Messer aus Feilen - jetzt nur noch Schrott?

Hallo Harald,

Auf der einen Seite kann ich deinen Ansatz bestimmte Dinge den Profis zu überlassen (bei mir z.B. PC-Hardware) gut verstehen, und sicher bin ich ein "bißchen" Risiko eingegangen mit dem Versuch selber zu härten und anzulassen. Das hat mich jetzt einige Klingen, die ich leider nicht mehr retten konnte, gekostet. Aber manches muss man/ich eben durch "Schmerzen" lernen.
Ich habe inzwischen wieder viele Feilen weichgeglüht - es geht weiter...
Eine Frage noch: Bei wem lässt du deine Feilenmesser härten? Geht da auch differentiell härten? Ich plane gerade ein Bowie aus Feile. Per e-mail, PN um das Thema nicht zu sprengen?

Hallo M.Schmied
Mir fällt dazu nur ein, dass der Profi auch irgendwann mal angefangen hat.
Und nach der Devise: mach ich nich, weil es schief gehen kann, kommt man auf dem Gebiet auch nicht weiter.
Das ist dann der Gedanke, der viele antreibt immer weiter zu machen.
Mich übrigens auch...

Eines der "geretteten":
http://www.messerforum.net/showthread.php?t=89878

Gruß Herbert
 
...
Bei wem lässt du deine Feilenmesser härten? Geht da auch differentiell härten?
...
Gruß Herbert

Hallo Herbert,

prinzipiell denke ich, das das jeder Schmied härten kann. Natürlich ist da auch eine differentielle Härtung möglich. Habe ich bisher bei all meinen Feilen- und Federstahl-Messern so gemacht. Bilde mir ein das gerade bei Feilenstahl ein "weicher" Rücken nicht schaden kann.

LG Werner
 
Wer schmiedet sollte auch wissen was er seinem Stahl gerade antut bzw. angedeien lässt.
Da ist das eigentliche Härten nur einer von vielen Schritten, als da wären:
  • Einhaltung des Schmiedetemperatur-Fensters
  • Einformen/Normalisieren
  • Weichglühen
  • Härten vollständig/differentiell
  • Richten mechanisch/partielles Abschrecken
  • Anlassen
  • Aufkohlen/abkohlen
usw. usw.
Das sollten genug Stichworte für die Forensuche sein.

Wo bleibt denn da der Spaß wenn man alles aus der Hand gibt.

Ciao Sven
 
Herbert, mach einfach weiter wie bisher... Ich darf gar nicht erzählen, wie viele Klingen ich an Anfang durch Unwissenheit geschrottet hab. Bevor ich auf dieses Forum gestoßen bin;-)

Mit etwas Übung und Erfahrung kannst du deine geschmiedeten bzw. geschliffenen Klingen auch in der Kohlenesse normalisieren und härten. Hab ich auch gemacht. Es dauert ne ganze Weile, bis man reproduzierbare Ergebnisse vorweisen kann. Aber es geht...

Und durch trial and error lernst du viel mehr, als wenn du dir gleich als erstes einen Härteofen kaufst bzw. von andern härten lässt...

Klar, es schadet nicht, sich vorher zu informieren, auf was man achten muss:glgl: Aber wenn du es nicht machst, dann weißt du später aus erster Hand warum man dieses oder jenes nicht machen sollte... Hat auch was, nennt sich Erfahrung;)

Gruß Jannis
 
Ich bin auch gerade an einem großen Messer aus einer Feile, das ich differentiell härten wollte. Ich habe 3x versucht die Klinge in Öl zu härten, und beim letzten mal sogar ohne Lehmmantel, um es dann bis zum Rücken einzutauchen, und jedesmal war die Härtung viel zu "flach", es war nur etwa 5mm weit von der Schneide reingehärtet.
Bei kleinen Klingen war das Öl nie ein Problem, aber bei dieser großen Klinge bin ich letztlich beim Wasser gelandet - 60° vorgewärmt, Klinge mit Lehmmantel, (rein-2-3, raus, und wieder rein bis zum völligen abkühlen). Ergebnis ist super, werd ich jetzt immer so machen.
Es gab aber bei jeder Härtung einen gewissen Verzug, den mir der Jürgen Schanz hervorragend gerichtet hat.

Grüße
Hannes
 
Hallo Hephaestos,
das klingt wirklich sehr interessant! Ich härte auch nur in Öl und habe bisher alles Messerartige auch hart bekommen. Das von Dir geschilderte Verhalten konnte ich noch nie beobachten. Kannst Du mir dazu noch etwas mehr Infos geben (Geometrie, Art der Feile)?
Bei der Wasserhärtung habe ich zuviele schlechte Erfahrungen gemacht.Zudem werde ich bei wassergehärteten Klingen die Angst vor winzigen Rissen nicht los.
Eine wassergehärtete Klinge die gut aussah (und gut klang) ist mir letztlich beim Biegetest gebrochen.
Allerdings härte ich immer differenziell und ohne Mantel etc.
Aber da hat sicher jeder durch seine spezifischen Erfahrungen seine eigene Meinung gebildet.
Spannend ist es ja auch gerade deswegen.
Ein paar Infos zu dem Messer und zum Material wären wirklich interessant.War das vieleicht eine Raspel mit Kohlenstoff- Mangelerscheinungen?

Grüße aus Heidelberg!
less
 
Hi less,
die Feile ist ohne Marke, dementsprechend weiß ich den Hersteller nicht. Ich hab ganze 27kg Feilen auf einmal gekauft, viele davon sind mit "POLAND" gestempelt und recht gut verarbeitet. Der Kohlenstoffgehalt ist dem Funken nach zu urteilen im üblichen Bereich (wie 1.2206). Ob die Umwandlungsfreudigkeit darin begründet liegt, dass der Hersteller Chrom sparen wollte, oder an der Restwärme im Klingenkörper, kann ich nicht sagen.
Die Klinge ist ca. 30cm lang, Bowie-Form, 6mm am Rücken. Das fertige Messer werd ich irgendwann mal zeigen, kann aber noch etwas dauern da ich momentan kaum zum "basteln" komme.
Grüße
Hannes
 
Hallo Hannes,
danke für die Info! Ich vermute es liegt wohl am Stahl, die Größe ist ja nicht ungewöhnlich (wenn man große Messer mag).
Ich bin gespannt ob mir das auch mal passieren wird.
Auf das Messer bin ich sehr gespannt!

Grüße aus Heidelberg!
less
 
Hey Hannes!

Was du beschreibst, ist mir letztens auch aufgefallen...
I
ch habe dann irgendwo hier im Forum den Tip gelesen, zuerst wie gewohnt in Öl abzuschrecken und anschliessend, da der Lehmmantel ja kein Öl aufnehmen kann und die Wärmeabfuhr so nicht gut funktioniert, das Ganze im Wasser runter zu kühlen,
funktioniert klaglos...

Das Problem bei reiner Ölabschreckeung scheint die durch den Lehm gespeicherte Hitze zu sein, die dir den eigentlich gehärteten Klingenteil wieder weich "anlässt"...

Schöne Grüße,
Dom
 
Hallo Leute,

wie gut ein Stahl durchhärtet hängt von dem Querschnitt und der Legierung ab. Mn, Cr, W, V, Ni verbessern die Durchhärtbarkeit und reduzieren die Umwandlungsfreudigkeit. Jeder Stahl hat einen Bereich zwischen der minimalen und der maximalen Abkühlgeschwindigkeit, in dem er beim Härten abgeschreckt werden sollte. Kühlt der Stahl langsamer als die minimale Abkühlgeschwindigkeit ab, so gibt es keine vollständige martensitische Härtung, der Stahl besteht dann aus einem Mischgefüge und nimmt nicht die volle Härte an. Schreckt man ihn schneller als die maximale Abkühlgeschwindigkeit ab, neigt der Stahl enorm zu Rissbildung...

Insgesamt kann man sagen, je reiner ein Stahl ist, um so umwandlungsfreudiger ist er und um so schneller muss er abgeschreckt werden. Deshalb werden sehr reine Rennstähle in Wasser abgeschreckt, wärend eine Wasserhärtung für einen 1.2842 tödlich wäre.

Bei den meisten Stählen reicht bei unseren Querschnitten eine Ölhärtung völlig aus um ganz durchzuhärten.

Bei Feilen, sagen wir mal sie sind aus 1.2008, ist der Mn- und Cr-Gehalt relativ gering (Mn=0,25-0,4%; Cr=0,4-0,7%). Dementsprechend umwandlungsfreudig ist dieser Stahl. Das ist auch der Grund für die gestochen scharfen Härtelinien bei einer Härtung mit Lehmmantel bei diesem Stahl.

Bei dünnen Querschnitten reicht eine Ölhärtung aber auch bei diesem Stahl völlig aus. Wenn man nun größere Stücke härtet und zusätzlich noch mit Lehmmantel härtet, kann das etwas problematisch sein. Der Lehmmantel speichert so viel Hitze, dass der Stahl auch vor dem Lehmmantel für eine vollständige Härtung nicht schnell genug abkühlt.

Hier wäre es sinnvoll, die Klinge in Wasser zu härten. Ggf. kann man noch Salz oder Urin:glgl: hinzufügen, damit die Dampfhaut schneller zusammenbricht und die Abkühlgeschwindigkeit zusätzlich erhöht wird.

Der Perlitpunkt verschiebt sich bei schneller Abkühlung nach unten und dürfte bei diesem Stahl irgendwo bei 400 Grad liegen. Dieser Temperaturbereich muss also möglichst schnell durchlaufen werden. Jetzt ist es allerdings so, dass die meisten Werkzeugstähle bei einer sehr schnellen Abkühlung von ca. 200 Grad bis Raumtemperatur stark zu Rissbildung neigen. Es wäre also sinnvoll die Klinge im Wasser nur bis ca. 200 Grad (also schon deutlich unter dem Perlitpunkt) abzuschrecken und dann in Öl zu wechseln, damit die Abkühlung von ca. 200 Grad bis Raumtemperatur langsamer abläuft...


Gruß Jannis
 
Zuletzt bearbeitet:
Danke Jannis für die ausführliche Antwort. Ich denke auch, dass es nicht unbedingt nur am Lehmmantel liegt, sondern tatsächlich auch an der Legierung des Stahls selbst. Wenn man nun keinen astreinen 1.2008 hat, sondern in anderen Ländern oder bei billigeren Produkten (wie bei meinen Feilen) die DIN-Normen nicht ganz eingehalten werden (reine Mutmaßung), geht mit leicht geringeren Mn oder Cr-Gehalten gleich die Umwandlungsfreudigkeit nach oben.

Gruß
Hannes
 
Zum besseren Verständnis:
Mit steigender Legierung geht die Umwandlungsfreudigkeit nach u n t e n. Gemeint ist nämlich, wie schnell sich der Kohlenstoff aus der Lösung im Austenit befreien kann. Umwandlungsfreudige Stähle wandeln also besonders schnell von Austenit in Ferrit/Perlit um und müssen deshalb besonders schnell abgeschreckt werden, um Martensit zu bilden.

Freundliche Grüße

U. Gerfin
 
grob: ja.
Und: sowohl muss man die Klinge dann zügiger ins Abschreckmedium bringen als auch das Abschreckmedium 'schroffer' wählen.
Wobei es da dann auch einige 'Kuriositäten' gibt; wie z.B., dass sich beim Eintauchen eine 'Dampfhaut' aus Sauerstoffbläschen um die Klinge bilden kann, die dann die Abkühlgeschwindigkeit herabsetzt.
Oder: dass erwärmtes Öl auf Grund der besseren Viskosität besser abkühlt, als kaltes.
.... der Teufel steckt im Detail ;)

Zudem muss man auch zwischen den Legierungselementen unterscheiden. Das Thema ist sehr komplex und da kann man sich sehr lange und intensiv mit beschäftigen.
Um mal eine Orientierung zu bekommen würde ich mehrere Schubladen bilden.
Es gibt da die sog. reinen Kohlenstoffstähle, die als Wasserhärter gelten (wobei bei den sehr dünnen Querschnitten einer Klinge auch Öl als Abschreckmedium oft genügt).
Hier hat man außer Eisen und Kohlenstoff sowie den unweigerlich mit im Stahl vorkommenden, unerwünschten Begleitern P und S und vlt. noch ein bisschen Silizium nichts in der Legierung.
Da sollte man sehr zügig arbeiten.
Dann das weite Feld der 'niedriglegierten' meist Kaltarbeitsstähle. Bereits eher geringe Mengen an Chrom und Mangan werden zugesetzt, um die Tiefe der Härtung zu erhöhen und die notwendige Abschreckzeit zu verlangsamen - also Öl als Medium und das ganze kann gemächlicher, sprich entspannter, ablaufen.
Der nächste Sprung ist dann zu den hochlegierten Stählen - da gehören die ganzen rostträgen Stähle mit viel Chrom und auch die Schnellarbeitsstähle mit großen Mengen an V, Mo und W dazu. Die härten dann bereits an der Luft aus - benötigen aber auch bereits beim Aufheizen mehr Zeit und Sorgfalt. Also auch in die andere Richtung wird das ganze träger.

So mal als grobe Orientierung, in welchem Rahmen sich das bewegt.
 
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