der Importeur von forge de laguiole hatte mir auf eine mail geantwortet und die folgenden Infos zugeschickt, die ich hiermit an euch weitergebe. Es gibt ja inzwischen doch wohl eine ganze Menge Laaguiol-infizierte
LAGUIOLE TRADITION UND MODERNE KOPIE ODER ORIGINAL?
von Wolfgang Lantelme
Alles begann 1829 in dem kleinen Städtchen Laguiole im Aveyron, im Süden der Auvergne. Man lebte von Felderwirtschaft und Tierzucht, züchtete weithin wegen ihres hervorragenden Fleisches geschätzte kleine Wildrinder mit riesigen Hörnern sowie Schafe. Die Milchwirtschaft brachte hervorragende Käse zustande wie den „Roquefort“ aus Millau und den „Laguiole“ aus Laguiole. Und man lebte vom Handel. Die Auvergnatten waren ausgesprochene Fuhrleute, die mit dem Handel von Wein und Kohlen fast ganz Frankreich bereisten. Diese Reisen brachten sie in Kontakt mit spanischen Klingen, die sie mit nach Hause brachten und ihren Schmieden zeigten. Und so gelang es Jean-Pierre Calmels 1829 erstmals, den für diese Region typischen kleinen Dolch, die CAPOUCHADOU, in ein bequem zusammenfaltbares Messer umzuwandeln. Schön, einfach und nützlich...es wurde schnell ein unentbehrlicher Begleiter für jedermann. Die Rinder- und Schafszüchter benötigten einen Dorn (zum Anstechen des Darms bei Koliken), die Fuhrleute ebenfalls, zur Reparatur des Lederzeugs ihrer Zugtiere. Also fügte man ihn der Klinge hinzu.
Ebenfalls aus ganz alten Zeiten stammt ein weiteres liebevolles Detail auf dem Griff vieler LAGUIOLES, das typisch ist für die Religiosität der Menschen in den abgelegenen Landstrichen Frankreichs: ein aus kleinen Metallstiften in die Griffschalen eingelegtes Kreuz. Man erzählt, daß es den Hirten diente, die einst nachts bei ihren Tieren bleiben mußten und die das Messer in den Boden rammten, um so vor ihrem Kreuz zu beten. Auch der Kranz von kleinen Nägelchen um den mittleren „Clou“ ist ein solch christliches Symbol: ein Ersatz für den Rosenkranz!
Aber Ende des 19.Jhs setzte eine große Landflucht ein. Das Aveyron beginnt zu verarmen und auf der Suche nach Arbeit zogen die Menschen in die großen Städte und manche in die ganze Welt. Vielen blieb oft nicht mehr von der Heimat als das LAGUIOLE in der Tasche. Aber wo immer man einen Menschen traf, der ein gleiches Messer besaß, wußte man sich unter Freunden, half einander, teilte Brot und Käse und so entstand der Begriff des „passport auvergnat“. Andere, die nach Paris gezogen waren, schafften es schnell, mit der berühmten Gastfreundlichkeit und der guten Küche der Auvergne die Hauptstadt zu erobern. Und wo man Wein trinkt, benötigt man einen Korkenzieher. Die Schmiede fügten ihn dem Messer hinzu.
Das LAGUIOLE wurde so auch in den Städten Frankreichs bekannt und für alle Franzosen zu einem begehrten Objekt. Es wurde immer variantenreicher und für das Bürgertum oft aus edlen Materialien hergestellt.
Doch bald nach dieser Blütezeit verschwindet die Produktion des Messers aus dem durch Armut verwaisten Plateau des Aubrac. Sie verlagert sich in die Industrieregion von Thiers und dort vegetierte sie viele Jahrzehnte mehr schlecht als recht vor sich hin.
In Laguiole selbst hatte man sich aber keineswegs damit abgefunden, daß die Produktion dieses kleinen Messer in Thiers und anderswo auf einem so tiefen Niveau angekommen war. Ganz im Gegenteil. Man strebte an: eine Wiederansiedlung der Messerherstellung in Laguiole. Dort, von wo sie dereinst verschwunden war. Dieses sollte geschehen unter neuen Vorzeichen und endlich auch mit der Definition von Qualitätskriterien und sollte schließlich auch der wirtschaftlichen Entwicklung der verarmten Gemeinde dienen. Letztendlich sollte auch Schluß damit sein, daß unter dem noch immer bekannten Markennamen LAGUIOLE Sonnenbrillen, Kugelschreiber und Wackeltiere mit Wackelköpfen verkauft wurden.
