Rock'n'Roll
MF Ehrenmitglied
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Boas,
wer sich konsequent auf Barkies einläßt, hat nichts zu lachen :lach:. Wie schon im Review des Ultralite Bushcrafter erwähnt, beginnt die Qual der Wahl. Welches mit welchem Stahl und welchem Griff - um es nur grob zu umreißen. Es gibt reichlich von allem. Wer nichts findet, hat vermutlich irgendwann einfach aufgegeben. Die Auswahl kann einen glatt fertigmachen. Am besten, man nimmt von jedem eins. Jedes mit einem anderen Griff :drunk: …
Wir sind schon ein paarmal abgedreht aus ebendiesem Grund, hatten unter unglücklichen Umständen ein Bravo 1 bei Irgendwo geordert, was letztlich schiefging und endlich irgendwann in diesem Forum ein feines IMP erstanden. Das hat es uns bestens besorgt bisher - qualitativ und funktionell. Und uns auf Barkies scharfgemacht.
Dann haben wir uns mal ernsthaft ins Zeug gelegt und alles auf den Kopf gestellt, was wir an Infos in drei Wochen aufgabeln konnten. Gelesen und vermutlich einige Kilometer Videos angesehen. Uns erstmal für den Ultralite Bushcrafter entschieden. Was ebenfalls ein guter Deal war und nach wie vor ist.
Bei all der Recherchiererei gerieten wir unweigerlich auch in den Strudel der unterschiedlichen Geometrie der Klingenstähle. CPM 3V robuster ausgelegt als A2, fetter konvex, tiefer angesetzter Anschliff, sogenannte „Mikrofase“. Was dann zu einem größeren Schneidenwinkel und schlechterer Schneidfähigkeit führt. Grundsätzlich bei allen Modellen? Schon immer oder nur bei den aktuellen? Das kann einen wirklich strubbelig machen, wenn man die diesbezüglichen Kontroversen in den Foren und anhand von Videos nachvollzieht.
Definitiv fest steht nach der Aussage von Mike Stewart jedenfalls, daß KEINE Klinge eines Barkies auf absolut NULL ausgeschliffen wird. Und daß es keinen „Micro-Bevel“ im eigentlichen Sinne im Haus BRKT gibt. Aber - und das wissen wir nach unseren umfangreichen Recherchen - es gibt Barkies, die auf Null geschliffen sind. Und es gibt Klingen, die eher „dull“ sind, also weniger scharf. Wir haben diesbezüglich einen sehr informationsfreudigen Berater, dessen Videos wir schon seit langem immer wieder mit Interesse verfolgen. Es sind Unmengen.
Virtuovice (aka Wako) - ein Japaner - ist ein Bark-River-Fanatiker. Er hat sie alle, die man irgendwie als Jagd- oder Buschmesser gebrauchen kann. Aus diversen Jahren, in allen Varianten bezüglich Stahl und Griff. Jedes mehrfach. Messer-irre im besten Sinne des Wortes - und nicht unumstritten !! Er ist Jäger und setzt seine Messer ein. Man kann ihn auf der Jagd begleiten und dann erklärt und zeigt er, wo nach seiner persönlichen Erfahrung der Hammer hängt. Auch unter Heranziehung eines Mikroskops. Bei 200facher Vergrößerung wird deutlich, wie die Schneidfase aussieht - „Micro-Bevel“ ja oder nein. Auch Holz macht er klein. Am liebsten Vierkant. Meterweise …
Und man kann sehen, daß es out of the box Barkies gibt, die auf absolut Null laufen - eine Ausnahme wohl - und solche, deren Schneidfase einen größeren Winkel hat. Virtuovice schleift diese auf dem Stein aufwändig um und macht sie sich passend. Das wollen wir aber auf gar keinen Fall ebenfalls tun. Ein Messer mit einer „dullen“ Klinge kaufen wir überhaupt gar nicht erst. Wir erwarten ab Werk eine uns zufriedenstellende Schneidleistung und haben nicht die Absicht, einen Klingenspiegel zu versauen. Zudem gehen wir mal ganz klar davon aus, daß selbst bei gutem Willen ein Umschleifen auf dem Stein von uns angefertigt, einem Werks-Schliff von Bark River nicht annähernd das Wasser reichen kann.
