Heute kreise ich mit Euch um die divergenten Gefühlszustände „Damals war alles besser“ gegen „das Neueste ist das Beste“. Für Messer-Aficionados ist dieses Gefühl absolut elementar für das Anschaffen und liebevolle Zusammenstellen von Messersammlungen.
The „good old times“ mit alten Slipjoint-Juwelen, Stiletto- und Solinger Jagdnicker Raritäten. Oder the hottest new Sh*!t on the planet mit Magnacut Supersteel to rule them all. Jupp. Ich hab mir aktuell mein erstes White River geholt. In Magnacut. Rattenscharfes Teil. Heute bewege ich mich aber auf der Oldschool-Seite mit viel Liebe für einen echten Multitool-OG: mein Leatherman PST II
WARUM UM HIMMELS WILLEN SO EIN ALTER KNOCHEN?
Ganz ehrlich? Ich weiß es nicht. Ich habe ein Wave, zwei Charge Ti, ein Micro und Squirt, besaß ein Swisstool, Sceletool, Freestyle, OHT, Supertool 300 und 300 EOD und einen moderneren Nachkömmling des PST mit Gummieinlagen (ich meine es war das Fuse). Aber meistens greife ich nach dem PST II und schiebe es in meine Tasche. Für das „warum“ gehe ich auf meine persönliche Suche und nehme Euch mit.
QUICK INFO: EIN ECHTES LEATHERMAN ORIGINAL
Leatherman ist eine Legende und dürfte jedem hier ein Begriff sein. Quasi der Uhu oder das Tempo unter den Multitools. Das PST war ein Leatherman der ersten Stunde neben Micro und Supertool. Mein Modell, das PST II (aus einer der letzten Serien nach 2000) ist die überarbeitete Version 2 mit Schere, teil-sägegezahnter Klinge und verbesserter Feile.
Diese Details habe ich abgespickelt: Smartknives ist eine sehr gute Info-Quelle für Leatherman-Modelle.
QUICK FEATURES:
WAS ICH AM PST II MAG
Ganz klar Nummer 1: die vollwertige Zange. Ich bin ein Zangen-Junge. Brauchen tue ich sie unterwegs ehrlicherweise seltenst. Aber wenn kein Kneifgerät am Mann ist, fühle ich mich nackt und unvorbereitet. Seltsame Psychologie.
Ganz klar Nummer 2: stromlinienförmig schlank. Das Teil ist für mein persönliches Empfinden ein Handschmeichler und gleitet in die Tasche. Das PST II ist einfach handy. Ich glaube, hier spielt auch der ästhetische Formfaktor maßgeblich mit hinein, weil es rational betrachtet nicht den größten Sinn macht angesichts diverser Alternativen. Aber hey: meine Betrachtung. Mein subjektiver Gusto. Read it or leave it.
Nummer 3: Das Set an Tools hat sich für mich durchaus als praktisch erwiesen ... minus Dosenöffner (nie benutzt).
Nummer 4: Die Qualität ist da. Wahrscheinlich romantisiere und favourisiere ich hier. Aber mit dem PST II in der Hand kommen mir Begriffe wie „sturdy“ und „beefy“ in den Sinn. Und ich hab mit der Zange schon manches angestellt, wo ich sonst zu meinen Kipexen greifen würde.
Nummer 5: Es ist 42a-konform, da die im Griff liegende Klinge in einem geschmeidigen 1-2-3-Schritt (klack, klack, swing) per Nagelhau herausgeholt wird und meachanisch nicht arretiert. Charmant ist aber, dass sie bei geschlossenem Griff aber top fixiert ist und nicht zuklappen kann.
WAS ICH NICHT MAG AM PST II
Erstens: Das Gewicht! Es ist ok, aber es zieht schon in der Tasche. Ich bin kein Pouch- und Gürtelholster-Träger. Das ist mir zu fummelig. Bei mir flutscht alles in die Pockets. Hier wäre ein Clip schön gewesen. Klares Plus der späteren Modelle.