Mitte der 80er Jahre nimmt sich deshalb eine neue Generation von Messermachern des LAGUIOLES erneut an. Die Gemeinde Laguiole selbst gründet die Association „Le Couteau de Laguiole“ und legt damit den Grundstein für eine neue Schmiede und für ein neues Gütezeichen, das für höchste Verarbeitungsqualität stehen soll, das „LAGUIOLE ORIGINE GARANTIE“.
Denn alle seinerzeit in Laguiole ansässigen sogenannten „Laguiole-Schmieden“, waren in Wirklichkeit keine „Schmieden“, sondern nur Verkaufsstellen von Firmen, die in Thiers und anderswo ansässig waren und in Laguiole lediglich Verkaufsräume für ihre Produkte, ggf noch mit einer Scheinproduktion, an die Touristen betrieben. Leider ist das auch heute noch so, sodaß ein uninformierter Besucher, der nach Laguiole kommt und von dort sein LAGUIOLE mitnimmt, oft glaubt, er habe ein „echtes“ LAGUIOLE erworben. In Wirklichkeit hat er aber meist ein sonstwo zusammengebautes Messer erstanden, das mit dem Ort Laguiole nur den Namen gemein hat. Möglicherweise dreht man ihm sogar ein „Laguiole“ aus Pakistan an, denn leider ist LAGUIOLE der Name eines Ortes und als solcher, trotz vieler Versuche, nicht schützbar. Auch heute noch ist die FORGE DE LAGUIOLE die einzige wirklich am Ort ansässige Messermanufaktur.
1987 jedoch ist es endlich so weit: es wird die FORGE DE LAGUIOLE in Laguiole gegründet und ihre Ateliers werden in Laguiole angesiedelt....dort, wo das LAGUIOLE dereinst auch geboren wurde. Ein berühmter Architekt und Designer, Philipp Starck, entwirft als Fertigungsstätte ein neues Gebäude mit besonderer Signalwirkung, das mit seiner aus dem Berg durch den Bau hinausragenden Messerklinge großes Aufsehen erregt. Seither werden hier also wieder die Klingen geschmiedet und hier werden wieder nach traditionellen Herstellungsmethoden die Messer von je einem bis zum Schluß dafür verantwortlichen Messermacher angefertigt. Und damit erfüllte sich die mit der Gründung der „Association le Couteau de Laguiole“ verbundene Absicht:
„LAGUIOLE ORIGINE GARANTIE“ ist ein offener Klub, dem jede Messermanufaktur beitreten könnte, die sich den dort festgeschriebenen Qualitätsansprüchen unterwirft. Aber außer der FORGE DE LAGUIOLE hat bisher kein Hersteller das Recht erhalten, dieses Qualitätssiegel zu führen. Firmen, wie die später gegründeten LAGUIOLE EN AUBRAC und andere beispielsweise, dürfen dieses Gütezeichen nicht nur deshalb nicht führen, weil sie nicht in Laguiole produzieren, sondern vor allem deshalb, weil sie nicht schmieden können. Diese Firmen sind darauf angewiesen, sich ihre Bestandteile, die sie nicht selbst herstellen können, zusammenzukaufen und setzen deshalb die Messer in Ihren Produktionsstätten nur mehr oder weniger zusammen. Häufig klafft hier der Anspruch, den sich viele Hersteller von LAGUIOLES in der Öffentlichkeitswerbung geben und die Wirklichkeit gewaltig auseinander. So gibt es viele Firmen, die nach außen behaupten, sich der Tradition verpflichtet zu fühlen, die aber in Wirklichkeit das Herz eines jeden Messers, seine Klinge, gar nicht selbst schmieden können.
