Guten Tag!
Ich denke, Du fragst bzgl. der Rostträgheit nach oberflächenreaktiv - hier ist es so, dass nichtmetallische Einschlüsse die Bildung einer geschlossenen Passivschicht stören und somit Reaktionen begünstigen.
Generell bewegst Du Dich mit Deinen Fragen in einem sehr speziellen Ausschnitt/ Bereich.
Wenn Du beispielsweise nach der Löslichkeit von P und S allgemein fragst, dann im Anschluss ganz konkret auf Stähle kommst, die neben Fe und den beiden Stahlbegleitern auch Cr, Ni und Mo enthalten.
Hier muss man sagen, dass sich das System Eisen-S oder Eisen-P nochmal ganz anders verhalten kann als das System Fe-Cr-Ni-Mo-Mn-S-P.
Man benötigt dann Untersuchungen zu genau dieser Legierung in Bezug auf Alterung, Zähigkeit, Ausscheidungsvorgänge etc. Es ist nicht möglich, vom Zustandsschaubild Fe-S oder-P 1:1 Rückschlüsse auf konkrete Legierungen zu ziehen. Dafür ist das Zusammenspiel der Legierungselemente zu komplex.
Und man darf auch den Hintergrund der Fragestellung nicht aus den Augen verlieren.
Nehmen wir z.B. Schwefel, dass in den meisten Fällen als Stahlschädling zu betrachten ist. In meiner Literatur wird die Löslichksit mit weit unter 0,1% angegeben, sodass eigentlich immer mit Ausscheidungen von Sulfiden zu rechnen ist.
Diese haben die unangenehme Eigenschaft, entlang der Korngrenzen netzartig ausgeschieden zu werden und damit die Zähigkeit unangenehm zu beeinflussen und zum sogenannten Heißbruch und Rotbruch zu führen, was für die Warmformgebung z.B. relevant ist.
Jetzt zur Komplexität von Legierungen: bei gleichzeitigem Legieren von Mangan wird dann der Schwefel nicht mehr als Eisensulfid ausgeschieden, sondern als Mangansulfid, was bestimme Temperaturverschiebungen im Zustandsschaubild zur Folge hat und ebenso, dass die Ausscheidungen punktförmig statt netzartig stattfinden.
Jetzt wird es nochmal richtig spannend: es wurde beobachtet, dass sehr rein erschmolzene Stähle empfindlicher für Heißbruch sind als Stähle mit etwas höheren Gehalten an S. Hintergrund ist, dass geringe Gehalte komplett gelöst werden können bei höheren Temp. und dann an den Korngrenzen ausgeschieden werden. Bei höheren Gehalten wird dann nicht alles gelöst und die Ausscheidung der zwischenzeitlich gelösten Anteile erfolgt dann an den nicht gelösten Sulfiden und nicht vorrangig an den Korngrenzen mit entsprechend versprödender Auswirkung. Spannend, was alles so passieren kann (und ich mag die ältere Literatur zum Thema Metallurgie ganz gerne, weil da sehr konkret, ausführlich und detailliert über die Vorgänge geschrieben wird).
Dies nur einmal als Beispiel, warum man nicht einfach schreiben kann, dass Schwefel generell dieses oder jenes macht. Temperatur, Gehalt, Glühbehandlung muss man ganz konkret betrachten - und zwar auf den jeweiligen Anwendungsfall bezogen.
Nochmal zur Löslichkeit: die wird bei mir temperaturabhängig verändert angegeben. Insgesamt sehr niedrig im Bereich 0,05% und weniger im reinen System Fe-S.
Höchste Löslichkeit bei knapp unter 1400° im Gamma-Eisen und dann bis 900° abfallend. Unter 900° kommt dann der Bereich des Alpha-Eisens und die Löslichkeit nimmt wieder deutlich zu.
D.h., dass die bei höheren Temperaturen gebildeten Sulfidausscheidungen möglicherweise (sehr wahrscheinlich sogar) wieder gelöst werden können, wenn in diesem Bereich lang genug gehalten wird.
Richtung 700° nimmt die Löslichkeit dann wieder ab. Folgt man diesen Ergebnissen, dann liegt die Vermutung nahe, dass man durch schnelles Abkühlen aus Bereichen mit höherer Löslichkeit tatsächlich mit einer Zwangslösung rechnen kann und damit dann auch das Thema Alterung bzw. Betriebstemperatur interessant werden könnte.
Beste Grüße,
Torsten