Zweitens: Die dünnen kantigen Innenwände der Griffe. Bei kraftvoller Nutzung der Zange drückt das schon unangenehm in die Mimosenpfoten. Volle Kraftentfaltung ist hier nicht möglich. Darum hatte ich mir das Fuse zugelegt mit gummierten Innenseiten. Das konnte sich aber, warum auch immer, nicht behaupten gegen mein PST II. Ist auch nicht mehr im Arsenal.
Drittens ... und darüber kann man streiten ... sind die fest integrierten Drahtschneider. Ist eine Scharte drin, bleibt sie drin. Bei neueren Tools sind die Schneiden geschraubt und wechselbar. Sind aber auch größere Zangen aus einer späteren Zeit. Das ist „the nature of the beast“ und eigentlich ein theoretisches Problem. Denn die Schneiden scheinen recht gut gehärtet und ich hatte noch keine sichtbaren Effekte.
WOFÜR ICH ES NUTZE
Das PST II kommt vor allem zuhause zum Einsatz. Täglich habe ich das Classic Multitool nicht dabei (vor allem wegen „Erstens: Das Gewicht!“). Wenn ich Lust habe ... und das aktuell häufiger der Fall ... flutscht es trotzdem gern in die Tasche.
Ich habe Hüfttasche, EDC Quick Grab Taschenset und Umhängetasche. Die sind ultraleicht bestückt mit kompakter AAA-Taschenlampe, Micra bzw. Squirt sowie leichtem Krimskrams (Pflaster für die Kids, vielleicht ein Stift usw.).
In meinem Haupt-Utility Pouch lebt mein zweites PST II. Was schon zeigt, wie sehr ich das Teil schätze.
PROBLEMLÖSER IM ALLTAG
Wirklich scheinen und einen tollen Job machen tut das PST II im Alltag. Es lebt in meiner Messerbox im Bürozimmer. Und obwohl ich ein Set Alltagswerkzeug in der Dielen-Kommode habe, geht mein erster Griff intuitiv Richtung PST II. Es kommt nicht selten vor, dass ich für meine Fraggle Damen irgendwelche gerissenen Ketten oder sonstiges wieder zusammenösen muss. Teilweise schon kurios, wie oft ich mich beim Hantieren mit zwei Zangen erwische. Und eine davon ist immer vom PST II. Es erspart mir den Gang in den Keller zu meinen Kipexen.
Oder mal eben eine Schraube anziehen bzw. was abzwicken. Perfekt. Zugegeben: die Schere ist eher das meistgenutzte Tool unterwegs. Im Büro habe ich vollwertige Scheren direkt zur Hand. Warum ich statt PST II kein Wave, Charge oder etwas anderes nutze, kann ich nicht wirklich logisch erklären. (selbstverständlich habe auch mehrere Exemplare der Gattung Victorinoxa Schweizermesseris im Arsenal). Ich glaube, der schlanke Größenvorteil und die schöne gerundete Oldschool-Haptik spielen da eine große Rolle im Vergleich zu den potenten muskulösen Multitool-Brüdern. Die liegen wiederum eher im Wanderrucksack oder im Handschuhfach des Autos (hm ... mit außenliegender Klinge nicht 42a-konform, problematisch ... aber das ist ein anderes Thema ... *auf die Merk-Liste schreib*).
Ich kann ehrlich sagen: das PST II ist zuhause in der Tat mein „first grab“.
BATTLE OF THE CONCEPTS
Jetzt geht’s ans Eingemachte, an des Pudels Kern. Es kommt, was kommen muss: der Vergleich der Taschenwerkzeug-Konzepte:
Schweizermesser gegen Multitool. Made in Switzerland vs Made in USA
Keine Sorge, ich bin in der Sache reiner Light User und fachlicher Dünnbrettbohrer. Also alles easy, alles schön oberflächlich. Kurz und schmerzvoll.