Also was tun? Beim ULB haben wir den gröberen Schneidenwinkel bewußt billigend in Kauf genommen. Liegt er ja immer noch unter 40 Grad. Wir haben ein hochbelastbares kleines Buschmesser erhalten, das bezüglich unserer Belange ausgezeichnet schneidet. Aber wir wollten ein weiteres kleines Barkie, das beißt wie das IMP, wenn möglich besser. Vom Grundsatz her interessiert waren wir am Pro Scalpell II, am Micro und am Mini Canadian. Dessen interessanten Griff wollten wir gern mal in die Hand nehmen …
Welches Messer also und welcher Stahl. Wir haben uns bei unserer Entscheidung wesentlich an Virtuovice orientiert. Und uns für das Mini Canadian in A2 entschieden, das erste aus Bark Rivers Canadian-Serie. Weil nach Wakos reichlicher Erfahrung die A2-Klingen schlanker konvex sind (shallow convex grind) und eher wenig bis gar keinen „Micro-Bevel“ aufweisen. Und - das gilt generell - die Geometrie ist unter sonst gleichen Bedingungen dann schlanker, wenn der Anschliff möglichst weit oben beginnt.
Beim Mini Canadian sehen wir einen „full height grind“ - der Anschliff beginnt ohne Schulter direkt am Klingenrücken. Und - sehr wesentlich - ist die Klinge für das kleine Messer mit knapp 2,3 cm sehr hoch, der „Weg“ für den balligen Schliff lang, was ihrem potentiell schlanken Verlauf förderlich ist. Also A2, hohe Klinge mit voll durchgezogenem schlank konvexem Anschliff auf weitgehend Null. So hatten wir uns das ausgemalt nach unseren Recherchen und Virtuovices Videos. Und hofften auf einen sauscharfes kleines Schneideisen …
Und was war drin in der Box?
Little Hot Metal war drin. Ein Volltreffer. Eine Rasierklinge mit 4Fingergriff. Ein reinrassiger „Sparschäler“! Mit einer Geometrie, auf dessen Vorhandensein wir zwar gesetzt, an ihrem tatsächlichen Eintreffen in Monte Gordo aber doch Zweifel gehabt hatten. Unbegründet!
Achterbahnfahrten durch Papier, hatten wir Rasurschärfe schon erwähnt? Und ein Schneidenwinkel - auf den es ja letztlich wesentlich ankommt - der im Roadhouse seinesgleichen sucht. Flacher übers Holz geht kein Messer sonst hier an Bord. Opinel und Gerd Haslauers „Dorian Gray“ mit der definitiv auf Null gehenden superschlank ausgeschliffenen Shirogamiklinge liegen ganz in der Nähe. Und die beiden Attilas.
Diesmal wollten wir es aber genauer wissen mit dem Schneidenwinkel. Nicht nur so irgendwie vermutlich um die xxxx Grad. Wie üblich sind wir „streng wissenschaftlich“ vorgegangen . Und haben uns zunächst unter Zuhilfenahme von Karo-Papier ein Werkzeug angefertigt. Einen 90-Grad-Winkel dreimal halbiert - 45, 22,5 und 11,25 Grad. Den 11,25er dann ausgeschnitten, das Papierdreieck auf eine gerade Stelle eines langen Holzes gehalten und die konkurrierenden Messerklingen der Reihe nach in diesem Winkel darüber gleiten lassen. Wann was wie abträgt …
Chapeau - ein Zufallstreffer par excellence - das Mini Canadian beißt ab genau diesem Winkel ins Holz und trägt einen feinen Span ab. D.h., der Gesamt-Schneidenwinkel beträgt bei unserem kleinen Barkie 22,5 Grad - mehr oder weniger … Das ist definitiv mehr (äähh weniger) als wir erwartet hatten und ein wahrer Grund zu Freude: „Little Hot Metal!“ Haben wir die Sache mit dem Namen auch gleich erledigt …
Und das Ergebnis deckt sich in etwa mit der Aussage von Virtuovice, der in den Vergleichen seiner Messer bei den CPM-3V-Klingen von einem Winkel von etwa 35 und bei den A2-Klingen von einem solchen von ca. 25 Grad ausgeht. Der Schliff der Klinge ist bemerkenswert insofern, als daß die linke Seite der Klinge so gut wie 100% auf Null ausgeschliffen ist, während die rechte Seite - Mike Stewart möge es uns nachsehen - den leichten Anschein eines „Micro-Bevels“ zeigt. Auch das ist keine absolute Ausnahme, sondern kommt häufiger vor. Wir konnten noch nicht herausfinden, ob eher Zufall oder Absicht …
Das Mini Canadian in Betrieb …
Das Design des Mini hatte es uns sofort angetan, aber wir waren doch etwas skeptisch, was die Haptik angeht. Würde es bequem in der Hand liegen, sich drehen und wenden lassen? Vielleicht etwas kurz sein der Griff? Auch hier volle Entwarnung. Es paßt! Drei-oder voller Vierfingergriff sind machbar. Im Vierfingergriff liegt die scharfe Schneide direkt am Zeigefinger an, die Klinge wächst buchstäblich aus der Hand. Bei gegebener Sicherheit - begründet in den Finger-Grooves, die ein Abrutschen zuverlässig verhindern. Auch andere Griffpositionen sind deutlich angenehmer als vermutet.
