Naturharter Stahl - Analyse und Fragen

Litle

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Moin!
Ich hab da ein etwas aussergewöhnliches Werkstoff Problem:
Ich habe von meinem Großvater einige Stücke Stahl geerbt, die offenbar früher als Drehmeißel eingesetzt wurden. Im Anhang befindet sich dazu eine Analyse.

Ich würde daraus natürlich gerne eine Klinge machen wollen, nur fehlt mir leider die richtige Wärmebehandlungs Anleitung, das einzige was sich bisher überhaupt an brauchbarer Information in der Literatur über Naturharte Stähle finden lies war folgender Eintrag:

http://www.zeno.org/Lueger-1904/A/Werkzeugstähle

Die Fragen wären jetzt: Ist dieser Stahl für feine Klingen geeignet?
Welche Austenitisierungstemperaur ist zu erwarten? (Härte im Ofen)
Hab ich das richtig verstanden das dieser Stahl ein Lufthärter ist? (welche Legierungselemente bestimmen das eigentlich?

Edit: Edit Interessant wäre auch eine Vermutung zu einer angemessenen Warmumformungs Temperatur (Schmieden).
 

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  • Analyse_Stahl_Naturhart.pdf
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Lustiger Stahl. 0,8 % Kohlenstoff, 3,6 % Wolfram, 2,9 % Chrom und 0,3 % Molybdän hört sich ein Wenig nach einem etwas überlegierten 1.2552 an. Sicher kann man daraus ein Messer machen. Die WB würde ich ähnlich dem 1.2552 machen. Leider habe ich hier in der Diaspora keinen großen Stahlschlüssel zur Hand, um nachzusehen, was das tatsächlich ist. Andere Leute im Forum können da aber sicher aushelfen.
 
Ja, in der Tat merkwürdige Analyse. Ich kann auch nichts passendes finden. Achim liegt da schon richtig. - aufgemotzter 1.2552 - Der Stahlkoch hatte wohl kein Vanadin mehr, da hat er vermutlich einfach etwas mehr von Cr ,Mo und W zulegiert. Sowas hat es vermutlich zu Großvaters Zeiten gegeben.
Gruß Klaus
 
Wenn der Stahl wirklich aus Großvaters Zeiten stammt und als Drehmeißel verwendet wurde, spricht einiges dafür, daß er als Sparstahl im Sinne der Schnellarbeitsstähle gedacht war.
Das Bemühen, Schnellarbeitsstahlqualität mit möglichst geringem Legierungsaufwand zu erzielen, hatte in den Kriegszeiten zu umfangreichen Versuchen geführt und schließlich zur Entwicklung des auch heute noch hergestellten Stahls 1.3333 oder auch S 332 mit ca 1 % C, 4 % Chrom, 3 % Wolfram, 3 % Molybdän und 2 % Vanadium. Haufe "Die Schnellarbeitsstähle" gibt einen guten Überbrlick über diese Entwicklungen. Nach dem Schaubild S 13, das die Schnittleistung von 29 verschiedenen sparstoffarmen Stählen zeigt, haben sich sogar wolframfreie Stähle mit 3 % Molybdän und 2 % Vanadin durchaus bewährt.
Hier ist der Chromgehalt ein bißchen tief und Mol und Van sind sehr gering vertreten. Es könnte aber gerade noch so in die Ecke Schnellarbeitsstahl passen.
Die Wärmebehandlung der Sparstähle erfolgte wegen der erforderlichen hohen Warmfestigkeit wie bei ausgewachsenen Schnellarbeitsstählen, also von 1200 Grad aufwärts und Anlassen bei 550 Grad.
Hier käme aber auch eine Wärmebehandlung wie beim 1.2363 in Betracht.
Kann denn die Analyse übrigens wirklich stimmen ?-Ich lese etwas von ca 80 % Fe, und nur Wolfram und Chrom in nennenswerten Mengen-100 % kommen da nicht heraus.
Zu den Eigenschaften: Bei Behandlung wie Schnellarbeitsstahl wird eine sehr robuste Klinge zu erreichen sein, wenn die Karbide noch ganz gelöst werden können, müßte auch eine feine Schneide im Bereich der Möglichkeiten liegen.
Ich habe gerade noch die Angaben zu den naturharten Stählen gelesen. Auch dazu findet man bei Haufe die besten und präzisesten Angaben. Sie wurden um kurz vor 1900 entwickelt und entheilten viel Wolfram, sehr viel Kohlenstoff und meist auch noch viel Mangan. Das passt zu dem Stahl hier weniger.
MfG U. Gerfin
 