Kleiner Fun Fact zu Made in Switzerland vs Made in USA: Ich finde es immer wieder putzig, wenn ich amerikanische Reisegruppen bei uns in der Gegend mitbekomme. Staunend und mit offenen Mündern vor altem Fachwerk oder Kirchen stehend, die älter sind als ihre eigene Nation. Ein bisschen steckt dieser Schmunzelfaktor auch in diesem Vergleich hier:
1891 (Schweizer Offiziersmesser) gegen ca. 1975 (Leatherman).
Schweizer Taschenmesser sind eine Liga für sich. Allein was Varianten, Designs, Evolutionsstufen und kreative Modell-Eskapaden in Reinkultur angeht (weltgrößtes Wenger Giant Knife mit 141 Funktionen, Cybertools mit USB-Stick, Licht und Schnickschnack, Zigarrenschneider, Modelle für Golfer, Tiffany-Edition usw.). Leatherman fängt ja auch schon mit Magnet-Öffnung und Butterfly-Fidget-Faktor an.
Direkt vergleichbar sind die beiden Konzepte in Ihrer Modellgesamtheit nicht. Beide basieren auf der gleichen Idee, Messer plus zusätzliches Werkzeug in ein kompaktes taschenfreundliches Format zu packen. Von unterschiedlichen Blickwinkeln aus. Ich ziehe das Ganze kurz an meinen beiden direkten EDC-Konkurrenten auf. Man sieht, mein Schweizer Taschenmesser kommt mit einem für Vics eher untypischen Feature, das meinem Wohlfühlfaktor und Seelenheil aber ungeheuer zuträglich ist: einer Zange. Es sei erwähnt, dass das PST II zuerst da war und die Vic-Konfiguration (wohl eher unbewusst) auf ähnlichen Funktionsumfang ausgewählt wurde.
Victorinox bietet mittlerweile eine Unzahl an Modellen mit Zange. Den für mich sinnvollsten Kompromiss mit Zange (außer irgendeinem discontinued Electrican Modell, das Zange hatte und mit weniger Tools noch schlanker war) bot in meinen Augen das Deluxe Tinker. Das habe ich dann in inkompetent kreativer Weise von einem roten in ein gelb beschaltes Modell umgewandelt ... mit Kugelschreibermine! Extrem cooler Gimmick-Faktor, mit dem ich unterwegs schon öfters mal einen Wow-Moment erzeugen konnte, wenns was zu schreiben gab und keiner einen Stift dabei hatte.
BATTLE MODE
BATTLE FAZIT
Ihr seht, der Vergleich ist müsig und hinkt. Ich muss es also mit Text retten. Für mich gewinnt das Deluxe Tinker mit hauchdünnem Vorsprung als Alltags-Paket unterwegs. Es ist gewichtmäßig in der gleichen Liga und signifikant (schwerer, als ich es gern hätte), das Tool-Set hat für mich etwas zu viel unnötigen Schnickschnack. Gewinnen tut es gegen PST II aber durch die klassischen kleinen Details und Qualitäten wie die Pinzette (man glaubt kaum, wie oft man die brauchen kann), meinen Stift-Mod (über Aftermarket-Schalen), den Zahnstocher und die zwei Messerklingen. Da ist die Spielzeugzange fürs Nötigste absolut ausreichend (die Squirt-Zange ist auch nicht potenter und funktioniert).
Im Formfaktor verliert das Vic aber gegen das PST II. Es ist einen Tick globiger und hat nicht den Charme. Mit Blick auf Alox oder nach einer Schönheitskur mit Daily Customs sähe das vielleicht anders aus. Der Punkt Formfaktor, Haptik und Wertigkeit geht im Hier und Jetzt an mein PST II.
Das Leatherman ist für mich das rundere Paket mit Vertrauensfaktor. Im Prinzip „Zange mit Messer dran“. Und allein das macht mir ein warmes Gefühl rund ums Herz. Du hast was Massives in der Hand und solide Bedienung. Für die Fotos war die potenzielle Verletzungsgefahr beim Vic ein Vielfaches höher als beim Leatherman. Die Feile ist wenig gebraucht, aber in den paar Fällen grandios. Das Lineal ist absolute Spielerei, gibt aber optisch einen extra Tick Charme. Und Edelstahl ist eben Edelstahl (Fans von Ganzstahlmessern werden diesen Faktor besonders nachvollziehen können).