Überhaupt wird mit dem Begriff „schmieden“ teilweise sehr lässig umgegangen. Ein „Laguiole“-Hersteller in Espalion behauptet, er hätten eine Serie von Messern mit „geschmiedeten Bienen“ und diese Ressorts seien jenen überlegen, bei denen die Bienen aufgeschweißt werden. Prinzipiell wäre das richtig, wenn die Ressorts auch wirklich „geschmiedet“ würden. Dieser Hersteller verschweigt aber, daß er seine Ressorts zusammen mit der Biene lediglich in einem Arbeitsgang aus der Mulde gestanzt, aber nicht „geschmiedet“ hat. An sich ist das Stanzen ein legitimer und richtiger Herstellungsprozess für eine Serienproduktion. Tatsächlich ist aber ein mit Biene gestanztes Ressort einem Ressort, das aus einem optimierten Stahl hergestellt wurde und dem eine Biene aus einem anderen ebenfalls optimierten Stahl aufgeschweißt wurde, aber keineswegs überlegen. Denn auch hier fallen die Bienen nicht ab und es ist genauso seriell hergestellt, wie das andere. Es wird aber so argumentiert, daß ein normal informierter Kunde, der nicht wissen kann, daß dort nicht geschmiedet wird, darauf hereinfällt. An diesem Beispiel wird schnell deutlich, weshalb vielerorts Verwirrung herrscht, wenn man das Thema LAGUIOLE anspricht und weshalb sich Märchen und Halbwissen zu den abenteuerlichsten Meinungen formen. Denn vielen Herstellern kann einer Aufklärung gar nicht gelegen sein, solange sie von dem Unwissen ihrer Kunden nur profitieren.
Anders ist das bei der FORGE DE LAGUIOLE. Dort , wo man auch die Klingen selbst schmiedet, fertigt man auf Wunsch, und gegen verhältnismäßig geringen Aufpreis, für alle Modelle auch wirklich aus einem Stück Stahl handgeschmiedete und gehärtete Ressorts mit handgeschmiedeten Bienen. Und wenn es etwas ganz Besonderes sein darf: einer der Messermacher in der FORGE DE LAGUIOLE ist VIRGILIO MUNOZ. Er ist MEILLEUR OUVRIER DE FRANCE (BESTER HANDWERKER FRANKREICHS) und er fertigt auf Wunsch seine Einzelstücke mit Ressorts wie sie der Katalog auf den Seiten 60 bis 63 zeigt. Internationale Sammler stehen Schlange, um ein Einzelstück zu erwerben, was leider die Lieferzeiten seiner Messer auf einige Monate hat anwachsen lassen. Aber das Warten lohnt. Schließlich erhält man sein LAGUIOLE mit dem Signet VM als unverwechselbares Einzelstück nicht alle Tage.
Daß es traditionell auch keine Bienen auf den Ressorts sein müssen, muß in diesem Zusammenhang auch einmal gesagt werden. Im Volksglauben herrscht die Meinung: das Messer ist erst dann ein richtiges LAGUIOLE, wenn eine Biene auf dem Rücken ist. Weit gefehlt. Auf den wirklich alten LAGUIOLES findet man alle Motive, die man sich vorstellen kann und die den Schmieden seinerzeit so gefallen haben, daß sie ihr Ressort damit schmücken wollten: Weinreben, Stierköpfe etc und natürlich die Jakobsmuschel. Denn Laguiole liegt auf dem Jakobsweg. Die Pilger, die schon seither auf ihrer Reise durch Laguiole kamen, kauften hier besonders gerne ein LAGUIOLE, welches das Wappen ihres Reiseziels trug, die Coquille St. Jaques von Santiago de Compostella, die auf dem Weg dorthin so manches Wegkreuz und manche Kirche ziert. Bienen (oder sind es Fliegen? Man ist sich da keineswegs sicher!) tauchen massenhaft erst später auf, als das Messer schon zum Massenprodukt geworden war. Auch daß es die Biene aus Napoleons Wappen sei, die er den Schmieden von Laguiole als Dank für deren Tapferkeit abzubilden erlaubte, gehört eher in das Reich der Fabel.
Natürlich wird der FORGE DE LAGUIOLE ihr Erfolg von den Mitbewerbern und Konkurrenten auch geneidet. Denn sie war es doch, die die neue Messerbewegung ins Leben gerufen hat und die auf höchste Qualitätsmaßstäbe gesetzt hat. Andere, die später gegründet wurden, laufen dem Erfolg hinterher und halten sich häufig lieber daran zu kopieren, statt Neues und Eigenständiges zu entwickeln.
In Würdigung ihrer Gesamtleistung, die die FORGE DE LAGUIOLE erbracht hat, wurde ihr 1992 der PREIS DER EUROPÄISCHEN GEMEINSCHAFT anläßlich der WELTAUSSTELLUNG in SEVILLA überreicht. Dieser Preis wurde insgesamt nur drei europäischen Firmen für ihre insgesamt außergewöhnlichen und innovativen Leistungen überreicht....
