Nakiri: Einfluß der Rückenbreite auf den Schneidecharakter

EdeWolf

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Hallo,

zuerst hoffe ich, dieses ist das richtige Forum für meine Frage.

Die lautet, wie dem Betreff zu entnehmen, welchen Einfluß hat die Rückenbreite auf das Schneideverhalten? Natürlich gibt es immer noch weitere bestimmende Faktoren, so daß es hier nur um grobe Richtlinien gehen soll. Sofern überhaupt angegeben, finden sich Rückenbreiten so grob zwischen 1,5 und 3,2mm, letztere oft nach vorne schmaler werdend.

Welche grundsätzlichen Vor/Nachteile ergeben sich aus den jeweiligen Konstruktionen?

Müßte ich raten, würde ich für Rotkohl und Rettich eher einen breiten Rücken, für durchsichtiges Tomaten- und Zwiebelcarpaccio eher einen schmalen Rücken wählen, aber das sind eben nur Vorurteile.

Danke für jegliche Expertise

Gruß

Ede
 
Kommt ganz auf den Schliff, Geometrie an und Dicke hinter der Schneide.
Ich hab gerne was zu greifen, also mag lieber 3mm+ im allgemeinen.
Nakiris müssen auch nicht stark tapern, da sowas wie ne dünne Spitze nicht so wichtig ist, in Anführungszeichen. Du hast ja Schneidenspitze und Höhe von Schneidenspitze zu Rücken, also muss der Rücken nicht so dünn sein wie bei einem Gyuto wo du mit dem gesamten Spitzenbereich durch z.B. Zwiebel gehst.
Bei dünnen Nakiris hast du halt weniger Masse für eine bessere, konvexe Geometrie. Wird also eher flach und klebt mehr.

Grüße,
Julian
 
Hier als Bsp mein Custom, stabil und für mich fein genug, zerlöte ich so ziemlich alles. Durchsichtiges Tomaten-/Zwiebelcarpaccio schaffe ich nicht ganz. Schnittgutfreisetzung (Foodrelease) für mich perfekt.
Länge 180mm, Höhe hi 60mm, vo 57mm. Taper Griff bis Spitze (mm): 4,55, 3,65, 2,55, 1,50. 1cm über der Schneide ca. 1,25mm durchgehend. Gewicht 230g.
Mit "dünneren" Nakiris schaffe ich zwar hauchdünne Streifen, doch fehlt mir uA aufgrund des geringeren Gewichtes der sog Wumms für großes/härteres Gemüse. Zudem habe ich einen schlechteren Foodrelease.
Wenn ich feinste Gemüsestreifen möchte, verwende ich ein anderes Messer > ebenfalls ein Custom mit einer Hohlkehle li und eine sog. Hook-Line re.
Grüße, Peter

43963015it.jpg
 
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Prinzipiell gilt für jedes Messer:
je näher am Rücken desto geringer der Einfluss der Klingendicke auf die Schneidfähigkeit,
je näher an der Schneide desto größer der Einfluss der Klingendicke auf die Schneidfähigkeit

Das ist schlicht 1. eine Frage der Klingengeometrie und 2. des Schneidguts, denn der Zusammenhalt bzw.
die Klemmkraft, die seitlich auf die Klingenflanke wirkt ist natürlich am größten, wenn das Gemüse z.B. die Möhre
noch wenig zerteilt ist, wenn das Messer dann eingedrungen ist, vergrößert sich wegen der größeren Fläche die seitliche Reibung, während
gegen Ende dann der Zusammenhalt sich verringert. Deshalb knackt die Möhre gegen Ende, wenn die Klinge einerseits zu dick ist und andererseits
die Spaltkraft der Klinge die Möhre zerreißt.

Nakiris haben oft noch Schmiedehaut bzw. einen kurzen Anschliff. Das wäre eigentlich suboptimal, weil die Klingendicke wegen des doppelt so großen
Schneidwinkels (bei halbhohem Anschliff) schnell zunimmt. Das trifft aber nur bei Ausgestanzten Klingen zu. Handgeschmiedete Klingen sollten dünn geschmiedet sein. d.h. am Übergang von der Schmiedehaut zum Anschliff sollte die Klingendicke deutlich kleiner sein als am Rücken. Dann ist ein schmaler Anschliff kein Problem.
 
Vielen Dank an alle. Und in der Tat ein sehr schönes Photo - mit einem schönen Messer. Ich nehme vorallem mit, breitere Rücken haben Vorteile bei dem, was neko als Foodrelease bezeichnet. Da ich wenig Möglichkeiten habe, verschiedene Nakiris live und und in Farbe zu sehen, werde ich zum Anschliff a priori nicht viel sagen können, die Rückenbreite indes ist zumindest manchmal mit angegeben.
 
