mein erstes Backlock Klappmesser

Addi

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Geschätzte Messerfreunde,

nach Jahren der Untätigkeit und drei weiteren Messern (die ich noch nicht vorgestellt habe), zeige ich hier mein erstes selbst gebautes Klappmesser.
Es sollte von der Idee her eher klare Linien und Werkzeug-Charakter haben, kein taktisches Aussehen haben und robust sein, sowie sicher funktionieren.
Eine (Sau-)Arbeit - feilen, feilen und nochmal feilen.. Allein bis zur Wärmebehandlung habe ich ewige Stunden gebraucht..
Was ich nicht selbst gemacht habe, war das Eloxieren mit 20ym, denn für eine Chemieküche hab ich keinen Platz mehr, muss ich doch mit 4qm-Kellerbude+Garage für Wb. klar kommen.
Es hat viele Nerven meiner Frau, Skizzen und Zeichnungen, mehrere Verschlussbügel und einen Haufen Einpassarbeiten gekostet bis alles anständig und Spielfrei funktioniert, aber - es ist fertig geworden.
Die Klinge klackt sauber beim Verriegeln, hält fest und springt bei (leichtem) Schlag auf den Klingenrücken nicht auf (den „wie-mans-nicht-macht-Genickbruch-Schlag-Test“ habe ich ihm bisher erspart).
Was noch fehlt ist ein Clip, der an die Bohrungen im Griff geschraubt werden soll.
Zur Schärfe + Schnitthaltigkeit muss ich sagen dass ich recht verblüfft bin, wie relativ einfach die Wärmebehandlung geht (mit Rezept und kleinem Ofen) und die Klinge so gut funktioniert.
Man kann ziemlich robust drauf los Schnitzen, die Breckies fliegen nur so weg - siehe Bilder vom 10min.-Löffel, auch mal was kleines spalten (wer es braucht), ganz fies Kabel durchschneiden, Aluminium schnitzen,
Dosen öffnen, alten Rost und Lackreste abkratzen, Kartons + Verpackungen ratschen /schneiden
bis zum Horizont…
Danke an die betreffenden Forumsmitglieder an dieser Stelle für die Stahl- bzw. Buch-Empfehlungen und weitere Zusammenfassungen!
Das Klingenspiel ist nötigenfalls an der Achse Spielfrei nachstellbar mit einem Centstück.
Als kleinen „Werkzeugspass“ zum Schrauben hab ich im Griffboden einen Sechskant für Bits reingefeilt / -gefummelt, der tatsächlich gut funktioniert.
Ich wollte das Messer eigentlich erst schonen, hatte es dann aber doch vier Wochen auf Arbeit dabei, gegen Ende unter rohem Einsatz – bisher hält es, auch wenn die Brünierung schnell alt aussieht..
Und natürlich: es hat sich ein leichtes vertikales Spiel der Klinge bemerkbar gemacht - so ein paar Zehntel-mm vorne an der Klingenspitze - aaaaahhhhhhhh!!!
Aber was solls – das Nächste mal wird es vielleicht doch einen Rahmenverschluss bekommen bei sonst gleicher Optik, oder weiter herumprobieren mit Backlock.
Vielleicht lade ich mal ein Video zur Herstellung des Messers auf die dafür bekannte Plattform.

Klinge aus 1.2842 / 90MnCrV8, bei ca. 800°C gehärtet + ca. 250°C angelassen + brüniert
Achsteile, Verschlussbügel + Zwischenplatte aus 42CrMo4, wärmebehandelt + brüniert
in den Griff eingelassene Scheiben und Achslagerbuchse aus CuAl10Ni5Fe4
Federstahldraht d=1,5mm,
Griffschalen aus AlZn5Mg3Cu, t=5mm

Die Klingenlänge ist 88mm, Klingenbreite 4mm und -höhe 31mm,
der Griff ist 120mm lang, Gesamtlänge aufgeklappt = 210mm, das ganze wiegt 185 Gramm.