Die Tradition der LAGUIOLES ist jetzt fast 175 Jahre alt. Eine lange Zeit, die dieses kleine Messer mit allen Höhen und Tiefen, aber insgesamt recht unbeschadet überstanden hat. Trotzdem ist es Zeit für eine Besinnung, denn eine Tradition, die sich nur selbst wiederholt, ohne sich ständig zu erneuern, hat meist keine allzu große Daseinsberechtigung. Die FORGE DE LAGUIOLE hat deshalb seit ihrer Gründung die Zusammenarbeit mit zeitgenössischen Entwerfern, Architekten und Designern gesucht, also die Kooperation mit Menschen, die auf besondere, und herausgehobene Weise unser Leben und unsere Umwelt heute gestalten. So geschieht es, daß das LAGUIOLE aus den Werkstätten der FORGE DE LAGUIOLE seine zeitgemäße Fortsetzung mit zeitgemäßen Entwürfen erlebt. Das LAGUIOLE ist also nicht tot, es lebz und entwickelt sich weiter....
Hier seien einige herausragende Beispiele erwähnt:
PHILIPPE STARCK, Architekt und Designer, entwirft 1989 nach dem Entwurf der Produktionsstätte für die FORGE DE LAGUIOLE ein LAGUIOLE, das 1993 den DESIGN PLUS PREIS anlässlich der AMBIENTE in FRANKFURT erhält.....Außerdem wird dieses Messer in die Sammlung des MUSEUM OF MODERN ART (das MOMA) in NEW YORK aufgenommen.
YAN PENNOR‘S (künstlerischer Leiter und Herausgeber verschiedener französischer Zeitungen wie Marie Claire, Paris Match...) kreiert 1990 das Logo der FORGE DE LAGUIOLE mit dem L wie ein halb geöffnetes LAGUIOLE und entwirft darüber hinaus ein Messer mit neuen High-Tech-Materialien. Ihm wird im gleichen Jahr der GRAND PRIX FRANCAIS für Objektdesign zuerkannt.
ERIC RAFFY (ein international tätiger und sehr renommierter franz. Architekt) entwirft 1992 das Restaurant für den berühmten Koch MICHEL BRAS in Laguiole und ein LAGUIOLE für die FORGE DE LAGUIOLE. Er erhält 1995 anlässlich des Salons in Atlanta den „BLADE MAGAZINE AWARD“ für innovatives Design .
SONJA RYKIEL (eine der Designerinnen aus der Haute-Couture-Szene in Paris) entwirft 1995 ein LAGUIOLE. Es ist das erste von einer Frau entworfene LAGUIOLE.
HERMES entwirft ein LAGUIOLE....COURÈGE....EDDY MITCHELL....
Parallel dazu entwickelt die FORGE DE LAGUIOLE einen neuen Typ von Messer: das SOMMELIER....1996 erhält es den DESIGN PLUS PREIS in FRANKFURT.
Natürlich könnte man zum Schluß noch den einen oder anderen kleinen Messermacher nennen, der irgendwo versteckt kleine Serien oder Einzelstücke fertigt. Auch wenn in diesen Werkstätten selten geschmiedet wird, man sich die Teile meist zukaufen muß, entstehen hier manchmal sehr schöne und im ursprünglichen Sinne „echte“ LAGUIOLES. Es lohnt sich deshalb immer, in das Aveyron zu reisen, Land und Leute, sowie die unvergleichlich gute Küche der Region kennenzulernen und den Spuren der LAGUIOLES nachzugehen...und bei so manchem BROCANTE mag möglicherweise noch ein altes Exemplar von Pagès oder Calmels verborgen liegen......
Was rät man aber einem Messerfreund, wenn er fragt, zu welchem Messer er greifen soll? Das Signet der FORGE DE LAGUIOLE, das L wie ein halb geöffnetes LAGUIOLE im Namenszug, die Prägung „LAGUIOLE ORIGINE GARANTIE“ auf der Klinge können eine gute erste Hilfe bei der Auswahl sein. Aber dann soll er es in die Hand nehmen und seine Verarbeitung prüfen, soll die Eleganz seiner schlanken Linienführung spüren und die Schärfe seiner Klinge, er soll es sanft schließen und den Druck spüren, wenn er es öffnet...denn es wird ihn ein Leben lang begleiten !
