Micarta-Monday: User aus 1.2419 mit Jutemicarta

xtorsten

Premium Mitglied
Beiträge
1.160
Da ich gestern nicht zum Fotografieren gekommen bin, ist aus dem Slicer-Sunday dann der Micarta-Monday geworden ;

...aber von Anfang an: da meine beiden Vanadisklingen noch zum Härten waren; und ich Zeit hatte; und ich sowieso mal ein Messerchen zum Vergleich zu den Vanadisklingen bauen wollte, ist dieses 'Übergangsmesser' entstanden. Zudem wollte ich das Jutemicarta mal als fertigen Griff sehen.
Also das 2,2mm starke Flachmaterial rausgeholt und losgelegt. Geht ja fix,wenn das Material derart dünn ist....

JMG01138.geaendert.JPG

....dachte ich zumindest ; Dünnes Zeug hat so seine Tücken wie ich noch feststellen musste.
Vor allem, wenn es auch nur leicht nicht plan ist. Es sollte fix gehen,also war ich nicht so fürchterlich genau und habe den Rest den Kleber machen lassen:

JMG01141.geaendert.JPG


Insbesondere hat sich das leichte Richten der Klinge beim Härten gerecht - Verzug als Folge. Gerade Schleifen kommt bei so dünnem Material nicht in Frage, also im noch warmen Ofen bei knapp unter 700°C wieder weich gemacht, gerade gebogen, nochmal kurz in den Ofen zum Entspannen, schnell durch die Perlitnase runtergekühlt und dann erneute Härtung. Da ich mit der Härteannahme nicht so ganz zufrieden war beim ersten Härten und mein Glühen sicher nicht die sauberste Methode ist, habe ich eine höhere Temperatur fürs Härten genommen und etwas länger gehalten. Wegen der zu erwartenden Überhitzung an der feinen Spitze, gleich noch eine zweite Härtung knapp über der unteren Härtetemperatur hinterher. Volle Härteannahme.
Anlassen lediglich in kochendem Wasser - wenn schon so ein Slicer mit so einer dünnen Klinge, dann auch hart. War schon sehr aufs erste Schärfen gespannt und unsicher, ob die Probleme
beim Härten und mein Reperaturversuch nicht das Gefüge versaut haben. Also mal schauen, was das Teil mit der 2mm dünnen Klinge am Rücken und 0,3mm an der Schneide so kann:

JMG01133.geaendert.JPG


Scharf wirds auf jeden Fall und auch nach ein wenig Schnitzen von Bubinga und ähnlichem kann man sich noch die Haare vom Arm rasieren - sieht also nicht ganz verkehrt aus.

JMG01134.geaendert.JPG


Die 8,3cm lange Klinge - reine Schneidenlänge - hat also das braune Jutemicarta und Kohlefaser als Pins am Griff bekommen. Der Griff ist 11cm lang und insgesamt ist dann ein 20cm langes Messerchen entstanden. Griffstärke liegt bei 15mm.
Und so sieht es insgesamt aus:

JMG01136.geaendert.JPG


Mehr als erwartet hat mich dann das Jutemicarta beschäftigt: einfach mit Wachs polieren hat mich erst einmal ziemlich enttäuscht. Kein wirklich schöner Glanz und vor allem, wo die Fasern an der Oberfläche liegen, weil angeschliffen, sieht es stumpf aus und das Interessante der Faser kommt nicht zur Geltung. Also nach Ideen gesucht und gelesen und Schellack bestellt.
Jetzt sieht es schon wesentlich besser aus:

JMG01142.geaendert.JPG


JMG01143.geaendert.JPG


Und noch einmal das ganze Messer:

JMG01139.geaendert.JPG


Trotz der Widrigkeiten und nicht ganz so perfekten Ausführung ein schönes Messer, das ich gerne mag. Und: mal wieder einige Erfahrungen gesammelt;

Viele Grüße,
Torsten
 
Hallo,
sehr interessanter Bericht von Versuch, Irrtum, nicht aufgeben und wieder aufs Neue. Herausgekommen ist ein klasse Slicer für den hauchzarten Schnitt, siehe Tomate. Das Micarta gefällt mir zudem sehr gut. (Mein Messerchen von BRKT mit Jutemicarta werde ich nach den von dir beschriebenen Mühen nun nochmals besonders achten!).

Gruß
Abu
 
Hallo Torsten,

Du bist wirklich für Überraschungen gut! Alle warten auf deine zwei Messer mit den Vanadisklingen und Du präsentiertst ein super schickes Messer aus 1.2419, das die Bezeichnung als "Übergangsmesser" nun wirklich nicht verdient. Mir gefällt es ausgesprochen gut. :super:

Es hat alles was ein gutes Messer braucht, es hat eine ideale Größe, hat eine tolle Klingengeometrie, ist schnitthaltig und ist super scharf.