Die Schärfe in Verbindung mit der Form der Klinge, die durch das eigenwillige Design auf besondere Weise frei steht, macht das Mini Canadian zu einem sehr feinen Werkzeug. Der hintere Klingen-Anschliff steht gänzlich frei und bildet quasi eine zweite Spitze. Ein exzellentes Tool, mit dem sich sehr filigran arbeiten läßt. Das gesamte Klingenblatt steht von A bis Z mit veritabler Schärfe zur Verfügung.
Anstelle eines Hölzchens von 3 cm Durchmesser - wie beim ULB - haben wir dem Mini eines von 2 cm zur Bearbeitung überlassen. Und hatten viel Spaß. Extrem scharf, klein und sehr wendig lassen sich mit dem Messerchen feinste Details herausarbeiten und kleinste Späne abheben. Aber ebenso kräftige Schnitte ausführen. Mit ein paar rund ums Holz schräg angesetzten Cuts ist ein 2 bis 3 cm dicker Ast zügig abgelängt.
An der Stabilität ist nichts zu bemängeln. Weder ist die Spitze zu sensibel, noch die Klinge zu dünn ausgeschliffen. Längere Phasen von intensiver Holzbearbeitung mit differenziertem Einsatz der gesamten Klinge steckt das Mini anstandslos und ohne Chipping weg. Die Standzeit ist erfreulich hoch, das Leder sein Freund. Ein paar Züge nach getaner Arbeit und die volle Schärfe liegt wieder an.
Ein vollwertiges Messer im Prinzip. Solange eine Klingenlänge von 5,4 cm ausreicht. Ein hervorragendes Backup sowieso. Verschwindet in jeder Hosentasche. Sehr sozialverträglich dazu. Zusammen mit z.B. dem Ultralite Bushcrafter ein nicht zu unterschätzendes Päärchen. Wir haben es seit über einer Woche ausprobiert. Mit insgesamt 220 Gramm inkl. beider Scheiden außerdem gewichtsmäßig gut zu verkraften.
Das Mini ist mit seinen 3,8 mm full tang ordentlich grifflastig, was zusammen mit den Finger-Grooves und dem Gewicht von 80 Gramm einen in jeder Hinsicht guten Gesamteindruck in der Hand hinterläßt. Nicht unerwähnt bleiben soll auch das gewählte Griffmaterial: Black Canvas Micarta zum Dritten! Obwohl - Aged Bamboo, Jigged Impala Horn mit Mosaic Pins, Wüsteneisenholz, African Blackwood mit Brass Pins … Aber lassen wir das. Nina Hagen wußte schon in den 70ern: „… kann mich gar nicht entscheiden, ist alles so schön bunt hier!“
Die braune Lederscheide kommt von Great Lakes Leather Works. Gürtelschlaufe für ca. 3,5 cm. Unser Mini kommt in die Hosentasche. Gegen die Scheide keine Einwände. Schon im ULB-Review hatten wir angemerkt: „Auch die Passung innen ist durchweg prima. Keine Lederbrösel. Die Klinge stößt nicht an.“ Dazu muß ergänzt werden: Dann nicht, wenn man das Messer (gilt für IMP und ULB ebenso) langsam und sorgfältig in die Scheide steckt. Denn es gibt jeweils genau EINE Position, wo das zutrifft. Haut man das Messer irgendwie rein, wird es Brösel geben. Ein guter Rat: Das Messer nie zusammen mit der Scheide aus der Hand geben!