Für weitere Informationen lohnt sich ein Besuch auf der Website: www.forge-de-laguiole.com
LAGUIOLE TRADITION UND MODERNE KOPIE ODER ORIGINAL?
von Wolfgang Lantelme
Alles begann 1829 in dem kleinen Städtchen Laguiole im Aveyron, im Süden der Auvergne. Man lebte von Felderwirtschaft und Tierzucht, züchtete weithin wegen ihres hervorragenden Fleisches geschätzte kleine Wildrinder mit riesigen Hörnern sowie Schafe. Die Milchwirtschaft brachte hervorragende Käse zustande wie den „Roquefort“ aus Millau und den „Laguiole“ aus Laguiole. Und man lebte vom Handel. Die Auvergnatten waren ausgesprochene Fuhrleute, die mit dem Handel von Wein und Kohlen fast ganz Frankreich bereisten. Diese Reisen brachten sie in Kontakt mit spanischen Klingen, die sie mit nach Hause brachten und ihren Schmieden zeigten. Und so gelang es Jean-Pierre Calmels 1829 erstmals, den für diese Region typischen kleinen Dolch, die CAPOUCHADOU, in ein bequem zusammenfaltbares Messer umzuwandeln. Schön, einfach und nützlich...es wurde schnell ein unentbehrlicher Begleiter für jedermann. Die Rinder- und Schafszüchter benötigten einen Dorn (zum Anstechen des Darms bei Koliken), die Fuhrleute ebenfalls, zur Reparatur des Lederzeugs ihrer Zugtiere. Also fügte man ihn der Klinge hinzu.
Ebenfalls aus ganz alten Zeiten stammt ein weiteres liebevolles Detail auf dem Griff vieler LAGUIOLES, das typisch ist für die Religiosität der Menschen in den abgelegenen Landstrichen Frankreichs: ein aus kleinen Metallstiften in die Griffschalen eingelegtes Kreuz. Man erzählt, daß es den Hirten diente, die einst nachts bei ihren Tieren bleiben mußten und die das Messer in den Boden rammten, um so vor ihrem Kreuz zu beten. Auch der Kranz von kleinen Nägelchen um den mittleren „Clou“ ist ein solch christliches Symbol: ein Ersatz für den Rosenkranz!
Aber Ende des 19.Jhs setzte eine große Landflucht ein. Das Aveyron beginnt zu verarmen und auf der Suche nach Arbeit zogen die Menschen in die großen Städte und manche in die ganze Welt. Vielen blieb oft nicht mehr von der Heimat als das LAGUIOLE in der Tasche. Aber wo immer man einen Menschen traf, der ein gleiches Messer besaß, wußte man sich unter Freunden, half einander, teilte Brot und Käse und so entstand der Begriff des „passport auvergnat“. Andere, die nach Paris gezogen waren, schafften es schnell, mit der berühmten Gastfreundlichkeit und der guten Küche der Auvergne die Hauptstadt zu erobern. Und wo man Wein trinkt, benötigt man einen Korkenzieher. Die Schmiede fügten ihn dem Messer hinzu.
Das LAGUIOLE wurde so auch in den Städten Frankreichs bekannt und für alle Franzosen zu einem begehrten Objekt. Es wurde immer variantenreicher und für das Bürgertum oft aus edlen Materialien hergestellt.
Doch bald nach dieser Blütezeit verschwindet die Produktion des Messers aus dem durch Armut verwaisten Plateau des Aubrac. Sie verlagert sich in die Industrieregion von Thiers und dort vegetierte sie viele Jahrzehnte mehr schlecht als recht vor sich hin.
In Laguiole selbst hatte man sich aber keineswegs damit abgefunden, daß die Produktion dieses kleinen Messer in Thiers und anderswo auf einem so tiefen Niveau angekommen war. Ganz im Gegenteil. Man strebte an: eine Wiederansiedlung der Messerherstellung in Laguiole. Dort, von wo sie dereinst verschwunden war. Dieses sollte geschehen unter neuen Vorzeichen und endlich auch mit der Definition von Qualitätskriterien und sollte schließlich auch der wirtschaftlichen Entwicklung der verarmten Gemeinde dienen. Letztendlich sollte auch Schluß damit sein, daß unter dem noch immer bekannten Markennamen LAGUIOLE Sonnenbrillen, Kugelschreiber und Wackeltiere mit Wackelköpfen verkauft wurden.
