Kyohei Shindo Funayuki

güNef

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Servus,

„Kyohei Shindo ist ein junger Schmied in den frühen Dreißigern aus Tosa, den man beobachten sollte. Wieso den? Wegen des dünnen Schliffs und des polierten Kurouchi-Finishs, das sich für mich wie ein Takeda anfühlte, und wegen der Mazaki-ähnlichen chirurgischen Spitze.Wenn du fragst „Wer ist dieser Typ“? Ich gehe davon aus, dass ihn in den nächsten Jahren jeder kennen wird“
Schmied: Kyohei Shindo
Ort: Tosa, Japan
Stahl: Aogami #2

Griff: Keyaki mit Kunststoffzwinge

Mit diesen Worten, salopp übersetzt wird der Schmied Kyohei Shindo auf Händlerseiten beworben. Ich werde mich bemühen zu ergründen, ob das der Beginn einer Legendenbildung werden soll, oder ob es tatsächlich Besonderheiten an der Art und Weise gibt, wie er seine Messer anlegt und fertigt.

Beginnen wir bei Angebot, Ausstattung und Finish:

Kochmesserklingen in Längen von 210mm, 240mm oder 270mm konnte ich nicht finden. Nur kurze Klingen bis 170mm und diese auch nur als Bunka & Funayuki-Form. Er fertigt auch japanische Jagdmesser, alles aus Aogami II unter seinem Namen. Naoki Mazaki hingegen bietet hier deutlich mehr Vielfalt und Auswahl und deckt praktisch alle gängigen Standardmessertypen und Formen ab und ändert sogar das Profil je nach Charge. Der Vergleich hinkt also ein wenig.

Die Ausstattung von Kyohei-Messern ist eigenwillig zusammengewürfelt. Eine billige Plastikzwinge, die sich auch so anfühlt & aussieht und nur ein Stahl zur Auswahl, nämlich Aogami II. Der Griff ist aus Keyaki und erstaunlicherweise nicht aus dem üblichen Standardholz Honoki. Kenyaki als Kernholz wird im japanischen Bogenbau häufig und gerne verwendet.

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Für das Finish gilt das Gleiche. Ein Mischung aus einer sauber geschliffen/geschmiedeten Klinge und grob geschliffenem Kehl und Rücken. Die Klinge hat keinen Verzug, die Schneide ist gerade und nicht wellig und es gibt keinen Overgrind. Ich finde das KU nicht besonders attraktiv, ( meine Meinung ) und ja, man findet Hammerspuren vom Schmieden. Das Kasumi ist grob-wolkig und die Shinogi-Line klar tastbar.

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Das Holz um den Erl zeigt keine Schmauchspuren und ist nicht versiegelt. Das kann man wohlwollend als sehr traditionell bezeichnen und wenn der Griff dann mal abfault und der Erl schön angerostet ist, wechselt man einfach den Griff. Wer das vermeiden will, verschließt denn Spalt mit Bienenwachs. Das beworbene „polierte“ Kurouchi“ konnte ich nicht wahrnehmen, da der „Glanz“ und die dunkle Färbung einen anderen Grund hat. Die Klingen werden in transparenten Schutzlack getaucht um Rost durch die hohe Luftfeuchtigkeit in Japan zu verhindern. Manche Hersteller/Händler umhüllen die Klingen mit ölgetränktem Papier, andere versiegeln die Klingen mit Schutzlack. Ich musste also erstmal die Lackierung mit Nitroverdünnung abwaschen, der Glanz war dann weg, der dunkle KU-Farbton auch und das übliche grau-schwarz kam zum Vorschein. Der nächste Schritt war das Glätten von Kehl und Rücken mit Schleifpapier. Zu guter letzt eine Mikrofase von 38° Schneidenwinkel mit einem Naniwa Snow-White 8k Grit angeschliffen um diese haudünne Schneide ein wenig zu stützen.

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Soviel zu den ersten Beschreibungen und Vorbereitungen.

Was sind jetzt die Besonderheiten an einem Messer von Shindo Kyohei und gibt es überhaupt welche? Mir sind diese Messer durch den dünnen Schliff aufgefallen. Hier wurde ich nicht enttäuscht, weil viel dünner kann man eine Wate nicht mehr ausschleifen. Die Schneide buckelt bereits bei leichtem Druck über die ganze Länge. Ich will dazu nicht viele Worte verlieren und zeige lieber was man erwarten darf.

