möglichst einfache wärmebehandlung.

u776287

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hallo messerfreunde!

da ich neu hier im forum bin und dies mein erster beitrag hier ist, möchte ich mich erst mal kurz vorstellen und meine vorgeschichte erzählen.
ich bin 27 jahre alt und komme aus dem osten der republik. auf das schmieden und dieses forum bin ich vor ca. 2 monaten durch meinen bruder aufmerksam geworden. er meinte damals er will damast messer schmieden. da ich selber schon immer fasziniert von diesen messern war, dachte ich, ja warum nicht lass ihn halt machen. er hat sich also den grill von meinem vater geschnappt und einen halben tag damit zu gebracht einen meiner alten meißel in eine art messerklinge zu verwandeln. mein vater war von seinem neuen ausgeglühten grill natürlich total begeistert :rolleyes:. da nun auch mein interesse geweckt war habe ich mich entschlossen eine richtige kohleesse zu bauen. diese ist nun letztes wochenende fertig geworden und sieht folgendermaßen aus.

esse.jpg


da sie nun einmal fertig war, musste ich sie natürlich auch testen. ich hab mir dann gedacht, wenn du schon schmiedest dann gleich richtig. ich hab mich also bei meinem ersten messer gleich für eine damastklinge entschieden. ich hatte mittlerweile eine menge hier im forum gelesen und dachte, es wird schon klappen. da es schon etwas später am tag war und um mir das mehrmalige falten zu sparen, habe ich das damastpaket aus gebrauchten cuttermesser-klingen und stahlbandstücken zusammengestellt. dadurch hatte ich am anfang schon 17 lagen. ich habe das paket dann noch ein mal gefaltet und zu einem rohling mit einem schaft ausgeschmiedet. ich war recht erstaunt wie unproblematisch das alles von statten ging und hätte nie gedacht das gleich beim ersten mal was brauchbares bei raus kommt. hier sieht man nun die früchte meiner bemühungen. das messer ist grob geschliffen und angeätzt. der griff ist nur lose aufgesteckt um mal eine vorstellung vom entgültigem aussehen zu bekommen.

messer.jpg


nun zu meinen fragen.
1. schleife ich das messer vor oder nach der wärmebehandlung fertig?
und
2. wie geht die wärmebehandlung von statten?
die wärmebehandlung sollte nicht zu umständlich sein, also wie erhalte ich mit möglichst einfachen und nicht zu vielen schritten eine brauchbare klinge. ein problem ist sicher, das ich die verwendeten stahlsorten selber nicht kenne. ich habe mal die funkenprobe gemacht.
wenn man von folgender grafik ausgeht,
klick
ist das funkenbild des stahlbandes wie das links oben und das der cuttermesser-klinge wie das links unten. ich hab auch schon versucht das stahlband zu härten. es ist hart geworden so das man es brechen konnte. ich hoffe der text war nicht zu lang und jemand kann mir weiter helfen.

beste grüße!
 