Bin auf Euren Eindruck gespannt..
Danke für's Interesse,
Addi


























 
Zuletzt bearbeitet:
Großen Respekt - das Messer wirkt stimmig und kommt in seinem modernen Design wirklich gut !

Für ein Backlock ein sehr ungewöhnliches Design - gefällt mir gut.
Was das für ein Aufwand ist, den ersten Folder zu bauen, kann ich aktuell gut nachvollziehen . Bei mir sind auch schon einige Entwürfe für ein Backlock in der Tonne verschwunden,
weil sie entweder nicht funktioniert oder sch***** ausgesehen hätten ....
 
Hallo Wido,

danke für Dein Feedback!
Was an Info noch fehlt: geschmiedet habe ich die Klinge nicht - ich habe das Material bestellt,
ausgeschnitten, gefeilt und geschliffen, WB gemacht, grob gefinished und brüniert..

Das Design ist ein Stück weit aus der Not heraus entstanden, eigentlich wollte ich keine unterbrochenen Linien:
- aber diese 90 Grad-Ecke - zugeklappt am Klingenrücken, hat mich enorm beim Hantieren gestört!
Man fummelt dran rum, es liegt eigentlich ganz gut in der Hand und dann - diese Ecke..
Zum Bierchen aufmurksen, ein Loch in die Hose reissen oder eine Furche in ne Torte drücken vielleicht noch geeignet, hatte ich jedoch gefühlt einen sehr fetten Haken in der Tasche
an dem man locker eine Waschmaschine, ein Fahrrad oder Treibnetz durch nen Sumpf ziehen könnte.
Da hab ich kurzerhand die Ecke weggefeilt und den Rest mit der dann optisch nötigen Rückenzahnung in Klinge, Bügel+Griff für den Daumen angepasst,
so das ich nicht vor Wut alles wegschmeissen musste.. vgl. Bild 1 und Rest.
Dank Virgil's hervorragendem Bericht zu seinem Backlockmesser konnte ich mir schon denken, es wird sicher nicht ganz einfach - hmm.. so war's dann auch :)

- Die Pinbohrung zum Öffnen wird nächstes mal näher an die Achsmitte gelegt, so ist zuviel Fingerverrenkung nötig zum öffnen.

- beim Clip bin ich mir nicht ganz sicher welche Form. Er soll eigentlich nicht so groß sein wie gezeigt (deshalb habe ich ihn auch erst nicht gezeigt),
aber trotzdem was aushalten und möglichst die Einstellschraube frei halten - für erfahrene Klappmessermacher mit angeborenem Messerdesign-Programm im Blut
wahrscheinlich ein müder Frühstücksgähner, löst das bei mir fast eine mittelschwere Krise aus, so kurz vor der Fertigstellung.
Eigentlich wollte ich aber noch einen Holster aus Kydex bauen, mit Bit-Einsätzen drin - so brauchts dann vielleicht gar keinen Clip..

Nachfolgend noch ein paar Bilder, sie wurden vor dem Eloxieren gemacht, das erste noch vor der WB.

Danke fürś reinschauen,
Addi






 
..ich seh leider keine Bilder.

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@Addi

Danke fürs Zeigen Deines Projekts. Du hast bestimmt wertvolle Erfahrungen dabei sammeln können. Insgesamt gefällt mir Deine Interpretation eines massiven Backlocks gut. Was mich vor allem interessiert: hast Du die Klingenachse absichtlich so dick dimensioniert, um ein Klingenspiel zu minimieren? Ich habe mich selbst schon öfter gefragt, ob eine dickere Klingenachse mit breiteren Washern dazu mehr geeignet wäre, als die meist verwendeten dünnen Spreissel.

Gruß honigdachs
 
Hallo,

danke für Eure Meinungen!