Dafür, daß es mit den Barkies bei uns so lange gedauert hat, ging es jetzt ruckzuck: IMP, ULB, Mini Canadian. Abgesehen davon, daß sie vorzüglich schneiden und wir konvexe Klingen lieben, gefällt uns an ihnen insbesondere die Handlage. Die Griffe sind allererste Sahne, so unterschiedlich sie im einzelnen auch sind. Den diesbezüglich ersten Preis hält zur Zeit noch der Ultralite Bushcrafter. Will man gar nicht wieder weglegen …
Bark River Mini Canadian (A2 Toolsteel)
A2 / 1.2363: C: 1,0 Si: 0,3 Mn: 0,55 Cr: 5,2 Mo: 1,10 V: 0,25 (Detaillierte Info zu den Toolsteels im ULB-Review)
Fixed
Gesamtlänge: 152 mm (173 mm inkl. Scheide)
Klingenlänge: 54 mm (ebenfalls scharf entlang der Schneidfase gemessen)
Klingenhöhe: 22,6 mm max.
Klinge: 3,6 mm A2, 58-60 HRC (rostfähig), quersatiniert, Spear-Point, Convex auf annähernd Null, Full Tang
Griff: Black Canvas Micarta, 80 respektive 98 mm, verklebt mit 2-Ton-Epoxy
Griffdicke: Von vorn nach hinten 12 - 15 mm ansteigend
Griffhöhe: 22 mm max. am Griffende, jeweils Mitte in den Finger-Grooves von vorn nach hinten 14,9 - 13,65 - 17,3 - 19,4 mm
Lanyardhole: 4 mm
Gewicht: 80 Gramm (mit Scheide 112 Gramm)
Braune Lederscheide mit Gürtelschlaufe (etwa 3,5 cm), max. Breite 41,5 mm, max. Dicke inkl. Messer 23 mm
Lifetime Guarantee
„Little Hot Metal“
Am Ende das Siegerfoto mit unseren heißesten Eisen: Shallow convex grinds . Leider Opinel vergessen …
Für Freunde „Heißer Eisen“ aus der Funbox Jeremy Clarkson’s 2004 Movie “Hot Metal”. Dauert eine Stunde. Dranzubleiben lohnt …..
Aus sunny Monte Gordo
Johnny & Rock’n’Roll
wer sich konsequent auf Barkies einläßt, hat nichts zu lachen :lach:. Wie schon im Review des Ultralite Bushcrafter erwähnt, beginnt die Qual der Wahl. Welches mit welchem Stahl und welchem Griff - um es nur grob zu umreißen. Es gibt reichlich von allem. Wer nichts findet, hat vermutlich irgendwann einfach aufgegeben. Die Auswahl kann einen glatt fertigmachen. Am besten, man nimmt von jedem eins. Jedes mit einem anderen Griff :drunk: …
Wir sind schon ein paarmal abgedreht aus ebendiesem Grund, hatten unter unglücklichen Umständen ein Bravo 1 bei Irgendwo geordert, was letztlich schiefging und endlich irgendwann in diesem Forum ein feines IMP erstanden. Das hat es uns bestens besorgt bisher - qualitativ und funktionell. Und uns auf Barkies scharfgemacht.
Dann haben wir uns mal ernsthaft ins Zeug gelegt und alles auf den Kopf gestellt, was wir an Infos in drei Wochen aufgabeln konnten. Gelesen und vermutlich einige Kilometer Videos angesehen. Uns erstmal für den Ultralite Bushcrafter entschieden. Was ebenfalls ein guter Deal war und nach wie vor ist.
Bei all der Recherchiererei gerieten wir unweigerlich auch in den Strudel der unterschiedlichen Geometrie der Klingenstähle. CPM 3V robuster ausgelegt als A2, fetter konvex, tiefer angesetzter Anschliff, sogenannte „Mikrofase“. Was dann zu einem größeren Schneidenwinkel und schlechterer Schneidfähigkeit führt. Grundsätzlich bei allen Modellen? Schon immer oder nur bei den aktuellen? Das kann einen wirklich strubbelig machen, wenn man die diesbezüglichen Kontroversen in den Foren und anhand von Videos nachvollzieht.