Ich nehme vorallem mit, breitere Rücken haben Vorteile bei dem, was neko als Foodrelease bezeichnet.
Dann würdest du was falsches mitnehmen. Auch auf das Foodrelease wirkt sich die Rückendicke praktisch nicht aus. Auch dafür ist es wichtiger, was im ersten Drittel/Hälfte von unten (unten ist die Schneide) passiert. Von der Rückendicke ist also der Foodrelease n i c h t ableitbar. Ein dicker Rücken bringt Gewicht und ist vielleicht, wenn er gerundet ist (beim Übergreifen in die Klinge) besser zu greifen. Sonst seh ich keine Vorteile. Überhaupt ist ein Nakiri ein dünnes Gemüsemesser und kein Hackebeil. Wenn das am Rücken dick ist muss es nur besonders dünn geschmiedet werden 1. Richtung "Spitze" 2. Richtung Schneide.

Foodrelease und Schneidfähigkeit begrenzen einander. Man kann gute Kompromisse finden, aber beide Eigenschaften stehen in Konkurrenz. Für eine gute Schnittgutfreisetzung braucht es Klingendicke, die das Gemüse von der Klinge weg biegt, oder es braucht eine Kehle, die um eine befriedigende Ablösekante zu erzeugen, eine gewisse Tiefe braucht, die ebenfalls Klingendicke erfordert. Schneidfähigkeit erfordert aber eine dünne Klinge. (Nur das Anpappen und die Reibung kann durch Oberflächenstruktur, die wenig Klingendicke erfordert, erreicht werden. Das Ankleben kann durch Oberflächenstruktur nicht komplett verhindert werden, aber das Abstreifen von der Klinge geht leichter.)

Mir wäre jedenfalls die Schnittgutfreisetzung weniger wichtig, als die Schneidfähigkeit. Schnittgutfreisetzung kann man mit mittlerer Wirkung mit einem balligen Anschliff erreichen. Mit guter Wirkung aber nur mit einer Hohlkehle. Der ballige Anschliff ist relativ günstig. Eine Hohlkehle gibt es bei Serienmessern eigentlich überhaupt nicht - also teuer. (außer aus China und da gibt es auch nur eines, das aber ebenfalls meines Wissens von Hand gemacht wird) Du solltest einen Kaufberatungsthread eröffnen in dem du deine Anforderungen darstellst.
 
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Ich nehme vorallem mit, breitere Rücken haben Vorteile bei dem, was neko als Foodrelease bezeichnet.
Wenn eine Klinge einen dünnen Rücken hat, kann kein stark balliger Flankenverlauf vorhanden sein.

Ein dünnes Herder K5 ist nur ganz unten spürbar leicht ballig, bei großem Schnittgut bremst und klebt das glatte Finish bis oben zum Rücken. Beim Herder 1922 ist das schon besser. Bei meinem stark ballig umgeschliffenen Kramer Zwilling mit fettem Rücken, eindeutig am besten.

Leicht schneiden tun alle 3, das K5 mit schmalstem Rücken hat aber nur bei manchen Lebensmitteln die Schneidnase vorn. Als Alleskönner taugt mir das Kramer besser.

grüsse, pebe
 
@tiffel: Vielen Dank noch einmal für das Klarstellen! Eine Frage zu dem Thema hierzu habe ich noch in einem anderen Faden, dann werde ich sehen, ob die sowieso momentan eher eingeschränkte Verfügbarkeit eine Kaufberatung rechtfertig.

@pebe: Ähnlich, wie die Schnittgeometrie, lässt sich der Flankenverlauf online wohl eher schlecht feststellen. Zumindest ist mir noch keine Beschreibung über den Weg gelaufen, die den Flankenverlauf angibt. Selbst der Rücken wird nur sporadisch erwähnt, daher meine Frage nach der Relevanz
 
Servus,

Ich nehme vorallem mit, breitere Rücken haben Vorteile bei dem, was neko als Foodrelease bezeichnet.

nicht wirklich, ausser in einer Spaltwirkung bei Schnittgut das größer als die Klingenhöhe ist. Einfluss auf Foodrelease hat in erster Linie bei konventionellen Klingen der Schliff, also ballig als sehr wirksam und flach geschliffen als sehr nachteilig. Ein Walkschliff ist in der Klingenmitte dicker als am Rücken und wirkt trotzdem besser als ein flacher Schliff mit breitem Klingenrücken, weil dies zu einem feststecken bei hartem und hohem Schnittgut führen kann. Ferner wirkt eine "exotische" Formgebung der Flanken wie S-Grind, Hohlkehlen, Hook-Kanten und Kombinationen aus verschieden Schliffarten tatsächlich und ist eine "Funktion/Eigenschaft", die den Namen "Schnittgutfreisetzung" auch verdient.

Gruß, güNef
 
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