@honigdachs
Genau!
Das Ziel war ev. auftretendes seitliches Klingenspiel auszuschalten, neben der der Einstellbarkeit des Klingengangs mit einfachen Mitteln.
Dazu wurden die Lagerscheiben größer gemacht, wegen dem zu erwartenden erschwerten Klingengang habe ich eine Lagerbuchse in die Klinge eingepresst.
Gut einstellen kann man das Spiel mit einem Feingewinde, der große Achs-ø kam frei nach der Regel „das schwächste Teil knackt immer zuerst“.
Es muss in Zukunft aber unbedingt ein anderer Lock werden - denn den Backlock verreißt es bei hoher Belastung wohl zuerst.
Ergebnis: für komplett ohne Kunststoff gebaut geht es gut, wenn auch nicht so leicht wie mit PTFE-Scheiben.
Ab ca. 20° geöffnet kann man es gut aufklacken lassen, ohne seitliches Spiel.

Gruß
Addi
 
@Addi

Merci für die Einblicke und Infos! :super:

Ich denke man muss das richtige Mass treffen zwischen Achsendimension und Materialstärke die um das Loch in der Klinge selbst verbleibt, sonst schwächt man diese wiederum.

Ich wünsche viel Erfolg bei Deinen weiteren Messerbauten!

Gruß honigdachs
 
@Honigdachs
Na klar ist die Achse völlig überdimensioniert!

Also ich hab das vorher mal grob überschlagen:
Der Querschnitt der Achse ist im Kern-Ø 35mm² was gegen Abscherung 70mm² sind, da 2 Flächen geschert werden wenn man die Klinge aus dem Griff nach vorne rausziehen will.
Die Ringfläche um das Innengewinde vernachlässige ich mal ganz plump.
Bei der Klinge - an den 2 schwächsten Stellen um die Achse herum - habe ich zusammen 32mm².
Das heißt, die Klinge würde (bei gleicher Festigkeit) zuerst reißen.

Mal sehen wann das passieren würde:
Der grobe HRC-Wert nach der (hoffentlich korrekten) WB. ist bei 1.2842 mit ca. 60HRC anzunehmen.
Laut HRC-MPa-Umrechnungstabelle (EN-ISO18265) beginnt der höchste angegebene Zugfestigkeitswert aber bei ~58HRC mit 2180N/mm² - lassen wir es also 58HRC sein, mit einer Hausnummer muss man ja anfangen..
Wenn ich den noch um 20% „Sicherheitstoleranz“ verringere, komme ich auf 1744N/mm², was nach einer WB. auf ca. 51HRC entsprechen würde (also einer eher zu weichen Klinge).

Dieser Wert x32mm² gerechnet ergibt immer noch 55808N, was ca. 5,47to. Zug-/Druckkraft entspricht, ehe die Klinge um die Achse herum reißen würde.
Selbst wenn aus unerfindlichen Gründen auch nur 50% der erreichbaren Zugfestigkeit vorhanden wären, sollte das Ding noch 2,7to. Halten, bevor es reißt.
Das sollte genügen, um damit von Hand zu spielen. Vorher gibt wahrscheinlich der Spieler auf - und wahrscheinlich jeder Lock.

Es ging mir aber auch um die Flächenpressung im Griffmaterial, was nicht so viel aushält wie der Rest - was bringt es mir eine dünne Achse zu haben, die ich dann mit der Klinge zusammen aus dem Griff ziehen kann?
Normalerweise kommt das ja nie zustande, es sei denn jemand spannt das Ding in einen Hydraulischen Prüfstand ein und ähh... :haemisch:

Abgesehen davon das in der Konstruktion diese Werte eig. nicht direkt verwendet werden dürfen sondern nur als Anhaltspunkt zu sehen sind, hoffe ich die Rechnung stimmt so... :)
Und ja - der Außen-Ø der Achse wird in Zukunft von jetzt 12 auf vielleicht so 9 oder 10mm verringert, sieht doch etwas harmonischer aus und sie müsste trotzdem im Griff bleiben, wenn man dran zieht/drückt.
Mir macht der Lock mehr sorgen ehrlich gesagt... also doch einfach nur Frame?
Bin bisher auf nix technisch einfacheres und festeres gekommen... (ja nee, is klar - einfach keinen Folder machen :) )

Gruß Addi
 
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