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Fehlt in der Analyse vielleicht etwas?

Hallo,

ich habe jetzt die einzelnen Gehalte nicht aufaddiert, aber bei 80% Eisen, in Summe 6,5% W und Cr und sonst höchsten einigen zehntel% fehlen da doch einige Prozentchen.

Tendenziell geht es natürlich in Richtung Schnell- oder Warmarbeitsstähle also nicht einfach zu behandeln.
 
Ich hab mir die Analyse jetzt mal erklären lassen. Soweit ich das verstanden habe wurde die Analyse ohne ein referenzmaterial durchgeführt. Dadurch ist die gewichtung der einzelnen Sprktrallinien die sich (wie auch immer) gegenseitig beeinflussen nicht 100%ig klar.

d.h. Diese Analyse kann nur ein Überblick sein was IN ETWA in dem Stahl drinn ist. 100%ige Werte sind das nicht.

Ich bin gerade dabei ein paar Gefügebilder von dem Stahl in verschiedenen Zuständen zu machen. Soweit ich das einschätzen kann scheinen die recht gut zu normalen Schnellarbeitsstählen zu passen.
 
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Langsam bin ich soweit die beiden Versuchsklingen zu härten.
Nach den Aussagen meines Großvaters wurden diese Stähle bei etwa 1000 °c an Öl oder Luftstrom gehärtet.

Wenn ich die Wärmebehandlung von modernen HSS zugrunde lege komme ich auf höhere Temperaturen. Ich würde jetzt mal aus dem Bauch raus den Härteofen auf 1100°C einstellen.

Kann mir dazu vll. noch jemand qualifiziertere Angaben machen?
 
Gehen wir mal davon aus, daß es sich um einen nicht zu hoch legierten Schnellarbeitsstahl- in Richtung Sparstahl- handelt.
Den kannst Du je nach gewünschtem Ergebnis ganz unterschiedlich härten.
Wenn Du es nach den Empfehlungen Deines Opas machst, ist der Stahl deutlich unterhärtet, wird aber sicher noch auf 60 HRC aufwärts anspringen. Du kannst ihn dann normal bei 200 Grad anlassen. Die mechanischen Eigenschaften sind dann durchaus gut, die eigentlichen Scnellarbeitsstahleigenschaften- Anlaßbeständigkeit und Warmhärte- hat der Stahl dann allerdings nicht. Für eine Messerklinge sind die auch nicht erforderlich.
Härten von 1100 Grad im Ofen wird bei entsprechender Haltezeit eine Ansprunghärte von ca 66 HRC erbringen, bei hoher Haltezeit kannst du dann schon im Sekundärhärtemaximum anlassen, bei ca 550 Grad.
Ganz korrekt wird ein solcher Stahl nach mehrstufigem Vorwärmen in Bädern aus einem Bad mit 1200-1250 Grad- Haltezeit ca 60 sec.- gehärtet und bei ca 550 Grad zwei mal 1 Stunde angelassen.
Für die Eigenschaften einer Messerklinge ist das aber nicht erforderlich- da geht es auch einfacher.
Ich habe einen sehr hoch legierten Schnellarbeitsstahl aus dem Härteofen gehärtet und habe die Haltezeit verlängert, bin mit der Temperatur entsprechend heruntergegangen und bin regelmäßig nach dem Anlassen bei 550 Grad bei 65 HRC gelandet.
Probier es einfach und berichte darüber !
Freundliche Grüße U. Gerfin
 
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