FAZIT
Ich liebe meine „Zange mit Messer“ dran. Vielleicht konnte mein kleiner Gedankenexkurs die Widersprüchlichkeit und subjektive Emotionalität meiner Beziehung zum Oldtimer PST II ein wenig vermitteln. Das Teil hat einfach Charme. Und seine kleinen Schwächen verstärken das nur. Wave und Charge sind in allen Belangen überlegen (sicher auch andere Tools, Schweizer Messer, SOG Modelle usw.). Aber um ein Filmzitat in den Kontext zu zwängen:
„Das hier ist mein Multitool! Es gibt viele andere, aber dies ist meins!“
(Full Metal Jacket, PST II Edition)
Ich bin nicht wirklich schlauer als vorher. Ich mach einfach weiter wie bisher mit dem guten Gefühl, mich immer auf mein treues Leatherman PST II verlassen zu können. Und Leatherman scheint das ähnlich zu sehen. Denn mit dem Bond möchte man dem klassischen Formfaktor des PST wohl wieder etwas Leben einhauchen. Ach ja, Kartons zerschneiden kann das PST II übrigens auch.
Euer Cardboard Ninja columbo
The „good old times“ mit alten Slipjoint-Juwelen, Stiletto- und Solinger Jagdnicker Raritäten. Oder the hottest new Sh*!t on the planet mit Magnacut Supersteel to rule them all. Jupp. Ich hab mir aktuell mein erstes White River geholt. In Magnacut. Rattenscharfes Teil. Heute bewege ich mich aber auf der Oldschool-Seite mit viel Liebe für einen echten Multitool-OG: mein Leatherman PST II
WARUM UM HIMMELS WILLEN SO EIN ALTER KNOCHEN?
Ganz ehrlich? Ich weiß es nicht. Ich habe ein Wave, zwei Charge Ti, ein Micro und Squirt, besaß ein Swisstool, Sceletool, Freestyle, OHT, Supertool 300 und 300 EOD und einen moderneren Nachkömmling des PST mit Gummieinlagen (ich meine es war das Fuse). Aber meistens greife ich nach dem PST II und schiebe es in meine Tasche. Für das „warum“ gehe ich auf meine persönliche Suche und nehme Euch mit.
QUICK INFO: EIN ECHTES LEATHERMAN ORIGINAL
Leatherman ist eine Legende und dürfte jedem hier ein Begriff sein. Quasi der Uhu oder das Tempo unter den Multitools. Das PST war ein Leatherman der ersten Stunde neben Micro und Supertool. Mein Modell, das PST II (aus einer der letzten Serien nach 2000) ist die überarbeitete Version 2 mit Schere, teil-sägegezahnter Klinge und verbesserter Feile.
Diese Details habe ich abgespickelt: Smartknives ist eine sehr gute Info-Quelle für Leatherman-Modelle.
QUICK FEATURES:
- Material: Stainless Steel
- Gewicht: ca. schwere 150 Gramm
- Abmessungen: 102 x 28 x 12,5 mm (Länge x Breite x Dicke)
- 9 Tools + Lineal in Inch und cm auf den Griffen
- Messerstahl: irgendein günstigeres Stainless, (420HC?) aber gut scharf
- Vollwertige Zangengröße mit fest integriertem Drahtschneider (nicht wechselbar)
- Bei meinem war das klassische braune Leder-Etui dabei
- Miniöse am oberen Gelenk für einen Splitring (Lanyard o. ä.)
- Proudly Made in USA
WAS ICH AM PST II MAG
Ganz klar Nummer 1: die vollwertige Zange. Ich bin ein Zangen-Junge. Brauchen tue ich sie unterwegs ehrlicherweise seltenst. Aber wenn kein Kneifgerät am Mann ist, fühle ich mich nackt und unvorbereitet. Seltsame Psychologie.