Zuletzt bearbeitet:
Das sieht für den Anfang doch schon ganz vielversprechend aus. Du fragst nach einer möglichst einfachen Wärmebehandlung. Da muß ich mal nachhaken- meinst Du a) eine Behandlung, für die Du wenig Ausrüstung und Technik brauchst oder b) willst Du Dir nicht viel Mühe machen ?
Im Falle a) gibt es eine Vielzahl guter Möglichkeiten, im Fall b) ist Dir eher nicht zu helfen.
Ich gehe mal davon aus, daß Du wissen willst, wie Du mit einfachen Mitteln ein gutes Ergebnis erzielen kannst. Dazu könntest Du etwa wie folgt vorgehen:
1. Um die exakte Stahlsorte brauchst Du Dir keine großen Sorgen zu machen Aus der Tatsache, daß sich die Werkstoffe so leicht verschweißen ließen, läßt sich mit Sicherheit schließen, daß sie keine problematischen Legierungsbestandteile haben-Chrom scheidet wegen der guten Schweißbarkeit in Mengen von mehr als ca 1,5 % aus, Wolfram würdest Du am dunkelroten Funken erkennen. Die Cuttermesser haben sicher einen relativ hohen C-Gehalt. Wenn die Bänder härtbar waren, werden sie auch im Federstahlbereich liegen. Das spricht für einen C-Gehalt im gesamten Paket von ca. 0,6-0,8 %. Für die Härtung heißt das, daß sie problemlos bei ca 800 Grad C in Öl durchgeführt werden kann. Bei der einfachen Legierung sind auch längere Haltezeiten nicht erforderlich.
2. Auf die Mühe einer guten Normalisierung des Gefüges würde ich keinesfalls verzichten. Bei idealer Verformung des gesamten Pakets bei der richtigen Schmiedetemperatur ist das Korn fein und man kann dann auf das Normalisieren verzichten. Wer Havard Bergland beim Schmieden zugesehen hat, weiß, was ich meine. Er macht als letzten Schmiedeschritt das "finsmying"-Feinschmieden bei mäßiger Temperatur insbesondere im Schneidenbereich und auf der hohen Kante. Wer mit dem Schmieden nicht so firm ist, muß normalisieren, um nicht erhebliches Leistungspotential zu verschenken.
Für die Damastqualität, die hier vermutlich vorliegt, gibt es zwei gute Möglichkeiten: 1. Erhitzen, bis der Magnet nicht mehr zieht, in Öl ablöschen und sofort das Öl über dem Feuer abbrennen lassen. Das Abbrennen 2-3mal wiederholen und dann erneut auf Härtetemperatur erhitzen, ablöschen und durch Abbrennen des Öls anlassen.
3. Danach wird zur Erleichterung der weiteren Bearbeitung weichgeglüht. Als Beilage zum normal brennenden Grillfeuer macht sich das gut. Entscheidend ist dabei , daß die Hitze nicht über Dunkelrot hinausgeht und das Werkstück langsam kalt wird.
4. Damit ist das Idealgefüge für die weitere Verarbeitung und spätere Härtung erreicht. Mit einem groben Stein erst mal die Schmiedehaut wegschleifen-Flex geht auch-aber nicht zu fest aufdrücken, sonst kann es einseitige Spannungen geben, die zu Härteverzug führen. Eine gute Übung und Prüfung der Beschaffenheit des Stahls wäre es, wenn Du die Formgebung und das Einstellen des Schneidenwinkels mit der Feile machen würdest. Da merkt man sehr schnell, ob man gut weichgeglüht hat und bringt durch schnell und trocken laufende Maschinen keine neuen Spannungen ins Gefüge.
5. Ich würde ziemlich bis auf das Endmaß und bis zum Erreichen der gewünschten Oberfläche schleifen. Wenn man an voll gehärtetem Stahl noch viel Material wegschleifen muß, ist das eine elende Plackerei und bei Verwendung des "Maschinenparks" für die Qualität nicht unbedenklich.
6. Zum Härten wird die Klinge wieder bis zum Verschwinden des Magnetismus erhitzt und in Öl abgeschreckt. Sobald sie im Öl so kalt geworden ist, daß man sie gerade so angreifen kann, wird sie sauber gewischt und angelassen. Das kann nach Farbe geschehen oder im Backofen als Beilage zum Sonntagsbraten oder auch in der Friteuse. Das ist schon vielfach beschrieben worden und bei ein bißchen Phantasie kann man da viele Möglichkeiten finden. Die Anlaßdauer sollte schon bei 20 Min liegen und der Anlaßvorgang mindestens zweimal wiederholt werden.
Das ist alles ohne aufwendige Hilfsmittel zu machen, ein bißchen Mühe macht es schon, das Ergebnis ist es aber auch wert.
MfG U. Gerfin
 
hallo

erst mal DANKE für die super antwort!
mit "einfach" meinte ich, welche dinge sind notwendig und was kann man weg lassen weil es z.b. bei einem messer dieser bauart nicht viel bringt. ich hatte mir diesbezüglich auch schon den thread von günther durchgelesen, war danach allerdings noch verwirrter als vorher. so wie du es nun schreibst muss man gar nicht so akribisch auf die temperaturen und zeiten achten sondern kann sich mehr auf sein gefühl verlassen. richtig?

dunkelrote funken waren bei der probe nicht zu sehen. strahlen sowie funken waren hellgelb.

verstehe ich das richtig, das der normalisierungsschritt vom ablauf und den temperaturen genau wie das eigendliche härten ist?
kannst du bitte die sache mit dem öl abbrennen noch mal erklären?

das weichglühen hab ich soweit verstanden. reicht es die klinge einfach so in die glut zu legen oder sollte man sie vor luftzutritt schützen?

was die bearbeitung mit der feile an geht ist es dafür schon zu spät. die schneide hat, bedingt durch die für den grobschliff verwendete schleifmaschine,bereits einen leichten hohlschliff. diesen würde ich auch gerne beibehalten. für den feinschliff habe ich mir vom arbeitskollegen eine nassschleifmaschine geborgt. ist es sinnvoll den hohlschliff bis zur schneide herunter zu ziehen oder ist es besser den winkel kurz vor der schneide zu brechen und diese mit einem stumpferen winkel zu schleifen?

wegen dem anlassen, wir haben auf arbeit einen kunststoff extruder. dieser hat oberflächentenperaturen von 190°C. da werd ich das messer einfach rauflegen.

