Material ur-klassisches französisches Klappmesser

alphacma

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N‘Abend zusammen!

Kürzlich zeigte ich mein nach meinem persönlichen Geschmack gekauftes PassionFrance Alpin.

Beitrag im Thema 'Her mit den kleinen Franzosen- vive la France'
Her mit den kleinen Franzosen- vive la France (https://messerforum.net/threads/her-mit-den-kleinen-franzosen-vive-la-france.129649/post-1173044)

Während der Auswahl und nach dem Kauf beschäftigt mich die Frage, was denn eigentlich traditionelle Materialien und Verarbeitung sind.

Widderhorn wird beispielsweise als traditionelles Material für Griffschalen genannt, aber ist dem bei asiatischer/ nordamerikanischer Herkunft so?
Ist stabilisierter blau/ oranger Kamelknochen ein typisch französisches Griffmaterial?

Ich hätte gerne als Ergänzung etwas Traditionelles, Stil Alpin, Parceval Le Thiers/ Francais, Le Liadou. Vollschalen ohne Backen.

Die Percevals haben geschraubte Schalen, ist das noch traditionell?
Perceval und PassionFrance sind recht teuer, ein Liadou hatte ich noch nicht in Händen aber es scheint den Preis wert zu sein, ist einfach/ preiswert nicht auch traditionell?

Was ist eurer Meinung nach also ursprünglich, Wacholder, Nussbaum, Lindenwurzel, genietet?

Der Stahl ist für mich sekundär. Ich weiß, ist nicht ganz durchgängig gedacht.

Persönlich tendiere ich zu einem Liadou Nussbaum oder weniger traditionell zu dem Francais Wacholder/ Lindenwurzel Damast.

Ich bin auf euer Wissen/ eure Meinung gespannt!

VG
Markus
 
Servus Markus,
nur ein paar allgemeine Infos. In den traditionellen Schmieden in ganz Frankreich
wurde oft das Holz für Griffschalen verwendet, das am einfachsten zu besorgen war.
Das Opinel ist z.B. seit 1860 aus Buche, weil es in Savoyen große Bestände an Buchenholz gibt.
Aus demselben Grund ist das Nontron (seit ca. 1654) in der klassischen Ausführung aus Buchsbaum.
Das waren alles preiswert herzustellende Arbeiter- und Bauernmesser..
Als um 1890 die Eisenbahn ins Aveyron kam, fingen die Couteliers aus Thiers an,
auch 'Luxusmesser' an die Bourgeoisie in Paris und anderswo zu liefern. Dafür importierten sie
aus Südfrankreich, Spanien, und Italien, Olivenholz. Tropenhölzer kamen
damals schon aus den französischen Kolonien weltweit dazu, aber auch (echtes) Elfenbein.. Es
wurden also um 1900 rum schon Hölzer aus aller Herrn Länder verwendet. Such Dir aus, was
Dir gefällt, traditionell ist alles.

In der klassischen Coutellerie gab es keine Schraubverbindungen, da war alles genietet.

Das Alpin hieß früher Montagnard (Bergsteiger), die Bezeichnung Alpin gibt es m.W. seit
um das Millennium, weil man sie schützen konnte. Ganz sicher bin ich mir da aber nicht.
Hier ein paar Klassiker, allerdings in französischer Sprache:
Le Couteau - L'ALPIN * (https://www.lecouteau.info/couteaux-régionaux-traditionnels/l-alpin/)

Wenn Du einen richtigen Klassiker willst, nehm' ein Nontron. Es ist das französische Taschenmesser ,
das seit um die 1700 hergestellt wird. Die Drehring-Sicherung hatte man also lange vor Opinel.
DSC00195.JPG

Découvrez toute la gamme de couteaux Nontron pliants (https://www.couteaux-nontron.fr/29-nontron-pliants)
Gibt es auch bei deutschen Händlern.
Gruß
Rudi
 
Zuletzt bearbeitet:
Hallo Markus,
Verarbeitung genietet, hat Rudi bereits genannt. Je nach Gebiet Buchsbaum, Nussbaum, Wacholder. In bäuerlichen Regionen wie um Laguiole dazu Horn und Knochen der Rinder. Also das, was es dort ursprünglich gab, exotisches also nicht. Ja, und beim Stahl wäre Karbonstahl angesagt, ist aber nicht häufig zu finden.
Viel Erfolg bei der Suche.
Abu
 
Ich hätte gerne als Ergänzung etwas Traditionelles, Stil Alpin, Parceval Le Thiers/ Francais, Le Liadou. Vollschalen ohne Backen.

... wenn Du das Liadou du Vallon magst, dann ist das eines der ursprünglichen, französischen Messer mit Geschichte zum Wein, nämlich das traditionelle Messer, welches die Weinbauern vom Weinanbaugebiet Marcillac, im Südwesten von Frankreich, bei der Arbeit genutzt hatten. Heutzutage benutzen die Weinbauern Drähte zum Befestigen der Reben an den Pfählen, damals diente das Liadou zum Spalten der Äste der Korbweiden in ganz dünne Streifen. Damit wurden dann die Rebstöcke an den Pfählen fixiert.

Heute wird das Liadou von Nicolas Julvé in Marcillac-Vallon, in der Nähe von Rodéz, Département Aveyron hergestellt, in Handarbeit und genietet.

Vollholz z.B. aus duftendem Wacholder oder aus Fasseiche wäre eine schöne Sache. Habe das Liadou du Vallon selbst, mit Wacholder-Griff, und ich liebe es sehr.

 
"Traditionell" wurde früher, durch Kolonialhandel usw. noch viel edleres verbaut als heute. Natürlich eher für den "feinen Herrn", aber gegeben hats das eben alles. Warum also ohne Not leiden und sich das einfachste raussuchen? Es sei denn man will ein Messer zum rumdreschen und Null-Pflege ;-) Da heutige Messer, wenn man sie schon benutzt, immer etwas im ästhetischen "Drama" der Wahrnehmung stehen, hilft ein edles und gefälliges Aussehen der Akzeptanz ungemein. Insofern mag ich die Kamelknochen und das stabilisierte Zeug.

Wer historische Sammlungen aufbauen will, denkt natürlich anders, klar.
 
Zu den Stichworten "Vollschalen ohne Backen, traditionell und urfranzösisch" fiele mir noch das Laguiole 1850 ein. Die Urform quasi, wie sie vor 1900 gebaut wurde.
 
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