Ganz klar Nummer 2: stromlinienförmig schlank. Das Teil ist für mein persönliches Empfinden ein Handschmeichler und gleitet in die Tasche. Das PST II ist einfach handy. Ich glaube, hier spielt auch der ästhetische Formfaktor maßgeblich mit hinein, weil es rational betrachtet nicht den größten Sinn macht angesichts diverser Alternativen. Aber hey: meine Betrachtung. Mein subjektiver Gusto. Read it or leave it.
Nummer 3: Das Set an Tools hat sich für mich durchaus als praktisch erwiesen ... minus Dosenöffner (nie benutzt).
Nummer 4: Die Qualität ist da. Wahrscheinlich romantisiere und favourisiere ich hier. Aber mit dem PST II in der Hand kommen mir Begriffe wie „sturdy“ und „beefy“ in den Sinn. Und ich hab mit der Zange schon manches angestellt, wo ich sonst zu meinen Kipexen greifen würde.
Nummer 5: Es ist 42a-konform, da die im Griff liegende Klinge in einem geschmeidigen 1-2-3-Schritt (klack, klack, swing) per Nagelhau herausgeholt wird und meachanisch nicht arretiert. Charmant ist aber, dass sie bei geschlossenem Griff aber top fixiert ist und nicht zuklappen kann.
WAS ICH NICHT MAG AM PST II
Erstens: Das Gewicht! Es ist ok, aber es zieht schon in der Tasche. Ich bin kein Pouch- und Gürtelholster-Träger. Das ist mir zu fummelig. Bei mir flutscht alles in die Pockets. Hier wäre ein Clip schön gewesen. Klares Plus der späteren Modelle.
Zweitens: Die dünnen kantigen Innenwände der Griffe. Bei kraftvoller Nutzung der Zange drückt das schon unangenehm in die Mimosenpfoten. Volle Kraftentfaltung ist hier nicht möglich. Darum hatte ich mir das Fuse zugelegt mit gummierten Innenseiten. Das konnte sich aber, warum auch immer, nicht behaupten gegen mein PST II. Ist auch nicht mehr im Arsenal.
Drittens ... und darüber kann man streiten ... sind die fest integrierten Drahtschneider. Ist eine Scharte drin, bleibt sie drin. Bei neueren Tools sind die Schneiden geschraubt und wechselbar. Sind aber auch größere Zangen aus einer späteren Zeit. Das ist „the nature of the beast“ und eigentlich ein theoretisches Problem. Denn die Schneiden scheinen recht gut gehärtet und ich hatte noch keine sichtbaren Effekte.
WOFÜR ICH ES NUTZE
Das PST II kommt vor allem zuhause zum Einsatz. Täglich habe ich das Classic Multitool nicht dabei (vor allem wegen „Erstens: Das Gewicht!“). Wenn ich Lust habe ... und das aktuell häufiger der Fall ... flutscht es trotzdem gern in die Tasche.
Ich habe Hüfttasche, EDC Quick Grab Taschenset und Umhängetasche. Die sind ultraleicht bestückt mit kompakter AAA-Taschenlampe, Micra bzw. Squirt sowie leichtem Krimskrams (Pflaster für die Kids, vielleicht ein Stift usw.).
In meinem Haupt-Utility Pouch lebt mein zweites PST II. Was schon zeigt, wie sehr ich das Teil schätze.
PROBLEMLÖSER IM ALLTAG
Wirklich scheinen und einen tollen Job machen tut das PST II im Alltag. Es lebt in meiner Messerbox im Bürozimmer. Und obwohl ich ein Set Alltagswerkzeug in der Dielen-Kommode habe, geht mein erster Griff intuitiv Richtung PST II. Es kommt nicht selten vor, dass ich für meine Fraggle Damen irgendwelche gerissenen Ketten oder sonstiges wieder zusammenösen muss. Teilweise schon kurios, wie oft ich mich beim Hantieren mit zwei Zangen erwische. Und eine davon ist immer vom PST II. Es erspart mir den Gang in den Keller zu meinen Kipexen.