Mitte der 80er Jahre nimmt sich deshalb eine neue Generation von Messermachern des LAGUIOLES erneut an. Die Gemeinde Laguiole selbst gründet die Association „Le Couteau de Laguiole“ und legt damit den Grundstein für eine neue Schmiede und für ein neues Gütezeichen, das für höchste Verarbeitungsqualität stehen soll, das „LAGUIOLE ORIGINE GARANTIE“.
Denn alle seinerzeit in Laguiole ansässigen sogenannten „Laguiole-Schmieden“, waren in Wirklichkeit keine „Schmieden“, sondern nur Verkaufsstellen von Firmen, die in Thiers und anderswo ansässig waren und in Laguiole lediglich Verkaufsräume für ihre Produkte, ggf noch mit einer Scheinproduktion, an die Touristen betrieben. Leider ist das auch heute noch so, sodaß ein uninformierter Besucher, der nach Laguiole kommt und von dort sein LAGUIOLE mitnimmt, oft glaubt, er habe ein „echtes“ LAGUIOLE erworben. In Wirklichkeit hat er aber meist ein sonstwo zusammengebautes Messer erstanden, das mit dem Ort Laguiole nur den Namen gemein hat. Möglicherweise dreht man ihm sogar ein „Laguiole“ aus Pakistan an, denn leider ist LAGUIOLE der Name eines Ortes und als solcher, trotz vieler Versuche, nicht schützbar. Auch heute noch ist die FORGE DE LAGUIOLE die einzige wirklich am Ort ansässige Messermanufaktur.
1987 jedoch ist es endlich so weit: es wird die FORGE DE LAGUIOLE in Laguiole gegründet und ihre Ateliers werden in Laguiole angesiedelt....dort, wo das LAGUIOLE dereinst auch geboren wurde. Ein berühmter Architekt und Designer, Philipp Starck, entwirft als Fertigungsstätte ein neues Gebäude mit besonderer Signalwirkung, das mit seiner aus dem Berg durch den Bau hinausragenden Messerklinge großes Aufsehen erregt. Seither werden hier also wieder die Klingen geschmiedet und hier werden wieder nach traditionellen Herstellungsmethoden die Messer von je einem bis zum Schluß dafür verantwortlichen Messermacher angefertigt. Und damit erfüllte sich die mit der Gründung der „Association le Couteau de Laguiole“ verbundene Absicht:
„LAGUIOLE ORIGINE GARANTIE“ ist ein offener Klub, dem jede Messermanufaktur beitreten könnte, die sich den dort festgeschriebenen Qualitätsansprüchen unterwirft. Aber außer der FORGE DE LAGUIOLE hat bisher kein Hersteller das Recht erhalten, dieses Qualitätssiegel zu führen. Firmen, wie die später gegründeten LAGUIOLE EN AUBRAC und andere beispielsweise, dürfen dieses Gütezeichen nicht nur deshalb nicht führen, weil sie nicht in Laguiole produzieren, sondern vor allem deshalb, weil sie nicht schmieden können. Diese Firmen sind darauf angewiesen, sich ihre Bestandteile, die sie nicht selbst herstellen können, zusammenzukaufen und setzen deshalb die Messer in Ihren Produktionsstätten nur mehr oder weniger zusammen. Häufig klafft hier der Anspruch, den sich viele Hersteller von LAGUIOLES in der Öffentlichkeitswerbung geben und die Wirklichkeit gewaltig auseinander. So gibt es viele Firmen, die nach außen behaupten, sich der Tradition verpflichtet zu fühlen, die aber in Wirklichkeit das Herz eines jeden Messers, seine Klinge, gar nicht selbst schmieden können.