also die schritte noch mal zusammengefasst

1. normalisieren (alle schritte 2x)
-auf 800°C erhitzen (magnettest)
-in öl abkühlen
-kurz in die glut bis das anhaftende öl abgebrannt ist
-wieder ins öl tauchen und abbrennen (3x)

2.weichglühen
-messer in ein bett aus holzkohle legen und diese gemütlich herunter brennen lassen

3. fast fertig schleifen

4. härten
-messer auf 800°C erhitzen (magnettest)
-in öl abkühlen

5. messer sauber schleifen und 2x anlassen (braune farbe)

6. messer vorsichtig fertig schleifen, polieren und ätzen.

hab ich das in etwa richtig verstanden?

kann es sein das die wärmebehandlung viel aufwendiger ist als das schmieden selbst?:eek:

ich hoffe du kannst mir noch die ein oder andere frage beantworten so das ich mich dann am wochenende frohen mutes ans werk machen kann.

beste grüße
 
Auch von Mir Respekt!

Wegen dem Weichglühen, ich stecke die Klinge mit Zeitungspapier umwickelt in ein passendes Rohr und verschließe die Enden mit Schamottemörtel. Verzundert so gut wie gar nicht.

Kommt aber nicht von mir, ist auch nur ein Tipp, den ich hier aufgeschnappt habe.

Sonst viel Spaß beim neuen Hobby.
Gruß
BlackGuest
 
Wie ich vermutet und gehofft habe, kommt es Dir darauf an, mit wenig technischem Aufwand ein möglichst gutes Ergebnis zu erzielen.
Du hast auch eigentlich alles richtig verstanden. Zur Erläuterung deshalb nur einige Anmerkungen. Das Normalglühen kann man in dem angenommenen Fall des nur leicht legierten Stahls, der in etwa eutektoid ist, so vornehmen, wie man auch härten würde. Verhoeven beschreibt das in seiner vorzüglichen Arbeit ausführlich. Bei deutlich übereutektoidischen Stählen- bei reinen C-Stählen etwa ab 1 % C- müßte man die Behandlung etwas abwandeln. Um die Karbide zu lösen, muß man dann mit der Temperatur höher gehen, als beim eigentlichen Härten, um etwa vorhandene Karbidnetzwerke aufzulösen. Am besten läßt man die erst gar nicht entstehen, indem man a) nicht überhitzt und b) ausreichend verformt. Ein etwas milderes, aber auch weniger wirksames Verfahren wäre ein mehrfaches schnelles Erhitzen auf Härtetemperatur und Abblasen mit bewegter Luft- etwa mit dem Staubsaugergebläse.
Das Abflammen des Öls nach dem Abschrecken hat den Sinn, die Härtespannungen zu minimieren. Legt man eine frisch gehärtete Klinge sofort wieder in die Glut, kann es sein, daß sie in dem spröden Zustand nach dem Härten die ungleichmäßige Erhitzung zwischen Oberfläche und Kern nicht verträgt und reißt. Solange die Klinge mit dem abbrennenden Öl bedeckt ist, erhitzt sie sich nicht wesentlich über den Flammpunkt des Öls hinaus, wird also angelassen und verträgt eine erneute Erhitzung besser. Dieses Abflammen des Öls war eine klassische Methode des Anlassens von Federn.
Die Wärmebehandlung muß nicht auf´s Zehntel Grad und nicht auf die Sekunde genau ausgeführt werden. Man hat da schon eine gewisse Spanne, innerhalb derer man mit guten Ergebnissen rechnen kann. Auf das Gefühl sollte man sich aber erst verlassen, wenn man genug Kenntnisse und Erfahrung hat und das Gefühl sozusagen geeicht ist. Die Magnetprobe ist beispielsweise keine Gefühlssache, sondern richtig ausgeführt sehr genau. Die Ac 2-Temperatur, bei der der Stahl den Magnetismus verliert, liegt bei 768 Grad C und läßt sich mit einem starken Magneten, den man mit einem passenden Eisenstäbchen verlängert, sehr gut feststellen. Für leicht legierte Stähle ab 0,7 % C ist das die richtige Härtetemperatur. Besser könnte man es mit der teuersten Ausrüstung auch nicht machen.
Bei länger andauernden Wärmebehandlungen ist es sinnvoll, zum Schutz vor Entkohlung und Verzunderung eine "Schutzgasatmosphäre" zu schaffen. Das klingt wieder kompliziert, ist aber ganz einfach. Ein Rohr mit Holzkohlegrus oder mit Papierschnipseln, das an beiden Enden mit einem Batzen Dreck verschlossen wird, ist da völlig ausreichend. Wenn man mit einem Härteofen arbeitet, oder sich mit der Temperaturkontrolle über die Glühfarbe sicher ist, kann und sollte man auch das Härten selbst aus einem solchen Rohr vornehmen.
Das Anlassen über die Strahlungswärme des Extruders ist problemlos. Es wird wegen des langsameren Wärmeübergangs etwas dauern. Als Anlaßfarbe würde ich, wie Sanjuro schreibt, die goldgelbe Farbe vorziehen.
Zur Erfolgskontrolle kannst Du nach dem Härten versuchen, mit der Klinge eine Bierflasche anzukratzen. Klappt das, so stimmt schon mal die Härte. Nach dem Anlassen wird die Klinge Glas eher nicht mehr kratzen, möglich ist es aber schon noch. Ob die Schneide die hinreichende Zähigkeit hat, kannst Du durch die Buckelprobe feststellen. Dazu wird die Klinge im Winkel von etwa 45 Grad auf einen harten, runden Gegenstand gedrückt- z. B auf einen kräftigen Nagel. Die Klinge soll dabei "buckeln", also dem Druck leicht ausweichen und in die gerade Linie zurückkehren. Tut sie das nicht und es brechen unter leisem Knistern winzige Schneidenstückchen weg, so ist die Klinge entweder zu hart- da hilft höheres Anlassen- oder zu grobkörnig- da würde nur eine neue vollständige und richtige Wärmebehandlung helfen. Das Aufdrücken muß man nicht übertreiben- wenn man die wellenförmige Verformung der Schneidenspitze sehen kann, genügt das.
Mit dem Hohlschliff ist das so ein Ding. Bei Rasiermessern ist er sicher angebracht- wenn auch nicht zwingend erforderlich. Bei allen andern Klingen sieht er zwar rasant aus, bringt aber eine deutliche Schwächung bei derben Beanspruchungen. Wenn man dann noch die Schneide selbst in einem stumpfen Winkel anschleift, hat man alles erreicht, was man eigentlich nicht will: Die Stabilität ist durch die dünne Klingenflanke vermindert und schneiden wird die Klinge wegen des zu großen Schneidenwinkels auch nicht gut. Ein leichter Hohlschliff mit einem großen Radius und ein sanfter Übergang in die Schneide ist aber sicher ok.
MfG U. Gerfin
 