Definitiv fest steht nach der Aussage von Mike Stewart jedenfalls, daß KEINE Klinge eines Barkies auf absolut NULL ausgeschliffen wird. Und daß es keinen „Micro-Bevel“ im eigentlichen Sinne im Haus BRKT gibt. Aber - und das wissen wir nach unseren umfangreichen Recherchen - es gibt Barkies, die auf Null geschliffen sind. Und es gibt Klingen, die eher „dull“ sind, also weniger scharf. Wir haben diesbezüglich einen sehr informationsfreudigen Berater, dessen Videos wir schon seit langem immer wieder mit Interesse verfolgen. Es sind Unmengen.
Virtuovice (aka Wako) - ein Japaner - ist ein Bark-River-Fanatiker. Er hat sie alle, die man irgendwie als Jagd- oder Buschmesser gebrauchen kann. Aus diversen Jahren, in allen Varianten bezüglich Stahl und Griff. Jedes mehrfach. Messer-irre im besten Sinne des Wortes - und nicht unumstritten !! Er ist Jäger und setzt seine Messer ein. Man kann ihn auf der Jagd begleiten und dann erklärt und zeigt er, wo nach seiner persönlichen Erfahrung der Hammer hängt. Auch unter Heranziehung eines Mikroskops. Bei 200facher Vergrößerung wird deutlich, wie die Schneidfase aussieht - „Micro-Bevel“ ja oder nein. Auch Holz macht er klein. Am liebsten Vierkant. Meterweise …
Und man kann sehen, daß es out of the box Barkies gibt, die auf absolut Null laufen - eine Ausnahme wohl - und solche, deren Schneidfase einen größeren Winkel hat. Virtuovice schleift diese auf dem Stein aufwändig um und macht sie sich passend. Das wollen wir aber auf gar keinen Fall ebenfalls tun. Ein Messer mit einer „dullen“ Klinge kaufen wir überhaupt gar nicht erst. Wir erwarten ab Werk eine uns zufriedenstellende Schneidleistung und haben nicht die Absicht, einen Klingenspiegel zu versauen. Zudem gehen wir mal ganz klar davon aus, daß selbst bei gutem Willen ein Umschleifen auf dem Stein von uns angefertigt, einem Werks-Schliff von Bark River nicht annähernd das Wasser reichen kann.
Also was tun? Beim ULB haben wir den gröberen Schneidenwinkel bewußt billigend in Kauf genommen. Liegt er ja immer noch unter 40 Grad. Wir haben ein hochbelastbares kleines Buschmesser erhalten, das bezüglich unserer Belange ausgezeichnet schneidet. Aber wir wollten ein weiteres kleines Barkie, das beißt wie das IMP, wenn möglich besser. Vom Grundsatz her interessiert waren wir am Pro Scalpell II, am Micro und am Mini Canadian. Dessen interessanten Griff wollten wir gern mal in die Hand nehmen …
Welches Messer also und welcher Stahl. Wir haben uns bei unserer Entscheidung wesentlich an Virtuovice orientiert. Und uns für das Mini Canadian in A2 entschieden, das erste aus Bark Rivers Canadian-Serie. Weil nach Wakos reichlicher Erfahrung die A2-Klingen schlanker konvex sind (shallow convex grind) und eher wenig bis gar keinen „Micro-Bevel“ aufweisen. Und - das gilt generell - die Geometrie ist unter sonst gleichen Bedingungen dann schlanker, wenn der Anschliff möglichst weit oben beginnt.
Beim Mini Canadian sehen wir einen „full height grind“ - der Anschliff beginnt ohne Schulter direkt am Klingenrücken. Und - sehr wesentlich - ist die Klinge für das kleine Messer mit knapp 2,3 cm sehr hoch, der „Weg“ für den balligen Schliff lang, was ihrem potentiell schlanken Verlauf förderlich ist. Also A2, hohe Klinge mit voll durchgezogenem schlank konvexem Anschliff auf weitgehend Null. So hatten wir uns das ausgemalt nach unseren Recherchen und Virtuovices Videos. Und hofften auf einen sauscharfes kleines Schneideisen …
Und was war drin in der Box?
Little Hot Metal war drin. Ein Volltreffer. Eine Rasierklinge mit 4Fingergriff. Ein reinrassiger „Sparschäler“! Mit einer Geometrie, auf dessen Vorhandensein wir zwar gesetzt, an ihrem tatsächlichen Eintreffen in Monte Gordo aber doch Zweifel gehabt hatten. Unbegründet!