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Noch erstaunlicher, um nicht zu sagen extrem finde ich die Spitze. Bei allem Zuspruch für ein leichtes einschneiden, dieser Spitze sage ich keine lange Lebensdauer voraus. Die Spitze misst gerade mal 0,11mm Dicke. Ich hatte noch nichts dünneres da. Wer sich den Taper anschaut, sieht auch wohin die Reise geht. Auf dieser Klingenlänge ein solcher Taper ist auch nicht üblich.

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Also sind Schliff, Taper und Spitze für 80,- Euro schon markante Merkmale, die ein Kyohei von den üblichen Empfehlungen in dieser Preisklasse abheben. Nur als Einstieg würde ich jemand ohne Erfahrung mit japanischen Messern dieses dünne und schneidefähige Ding niemanden empfehlen. Eine hauchdünne Wate und eine Spitze dünn wie eine Nadel, das geht nicht gut, wenn man nicht genau weiß, wie man so eine Klinge zu führen, vorzubereiten und zu behandeln hat. Da Kyohei Shindo nur Aogami II verschmiedet, gehe ich davon aus, das er sich auf dessen WB versteht und mit 61°-62° HRC sollte das nicht allzu spröde sein, was bei diesem Schliff eigentlich zwingend ist. Eine spröder Stahl führt bei diesem Schliff mit Gewissheit zu einer zerlegten Schneide. Das Profil läuft innerhalb seiner Grenzen ( die Klingenlänge ) schön rund und flüssig und lässt sowohl wiegen von niedrigem Schnittgut als auch alle anderen Schnitttechniken zu. Gewicht ist 124 Gramm, Schwerpunkt 15mm weg vom Griff und 0,15mm über der winzigen 8k Fase sind reale Angaben. Das Kanji finde ich toll.

Foodrelease ist aktuell ( noch ohne ausgeprägter Patina ) konstruktionsbedingt im üblichem Rahmen, aber ich habe für eine umfassende Wahrnehmung unter meinen Bedingungen noch zu wenig geschnitten um zumindest meine Eindrücke zu beschreiben. FR ist ja objektiv nur bedingt zu fassen, zu viele Einflüsse müssen zusammenspielen um zumindest teilweise übertragbar auf andere zu sein. Ich sag mal so, wer japanische KU-Messer mit Shinogi-line und deren Verhalten kennt, kann das in etwa einordnen, es ist jedenfalls an der linken Flanke kein störendes ansaugen, rechts bremst mir das „raue“ Kasumi ein wenig zu viel, aber das kann sich mit zunehmender Patina noch ändern.

Auf Grund der Form und Größe ist das Funayuki logischerweise kein vollwertiges Kochmesser, kann also diesen Anspruch nicht erfüllen. Da man aber auch mit einer Spachtel Lebensmittel zerteilen kann, um sie kochend zuzubereiten, darf man das nicht so eng sehen. :D Für Connoisseure denen eine abgesetzte Plastikzwinge ein Graus ist, ist das natürlich auch nix. Wer genau das Zielpublikum sein soll, erschliesst sich auch mir nicht. Low-Budget-japan-Einstieg vom Preis her, eine Klinge die mehr für einen Dünnschlifffreak und Kenner gemacht wurde, als für einen Anfänger und „billige“ Anbauteile aus Plastik kombiniert mit rauem Rücken und Kehl verprellen wieder echte Japanfreaks?:unsure:

Empfehlungen möchte ich überhaupt nicht mehr aussprechen. Die Bilder, die Beschreibung und alle Messwerte lassen zumindest eine bessere Einschätzung zu, als jeder Shop sie bieten kann, dennoch hat jeder individuell zu entscheiden, ob so ein Messer in sein Portfolio passt oder nicht.

Gruß, güNef
 
Sehr viel Mühe für die Beschreibung gegeben.

Die Klingen mit Höhlschliff schneiden schon am leichtesten (wie Du das von Kamo oder OwlKnife kennst). Mindestens solange um hartes Obst/Gemüse geht.
 
Vielen Dank @güNef für deine unermüdliche Neugier, solche Überraschungseier auszuprobieren und hier in einer fachlich fundierten und detaillierten Art und Weise vorzustellen, die seinesgleichen sucht.