Überhaupt wird mit dem Begriff „schmieden“ teilweise sehr lässig umgegangen. Ein „Laguiole“-Hersteller in Espalion behauptet, er hätten eine Serie von Messern mit „geschmiedeten Bienen“ und diese Ressorts seien jenen überlegen, bei denen die Bienen aufgeschweißt werden. Prinzipiell wäre das richtig, wenn die Ressorts auch wirklich „geschmiedet“ würden. Dieser Hersteller verschweigt aber, daß er seine Ressorts zusammen mit der Biene lediglich in einem Arbeitsgang aus der Mulde gestanzt, aber nicht „geschmiedet“ hat. An sich ist das Stanzen ein legitimer und richtiger Herstellungsprozess für eine Serienproduktion. Tatsächlich ist aber ein mit Biene gestanztes Ressort einem Ressort, das aus einem optimierten Stahl hergestellt wurde und dem eine Biene aus einem anderen ebenfalls optimierten Stahl aufgeschweißt wurde, aber keineswegs überlegen. Denn auch hier fallen die Bienen nicht ab und es ist genauso seriell hergestellt, wie das andere. Es wird aber so argumentiert, daß ein normal informierter Kunde, der nicht wissen kann, daß dort nicht geschmiedet wird, darauf hereinfällt. An diesem Beispiel wird schnell deutlich, weshalb vielerorts Verwirrung herrscht, wenn man das Thema LAGUIOLE anspricht und weshalb sich Märchen und Halbwissen zu den abenteuerlichsten Meinungen formen. Denn vielen Herstellern kann einer Aufklärung gar nicht gelegen sein, solange sie von dem Unwissen ihrer Kunden nur profitieren.
Anders ist das bei der FORGE DE LAGUIOLE. Dort , wo man auch die Klingen selbst schmiedet, fertigt man auf Wunsch, und gegen verhältnismäßig geringen Aufpreis, für alle Modelle auch wirklich aus einem Stück Stahl handgeschmiedete und gehärtete Ressorts mit handgeschmiedeten Bienen. Und wenn es etwas ganz Besonderes sein darf: einer der Messermacher in der FORGE DE LAGUIOLE ist VIRGILIO MUNOZ. Er ist MEILLEUR OUVRIER DE FRANCE (BESTER HANDWERKER FRANKREICHS) und er fertigt auf Wunsch seine Einzelstücke mit Ressorts wie sie der Katalog auf den Seiten 60 bis 63 zeigt. Internationale Sammler stehen Schlange, um ein Einzelstück zu erwerben, was leider die Lieferzeiten seiner Messer auf einige Monate hat anwachsen lassen. Aber das Warten lohnt. Schließlich erhält man sein LAGUIOLE mit dem Signet VM als unverwechselbares Einzelstück nicht alle Tage.
Daß es traditionell auch keine Bienen auf den Ressorts sein müssen, muß in diesem Zusammenhang auch einmal gesagt werden. Im Volksglauben herrscht die Meinung: das Messer ist erst dann ein richtiges LAGUIOLE, wenn eine Biene auf dem Rücken ist. Weit gefehlt. Auf den wirklich alten LAGUIOLES findet man alle Motive, die man sich vorstellen kann und die den Schmieden seinerzeit so gefallen haben, daß sie ihr Ressort damit schmücken wollten: Weinreben, Stierköpfe etc und natürlich die Jakobsmuschel. Denn Laguiole liegt auf dem Jakobsweg. Die Pilger, die schon seither auf ihrer Reise durch Laguiole kamen, kauften hier besonders gerne ein LAGUIOLE, welches das Wappen ihres Reiseziels trug, die Coquille St. Jaques von Santiago de Compostella, die auf dem Weg dorthin so manches Wegkreuz und manche Kirche ziert. Bienen (oder sind es Fliegen? Man ist sich da keineswegs sicher!) tauchen massenhaft erst später auf, als das Messer schon zum Massenprodukt geworden war. Auch daß es die Biene aus Napoleons Wappen sei, die er den Schmieden von Laguiole als Dank für deren Tapferkeit abzubilden erlaubte, gehört eher in das Reich der Fabel.
Natürlich wird der FORGE DE LAGUIOLE ihr Erfolg von den Mitbewerbern und Konkurrenten auch geneidet. Denn sie war es doch, die die neue Messerbewegung ins Leben gerufen hat und die auf höchste Qualitätsmaßstäbe gesetzt hat. Andere, die später gegründet wurden, laufen dem Erfolg hinterher und halten sich häufig lieber daran zu kopieren, statt Neues und Eigenständiges zu entwickeln.
In Würdigung ihrer Gesamtleistung, die die FORGE DE LAGUIOLE erbracht hat, wurde ihr 1992 der PREIS DER EUROPÄISCHEN GEMEINSCHAFT anläßlich der WELTAUSSTELLUNG in SEVILLA überreicht. Dieser Preis wurde insgesamt nur drei europäischen Firmen für ihre insgesamt außergewöhnlichen und innovativen Leistungen überreicht....
