Kugellagerstahl als Lufthärter?

kuhmra

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Hallo Forumiten,
mal wieder eine Materialfrage:
Habe mir eine Klinge für einen geplanten Folder geschmiedet, aus einem alten Kugellager.(Außenschale) Nach dem Schmieden ließ sich in die ungehärtete Klinge aber kein Loch für eine Klingenachse bohren. Auch dreimaliges Weichglühen brachte da keine Besserung. Jeder Bohrer war nach ein paar Zehntel-Millimetern sofort stumpf.
Frage: Kennt von Euch einer dieses Problem? Härtet der Stahl an der Luft wieder aus? Habe bei anderen Klingen dieses Problem nie gehabt, hatte die Klingen aber auch noch nie so dünn ausgeschmiedet (ca. 2mm). Ist der Stahl evtl. kein 1.3505??

Vielen Dank für Eure Antworten!
 
Hallo kuhmra
Es gibt natürlich noch andere Wälzlagerstähle als 100Cr6 (1.3505). Aber ich denke mal, wenn es kein rostfreier ist, sollte ein Weichglühen so zwischen 750 - 800°C (mit anschließender Ofenabkühlung) doch den gewünschten Erfolg bringen. Zumindest so, dass ein Bohren möglich ist.

Wie hast Du denn weichgeglüht ?

Gruß Klaus
 
Hallo Klaus,
hatte erstmal normal in der Esse erwärmt/ weichgeglüht. Dann nach dem Schmieden die Klinge zwei Tage liegen gelassen. Hab dann, beim Versuch das Loch zu bohren festgestellt, dass die Klinge wohl noch immer hart ist. Hab dann mit dem Acetylenbrenner zweimal Kirschrot und bei dritten Mal auf gelb erwärmt. Hab einmal auch probiert das Abkühlen zu verlangsamen, indem ich die Brennerflamme etwa 2 min. in weiterem Abstand zur Klinge gehalten habe. Ergebnis war jedes Mal gleich.

Gruß kuhmra
 
Hallo kuhmra
...zweimal Kirschrot und bei dritten Mal auf gelb erwärmt
Das gelbe war mit Sicherheit zu viel des guten ! Wie Andy auch sagt: Ab besten klappt es in einem Ofen mit Temperaturregelung.
Wenn man den nicht hat, lieber im dunklen Rotbereich bleiben als in den Gelbbereich zu kommen. Sobald Du wieder Austenitisierst ist es kein Weichglühen mehr sondern eher ein Normalisieren. Und ein Wälzlagerstahl kann bei dünnen Querschnitten auch zum Lufthärter werden. (Vielleicht nicht gerade >60HRc aber 45-50 HRc sind schon drin.) Aber auch da quälen sich HSS-Bohrer.

Gruß Klaus
 
Dünn ausgeschmiedete Stücke Kugellagerstahl werden an Luft mit Sicherheit schon recht hart, insbesondere, wenn sie auf (zu) hohe Temperaturen gebracht worden sind. Am Funken solltest Du die Kategorie des Stahls erkennen können. Helle Funken mit vielen Sprühsternchen zeigen einen der 4 klassischen Wälzlagerstähle von 1.35o1 bis 1.3505 an, die sich durch steigenden Chromgehalt unterscheiden. Von diesen hat der 1.3505 den höchsten Chromanteil- ca 1,5 %- da er auch in größeren Abmessungen durchhärten soll. Die korrosionsbeständigen Wälzlagerstähle haben ebenfalls einen hellen Funken, wegen des hohen Chromanteils aber mit wesentlich weniger Sternchen. Es gibt auch Schnellarbeitsstähle als Wälzlager, die am dunkelroten Wolframfunken zu erkennen sind. Die beiden letzten Kategorien sind eindeutig lufthärtend. Ich gehe hier mal vom Regelfall der Verwendung der Stähle 1.3501- 1.3505 aus.
Beim Weichglühen gilt die Regel, viel hilft viel, nicht.
Entscheidend ist vielmehr, daß man entweder ganz unter Ac 1 bleibt- dann kann mangels Umwandlung nichts hart werden- oder man durchschreitet den Bereich zwischen Ac 1 und der Perlitnase ganz langsam. Zu Deutsch: Im Ofen auf 700 Grad erwärmen und mit dem Ofen langsam kalt werden lassen- wenn man dann noch für einen Schutz gegen das Entkohlen sorgt, kann nichts passieren. Alternativ kann man die weichzuglühenden Gegenstände in ein Rohr mit Holzkohlengrus und -staub, Papierschnipsel, Holzwolle o.ä. packen und in ein Feuer legen, das nicht zu heiß wird. Im Grill vor sich hin glimmende Kohle hat in etwa die richtige Temperatur. Rohr und Feuer läßt man gemeinsam erkalten und hat ein gutes Weichglühgefüge.
Mit der Acetylenflamme wird man dagegen wenig ausrichten. Geht man über Ac 1- hier etwa 720 Grad- und läßt schnell abkühlen, hat man eine Lufthärtung vorgenommen und kein Weichglühen. Was man machen kann , wenn es schnell gehen soll und man kein anderes Mittel hat als den Gasbrenner, wäre folgendes: Mit der Gasflamme wird ein passendes Stück Eisen auf hellrot erhitzt- Es sollte mindestens die vierfache Mase der Klinge haben. Darauf legt man den zu erweichenden Gegenstand, bestreicht ihn leicht mit der Flamme bis zum Venenblutrot- an dieser Stelle ist es unerläßlich, sich durch das Öffnen je einer kleinen Arterie und Vene von dem genauen Farbton ein Bild zu machen- bedeckt das Ganze mit Asche und läßt es unter der Asche kalt werden. Auch das geht, die beiden zuerst genannten Methoden sind aber besser und sicherer. Entscheidend für den Erfolg des Weichglühens ist weniger die Temperatur, als die Zeit. Das liegt daran, daß der Weichglühvorgang in einem Befreien des Kohlenstoffs aus dem Härtungsgefüge und einem Ausscheiden als Karbid besteht.
MfG U. Gerfin
 
..... bestreicht ihn leicht mit der Flamme bis zum Venenblutrot- an dieser Stelle ist es unerläßlich, sich durch das Öffnen je einer kleinen Arterie und Vene von dem genauen Farbton ein Bild zu machen - bedeckt das Ganze mit Asche und läßt es unter der Asche kalt werden.....
Danke, dass Du den Hinweis mit der KLEINEN Arterie gegeben hast, ich hätte mir sonst eine große Beinarterie geöffnet. So hast Du möglichwerweise mein Leben gerettet....

Mit dankbarem Gruß

sanjuro
 
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