Nur eine Frage ist für mich nach der Lektüre noch offen: Brauche ich dieses Messer? :D
 
Servus,

Nur eine Frage ist für mich nach der Lektüre noch offen: Brauche ich dieses Messer? :D

dein Background ist dicht genug um dir die Frage selbst zu beantworten. :hehe: Wenn sich meine Eindrücke nach etwas längerem Gebrauch verbreitert und gefestigt haben, lass ich dir gerne das Teil zum Testen zukommen, einfach PN an mich und wir stimmen uns ab. ;)

Gruß, güNef
 
Eigentlich ein dem Preis entsprechend sehr gutes Messer aus meiner Sicht, wenn die dünne Spitze nicht wäre. 0,11mm aus Aogami 2 das kann gar nicht gutgehen auf lange Sicht. So gut kann eine Wärmebehandlung gar nicht sein.
 
Servus,

Yep, diese habe ich bei CKTG auch gefunden, hier fertig er aber eine Marge exklusiv für diesen Händler aus Übersee. Mit Versand, Zoll und Steuer ist der gute Preis hier in Europa leider zerschossen, aber vielleicht findet sich ja ein europäischer Händler der auch gerne richtige Kochmesserlängen von diesen Schmied haben möchte. Bis dahin bleiben „uns“ nur die „kleinen“ Klingen zu verlockenden Preisen.😉

Gruß, güNef
 
Die Spitze ist doch super. Für Zwiebeln perfekt.
Und das Gute: Wenn die abbrechen sollte, kann man immer noch ein Santoku aus dem Messer basteln ;-)
 
Und das Gute: Wenn die abbrechen sollte, kann man immer noch ein Santoku aus dem Messer basteln ;-)
Ein Messer zum Abbrechen nennt sich Cutter. :D Und wenn ich basteln will würd ich mir ein anderes suchen.
Das macht aber die Benutzung noch spannender.
Ein Messer mit eingebautem Suspense-Faktor oder Thrill-Faktor sozusagen. Was Messer so alles können. Man lernt nie aus.:D
 
Zuletzt bearbeitet:
Erst nochmal: Danke an @güNef für den Test dieser Messer und den ausführlichen Bericht.
Bei mir kam heute die Version des Funayuki mit neuem Griff an, welcher Bocote sein soll und eine Holzzwinge besitzt. Gegenüber den Bildern mit der Plastikzwinge gewinnt das Messer optisch erheblich.
Der Mehrpreis beläuft sich auf 30€ gegenüber der Variante mit Plastik.

Nach erstem Betrachten habe ich di Klinge direkt mit Aceton abgewaschen und die Bilder sind schon ohne den Glanz. Ich wußte vor diesem Bericht hier garnicht, dass es sowas gibt. Noch zu neu bei Messern und bisher eher der rostfreie nicht-Japaner.

Ist jetzt schon unter Kunstlicht aber mal ein paar erste Impressionen. Absolut positiv für mich. Test steht noch aus. Es ist wirklich sehr dünn ausgeschliffen und ich bin mir unsicher ob ich erst eine Mikrofase ansetze oder es so teste. Eigentlich würde ich es lieber mal im Auslieferungszustand probieren, aber halt wirklich dünn.
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Griff macht einen sauber verarbeiten Eindruck. Übergang zwischen dem Hauptstück des Griffs und der Zwinge ist nicht spürbar.

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sieht für mich ordentlich eingesetzt aus und scheint versiegelt (wasimmer dieses creme-weiße Zeug ist).

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sicherlich eher grob, aber am Kehl verrdundet und Kante am Rücken zumindest gebrochen. Fühlt sich so ok für mich an, so dass ich zumindest keinen Bedarf sehe es nicht erstmal so zu probieren.

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Das Messer wiegt in dieser Version 135g und Schwerpunkt mal via Bild.

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Ob das so gedacht ist? Das Messer verjüngt schnell von 5,2mm auf 1,5mm um dann zur Spitze nochmal etwas dicker zu werden, bevor dann die wirklich hauchdünne Spitze kommt. Nachgemessen habe ich das nur, weil man das bereits mit bloßem Auge erkennen kann.
Wenn ich das zu den Bildern von güNefs Messer vergleiche, dann sieht mir das doch nach ordentlicher Serienstreuung aus. Handarbeit steht hier dick dran.

