich, nicht immer unmittelbar antworten kann.

Gruß, güNef
 
Danke für den Verweis auf die beiden Messermacher.
:ROFLMAO:Ich wollte natürlich nicht die Geometrie der Jagdmesser direkt auf die Küchenmesser übertragen, nur die meine Schleifweise... Ein Grund für die Küchenmesser ist natürlich das ich damit eben Kunden aus dem Kochmesserbereich ansprechen möchte, von denen es auch einige gibt. Ein anderer Grund ist wie ihr oben auch schon gesagt habt, wenn man mit Jagdmessern etc. anfängt ok, aber die Küchenmesser schleifen ist tatsächlich eine andere Liga. Gerade habe ich noch zwei in der Warteschlange, werde wohl erst die nächsten Wochen dazu kommen die fertig zu machen (geschmiedet und geschliffen sind die schon), aber die poste ich dann auch hier und ihr könnt gerne mal drüber gucken, was mich freuen würde.
 
Hi Grenzer,
Ich würde mich freuen, von dir Arbeiten hier zu sehen! Ich hätte auch Interesse, an Klingenrohlingen. Wenn du so etwas anbietest?
Da ich selber keine Schmiedemöglichkeit habe, und mir meine Vorlieferanten weggebrochen sind, wär das was, (kleine Stückzahlen)
Gruß! rocco26
 
Im Prinzip solltest du dir erstmal ein Herder z.B. Santoku kaufen. Dann mal schauen ob du das besser hinbekommst. Das ist schonmal die halbe Miete... Dann ein Takamura z.B. und ebenfalls wieder schleifen bis deines besser ist.

Brauchen tu ich als Koch ein großes Kochmesser 25cm +++ und ein Petty 15cm +
Daheim halt entsprechend was zum schnibbeln in 21cm + und ein Kneipchen...

Jetzt mal ganz bewusst überspitzt ausgedrückt:

Das Problem beim Schmieden von Kochmessern ist halt das die meist benützt werden :steirer: (dementsprechend braucht man Kunden die entweder keine Ahnung haben und glücklich mit einem Messer sind das schärfer als das 20 Jahre alte IKEA Messer zuhause(denen es egal ist ob das Schnittgut gespalten wird), oder halt Sammler. Denn der Markt ist überfett gesättigt ist von der Industrie über kleinere Manufakturen bis hin zu 1 Man Show Messermachern.. Da gibt es mittlerweile 100rte.... Oder viel mehr... Aus Japan bekommt man Messer für unter 300 Flocken die wie auch Herder einen Großteil der Custom Messermacher/schmiede alt aussehen lassen.

Ohne Erfahrung mit Küchenmessern als Schmied würd ich Flachstahl so dünn wie möglich , so dünn wie möglich ausschleifen ;) . Da gibt es ein paar Messermacher die sowas zum Teil machen und die sind ständig ausverkauft und verlangen Unsummen für ein optisch hässlich geschliffenes altes Sägeblatt.

Grüße Wastl.
 
Aus Japan bekommt man weiterhin ja auch Messer für unter 100€, die fast die komplette europäische Serienmesser-Produktion in Bezug auf die Schneidefähigkeiten alt aussehen lassen. Das ist auch ein Benchmark.
 
Haha, nein so hab ich mir meine Messer nicht vorgestellt. Aus einem Flachstahl etwas schleifen wäre das letzte was ich machen würde. Überhaupt der Gedanke kränkt mich in der Schmiede Ehre. Dann lieber in Feuer und Flammen und missglückten Küchenmessern untergehen....:sick:
Ne, also auf so ein Niveau will ich nie kommen....

Was die Wärmebehandlung betrifft ist jetzt schon klar das ich die Küchenmesser wenn denn einmal alles steht nicht selber härten lasse, wobei ich auch einen schönen Ofen mit Schutzgasoption und Rockwell Prüfgerät habe. Daher bezweifle ich einmal stark das die Japanischen Messer besser wärmebehandelt sind als wenn ich eins aus deutschem Werkzeugstahl beim Experten härten und tiefkühlen lasse ...:unsure:
 
Es ging den beiden Vorrednern denke ich nicht um die Frage "geschmiedet oder Stock removal" bzw. "Güte der Wärmebehandlung", sondern um das, was ein gutes Küchenmesser in erster Linie ausmacht, nämlich der Klingenschliff bzw. die Klingengeometrie. Die beiden konkret genannten Messer sind günstige "Benchmark-Beispiele" um mal selbst testen zu können, was an Klingengeometrie so möglich ist. Wenn du das drauf hast, steht es dir natürlich frei, in welchem Verfahren du dein Messer herstellst und wärmebehandelst.

Ein Stock removal Messer als "ehrlos" zu bezeichnen finde ich im übrigen albern. Für mich zählt das Ergebnis, also die Performance auf dem Brett. Und da hat ein geschmiedetes Messer für mich keinen rationalen Vorteil.

Edit: viele japanische Hersteller härten übrigens hochtechnisiert und präzise. Das sind nicht nur Opas die nach Augenmaß im dunkeln auf "kirschrot" warten.
 
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