Oder mal eben eine Schraube anziehen bzw. was abzwicken. Perfekt. Zugegeben: die Schere ist eher das meistgenutzte Tool unterwegs. Im Büro habe ich vollwertige Scheren direkt zur Hand. Warum ich statt PST II kein Wave, Charge oder etwas anderes nutze, kann ich nicht wirklich logisch erklären. (selbstverständlich habe auch mehrere Exemplare der Gattung Victorinoxa Schweizermesseris im Arsenal). Ich glaube, der schlanke Größenvorteil und die schöne gerundete Oldschool-Haptik spielen da eine große Rolle im Vergleich zu den potenten muskulösen Multitool-Brüdern. Die liegen wiederum eher im Wanderrucksack oder im Handschuhfach des Autos (hm ... mit außenliegender Klinge nicht 42a-konform, problematisch ... aber das ist ein anderes Thema ... *auf die Merk-Liste schreib*).
Ich kann ehrlich sagen: das PST II ist zuhause in der Tat mein „first grab“.
BATTLE OF THE CONCEPTS
Jetzt geht’s ans Eingemachte, an des Pudels Kern. Es kommt, was kommen muss: der Vergleich der Taschenwerkzeug-Konzepte:
Schweizermesser gegen Multitool. Made in Switzerland vs Made in USA
Keine Sorge, ich bin in der Sache reiner Light User und fachlicher Dünnbrettbohrer. Also alles easy, alles schön oberflächlich. Kurz und schmerzvoll.
Kleiner Fun Fact zu Made in Switzerland vs Made in USA: Ich finde es immer wieder putzig, wenn ich amerikanische Reisegruppen bei uns in der Gegend mitbekomme. Staunend und mit offenen Mündern vor altem Fachwerk oder Kirchen stehend, die älter sind als ihre eigene Nation. Ein bisschen steckt dieser Schmunzelfaktor auch in diesem Vergleich hier:
1891 (Schweizer Offiziersmesser) gegen ca. 1975 (Leatherman).
Schweizer Taschenmesser sind eine Liga für sich. Allein was Varianten, Designs, Evolutionsstufen und kreative Modell-Eskapaden in Reinkultur angeht (weltgrößtes Wenger Giant Knife mit 141 Funktionen, Cybertools mit USB-Stick, Licht und Schnickschnack, Zigarrenschneider, Modelle für Golfer, Tiffany-Edition usw.). Leatherman fängt ja auch schon mit Magnet-Öffnung und Butterfly-Fidget-Faktor an.
Direkt vergleichbar sind die beiden Konzepte in Ihrer Modellgesamtheit nicht. Beide basieren auf der gleichen Idee, Messer plus zusätzliches Werkzeug in ein kompaktes taschenfreundliches Format zu packen. Von unterschiedlichen Blickwinkeln aus. Ich ziehe das Ganze kurz an meinen beiden direkten EDC-Konkurrenten auf. Man sieht, mein Schweizer Taschenmesser kommt mit einem für Vics eher untypischen Feature, das meinem Wohlfühlfaktor und Seelenheil aber ungeheuer zuträglich ist: einer Zange. Es sei erwähnt, dass das PST II zuerst da war und die Vic-Konfiguration (wohl eher unbewusst) auf ähnlichen Funktionsumfang ausgewählt wurde.
Victorinox bietet mittlerweile eine Unzahl an Modellen mit Zange. Den für mich sinnvollsten Kompromiss mit Zange (außer irgendeinem discontinued Electrican Modell, das Zange hatte und mit weniger Tools noch schlanker war) bot in meinen Augen das Deluxe Tinker. Das habe ich dann in inkompetent kreativer Weise von einem roten in ein gelb beschaltes Modell umgewandelt ... mit Kugelschreibermine! Extrem cooler Gimmick-Faktor, mit dem ich unterwegs schon öfters mal einen Wow-Moment erzeugen konnte, wenns was zu schreiben gab und keiner einen Stift dabei hatte.