Die Tradition der LAGUIOLES ist jetzt fast 175 Jahre alt. Eine lange Zeit, die dieses kleine Messer mit allen Höhen und Tiefen, aber insgesamt recht unbeschadet überstanden hat. Trotzdem ist es Zeit für eine Besinnung, denn eine Tradition, die sich nur selbst wiederholt, ohne sich ständig zu erneuern, hat meist keine allzu große Daseinsberechtigung. Die FORGE DE LAGUIOLE hat deshalb seit ihrer Gründung die Zusammenarbeit mit zeitgenössischen Entwerfern, Architekten und Designern gesucht, also die Kooperation mit Menschen, die auf besondere, und herausgehobene Weise unser Leben und unsere Umwelt heute gestalten. So geschieht es, daß das LAGUIOLE aus den Werkstätten der FORGE DE LAGUIOLE seine zeitgemäße Fortsetzung mit zeitgemäßen Entwürfen erlebt. Das LAGUIOLE ist also nicht tot, es lebz und entwickelt sich weiter....
Hier seien einige herausragende Beispiele erwähnt:
PHILIPPE STARCK, Architekt und Designer, entwirft 1989 nach dem Entwurf der Produktionsstätte für die FORGE DE LAGUIOLE ein LAGUIOLE, das 1993 den DESIGN PLUS PREIS anlässlich der AMBIENTE in FRANKFURT erhält.....Außerdem wird dieses Messer in die Sammlung des MUSEUM OF MODERN ART (das MOMA) in NEW YORK aufgenommen.
YAN PENNOR‘S (künstlerischer Leiter und Herausgeber verschiedener französischer Zeitungen wie Marie Claire, Paris Match...) kreiert 1990 das Logo der FORGE DE LAGUIOLE mit dem L wie ein halb geöffnetes LAGUIOLE und entwirft darüber hinaus ein Messer mit neuen High-Tech-Materialien. Ihm wird im gleichen Jahr der GRAND PRIX FRANCAIS für Objektdesign zuerkannt.
ERIC RAFFY (ein international tätiger und sehr renommierter franz. Architekt) entwirft 1992 das Restaurant für den berühmten Koch MICHEL BRAS in Laguiole und ein LAGUIOLE für die FORGE DE LAGUIOLE. Er erhält 1995 anlässlich des Salons in Atlanta den „BLADE MAGAZINE AWARD“ für innovatives Design .
SONJA RYKIEL (eine der Designerinnen aus der Haute-Couture-Szene in Paris) entwirft 1995 ein LAGUIOLE. Es ist das erste von einer Frau entworfene LAGUIOLE.
HERMES entwirft ein LAGUIOLE....COURÈGE....EDDY MITCHELL....
Parallel dazu entwickelt die FORGE DE LAGUIOLE einen neuen Typ von Messer: das SOMMELIER....1996 erhält es den DESIGN PLUS PREIS in FRANKFURT.
Natürlich könnte man zum Schluß noch den einen oder anderen kleinen Messermacher nennen, der irgendwo versteckt kleine Serien oder Einzelstücke fertigt. Auch wenn in diesen Werkstätten selten geschmiedet wird, man sich die Teile meist zukaufen muß, entstehen hier manchmal sehr schöne und im ursprünglichen Sinne „echte“ LAGUIOLES. Es lohnt sich deshalb immer, in das Aveyron zu reisen, Land und Leute, sowie die unvergleichlich gute Küche der Region kennenzulernen und den Spuren der LAGUIOLES nachzugehen...und bei so manchem BROCANTE mag möglicherweise noch ein altes Exemplar von Pagès oder Calmels verborgen liegen......
Was rät man aber einem Messerfreund, wenn er fragt, zu welchem Messer er greifen soll? Das Signet der FORGE DE LAGUIOLE, das L wie ein halb geöffnetes LAGUIOLE im Namenszug, die Prägung „LAGUIOLE ORIGINE GARANTIE“ auf der Klinge können eine gute erste Hilfe bei der Auswahl sein. Aber dann soll er es in die Hand nehmen und seine Verarbeitung prüfen, soll die Eleganz seiner schlanken Linienführung spüren und die Schärfe seiner Klinge, er soll es sanft schließen und den Druck spüren, wenn er es öffnet...denn es wird ihn ein Leben lang begleiten !
Für weitere Informationen lohnt sich ein Besuch auf der Website: www.forge-de-laguiole.com