Ich habe den 1.2419 zwar noch nicht verbaut aber den ähnlichen 1.2419.05 und war damit sehr zufrieden. Der Griff aus Jutemicarta sieht prima aus, mit der Schellack Behandlung sieht er sehr elegant aus. Wobei ich das matte Aussehen nach der Wachsbehandlung auch nicht schlecht finde. Die Haptik ist wahrscheinlich im Vergleich zum "Schellackgriff" eine ganz andere. Nicht ganz so schick dafür aber griffiger. Die Idee mit den Kohlefaserpins finde ich auch klasse, passt sehr gut zum Messer.

Vielen Dank für deinen interessanten Bericht, der wieder mal deutlich macht, dass es beim Messermachen immer wieder Überraschungen gibt. Aber das macht das Ganze ja so spannend.

Gruß
Matthias
 
Danke Euch beiden!

Matthias: mit dem Micarta bin ich etwas ambivalent - sowohl was das Material an sich angeht von der Behandlung als auch von der Griffigkeit.
Schellack im direkten Hautkontakt denkt sich irgendwie angenehmer als Epoxy bzw.Phenolharz; aber das ist mehr Kopfkino als wirklich rational.

Was die Griffigkeit angeht, hast Du natürlich recht. Nicht feingeschliffen hat man eine enorme Griffkeit. Hat man aber mit Abstrichen bei Holz auch. Ich habe einige Holzgriffe, die ehemals feingeschliffen und geölt sind aber durch Gebrauch und Wasserkontakt matt und stumpf. Sieht trotzdem gut aus und hat auch guten Grip. Die lasse ich sogar so.
Bei dem Jutemicarta finde ich aber die Optik der Fasern auch klasse,wenn man ordentlich poliert. Bei dem braunen Farbton kommt das schon ganz gut, ist aber eher dezent. Habe noch weinrotes Jutemicarta, da sieht das nochmal hübscher aus.

Hat ja alles seine Vor- und Nachteile,wie immer im Leben ;)

Grß,
Torsten
 
Danke Herbert - und so lange Du nicht die Hände über dem Kopf zusammen schlägst was meine Glüh-Jungelei angeht .... ;)

BTW: ich habe gleich noch einen zweiten Rohling mit vorbereitet beim Zuschnitt. So bald wieder Luft ist, gibts ein zweites Messerchen nach der Vorlage - dann mit etwas robusterer Geometrie und auf jeden Fall Spannungsarmglühen im Vorfeld. Die doppelte Härtung finde ich gar nicht mal verkehrt wegen des doch sehr unterschiedlichen Querschnitts.Oder was meinst Du?
Das Material an sich finde ich ganz gut - da geht immer mal ein Messer 'zwischendurch'. Und ich habe ja auch noch das Cold Steel Blueing im Kopf, das ich mal ausprobieren möchte. Vlt. als 'Back-to-Black' Projekt mit Grenadil. Dann mit lediglich verschraubten Griffschalen vlt. und schwarzem Silikon zur Abdichtung. Dann kann man - falls Überschleifen notwendig ist - auch das Blueing nochmal ersetzen. Oder auch andere Schalen, falls das Schwarz mal zu langweilig wird. Osage Orange habe ich z.B. als farbenfrohe Alternative noch hier. Und schön gelben Buchsbaum. Und mein Traum wäre ein schönes Schalenpaar aus Arau Caria.
Oder mal ganz anders: halbtransparentes, grünes G10. Dann den Flacherl poliert, in das G10 von unten ein Ornament eingraviert; vlt. Triskele oder so, und mit rotem Epoxy ausgegossen. Dazu Pins aus Bronze.
...also die Ideen gehen mir nicht aus. Wird wohl nicht das letzte Messer in der Form werden ;

Viele Grüße,
Torsten
 
Die Sache mit dem Glühen hast Du doch prima gemeistert, und zweimal Härten so wie Du es gemacht hast ist doch super. Und bei Deinen neuen Ideen läuft mir das Wasser im Munde zusammen….
 
Wirklich ein sehr schönes Messer und auch ein toller Bericht. Ich finde es bewundernswert, wenn jemand auch auf die Probleme und Herausforderungen eingeht, die auftauchen, wenn nicht alles nach Plan läuft. (y)
Anlassen in kochendem Wasser habe ich auch noch nicht gehört. Spart das durch den hohen Wärmeleitwert Zeit?
Was für ein Medium benutzt Du zum Abschrecken?
 
Zurück