Achterbahnfahrten durch Papier, hatten wir Rasurschärfe schon erwähnt? Und ein Schneidenwinkel - auf den es ja letztlich wesentlich ankommt - der im Roadhouse seinesgleichen sucht. Flacher übers Holz geht kein Messer sonst hier an Bord. Opinel und Gerd Haslauers „Dorian Gray“ mit der definitiv auf Null gehenden superschlank ausgeschliffenen Shirogamiklinge liegen ganz in der Nähe. Und die beiden Attilas.
Diesmal wollten wir es aber genauer wissen mit dem Schneidenwinkel. Nicht nur so irgendwie vermutlich um die xxxx Grad. Wie üblich sind wir „streng wissenschaftlich“ vorgegangen . Und haben uns zunächst unter Zuhilfenahme von Karo-Papier ein Werkzeug angefertigt. Einen 90-Grad-Winkel dreimal halbiert - 45, 22,5 und 11,25 Grad. Den 11,25er dann ausgeschnitten, das Papierdreieck auf eine gerade Stelle eines langen Holzes gehalten und die konkurrierenden Messerklingen der Reihe nach in diesem Winkel darüber gleiten lassen. Wann was wie abträgt …
Chapeau - ein Zufallstreffer par excellence - das Mini Canadian beißt ab genau diesem Winkel ins Holz und trägt einen feinen Span ab. D.h., der Gesamt-Schneidenwinkel beträgt bei unserem kleinen Barkie 22,5 Grad - mehr oder weniger … Das ist definitiv mehr (äähh weniger) als wir erwartet hatten und ein wahrer Grund zu Freude: „Little Hot Metal!“ Haben wir die Sache mit dem Namen auch gleich erledigt …
Und das Ergebnis deckt sich in etwa mit der Aussage von Virtuovice, der in den Vergleichen seiner Messer bei den CPM-3V-Klingen von einem Winkel von etwa 35 und bei den A2-Klingen von einem solchen von ca. 25 Grad ausgeht. Der Schliff der Klinge ist bemerkenswert insofern, als daß die linke Seite der Klinge so gut wie 100% auf Null ausgeschliffen ist, während die rechte Seite - Mike Stewart möge es uns nachsehen - den leichten Anschein eines „Micro-Bevels“ zeigt. Auch das ist keine absolute Ausnahme, sondern kommt häufiger vor. Wir konnten noch nicht herausfinden, ob eher Zufall oder Absicht …
Das Mini Canadian in Betrieb …
Das Design des Mini hatte es uns sofort angetan, aber wir waren doch etwas skeptisch, was die Haptik angeht. Würde es bequem in der Hand liegen, sich drehen und wenden lassen? Vielleicht etwas kurz sein der Griff? Auch hier volle Entwarnung. Es paßt! Drei-oder voller Vierfingergriff sind machbar. Im Vierfingergriff liegt die scharfe Schneide direkt am Zeigefinger an, die Klinge wächst buchstäblich aus der Hand. Bei gegebener Sicherheit - begründet in den Finger-Grooves, die ein Abrutschen zuverlässig verhindern. Auch andere Griffpositionen sind deutlich angenehmer als vermutet.
Die Schärfe in Verbindung mit der Form der Klinge, die durch das eigenwillige Design auf besondere Weise frei steht, macht das Mini Canadian zu einem sehr feinen Werkzeug. Der hintere Klingen-Anschliff steht gänzlich frei und bildet quasi eine zweite Spitze. Ein exzellentes Tool, mit dem sich sehr filigran arbeiten läßt. Das gesamte Klingenblatt steht von A bis Z mit veritabler Schärfe zur Verfügung.
Anstelle eines Hölzchens von 3 cm Durchmesser - wie beim ULB - haben wir dem Mini eines von 2 cm zur Bearbeitung überlassen. Und hatten viel Spaß. Extrem scharf, klein und sehr wendig lassen sich mit dem Messerchen feinste Details herausarbeiten und kleinste Späne abheben. Aber ebenso kräftige Schnitte ausführen. Mit ein paar rund ums Holz schräg angesetzten Cuts ist ein 2 bis 3 cm dicker Ast zügig abgelängt.
An der Stabilität ist nichts zu bemängeln. Weder ist die Spitze zu sensibel, noch die Klinge zu dünn ausgeschliffen. Längere Phasen von intensiver Holzbearbeitung mit differenziertem Einsatz der gesamten Klinge steckt das Mini anstandslos und ohne Chipping weg. Die Standzeit ist erfreulich hoch, das Leder sein Freund. Ein paar Züge nach getaner Arbeit und die volle Schärfe liegt wieder an.