BATTLE MODE
Feature | Deluxe Tinker | PST II |
Messer | + zwei Messer mit glatter Klinge | - ein Messer mit Teil-Serrations |
Zange | - Zängchen | + Fullsize Werkzeug-Kaliber |
Schere | + erstklassiges Orginal | + ebenfalls gute Beefy-Variante |
Schraubenzieher | + 2x Schlitz, 1x Kreuz | + 2x Schlitz, 1x Minischlitz, 1x Kreuz |
Dosenöffner/Flaschenöffner | + das Original | + macht ein Multitool offziell zum Multitool |
Sonstige Tools | ++ Vic hat mehr Nützliches | + PST II well rounded |
BATTLE FAZIT
Ihr seht, der Vergleich ist müsig und hinkt. Ich muss es also mit Text retten. Für mich gewinnt das Deluxe Tinker mit hauchdünnem Vorsprung als Alltags-Paket unterwegs. Es ist gewichtmäßig in der gleichen Liga und signifikant (schwerer, als ich es gern hätte), das Tool-Set hat für mich etwas zu viel unnötigen Schnickschnack. Gewinnen tut es gegen PST II aber durch die klassischen kleinen Details und Qualitäten wie die Pinzette (man glaubt kaum, wie oft man die brauchen kann), meinen Stift-Mod (über Aftermarket-Schalen), den Zahnstocher und die zwei Messerklingen. Da ist die Spielzeugzange fürs Nötigste absolut ausreichend (die Squirt-Zange ist auch nicht potenter und funktioniert).
Im Formfaktor verliert das Vic aber gegen das PST II. Es ist einen Tick globiger und hat nicht den Charme. Mit Blick auf Alox oder nach einer Schönheitskur mit Daily Customs sähe das vielleicht anders aus. Der Punkt Formfaktor, Haptik und Wertigkeit geht im Hier und Jetzt an mein PST II.
Das Leatherman ist für mich das rundere Paket mit Vertrauensfaktor. Im Prinzip „Zange mit Messer dran“. Und allein das macht mir ein warmes Gefühl rund ums Herz. Du hast was Massives in der Hand und solide Bedienung. Für die Fotos war die potenzielle Verletzungsgefahr beim Vic ein Vielfaches höher als beim Leatherman. Die Feile ist wenig gebraucht, aber in den paar Fällen grandios. Das Lineal ist absolute Spielerei, gibt aber optisch einen extra Tick Charme. Und Edelstahl ist eben Edelstahl (Fans von Ganzstahlmessern werden diesen Faktor besonders nachvollziehen können).
FAZIT
Ich liebe meine „Zange mit Messer“ dran. Vielleicht konnte mein kleiner Gedankenexkurs die Widersprüchlichkeit und subjektive Emotionalität meiner Beziehung zum Oldtimer PST II ein wenig vermitteln. Das Teil hat einfach Charme. Und seine kleinen Schwächen verstärken das nur. Wave und Charge sind in allen Belangen überlegen (sicher auch andere Tools, Schweizer Messer, SOG Modelle usw.). Aber um ein Filmzitat in den Kontext zu zwängen:
„Das hier ist mein Multitool! Es gibt viele andere, aber dies ist meins!“
(Full Metal Jacket, PST II Edition)
Ich bin nicht wirklich schlauer als vorher. Ich mach einfach weiter wie bisher mit dem guten Gefühl, mich immer auf mein treues Leatherman PST II verlassen zu können. Und Leatherman scheint das ähnlich zu sehen. Denn mit dem Bond möchte man dem klassischen Formfaktor des PST wohl wieder etwas Leben einhauchen. Ach ja, Kartons zerschneiden kann das PST II übrigens auch.
Euer Cardboard Ninja columbo
Zuletzt bearbeitet: