Messerkontor PA Nummer 6: Berti Il Pontormo

Woz

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Das Berti ist wieder auf der Reise, und daher wird es Zeit für einen Bericht.
Ich hatte ja die Freude an recht vielen Passarounds teilzunehmen, doch dieser hier unterschied sich von den Anderen. Wieso? Weil ich bis zuletzt nicht weiß wie ich das Messer finde.

Frisch aus der Box war ich hin und weg. Die Verpackung ist sehr edel, das Messer schön gemacht, der Horngriff eine optische wie haptische Freude, die Klinge scharf. Nett! Dazu der Messerblock, der das Messer schützt und dekorativ ist. Top!

Dann der Praxisteil 1: Kochmesser!

Das Il Pontormo ist einem alten Messertyp nachempfunden. Auf der Seite des Messerkontors die Geschichte zum Messer:

Als Andrea Berti das Messer auf dem Gemälde "Cena in Emaus" des Malers Pontormo in den Uffizien in Florenz sah, beschloß er, diese wunderschöne Klingenform wieder aufleben zu lassen und erschuf als Hommage an den Ranaissance Künstler das Pontormo-ein Universalmesser zum Schneiden, Wiegen, Hacken und Filetieren.

Also ein Stück Geschichte aus Stahl. Nur: Gab es diesen Messertyp auch abseits des Gemäldes? Und wieso ist er ausgestorben, oder nur noch selten zu finden?

Ich hab diesmal die Fotos vergeigt, daher leihe ich mir ein Symbolfoto vom Messerkontor. Das Messer aus dem PA hat einen schönen schwarzen Horngriff, das Bild passt also nicht optimal. Sorry
1034_0.jpg


In der Praxis ist das Il Pontormo eine Enttäuschung. Klar, man kann Tomaten ohne Quetschung schneiden, es trennt Fleisch sauber und schneidet Gemüse aller Art, nur: Es geht mit einem guten Chefmesser, Gyuto oder Santoku wesentlich besser. Das Pontormo kann alles, aber nichts wirklich gut. Nicht einmal als Wiegemesser brilliert es. Nicht falsch verstehen, es ist kein schlechtes Messer, nur eben auch nicht das erhoffte Universalmesser.

Dann aber kam mir die Erleuchtung, und es folgte:

Praxisteil 2: Tafelmesser!

Auf dem Gemälde liegt das Messer beim Abendmahl am Tisch. Und zwar mehrere davon. Da liegt in der Regel wohl kein Kochmesser, also ist das Il Pontormo etwa ein Vespermesser?

Ein Blick in die schöne Verpackung zeigt: Treffer! Da steht das Messer sei für Käse, Fleisch (Braten) etc geeignet. Nicht preparazione, nein, servizio. Also: Vespertest!

Und da macht es Freude! Krustiges Brot hab ich mir gespart, aber Semmeln und Weckerl schneiden war eine Freude. Weißbrot oder Baguette auch. Tomaten, Käse, Salami, Schinken... Das Il Pontormo ist das Vesper und Picknickmesser der Wahl. Ok, zum streichen ist es nicht ideal, war wohl zu Pontormos Zeiten nicht so gängig Brot zu bestreichen (Butter war ja nicht billig, und Streichkäse oder Nutella nicht erfunden). Aber alle anderen Vesper (Jausen) Aufgaben löst das Messer mit Bravour. Hier macht die Klingenform was her, und noch etwas: Das Gemälde stammt aus 1525. Zwar gab es damals Gabeln, nur: Verbreitet waren sie nicht. So schreibt Wikipedia:

Kleine zweizinkige Gabeln benutzte der italienische Adel im Mittelalter zunächst, um sich beim Essen von Obst nicht die Hände zu beschmutzen. Um die Mitte des 14. Jahrhunderts nennt das Haushaltsinventar des Königs von Frankreich zwölf Gabeln, zur selben Zeit besaß Herzog Karl von Savoyen nur eine einzige Gabel. Belegt ist, dass noch König Matthias Corvinus im 15. Jahrhundert mit den Fingern aß, ebenso Anna von Österreich und ihr Sohn Ludwig XIV. von Frankreich. Hier setzte sich die Gabel beim Adel später durch als in Italien.
Um 1600 berichtet ein Chronist von einem Mahl in Frankreich: „Während ich einen saftigen Braten verzehrte, bemerkte ich vier Herren, die nicht ein einziges Mal das Fleisch mit den Fingern berührten. Sie führten Gabeln zum Mund und beugten sich tief über ihre Teller. Da ich keine Erfahrung besaß, wage ich nicht, es ihnen nachzutun, und aß nur mit meinem Messer."


Die Spitze des Messers und die Finger ersetzten also die Gabel. Es wurde aufgespießt und geschnitten. Ich habe mir zwar das Essen von der Spitze gespart, aber das spießen mit Cherrytomaten und Weintrauben versucht - geht Klasse!

Fazit: Wer ein Kochmesser will, der sollte die Finger vom Berti lassen. Da gibt es bessere Messer (auch von Berti, und jedenfalls im Messerkontor, Auswahl ohne Ende!) Aber wer ein Vesper und Picknickmesser der Edelklasse sucht, der ist mit dem Il Pontormo gut beraten. Lederscheide statt Messerblock, und ab in den Picknickkorb! Ich muss mir jedenfalls gut überlegen ob ich dem Messer widerstehen kann, mit Lederscheide gefiele mir das Ding echt gut als edles Esswerkzeug!

Achso: Für alle die nicht so ein großes Jausenmesser wollen: Es gibt das Il Pontormo auch kleiner. Auch von Berti. Passenderweise als Tafelmesser beworden! Siehe Hier!

Und: Ich habe den Berti Katalog der beiliegt studiert, und muss sagen: WOW! Superschöne Messer, und bei den Verpackungen tun sich die Italiener mal was an! Traumhaft!

Woz
 
Ein Messer aus Italien, inspiriert von einem Renaissance-Bild, das klingt romantisch.

Wie schon beschrieben, ist das kein Koch-, sondern ein Tafelmesser. Es ist schön scharf und für Schnitte ohne Schneidunterlage aufgrund der Klingenform gut geeignet. Für ein Räuberessen, bei dem das Spanferkel in einem Stück auf den Tisch kommt, wäre man damit perfekt ausgerüstet.

Die Verarbeitung ist ernüchternd (was heißt eigentlich Nonchalance auf Italienisch?).
Dass gar nicht der Versuch gemacht wurde, die (wirklich schönen) Horngriffschalen an den Erl anzupassen (diese stehen rundum deutlich über) mag man noch mit dem Ausgleich späteren Schwunds des Naturmaterials erklären, aber Spalten, in die man ein Blatt Papier schieben kann (siehe Foto) kann ich nun mal gar nicht leiden, und an einem Messer, das im Lebensmittelbereich eingesetzt werden soll, schon zweimal nicht.

Hübsches Messer mit netter Geschichte. Nutzwert für mich eher gering. Verarbeitung des Testexemplars nicht überzeugend.
 

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Mein erster PA, und gleich ein recht 'spezielles' Messer.
Nach dem auspacken, begutachten und einem ersten in-die-Hand-nehmen, mag ich das Berti.
Ein hübsches Messer mit sehr eigenständigem Design.

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Wie meine Mittester ja bereits festgestellt haben, ist das Berti eher kein Küchenmesser. Die stark bauchige Klinge, stellt sich beim schneiden in der Küche als unpraktisch heraus.

Das Berti spielt seine Stärken also als Tafel-, Vespermesser aus, wie Woz zum Glück so prima beschreiben hat. Denn ich kann zu dieser Art Messer als Tester leider nicht wirklich etwas beitragen. Einfach weil ich so gut wie keinen Bedarf an einem solchen habe.
Ich habe mich zwar bemüht, aber außer ein bisschen Baguette und Tomate(mit denen das Messer spielend fertig wurde), konnte ich dem Messer leider keinen, Ihm würdigen, 'Abendmahl-Einsatz' bescheren.
Pech für mich, aber da kann das Messer ja nichts für!

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(Anmerkung: Ich habe sehr große Hände.Handschuhgröße 10)

Der von giovanni erwähnte Spalt zwischen Griff und Klinge, ist mein einziger Kritikpunkt an dem Testexemplar. Bei einem 'Kunstwerk' dieser Preisklasse erwarte ich eine exaktere Verarbeitung.

Fazit: Ein hüsches, edles und sehr eigenständiges Messer, das seine Stärken an Tisch, Tafel oder beim Picknick ausspielt.

Vielen Dank an Claudia vom Messerkontor, für die Möglichkeit dieses Messer testen zu dürfen!
 
So, das Berti Pontormo stand eine Woche in seinem Messerblock auf meiner Anrichte und war schön anzusehen.
Benutzt habe ich es erst mal für alles Mögliche.
Als Küchenmesser habe ich damit diverses Gemüse geschnitten.
Wie meine Vortester schon bemerkten: das geht, aber es geht mit anderen Messerformen besser.
Gestört hat mich beim arbeiten auf dem Schneidbrett vor allem der recht stark 'nach unten geknickte' Griff.
Bei der bogenförmigen Schneide bietet sich eigentlich Wiegeschnitt an, was jedoch durch diese Griffanordnung erschwert wird.

Ok, also Tafelmesser:
Brötchen halbieren, mit Butter bestreichen und mit Pontormo-geschnittenem Käse belegen.
Hierbei stört mich die ausgeprägte Spitze.
Richtig Spass gemacht hat dann das zerteilen eines Brathähnchens bei Tisch - immer schön nur durch die Gelenkknorpel- das passt, für solche Aktionen war es wohl gedacht.
Bei einem mittelalterlichen Gelage Bratenstücke abschneiden, mit der Messerspitze aufspiesen, ok.
Nur mag dies der Griff nicht. Den Bratensaft unter den Griffschalen bekommt man kaum wieder raus.

Tja, was nun.
Nach Küchenmesser und Tafelmesser möchte ich für dieses Berti noch eine weitere Messerkategorie zur Diskussion stellen:
Sammlermesser.
Ich hab mir den Katalog der Cotellerie Berti angesehen und ich sage euch, der ist sehenswert.
Neben den 'normalen' Kochmessern der Firma gibt es eine schier unglaubliche Vielfalt der unterschiedlichsten möglichen und unmöglichen Messerformen.
Leider hab ich keinen Link gefunden, der diese Produktvielfalt nur annähernd vermittelt.
Daher mal 2 Beispiele:
http://farm3.static.flickr.com/2210/2431886854_20a70d2237_o.jpg
http://www.unicahome.com/products/small/29551.098FFE22.jpg

Die Cotellerie Berti ist ein Eldorado für den Sammler außergewöhnlicher Schneidwerkzeuge aus edelsten Materialien.
Ein Messer wie das Pontormo in solch eine extravagante Kollektion einzureihen ist nur folgerichtig.
Alltagstauglichkeit sehe ich bei vielen dieser Messer nicht unbedingt als im Vordergrund stehend.
Manche -das Pontormo nicht unbedingt- halte ich für reine Vitrinenmesser.

Anders ist dies sicher bei den 'gewöhnlichen' Kochmessern von Berti.
Sehr gefallen hat mir nämlich der Schliff des Pontormo der in dieser Art wohl bei allen Bertis üblich ist.
Dazu hier ein Auszug aus der Produktbeschreibung:
''Der ballige Schliff, von Andrea Berti "un taglio dolce", ein süßer Schnitt, genannt, zeichnet die Schneidwerkzeuge aus. Dieser Schliff, auch als "gotischer Bogen" bezeichnet, sorgt dafür, daß die Klinge weniger Reibungswiderstand bietet. So gleitet ein Berti Messer auch durch weiches Schneidgut wie Butter.''
Wenn mir also zum Beispiel mal ein Berti Kochmesser Il Trinciante Nero über den Weg läuft werde ich mir das wohlwollend ansehen.

Leider diesmal keine Bilder, die Kamera ist unterwegs....
Danke fürs testen dürfen.
 
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Bei der Anmeldung zum Passaround war ich ziemlich gespannt auf das elegant aussehende Messer. Beim Auspacken war ich enttäuscht.
Das erste was mir aufgefallen ist, waren die nicht angepassten Griffschalen.
Bei dem Preis hätte ich entschieden besseres erwartet.

Ich kann mir sehr gut vorstellen, dass das Design früher (ohne Gabel) sinnvoll gewesen ist. Ich habe leider bei mir in der Küche keine Verwendung gefunden, die das Berti Il Pontormo besser erledigen konnte, als „gewöhnlichere“ Designs, von denen Berti ausreichend und ansprechend gestaltete anbietet. Zum Zerteilen von Geflügel bin ich leider nicht gekommen.

In einer besseren Verarbeitung würde ich es, wie Sanji, als Sammler- oder Liebhabermesser bezeichnen.

Vielen Dank dafür, dass ich es testen durfte.
 
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