Abu
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Knüppel, Bündel Habseligkeiten und in der Tasche ein Messer mit geschwungener Klinge. So könnten wir uns die der Armut entfliehenden Männer des Aveyron während der großen Landflucht Richtung Paris Ende des 19. Jdt. vorstellen.
Ihre Gruppe war so bedeutend, ihr Lebensweg so typisch, dass die in Paris Zugewanderten einen Namen bekamen: „Bougnat“. Das ist auch der Name dieses Messers, von der Forge de Laguiole 2005/7 in einer Edition wiederbelebt.
Kräftig und stur wie die Ochsen des Aubrac, verdingten sich die „Bougnats“ zunächst regelmäßig als Wasserträger in die mehrstöckigen Etagenhäuser. Bei in Kesseln vorgeheiztem Badewasser, verliehen sie die Wanne gleich mit. (Madame gegen extra Trinkgeld einseifen, entspringt dagegen meiner Fantasie frz. Galanterie.)
Wer Wasser tragen kann, der kann auch Kohlen und Brennholz schleppen, Spirituosen und Weine sowieso. Handel mit Holz, Kohle, geistigen Getränken, dazu noch ein Bistro - der recht typische Aufstieg auf der sozialen Leiter war damit geschafft.
Spätestens an der Schnittstelle zum Weinausschank benötigten sie dann so ein 2-teiliges Laguiole aus der Heimat, das nun ebenfalls ihren Namen „Bougnat“ trägt!
Meines ist mit heller Hornspitze im Griff, die 11 cm-Größe schlank und gefällig, durch das Messing hat man mit 80gr durchaus was in der Hand. Ein total schönes Messer, handwerklich sehr sauber gemacht! Im Stil von 1900 dezent guillochiert, die Fliege nur angedeutet, die „Flügel“ nach unten gerundet, nirgends eine harte Kante.
Vor der Fliege eine sanfte Mulde, die dem Laguiole weiteren optischen Schwung verleiht und zusammen mit dem tief gezogenen Fuß eine hervorragende Handlage!
FdL hat es sehr authentisch nach einem historischen Messer als Replika auf den Markt gebracht, auffällig die dreifachen Backen und verzierten Pins. Griffmaterialien wie zeitgenössisch von Buchsbaum bis Elfenbein. Bei den Stählen ging man im Interesse der Vermarktung weiter, incl. Damast. Karbonstahl war aktuell nicht mehr zu bekommen, T12 ist ja auch schon klassisch und hätte sicher breite Zustimmung bei den Nutzern jener Jahre gefunden. Über das Angebot eines „unfertigen Gebrauchtlook“ per brut-de-forge hätten sie damals sicher den Kopf geschüttelt, ergab der sich doch durch Nutzung und Zeit unausweichlich.
Die Politur halte ich für passend und authentisch. Glanz war Pracht, und nach dem Dreck des 1. WK leuchteten Glitzer und Glimmer der „roaring twenties“ auf. Nicht zu vergessen, Politur war die feinste Veredlungsstufe. Noch 1890 beklagte der Bürgermeister von Laguiole in einem Brief „fehlende Strahlkraft und Glanz, letzte Perfektion, über den die Messer von Thiers…. verfügen“. Es mangelte an anspruchsvollen Maschinen, in Thiers war man in puncto organisierter Manufakturen weiter.
So wurden auch Messer mit Backen vormals nie in Laguiole, sondern Thiers gebaut, 1920 begann es mit Messing.
Blieben die „Bougnats“ früher in der Mehrzahl doch überwiegend arme Teufel, so ist das Messer gleichen Namens heute für mich ein recht luxuriöser Begleiter für die schönen Dinge des Lebens!
Gruß
Abu
PS
Die Fakten sind aus dem Buch von C. Lemasson „Legende Laguiole“ bzw. Wiki. Zeitgeschichtliche Verküpfungen entspringen meinen Synapsen. Die Karten sind mein Eigentum, ich darf sie also verwenden.
Ihre Gruppe war so bedeutend, ihr Lebensweg so typisch, dass die in Paris Zugewanderten einen Namen bekamen: „Bougnat“. Das ist auch der Name dieses Messers, von der Forge de Laguiole 2005/7 in einer Edition wiederbelebt.
Kräftig und stur wie die Ochsen des Aubrac, verdingten sich die „Bougnats“ zunächst regelmäßig als Wasserträger in die mehrstöckigen Etagenhäuser. Bei in Kesseln vorgeheiztem Badewasser, verliehen sie die Wanne gleich mit. (Madame gegen extra Trinkgeld einseifen, entspringt dagegen meiner Fantasie frz. Galanterie.)
Wer Wasser tragen kann, der kann auch Kohlen und Brennholz schleppen, Spirituosen und Weine sowieso. Handel mit Holz, Kohle, geistigen Getränken, dazu noch ein Bistro - der recht typische Aufstieg auf der sozialen Leiter war damit geschafft.
Spätestens an der Schnittstelle zum Weinausschank benötigten sie dann so ein 2-teiliges Laguiole aus der Heimat, das nun ebenfalls ihren Namen „Bougnat“ trägt!
Meines ist mit heller Hornspitze im Griff, die 11 cm-Größe schlank und gefällig, durch das Messing hat man mit 80gr durchaus was in der Hand. Ein total schönes Messer, handwerklich sehr sauber gemacht! Im Stil von 1900 dezent guillochiert, die Fliege nur angedeutet, die „Flügel“ nach unten gerundet, nirgends eine harte Kante.
Vor der Fliege eine sanfte Mulde, die dem Laguiole weiteren optischen Schwung verleiht und zusammen mit dem tief gezogenen Fuß eine hervorragende Handlage!
FdL hat es sehr authentisch nach einem historischen Messer als Replika auf den Markt gebracht, auffällig die dreifachen Backen und verzierten Pins. Griffmaterialien wie zeitgenössisch von Buchsbaum bis Elfenbein. Bei den Stählen ging man im Interesse der Vermarktung weiter, incl. Damast. Karbonstahl war aktuell nicht mehr zu bekommen, T12 ist ja auch schon klassisch und hätte sicher breite Zustimmung bei den Nutzern jener Jahre gefunden. Über das Angebot eines „unfertigen Gebrauchtlook“ per brut-de-forge hätten sie damals sicher den Kopf geschüttelt, ergab der sich doch durch Nutzung und Zeit unausweichlich.
Die Politur halte ich für passend und authentisch. Glanz war Pracht, und nach dem Dreck des 1. WK leuchteten Glitzer und Glimmer der „roaring twenties“ auf. Nicht zu vergessen, Politur war die feinste Veredlungsstufe. Noch 1890 beklagte der Bürgermeister von Laguiole in einem Brief „fehlende Strahlkraft und Glanz, letzte Perfektion, über den die Messer von Thiers…. verfügen“. Es mangelte an anspruchsvollen Maschinen, in Thiers war man in puncto organisierter Manufakturen weiter.
So wurden auch Messer mit Backen vormals nie in Laguiole, sondern Thiers gebaut, 1920 begann es mit Messing.
Blieben die „Bougnats“ früher in der Mehrzahl doch überwiegend arme Teufel, so ist das Messer gleichen Namens heute für mich ein recht luxuriöser Begleiter für die schönen Dinge des Lebens!
Gruß
Abu
PS
Die Fakten sind aus dem Buch von C. Lemasson „Legende Laguiole“ bzw. Wiki. Zeitgeschichtliche Verküpfungen entspringen meinen Synapsen. Die Karten sind mein Eigentum, ich darf sie also verwenden.