Ein vollwertiges Messer im Prinzip. Solange eine Klingenlänge von 5,4 cm ausreicht. Ein hervorragendes Backup sowieso. Verschwindet in jeder Hosentasche. Sehr sozialverträglich dazu. Zusammen mit z.B. dem Ultralite Bushcrafter ein nicht zu unterschätzendes Päärchen. Wir haben es seit über einer Woche ausprobiert. Mit insgesamt 220 Gramm inkl. beider Scheiden außerdem gewichtsmäßig gut zu verkraften.
Das Mini ist mit seinen 3,8 mm full tang ordentlich grifflastig, was zusammen mit den Finger-Grooves und dem Gewicht von 80 Gramm einen in jeder Hinsicht guten Gesamteindruck in der Hand hinterläßt. Nicht unerwähnt bleiben soll auch das gewählte Griffmaterial: Black Canvas Micarta zum Dritten! Obwohl - Aged Bamboo, Jigged Impala Horn mit Mosaic Pins, Wüsteneisenholz, African Blackwood mit Brass Pins … Aber lassen wir das. Nina Hagen wußte schon in den 70ern: „… kann mich gar nicht entscheiden, ist alles so schön bunt hier!“
Die braune Lederscheide kommt von Great Lakes Leather Works. Gürtelschlaufe für ca. 3,5 cm. Unser Mini kommt in die Hosentasche. Gegen die Scheide keine Einwände. Schon im ULB-Review hatten wir angemerkt: „Auch die Passung innen ist durchweg prima. Keine Lederbrösel. Die Klinge stößt nicht an.“ Dazu muß ergänzt werden: Dann nicht, wenn man das Messer (gilt für IMP und ULB ebenso) langsam und sorgfältig in die Scheide steckt. Denn es gibt jeweils genau EINE Position, wo das zutrifft. Haut man das Messer irgendwie rein, wird es Brösel geben. Ein guter Rat: Das Messer nie zusammen mit der Scheide aus der Hand geben!
Dafür, daß es mit den Barkies bei uns so lange gedauert hat, ging es jetzt ruckzuck: IMP, ULB, Mini Canadian. Abgesehen davon, daß sie vorzüglich schneiden und wir konvexe Klingen lieben, gefällt uns an ihnen insbesondere die Handlage. Die Griffe sind allererste Sahne, so unterschiedlich sie im einzelnen auch sind. Den diesbezüglich ersten Preis hält zur Zeit noch der Ultralite Bushcrafter. Will man gar nicht wieder weglegen …
Bark River Mini Canadian (A2 Toolsteel)
A2 / 1.2363: C: 1,0 Si: 0,3 Mn: 0,55 Cr: 5,2 Mo: 1,10 V: 0,25 (Detaillierte Info zu den Toolsteels im ULB-Review)
Fixed
Gesamtlänge: 152 mm (173 mm inkl. Scheide)
Klingenlänge: 54 mm (ebenfalls scharf entlang der Schneidfase gemessen)
Klingenhöhe: 22,6 mm max.
Klinge: 3,6 mm A2, 58-60 HRC (rostfähig), quersatiniert, Spear-Point, Convex auf annähernd Null, Full Tang
Griff: Black Canvas Micarta, 80 respektive 98 mm, verklebt mit 2-Ton-Epoxy
Griffdicke: Von vorn nach hinten 12 - 15 mm ansteigend
Griffhöhe: 22 mm max. am Griffende, jeweils Mitte in den Finger-Grooves von vorn nach hinten 14,9 - 13,65 - 17,3 - 19,4 mm
Lanyardhole: 4 mm
Gewicht: 80 Gramm (mit Scheide 112 Gramm)
Braune Lederscheide mit Gürtelschlaufe (etwa 3,5 cm), max. Breite 41,5 mm, max. Dicke inkl. Messer 23 mm
Lifetime Guarantee
„Little Hot Metal“
Am Ende das Siegerfoto mit unseren heißesten Eisen: Shallow convex grinds . Leider Opinel vergessen …
Für Freunde „Heißer Eisen“ aus der Funbox Jeremy Clarkson’s 2004 Movie “Hot Metal”. Dauert eine Stunde. Dranzubleiben lohnt …..
Aus sunny Monte Gordo
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