Ein Buch über Wärmebehandelung,....in genau dieser Art Verfasst, das wär`s. Es würde zur Legende.
Danke Ulrich


Gruss unsel
 
hallo

erstmal danke für eure hilfe und die tips.

Ganz nebenbei- Dein erster Damastversuch?
Respekt!!

danke! genau genommen war das mein erster richtiger schmiedeversuch überhaupt. es war auch gar nicht geplant ein messer zu machen. eigendlich wollte ich nur mal testen wie das mit dem feuerverschweißen so geht und ob sich die einzelnen teile auch wirklich miteinander verbinden. am ende kahm dann eins zum anderen und der stahl machte auch noch genau das was ich wollte und so ist halt ein messer draus geworden. das einzige wirkliche problem bei der sache war, das mir ständig der rohling von der haltestange abgefallen ist und ich ihn drei oder vier mal neu anschweißen musste. lässt sich das irgendwie vermeiden oder ist das normal?

nun zur wärmebehandlung.
da ich gestern gleich nach der arbeit in den garten gefahren bin, konnten sie allerdings in die wärmebehandlung dieses messers nicht mehr einfließen. geklappt hat es allerdings trotzdem ... glaub ich.
ich habe mich dabei an den ablauf, wie ihn herr gerfin empfohlen hat gehalten.
beim härten hab ich mich auf den magnettest verlassen. die glühfarbe war dabei ein schwaches recht dunkles rot. nach dem härten habe ich fertig geschliffen. dieses schleifen ging wesentlich langsamer vorran als im weichgeglühten zustand. daher gehe ich davon aus, das es erfolgreich war. das mit dem ritztest auf glas hab ich leider erst heute gelesen sonst hätte ich es so getestet. beim härten hat sich das messer leicht in richtung schneide hin verzogen. bei meinem nächsten messer werde ich versuchen, diese erscheinung durch eine leichte gegenbiegung auszugleichen.
angelassen habe ich dann gleich im anschluss auf einer regelbaren heizplatte. die temperatur habe ich dabei mit einem laborthermometer gemessen, sie lag zwischen 200 und 220 °C. die anlassfarbe war dabei nicht richtig braun aber etwas dunkler als strohgelb.
die buckelprobe war erfolgreich. es sind weder stücken abgesplittert noch ist eine dauerhafte verformung zurück geblieben.

alles in allem bin ich, wenn man mal von dem leichten verzug und einem kleinen schweißfehler absieht, sehr zufrieden mit dem ergebnis.
nicht zuletzt natürlich durch euch und dieses forum, ohne das ich gar nicht auf die idee gekommen währe selber ein messer zu schmieden.
:)
 
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