Ich werde die Tage dann mal bei Tageslicht noch ein paar (hoffentlich) bessere Bilder nachliefern und dann auch meine Meinung, auch wenn ich nicht die Messererfahrung anderer Mitglieder hier habe.
 
Ja. Stimmt Der schwache Kontrast ist zumindest ungewohnt. Bocote gefällt mir gut. Die Gottes Esche. Ok.
Das cremefarbene Füllmaterial um den Erl wird irgendein gefärbtes Epoxi sein. Ich würde das noch versäubern, indem ich das Epoxi was den Erl hinauf klettert mit nem Cuttermesser abschneide. Das ist der Vorteil von schwarzen Zwingen.
Wenn das Füllmaterial ebenfalls schwarz ist sieht man das kaum. 30€ für den neuen Griff finde ich nicht wenig.
Ich nehme daher an, dass der alte Griff erst runtergeklopft wird und dann der neue dranmontiert. Dann muss man die Griffkosten und
zusätzlich die Montagekosten rechnen. Der Übergang zwischen Griff und Kopfstück könnte irgendwann noch spürbar werden, denn Holz arbeitet
und wenn die beiden Holzarten unterschiedlich arbeiten, fühlt man das irgendwann. Aber natürlich nur minimal.
Mich würde interessieren, wie es sich beim Zwiebelschneiden macht. Denn vorne verjüngt sich das ja innerhalb von 2cm von 1,8 auf superdünn.
Das könnte beim Einschneiden von Zwiebeln etwas haken. Ansonsten ist mir das Messer sehr sympathisch.
 
30€ für den neuen Griff finde ich nicht wenig.
Ich nehme daher an, dass der alte Griff erst runtergeklopft wird und dann der neue dranmontiert. Dann muss man die Griffkosten und
zusätzlich die Montagekosten rechnen.
Kann sein.
Wobei man diesen Kommentar bei Meestersslijpers nicht vergessen sollte:
tries to offer his knives cheaply to increase his brand awareness
Das kann man als "das sind Einführungspreise" interpretieren und mit den "vernünftigen" Griffen bewegt es sich vielleicht langsam davon weg.

Und nebenbei sind diese Messer bei anderen Anbietern aktuell schon teurer. Und auch andere Hersteller ziehen an: Als das Takamura R2 Petty (13cm) kürzlich wieder verfügbar wurde, war es plötzlich 25€ teurer, also mal ~20%. Solange die Nachfrage nicht einbricht, rechne ich bei den steigenden Energie- und Rohstoffpreisen damit, dass man das auf breiterer Front sehen wird.
 
Ja, die Welt ist aus den Fugen. Zu den Griffholzkombi ist mir noch was eingefallen. An sich ist der schwache Kontrast zwischen Kopfstück und Griff
nicht so schlecht. Bloß in der Kombination mit dem dunklen Erl nicht optimal. Weil wenn man die Füllmasse der Holzfarbe angleicht, sieht man natürlich jeden Schmierer auf dem Erl extrem. Bei einem blanken Erl wäre das nicht so tragisch. Daher wäre es im Fall eines dunklen Erls mit Schmiedehaut wirklich besser ein dunkles Holz und eine dunkle Füllmasse zu nehmen. Schon Zwiebeln geschnitten? Geht das gut?
 
Schliff, Taper und Spitze sind doch hier laut güNef die herausragenden Eigenschaften an diesem Messer.

Muss man jetzt wirklich bei einem Preis in der Größenordung von den üblichen Transportkosten von USA nach Europa naserümpfend mit der Lupe danach suchen, was bei mehr Aufwand machbar wäre?

grüsse, pebe
 
Also mir gefällt das Messer wie es ist.
Insbesondere Farbwahlen und deren Beurteilung fällt für mich in den Bereich Geschmack.
Für mich ist der Mehrwert dieses Griffs gegenüber der günstigeren Variante klar gegeben, sonst hätte ich es nicht bestellt (oder retourniert).
Nur das Ding mit der wieder dicker werdenden Klinge (am Rücken) ist wohl ein Zeichen etwas lockerer QC. Aber naja, im Vergleich zu anderen Messern aus kleinen Schmieden kostet das Teil ja quasi nichts.

Ist ja niemand gezwungen sich das Ding zu kaufen oder wer halt die Klinge will und einen anderen Griff, der kann ja die günstigere Variante nehmen und sich dann einen Griff nach seinem Geschmack dranstecken.
 
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